Fries, Burgholzer & Comp.: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Gewerbe der Mühlsteinbrecher bzw. Mühlsteinhauer in Perg kann urkundlich bis ins [[w:Mittelalter|Mittelalter]] zurückverfolgt werden und galt als kaiserliches [[w:Privileg|Privileg]]. In den besten Jahren wurden jährlich etwa zweitausend Mühlsteine erzeugt und verkauft, u.a. nach [[w:Bayern|Bayern]], nach [[w:Ungarn|Ungarn]], in die [[w:Balkan|Balkanländer]], nach [[w:Russland|Russland]], aber auch von [[w:Stettin|Stettin]] mit Schiff in die Ostseeländer.
Das Gewerbe der Mühlsteinbrecher bzw. Mühlsteinhauer in Perg kann urkundlich bis ins [[w:Mittelalter|Mittelalter]] zurückverfolgt werden und galt als kaiserliches [[w:Privileg|Privileg]]. In den besten Jahren wurden jährlich etwa zweitausend Mühlsteine erzeugt und verkauft, u.a. nach [[w:Bayern|Bayern]], nach [[w:Ungarn|Ungarn]], in die [[w:Balkan|Balkanländer]], nach [[w:Russland|Russland]], aber auch von [[w:Stettin|Stettin]] mit Schiff in die Ostseeländer.


Die [[w:Zunft|Zunft]] der Perger Mühlsteinhauer war die wichtigste unter den sechs Perger Zünften. Die ab 1694 bestehende [[w:Zunftlade|Innungslade]] trug den Namen „Bürgerliche Mühlsteindurchschläger“.<ref>[https://books.google.at/books?id=wrFPAAAAcAAJ&pg=PA403&dq=Perger+Mühlstein&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz1Nvw4M_WAhWhFJoKHbaGCGsQ6AEIWDAK#v=onepage&q=Perger%20Mühlstein&f=false Perg], in: Benedikt Pillwein, Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogthums Österreich ob der Enns und des Herzoigthums Salzburg, Band 2, Quandt, 1827, S 4023ff</ref> Der Zunft gehörten vierzig Meister an. Sie bestand bis 1859. Bei festlichen Anlässen traten ihre Meister mit einem zylinderähnlichen Hut,  mit einem besonderen Abzeichen, dem sogenannten Liberee, als Zeugnis ihrer Freiheiten, mit einer weißen Schürze aus feinem Stoff, einem langen Gehrock und Handstock auf. Sie verfügten über eine Zunftfahne.<ref>[https://books.google.at/books?id=2GkPAQAAIAAJ&q=Perger+Mühlstein&dq=Perger+Mühlstein&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz1Nvw4M_WAhWhFJoKHbaGCGsQ6AEIPDAE ''Die Zunft der Mühlsteinhauer in Perg''], in: Gerhart Baron; Der Beginn: Die Anfänge der Arbeiterbildungsvereine in Oberösterreich, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Linz, 1971</ref>
Die [[w:Zunft|Zunft]] der Perger Mühlsteinhauer war die wichtigste unter den sechs Perger Zünften. Die ab 1694 bestehende [[w:Zunftlade|Innungslade]] trug den Namen „Bürgerliche Mühlsteindurchschläger“.<ref>[https://books.google.at/books?id=wrFPAAAAcAAJ&pg=PA403&dq=Perger†Mühlstein&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz1Nvw4M_WAhWhFJoKHbaGCGsQ6AEIWDAK#v=onepage&q=Perger%20Mühlstein&f=false Perg], in: Benedikt Pillwein, Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogthums Österreich ob der Enns und des Herzoigthums Salzburg, Band 2, Quandt, 1827, S 4023ff</ref> Der Zunft gehörten vierzig Meister an. Sie bestand bis 1859. Bei festlichen Anlässen traten ihre Meister mit einem zylinderähnlichen Hut,  mit einem besonderen Abzeichen, dem sogenannten Liberee, als Zeugnis ihrer Freiheiten, mit einer weißen Schürze aus feinem Stoff, einem langen Gehrock und Handstock auf. Sie verfügten über eine Zunftfahne.<ref>[https://books.google.at/books?id=2GkPAQAAIAAJ&q=Perger†Mühlstein&dq=Perger†Mühlstein&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz1Nvw4M_WAhWhFJoKHbaGCGsQ6AEIPDAE ''Die Zunft der Mühlsteinhauer in Perg''], in: Gerhart Baron; Der Beginn: Die Anfänge der Arbeiterbildungsvereine in Oberösterreich, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Linz, 1971</ref>


Ein bürgerliche Mühlsteinbrechermeister-Gesellschaft im Markte Perg im Mühlviertel in Österreich ob der Enns mit einem Companie-Rechnungsführer Michl Burgholzer, bürgerlicher Mühlsteinbrechermeister im Markte Perg Nr. 73 inserierte in der Linzer Tagespost, dass auf einem Mühlsteinplatz in Linz alle Gattungen von Mühlsteinen um die billigsten Preise zu haben sind.<ref>{{ANNO|laz|06|03|1818|9|}}</ref>
Ein bürgerliche Mühlsteinbrechermeister-Gesellschaft im Markte Perg im Mühlviertel in Österreich ob der Enns mit einem Companie-Rechnungsführer Michl Burgholzer, bürgerlicher Mühlsteinbrechermeister im Markte Perg Nr. 73 inserierte in der Linzer Tagespost, dass auf einem Mühlsteinplatz in Linz alle Gattungen von Mühlsteinen um die billigsten Preise zu haben sind.<ref>{{ANNO|laz|06|03|1818|9|}}</ref>


Eine bürgerliche Mühlstein-Handlungs-Gesellschaft vom Markte Perg im unteren Mühlviertel, die „K.k. privilegierten Mühlstein-Handlungs-Companie“, wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet. Diese besass entlang der [[w:Donau|Donau]] an mehreren Orten Lagerplätze und Vertriebsagenten, u.a. auch in [[Linz]], wo „alle Arten von Perger Mühlsteinen in bester Beschaffenheit um die billigsten Preise zu bekommen waren“, <ref>[https://books.google.at/books?id=_DlKAAAAcAAJ&pg=PA627&dq=Perger+Mühlstein&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz1Nvw4M_WAhWhFJoKHbaGCGsQ6AEILTAB#v=onepage&q=Perger%20Mühlstein&f=false Zeitungsanzeige], in: Lintzer Ordinari-Zeitung, 1816, S 627</ref> und in Krems.<ref>{{ANNO|zwb|14|08|1870|9|Wallseer Mühlsteine}}</ref><ref>[https://books.google.at/books?id=3xr5yY2ngBEC&pg=PP11&dq=Perger+Mühlstein&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz1Nvw4M_WAhWhFJoKHbaGCGsQ6AEISTAH#v=onepage&q=Perger%20Mühlstein&f=false Zeitungsanzeige], in: Kremser Wochenblatt: Zeitschrift für Unterhaltung, landwirtschaftliche und industrielle Interessen, Pammer, 1867.</ref>
Eine bürgerliche Mühlstein-Handlungs-Gesellschaft vom Markte Perg im unteren Mühlviertel, die „K.k. privilegierten Mühlstein-Handlungs-Companie“, wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet. Diese besass entlang der [[w:Donau|Donau]] an mehreren Orten Lagerplätze und Vertriebsagenten, u.a. auch in [[Linz]], wo „alle Arten von Perger Mühlsteinen in bester Beschaffenheit um die billigsten Preise zu bekommen waren“, <ref>[https://books.google.at/books?id=_DlKAAAAcAAJ&pg=PA627&dq=Perger†Mühlstein&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz1Nvw4M_WAhWhFJoKHbaGCGsQ6AEILTAB#v=onepage&q=Perger%20Mühlstein&f=false Zeitungsanzeige], in: Lintzer Ordinari-Zeitung, 1816, S 627</ref> und in Krems.<ref>{{ANNO|zwb|14|08|1870|9|Wallseer Mühlsteine}}</ref><ref>[https://books.google.at/books?id=3xr5yY2ngBEC&pg=PP11&dq=Perger†Mühlstein&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz1Nvw4M_WAhWhFJoKHbaGCGsQ6AEISTAH#v=onepage&q=Perger%20Mühlstein&f=false Zeitungsanzeige], in: Kremser Wochenblatt: Zeitschrift für Unterhaltung, landwirtschaftliche und industrielle Interessen, Pammer, 1867.</ref>


==1872 bis 1913==
==1872 bis 1913==
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*Holzbetonziegel
*Holzbetonziegel


Rudolf Burgholzer übersiedelte 1924 mit seiner Familie nach Perg. Die Umstrukturierung und Ausweitung der Produktpalette ab 1924 erfolgten mit großzügiger Hilfe in Form von Krediten seitens des Schwiegervaters Julius Hille. Er unternahm für den Vertrieb der von seinem Unternehmen erzeugten Produkte Geschäftsreisen durch ganz Europa und auch nach Amerika. Im Unternehmen war ab 1924 bis zu seiner Pensionierung 1959 Willy Klauer als Prokurist tätig. Er war 1924 gemeinsam mit Rudolf Burgholzer aus Düsseldorf nach Perg gekommen. Neben Klauer fungierte Johann Egelseer (* 1874; + 1930) bis zu seinem Tod ebenfalls als Prokurist.
Rudolf Burgholzer übersiedelte 1924 mit seiner Familie nach Perg. Die Umstrukturierung und Ausweitung der Produktpalette ab 1924 erfolgten mit großzügiger Hilfe in Form von Krediten seitens des Schwiegervaters Julius Hille. Er unternahm für den Vertrieb der von seinem Unternehmen erzeugten Produkte Geschäftsreisen durch ganz Europa und auch nach Amerika. Im Unternehmen war ab 1924 bis zu seiner Pensionierung 1959 Willy Klauer als Prokurist tätig. Er war 1924 gemeinsam mit Rudolf Burgholzer aus Düsseldorf nach Perg gekommen. Neben Klauer fungierte Johann Egelseer (* 1874; 1930) bis zu seinem Tod ebenfalls als Prokurist.


Während der 1930er-Jahre wurden Holzschleifsteine das wichtigste Produkt. Beispielsweise wurden 1933 87 % der erzeugten Holzschleifsteine exportiert. Kundschaft war die Papierindustrie, vor allem in Finnland, Schweden, Deutschland, Tschechoslowakei u.a.m. Vereinzelt wurden Holzschleifsteine bis nach Kanada geliefert. Hingegen wurde der große Aufschwung der Edelputzproduktion durch die Wirtschaftskrise in den 1930er-Jahren erheblich gebremst. Auf Grund der politischen Verhältnisse brachen die Exporte nach Deutschland wegen fehlender Importgenehmigungen 1937/38 völlig ein. Auch nach dem Anschluss an das Deutsche Reich waren Exporte unerwünscht. Hingegen besserte sich der Absatz der Edelputze im Inland zunächst deutlich, kam später aber gänzlich zum Erliegen. Auch Betonplatten für die Fahrwegbefestigung sowie Terrazzoplatten und Stufen wurden während der Kriegsjahre in großen Mengen erzeugt und sicherten das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens. Da viele Arbeiter zur Wehrmacht mussten, war das Unternehmen gezwungen, auf zugeteilte Zwangsarbeiter  zurückzugreifen.  
Während der 1930er-Jahre wurden Holzschleifsteine das wichtigste Produkt. Beispielsweise wurden 1933 87 % der erzeugten Holzschleifsteine exportiert. Kundschaft war die Papierindustrie, vor allem in Finnland, Schweden, Deutschland, Tschechoslowakei u.a.m. Vereinzelt wurden Holzschleifsteine bis nach Kanada geliefert. Hingegen wurde der große Aufschwung der Edelputzproduktion durch die Wirtschaftskrise in den 1930er-Jahren erheblich gebremst. Auf Grund der politischen Verhältnisse brachen die Exporte nach Deutschland wegen fehlender Importgenehmigungen 1937/38 völlig ein. Auch nach dem Anschluss an das Deutsche Reich waren Exporte unerwünscht. Hingegen besserte sich der Absatz der Edelputze im Inland zunächst deutlich, kam später aber gänzlich zum Erliegen. Auch Betonplatten für die Fahrwegbefestigung sowie Terrazzoplatten und Stufen wurden während der Kriegsjahre in großen Mengen erzeugt und sicherten das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens. Da viele Arbeiter zur Wehrmacht mussten, war das Unternehmen gezwungen, auf zugeteilte Zwangsarbeiter  zurückzugreifen.