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Der '''Brand in der Munitionsfabrik Wöllersdorf''' war ein Großbrand in den [[w:Wöllersdorfer Werke|Wöllersdorfer Werken]] im Gemeindegebiet von [[Wiener Neustadt]] am [[18. September]] [[1918]], die knapp vor Ende des [[w:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] neben dem Sachschaden 423 Menschenleben kostete. | Der '''Brand in der Munitionsfabrik Wöllersdorf''' war ein Großbrand in den [[w:Wöllersdorfer Werke|Wöllersdorfer Werken]] im Gemeindegebiet von [[Wiener Neustadt]] am [[18. September]] [[1918]], die knapp vor Ende des [[w:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] neben dem Sachschaden 423 Menschenleben kostete. | ||
Schon vor und während des Ersten Weltkrieges war die Munitionsfabrik ein Schwerpunkt der [[w:k.u.k.|k.u.k.]] Rüstungsindustrie. Im Objekt 143, einer Fabrikshalle östlich der noch heute erhaltenen Elektroschalt- und Verteilerhalle (heute Zentrale von [[w:MABA|MABA]]) | == Lage == | ||
Schon vor und während des Ersten Weltkrieges war die Munitionsfabrik ein Schwerpunkt der [[w:k.u.k.|k.u.k.]] Rüstungsindustrie. Im Objekt 143, einer Fabrikshalle östlich der noch heute erhaltenen Elektroschalt- und Verteilerhalle (heute Zentrale von [[w:MABA|MABA]]) arbeiteteten etwa 500 Personen. Der Großteil von ihnen, Frauen und Mädchen [[w:Schießpulver|Schießpulver]], füllten dieses in Leinensäcke und steckten diese mit [[w:Anzündhütchen|Zündhütchen]]. Männer waren kaum beschäftigt, da diese im Kriegseinsatz waren. Durch die prekäre Lage zu Kriegsende, musste die Produktion möglichst effektiv sein, sodass man Sicherheitsvorkehrungen oft abstellte und auch die Vorschriften zum Arbeitsschutz außer Kraft setzte. | |||
Nach Augenzeugenberichten schloss das Aufsichtspersonal, das aus Soldaten bestand, schon bald die seitlichen Ausgänge, da die Frauen diese, um rechtzeitig bei der Ausgabe des Mittagessens zu sein, schon vor zwölf Uhr benutzten. Dadurch entstand in der Halle große Hitze. Dieser zu begegnen wurden die seitlichen Tore später durch Gittertore ersetzt, die zwar Luft durchließen, aber einen eventuell notwendigen Fluchtweg komplett versperrten. | Nach Augenzeugenberichten schloss das Aufsichtspersonal, das aus Soldaten bestand, schon bald die seitlichen Ausgänge, da die Frauen diese, um rechtzeitig bei der Ausgabe des Mittagessens zu sein, schon vor zwölf Uhr benutzten. Dadurch entstand in der Halle große Hitze. Dieser zu begegnen wurden die seitlichen Tore später durch Gittertore ersetzt, die zwar Luft durchließen, aber einen eventuell notwendigen Fluchtweg komplett versperrten. | ||
== Brand == | |||
Um zirka 11:30 Uhr fiel eine Patronenhülse am Boden und erzeugte dabei eine Stichflamme. Diese setzte das umliegende Pulver schnell in Brand. Durch die zu dieser Zeit stattgefundenen Essensverteilung waren die Frauen nicht am Arbeitsplatz sondern standen beisammen. Durch die hohen Temperaturen beim Abbrand des Pulvers fingen auch zahlreiche Kleidungsstücke der Arbeiterinnen Feuer. Die Frauen liefen zwar zu den Toren, konnten aber durch die versperrten Fluchtwege die Halle nicht verlassen. Somit starb ein Großteil der Frauen, direkt bei den Toren, wo sich die Leichen bald türmten.<ref>{{ANNO|aze|22|09|1918|7|Die Katastrophe von Wöllersdorf|HERVORHEBUNG=Wie+das+Unglück+geschah}}</ref> | Um zirka 11:30 Uhr fiel eine Patronenhülse am Boden und erzeugte dabei eine Stichflamme. Diese setzte das umliegende Pulver schnell in Brand. Durch die zu dieser Zeit stattgefundenen Essensverteilung waren die Frauen nicht am Arbeitsplatz sondern standen beisammen. Durch die hohen Temperaturen beim Abbrand des Pulvers fingen auch zahlreiche Kleidungsstücke der Arbeiterinnen Feuer. Die Frauen liefen zwar zu den Toren, konnten aber durch die versperrten Fluchtwege die Halle nicht verlassen. Somit starb ein Großteil der Frauen, direkt bei den Toren, wo sich die Leichen bald türmten.<ref>{{ANNO|aze|22|09|1918|7|Die Katastrophe von Wöllersdorf|HERVORHEBUNG=Wie+das+Unglück+geschah}}</ref> | ||
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{{Zitat|Es war ein jammervoller Anblick. Ganz nackt brachte man die Armen in den Krankensaal - denn die Stichflamme der pulverisierten Nitrozellulose hatte sämtliche Bekleidung im Nu verzehrt. Am gantzen Körper verbrannt lagen die Verwundeten und Sterbenden röchelnd auf ihren Schmerzenslagern, bis die Ärzte und Pflegerinnen alle der Reihe nach verbanden. Viele verstarben unter den Händen|Dechant Karl Minichthaler in der Wöllersdorfer Pfarrchronik}} | {{Zitat|Es war ein jammervoller Anblick. Ganz nackt brachte man die Armen in den Krankensaal - denn die Stichflamme der pulverisierten Nitrozellulose hatte sämtliche Bekleidung im Nu verzehrt. Am gantzen Körper verbrannt lagen die Verwundeten und Sterbenden röchelnd auf ihren Schmerzenslagern, bis die Ärzte und Pflegerinnen alle der Reihe nach verbanden. Viele verstarben unter den Händen|Dechant Karl Minichthaler in der Wöllersdorfer Pfarrchronik}} | ||
Gegenüber der offiziellen 276 Toten, waren insgesamt 423 Opfer zu beklagen. Da die Fabrik zum Pfarrsprengel Steinabrückl gehörte, wurde die meisten Opfer am Friedhof in Steinabrückl begraben, die weiteren wurden auf den Friedhöfen in [[Markt Piesting|Piesting]], [[Winzendorf]], sowie in [[Bad Fischau]] und [[Wiener Neustadt]] in den folgenden Tagen bestattet. | |||
Die damalige Presse verglich den Brand mit dem [[w:Ringtheaterbrand|Ringtheaterbrand]] im Jahr 1881. | Die damalige Presse verglich den Brand mit dem [[w:Ringtheaterbrand|Ringtheaterbrand]] im Jahr 1881. | ||
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Bei der Brandbekämpfung wurde die Fabriksfeuerwehr des Werkes, die damals noch eine Militärfeuerwehr des Werkes war<ref>[https://ehem-betriebsfeuerwehren-noe.jimdo.com/feuerwehren-nach-bezirke-geordnet/wr-neustadt/ BTF der Raketen- und Munitionsfabrik Wöllersdorfer Werke] abgerufen am 9. September 2018</ref>,durch die [[Freiwillige Feuerwehr Wiener Neustadt|Stadtfeuerwehr Wiener Neustadt]], sowie die Fabriksfeuerwehr der Daimler-Werke, der [[w:Wiener Neustädter Lokomotivfabrik|Lokomotivfabrik]], der [[w:Oesterreichische Flugzeugfabrik AG|Flugzeugfabrik]] und anderen Freiwilligen Feuerwehren unterstützt.<ref>{{ANNO|nwb|26|09|1918|5|Die Explosionskatastrophe in Wöllersdorf|HERVORHEBUNG=Fabriksfeuerwehr}}</ref> | Bei der Brandbekämpfung wurde die Fabriksfeuerwehr des Werkes, die damals noch eine Militärfeuerwehr des Werkes war<ref>[https://ehem-betriebsfeuerwehren-noe.jimdo.com/feuerwehren-nach-bezirke-geordnet/wr-neustadt/ BTF der Raketen- und Munitionsfabrik Wöllersdorfer Werke] abgerufen am 9. September 2018</ref>,durch die [[Freiwillige Feuerwehr Wiener Neustadt|Stadtfeuerwehr Wiener Neustadt]], sowie die Fabriksfeuerwehr der Daimler-Werke, der [[w:Wiener Neustädter Lokomotivfabrik|Lokomotivfabrik]], der [[w:Oesterreichische Flugzeugfabrik AG|Flugzeugfabrik]] und anderen Freiwilligen Feuerwehren unterstützt.<ref>{{ANNO|nwb|26|09|1918|5|Die Explosionskatastrophe in Wöllersdorf|HERVORHEBUNG=Fabriksfeuerwehr}}</ref> | ||
== Würdigung == | |||
[[Datei:Friedhof Winzendorf 3270.JPG|mini|Denkmal am Winzendorfer Friedhof]] | |||
Im Jahr 2018 wurde in Winzendorf, wo die meisten Opfer zu verzeichnen waren, der damaligen Opfer gedacht und eine Gedenkstätte enthüllt.<ref>[https://www.noen.at/neunkirchen/winzendorf-brandkatastrophe-1918-mahnmal-fuer-frieden-errichtet-gerhard-kofler-gedenkstaette-117358893 Brandkatastrophe 1918: Mahnmal für Frieden errichtet] in den [[Niederösterreichische Nachrichten|NÖN]] von 6. Oktober 2018 abgerufen am 26. April 2020</ref> | Im Jahr 2018 wurde in Winzendorf, wo die meisten Opfer zu verzeichnen waren, der damaligen Opfer gedacht und eine Gedenkstätte enthüllt.<ref>[https://www.noen.at/neunkirchen/winzendorf-brandkatastrophe-1918-mahnmal-fuer-frieden-errichtet-gerhard-kofler-gedenkstaette-117358893 Brandkatastrophe 1918: Mahnmal für Frieden errichtet] in den [[Niederösterreichische Nachrichten|NÖN]] von 6. Oktober 2018 abgerufen am 26. April 2020</ref> | ||
Rechtlich hatte der Brand kaum Konsequenzen. Es wurden noch zwei verantwortliche Offiziere an die Front versetzt, allerdings war bereits zwei Monate später der Krieg zu Ende. | Rechtlich hatte der Brand kaum Konsequenzen. Es wurden noch zwei verantwortliche Offiziere an die Front versetzt, allerdings war bereits zwei Monate später der Krieg zu Ende. | ||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* [[Werner Sabitzer]]: ''Flammen in der Munitionsfabrik'' in ''Öffentliche Sicherheit'', Ausgabe 9-10/18 ([https://www.bmi.gv.at/magazinfiles/2018/09_10/brandkatastrophe.pdf Online]) | * [[Werner Sabitzer]]: ''Flammen in der Munitionsfabrik'' in ''Öffentliche Sicherheit'', Ausgabe 9-10/18 ([https://www.bmi.gv.at/magazinfiles/2018/09_10/brandkatastrophe.pdf Online]) |