Friedrich IV. (Tirol): Unterschied zwischen den Versionen

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== Forschungslage bzw. Forschungsprobleme ==
== Forschungslage bzw. Forschungsprobleme ==
In zeitgenössischen Chroniken und "Historiae", auf denen auch die Darstellungen späterer Chroniken und Geschichtsdarstellungen aufbauen, kommt Herzog Friedrich  sehr schlecht weg. Dies gilt nicht nur für [[Eberhard Windeck]] und [[w:Ulrich von Richenthal|Ulrich von Richenthal]], die Hauptchronisten des "Konzils von Konstanz", sondern auch für [[w:Pius II.|Enea Silvio Piccolomini]], dessen Werk "De viris illustribus" inzwischen als wichtigste biographische Quelle zu Friedrich IV. eingestuft wird.<ref>vgl. [[w:Martin Wagendorfer|Martin Wagendorfer]]: ''Herzog Friedrich IV. in der Geschichtsschreibung seiner Zeit''. In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): ''Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439)'', 2018, S. 242</ref>.<ref group="A">Bei den meisten Chroniken und Historiae lässt sich allerdings beobachten, dass alle eine Verbindung zu tatsächlichen und vermuteten Gegnern des Herzogs aufweisen, weswegen ihre Zulässigkeit kritisch zu hinterfragen ist. Zur Einstufung von Richenthal und Windeck, vgl. Heinrich Koller: ''Kaiser Siegmunds Kampf gegen Herzog Friedrich IV. von Österreich'', 1989, S. 351 und S. 352</ref> Neben unkriegerischen Verhalten werden Friedrich übermäßiger Geiz und Geldgier vorgeworfen.<ref name ="brandstetter126"/> Bei [[Eberhard Windeck]], der allerdings als Parteigänger von Kaiser Sigismund kein objektiver Zeitzeuge ist, und Enea Silvio Piccolomini, der in einem Naheverhältnis zu [[Friedrich III. (HRR)|Kaiser Friedrich III.]] steht, mit dem der Herzog ebenfalls Konflikte gehabt haben soll, wird ihm zudem ein lasterhafter Lebenswandel unterstellt.<ref group="A">Interessant ist, dass unkriegerisches Verhalten, Geiz und Geldgier auch seinem gleichnamigen Neffen, dem späteren Kaiser Friedrich III. nachgesagt werden.</ref> Die negative Friedrichbild könnte allerdings nicht nur mit Friedrichs tatsächlicher Persönlichkeit zusammenhängen, sondern auch darauf zurückzuführen sein, dass er sich selbst keineswegs um seinen Nachruhm gekümmert hat.<ref>vgl. Martin Wagendorfer: ''Herzog Friedrich IV. in der Geschichtsschreibung seiner Zeit''. In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): ''Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439)'', 2018, S. 241 und S. 261</ref>
In zeitgenössischen Chroniken und "Historiae", auf denen auch die Darstellungen späterer Chroniken und Geschichtsdarstellungen aufbauen, kommt Herzog Friedrich  sehr schlecht weg. Dies gilt nicht nur für [[Eberhard Windeck]] und [[w:Ulrich von Richenthal|Ulrich von Richenthal]], die Hauptchronisten des "Konzils von Konstanz", sondern auch für [[w:Pius II.|Enea Silvio Piccolomini]], dessen Werk "De viris illustribus" inzwischen als wichtigste biographische Quelle zu Friedrich IV. eingestuft wird.<ref>vgl. [[w:Martin Wagendorfer|Martin Wagendorfer]]: ''Herzog Friedrich IV. in der Geschichtsschreibung seiner Zeit''. In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): ''Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439)'', 2018, S. 242</ref>.<ref group="A">Bei den meisten Chroniken und Historiae lässt sich allerdings beobachten, dass alle eine Verbindung zu tatsächlichen und vermuteten Gegnern des Herzogs aufweisen, weswegen ihre Zulässigkeit kritisch zu hinterfragen ist. Zur Einstufung von Richenthal und Windeck, vgl. Heinrich Koller: ''Kaiser Siegmunds Kampf gegen Herzog Friedrich IV. von Österreich'', 1989, S. 351 und S. 352</ref> Neben unkriegerischen Verhalten werden Friedrich übermäßiger Geiz und Geldgier vorgeworfen.<ref name ="brandstetter126"/> Bei [[Eberhard Windeck]], der allerdings als Parteigänger von Kaiser Sigismund kein objektiver Zeitzeuge ist, und Enea Silvio Piccolomini, der in einem Naheverhältnis zu [[Friedrich III. (HRR)|Kaiser Friedrich III.]] steht, mit dem der Herzog ebenfalls Konflikte gehabt haben soll, wird ihm zudem ein lasterhafter Lebenswandel unterstellt.<ref group="A">Interessant ist, dass unkriegerisches Verhalten, Geiz und Geldgier auch seinem gleichnamigen Neffen, dem späteren Kaiser Friedrich III. nachgesagt werden.</ref> Das recht negative "Friedrichbild" dürfte allerdings nicht nur mit Friedrichs tatsächlicher Persönlichkeit zusammenhängen, sondern auch darauf zurückzuführen sein, dass er sich selbst keineswegs um seinen Nachruhm gekümmert hat.<ref>vgl. Martin Wagendorfer: ''Herzog Friedrich IV. in der Geschichtsschreibung seiner Zeit''. In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): ''Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439)'', 2018, S. 241 und S. 261</ref>


In der aktuellen Forschung fällt die Beurteilung der Persönlichkeit und Regierungstätigkeit Friedrichs zwiespältig, zurzeit besonders negativ aus. Der Hauptgrund dafür ist das Konzil von Konstanz (1414-1418), das es König Sigismund ermöglichte, in dem Machtkampf der Adelshäuser Luxemburg und Habsburg, der bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begonnen hatte, Friedrich eine katastrophale Niederlage inklusive besonders schwerer Demütigungen zuzufügen<ref name ="brandstetter126"/>, die wohl auch sein Ansehen im Reich vollständig und dauerhaft beschädigten. Der Verlust einiger (oder vieler) wichtiger "vorländischer" Besitzungen auf Dauer<ref group="A">Was die tatsächlichen Verluste und ihre Einstufung betrifft, habe ich bisher keine eindeutig zulässigen Belege gefunden, die Objektivität für sich beanspruchen können. In der Sekundärliteratur entsteht der Eindruck, dass es jeweils von der Ausrichtung einer wissenschaftlichen Arbeit abhängt, welche Sichtweise gewählt wurde.</ref> bedeutete langfristig das Ende einer habsburgischen Politik, die auf die Errichtung eines "Herzogtums Schwaben" ausgerichtet gewesen sein dürfte. Während selbst die verbliebenen und wiedergewonnenen Herrschaftsgebiete in den "Vorderen Landen" politisch und wirtschaftlich im 15. und 16. Jahrhundert ihre ursprüngliche Bedeutung für die Habsburgerherrschaft nicht mehr zurückgewinnen konnten, hatten die Geschehnisse, langfristig betrachtet, den Aufstieg der Eidgenossenschaften und (für einige Jahrhunderte) der Grafschaft Tirol zur Folge.  
In der aktuellen Forschung fällt die Beurteilung der Persönlichkeit und Regierungstätigkeit Friedrichs zwiespältig und seit Beginn des 21. Jahrhunderts besonders negativ aus. Der Hauptgrund dafür ist das Konzil von Konstanz (1414-1418), das es König Sigismund ermöglichte, in dem Machtkampf der Adelshäuser Luxemburg und Habsburg, der bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begonnen hatte, Friedrich eine katastrophale Niederlage inklusive besonders schwerer Demütigungen zuzufügen<ref name ="brandstetter126"/>, die wohl auch sein Ansehen im Reich vollständig und dauerhaft beschädigten. Der Verlust einiger (oder vieler) wichtiger "vorländischer" Besitzungen auf Dauer<ref group="A">Was die tatsächlichen Verluste und ihre Einstufung betrifft, habe ich bisher keine eindeutig zulässigen Belege gefunden, die Objektivität für sich beanspruchen können. In der Sekundärliteratur entsteht der Eindruck, dass es jeweils von der Ausrichtung einer wissenschaftlichen Arbeit abhängt, welche Sichtweise gewählt wurde.</ref> bedeutete langfristig das Ende einer habsburgischen Politik, die auf die Errichtung eines "Herzogtums Schwaben" ausgerichtet gewesen sein dürfte. Während selbst die verbliebenen und wiedergewonnenen Herrschaftsgebiete in den "Vorderen Landen" politisch und wirtschaftlich im 15. und 16. Jahrhundert ihre ursprüngliche Bedeutung für die Habsburgerherrschaft nicht mehr zurückgewinnen konnten, hatten die Geschehnisse, langfristig betrachtet, den Aufstieg der Eidgenossenschaften und (für einige Jahrhunderte) der Grafschaft Tirol zur Folge.  


Für die Grafschaft Tirol war Friedrichs Herrschaft, langfristig betrachtet, von Vorteil. Hier gelang ihm die Festigung der landesfürstlichen Herrschaft durch den für ihn siegreichen Kampf gegen die mächtigsten Adelsfamilien der Grafschaft, die Wiedergewinnung des verpfändeten landesfürstlichen Besitzes (besonders der Gerichte) und eine institutionelle Verdichtung. Indem er um 1420 seinen Herrschaftssitz und die wichtigsten Zentralbehörden (Kammer und Kanzlei) endgültig in die verkehrsmäßig günstig gelegene Stadt Innsbruck verlegte, machte er diese nicht nur konsequent zum Mittelpunkt des Landes Tirol, sondern konnte die Effizienz der landesfürstlichen Verwaltung wesentlich steigern.<ref name ="brandstetter126"/>
Für die Grafschaft Tirol war Friedrichs Herrschaft, langfristig betrachtet, von Vorteil. Hier gelang ihm die Festigung der landesfürstlichen Herrschaft durch den für ihn siegreichen Kampf gegen die mächtigsten Adelsfamilien der Grafschaft, die Wiedergewinnung des verpfändeten landesfürstlichen Besitzes (besonders der Gerichte) und eine institutionelle Verdichtung. Indem er um 1420 seinen Herrschaftssitz und die wichtigsten Zentralbehörden (Kammer und Kanzlei) endgültig in die verkehrsmäßig günstig gelegene Stadt Innsbruck verlegte, machte er diese nicht nur konsequent zum Mittelpunkt des Landes Tirol, sondern konnte die Effizienz der landesfürstlichen Verwaltung wesentlich steigern.<ref name ="brandstetter126"/>


Die Beurteilung dürfte seit Jahrhunderten im Wesentlichen davon abhängen, aus der Sicht welcher seiner Herrschaftsgebiete sein Handeln untersucht und beurteilt wurde, wobei seine Beurteilung bis in die Gegenwart von politischen Tendenzen und Modeerscheinungen beeinflusst und gar verzerrt ist. Im Vergleich zu seinen Brüdern, die er alle überlebte, ist Friedrich von den Söhnen von Herzog Leopold (III.) noch am bekanntesten. Wie bei diesen gilt auch für ihn, dass seine Herrschaft in jenen Zeitraum der "Habsburgergeschichte" zwischen dem [[Vertrag von Neuberg an der Mürz]] (1379) und der Abdankung von [[Siegmund (Österreich-Tirol)|Herzog Siegmund ''dem Münzreichen'']] fällt, der bis heute nicht besonders gut erforscht ist, und er zu jenen Habsburgern gehört, die weder König noch Kaiser waren.<ref group="A">Die meisten relevanten Biographien der Habsburgerherrscher zwischen Rudolf I. und Friedrich III. sind aus dem 19. Jahrhundert, neuere Arbeiten befassen sich meistens nur mit Einzelaspekten. Hinzu kommt noch, dass von den Dynastien, die im Spätmittelalter Könige, Kaiser und Gegenkönige gestellt haben, bis heute fast nur diese Kaiser und Könige näher erforscht sind.</ref> Aufgrund seiner auf den Westen des Reiches und auf das heutige Italien ausgerichteten Politik und seiner für ihn selbst verhängnisvollen Verstrickung in das Konzil von Konstanz sowie der für das Bundesland Tirol guten Forschungslage gibt es zu Friedrich wesentlich mehr neuere wissenschaftliche Arbeiten als zu den vielen anderen Habsburgern des Mittelalters. Die meisten der neueren Arbeiten beschränkten sich aber nur auf das Konzil oder einzelne Aspekte seiner Herrschaft (siehe unter Literatur), wobei größere Zusammenhänge, Kontexte und politische Entwicklungen meistens nicht näher untersucht sind. Hinzu kommt, dass die vorhandenen Quellen, die als Belege auftauchen, zum Teil widersprüchlich wirken, sodass eine kritische Aufarbeitung und Einstufung der Sachquellen zusätzlich notwendig wäre. Eine seriöse und sachliche, zugleich  ideologiefreie Aufarbeitung zu seiner Person, wobei auch versucht werden müsste, die historischen Bedingungen, unter denen er agierte, nicht nur auf seine Herrschaft über Tirol oder das Konzil von Konstanz zu reduzieren, steht bisher noch aus.
Die Beurteilung dürfte seit Jahrhunderten im Wesentlichen davon abhängen, aus der Sicht welches seiner Herrschaftsgebiete sein Handeln untersucht und beurteilt wurde, wobei seine Beurteilung bis in die Gegenwart von politischen Tendenzen und Modeerscheinungen beeinflusst und gar verzerrt ist. Im Vergleich zu seinen Brüdern, die er alle überlebte, ist Friedrich von den Söhnen von Herzog Leopold (III.) noch am bekanntesten. Wie bei diesen gilt auch für ihn, dass seine Herrschaft in jenen Zeitraum der "Habsburgergeschichte" zwischen dem [[Vertrag von Neuberg an der Mürz]] (1379) und der Abdankung von [[Siegmund (Österreich-Tirol)|Herzog Siegmund ''dem Münzreichen'']] fällt, der bis heute nicht besonders gut erforscht ist, und er zu jenen Habsburgern gehört, die weder König noch Kaiser waren.<ref group="A">Die meisten relevanten Biographien der Habsburgerherrscher zwischen Rudolf I. und Friedrich III. sind aus dem 19. Jahrhundert, neuere Arbeiten befassen sich meistens nur mit Einzelaspekten. Hinzu kommt noch, dass von den Dynastien, die im Spätmittelalter Könige, Kaiser und Gegenkönige gestellt haben, bis heute fast nur diese Kaiser und Könige näher erforscht sind.</ref> Aufgrund seiner auf den Westen des Reiches und auf das heutige Italien ausgerichteten Politik und seiner für ihn selbst verhängnisvollen Verstrickung in das Konzil von Konstanz sowie der für das Bundesland Tirol guten Forschungslage gibt es zu Friedrich wesentlich mehr neuere wissenschaftliche Arbeiten als zu den vielen anderen Habsburgern des Mittelalters. Die meisten der neueren Arbeiten beschränkten sich aber nur auf das Konzil oder einzelne Aspekte seiner Herrschaft (siehe unter Literatur), wobei größere Zusammenhänge, Kontexte und politische Entwicklungen meistens nicht näher untersucht sind. Hinzu kommt, dass die vorhandenen Quellen, die als Belege auftauchen, zum Teil widersprüchlich wirken, sodass eine kritische Aufarbeitung und Einstufung der Sachquellen zusätzlich notwendig wäre. Eine seriöse und sachliche, zugleich  ideologiefreie Aufarbeitung zu seiner Person, wobei auch versucht werden müsste, die historischen Bedingungen, unter denen er agierte, nicht nur auf seine Herrschaft über Tirol oder das Konzil von Konstanz zu reduzieren, steht bisher noch aus.


== Aussehen und physische Verfassung ==
== Aussehen und physische Verfassung ==
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