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* Die Gründung des ersten Wiener Kaffeehauses wird fälschlicherweise [[w:Georg Franz Kolschitzky|Georg Franz Kolschitzky]] zugeschrieben. Er soll dieses im [[Stock-im-Eisen-Platz|Schlossergassel]] (heute Wien 1: Stock-im-Eisen-Platz 4) eröffnet haben. Diese Legende, die aus mündlichen Überlieferungen entstanden sein dürfte, wird erstmals von Pater [[Gottfried Uhlich]], einem [[Piaristen]], in seiner [[w:Chronik|Chronik]] ''Geschichte der zweyten türkischen Belagerung Wiens, bey der hundertjährigen Gedächtnißfeyer'' (publiziert 1783) schriftlich überliefert. Nach neueren Erkenntnissen wird davon ausgegangen, dass Kolschitzky nicht einmal eine Konzession (Privileg) für Kaffeeausschank verliehen wurde. | * Die Gründung des ersten Wiener Kaffeehauses wird fälschlicherweise [[w:Georg Franz Kolschitzky|Georg Franz Kolschitzky]] zugeschrieben. Er soll dieses im [[Stock-im-Eisen-Platz|Schlossergassel]] (heute Wien 1: Stock-im-Eisen-Platz 4) eröffnet haben. Diese Legende, die aus mündlichen Überlieferungen entstanden sein dürfte, wird erstmals von Pater [[Gottfried Uhlich]], einem [[Piaristen]], in seiner [[w:Chronik|Chronik]] ''Geschichte der zweyten türkischen Belagerung Wiens, bey der hundertjährigen Gedächtnißfeyer'' (publiziert 1783) schriftlich überliefert. Nach neueren Erkenntnissen wird davon ausgegangen, dass Kolschitzky nicht einmal eine Konzession (Privileg) für Kaffeeausschank verliehen wurde. | ||
* Der Legende nach soll Owanes Astouatzatur seine "Hoffreiheit" aus Dank für seine Kurierdienste (oder auch für Spionagedienste) erhalten haben, entweder vom Kaiser persönlich oder von den Stadtoberen. Da Kurier- oder Spionagedienste auch in der Biographie von Georg Franz Kolschitzky auftauchen, ist anzunehmen, dass die Überlieferung später beide miteinander durcheinander gebracht hat. Das Motiv, dass die Konzession für den Kaffeeausschank als Belohnung für Kurier- oder Spionagedienste verliehen wurde, findet sich auch in den Biographien weiterer Wiener Kaffeesieder, was nicht gerade für seine Glaubwürdigkeit spricht. | * Der Legende nach soll Owanes Astouatzatur seine "Hoffreiheit" aus Dank für seine Kurierdienste (oder auch für Spionagedienste) erhalten haben, entweder vom Kaiser persönlich oder von den Stadtoberen. Da Kurier- oder Spionagedienste auch in der Biographie von Georg Franz Kolschitzky auftauchen, ist anzunehmen, dass die Überlieferung später beide miteinander durcheinander gebracht hat. Das Motiv, dass die Konzession für den Kaffeeausschank als Belohnung für Kurier- oder Spionagedienste verliehen wurde, findet sich auch in den Biographien weiterer Wiener Kaffeesieder, was nicht gerade für seine Glaubwürdigkeit spricht. | ||
* Angeblich wurde Owanes Astouatzatur im Zusammenhang mit der Belagerung der Stadt [[w:Beograd|Belgrad]] unter dem Oberbefehl des [[Prinzen Eugen]] der Spionage beschuldigt, wodurch sein Ruf schwer geschädigt war. Als Folge davon soll ihm die "Hoffreiheit" entzogen worden sein. Da es ihm nicht gelang, sich vollständig zu rehabilitieren, übersiedelte er vorübergehend nach [[w:Venezia|Venedig]]. Die zeitlichen Angaben dazu in den Büchern sind jedoch widersprüchlich. Angeblich war er vorübergehend in Haft, ehe er 1693 nach Venedig flüchten konnte, von wo er erst 1701 zurückkehrte<ref>Nach Ulla Heise: ''Kaffee und Kaffeehaus'', 1987, S. 104,</ref>. Da Czeike weder Verdächtigungen wegen Spionage noch eine Flucht nach Venedig oder einen Aufenthalt in dieser Stadt anführt<ref>Czeike, ''Wien Lexikon, S. 15,</ref>, ist anzunehmen, dass es sich bei der Spionage-Geschichte um eine Legende handelt, die sich im Zusammenhang mit der Entstehung der bürgerlichen Kaffeesieder in Wien und der Auseinandersetzung des Ehepaares Astouatzatur um die "Hoffreiheit" gebildet haben dürfte. Für eine Legende spricht ebenfalls, dass sich keine der beiden Belagerungen von Belgrad durch Prinz Eugen schlüssig in die belegten Lebensdaten für Astouatzatur einfügt. Bei Schwaner | * Angeblich wurde Owanes Astouatzatur im Zusammenhang mit der Belagerung der Stadt [[w:Beograd|Belgrad]] unter dem Oberbefehl des [[Prinzen Eugen]] der Spionage beschuldigt, wodurch sein Ruf schwer geschädigt war. Als Folge davon soll ihm die "Hoffreiheit" entzogen worden sein. Da es ihm nicht gelang, sich vollständig zu rehabilitieren, übersiedelte er vorübergehend nach [[w:Venezia|Venedig]]. Die zeitlichen Angaben dazu in den Büchern sind jedoch widersprüchlich. Angeblich war er vorübergehend in Haft, ehe er 1693 nach Venedig flüchten konnte, von wo er erst 1701 zurückkehrte<ref>Nach Ulla Heise: ''Kaffee und Kaffeehaus'', 1987, S. 104,</ref>. Da Czeike weder Verdächtigungen wegen Spionage noch eine Flucht nach Venedig oder einen Aufenthalt in dieser Stadt anführt<ref>Czeike, ''Wien Lexikon, S. 15,</ref>, ist anzunehmen, dass es sich bei der Spionage-Geschichte um eine Legende handelt, die sich im Zusammenhang mit der Entstehung der bürgerlichen Kaffeesieder in Wien und der Auseinandersetzung des Ehepaares Astouatzatur um die "Hoffreiheit" gebildet haben dürfte. Für eine Legende spricht ebenfalls, dass sich keine der beiden Belagerungen von Belgrad durch Prinz Eugen schlüssig in die belegten Lebensdaten für Astouatzatur einfügt. Dass es für den längeren Venedig-Aufenthalt auch andere Gründe gegeben haben könnte, wäre auch vorstellbar<ref>Bei Birgit Schwaner: ''Das Wiener Kaffeehaus'', 2007, S. 34, findet sich zum Beispiel als Begründung für diesen Aufenthalt Konflikte mit einem ansässigen Geschäftspartner</ref>. | ||
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