Finanzierung des Ersten Weltkriegs mit Kriegsanleihen: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 31. Januar 2016, 09:35 Uhr

Die Zeichnung von Kriegsanleihen wird meist von umfangreicher Propaganda begleitet. Diese ist Teil der Kriegspropaganda. Im Ersten Weltkrieg erreichte diese Propaganda eine größere Bedeutung als zuvor in zwischenstaatlichen Konflikten. In allen Staaten des Ersten Weltkriegs, sowohl bei den Mittelmächten, als auch bei der Entente, wurden Kriegsanleihen oder Kriegskredite zur Finanzierung der Aufrüstung und Kriegsführung eingesetzt. Die Verbreitung von Massenmedien machte Werbung und Propaganda für Kriegsanleihen in großem Stil möglich. Künstler und Journalisten wurden zunehmend in die Gestaltung dieser Maßnahmen eingebunden. Erstmals wurden in diesem Krieg neben Plakaten, Flugblättern und Zeitungen auch Filme als Propagandamedium eingesetzt. Die Achsenmächte gaben sich in den ersten Kriegsjahren mit verhältnismäßig kleinformatigen Aufrufen und rein textlicher Gestaltung, allenfalls verbrämt mit Nationalsymbolen, zufrieden. Erst ab 1917 wurden Bilder und Grafiken zunehmend zur Gestaltung der Aufrufe zur Zeichnung von Kriegsanleihen eingesetzt. Auch große Formate, beispielsweise Säulenplakate, werden eingesetzt. Regional werden ebenfalls ab 1917 Bilder als wesentliches Element betrachtet, z. B. das Bild von Andreas Hofer zur Werbung für Kriegsanleihen in Tirol[1] oder die Bilder prominenter Schauspieler auf einem Plakat in Wien.[2]

Arten der Kriegsfinanzierung

Österreichische Kriegsanleihe, Serie B, 1. Mai 1915
3. Österreichische Kriegsanleihe 1915

Es gibt drei Arten der Kriegsfinanzierung: Durch eine Steuererhöhung kann der Staat einen Teil der Ausgaben eines Krieges beschaffen.Die USA und Großbritannien haben ein Viertel der Kriegskosten des Ersten Weltkrieges durch eine Steuererhöhung aufgebracht. In Österreich wurde keine Steuererhöhung umgesetzt.

Eine weitere und für den Staat auf den ersten Blick relativ einfache Möglichkeit besteht in der direkten Verschuldung. Diesen Weg der Finanzierung können auch finanziell schwache Staaten verfolgen, indem der Staat mehr Geld druckt. Dies führt aber auf lange Sicht zur Inflation.[3]

Eine Kriegsanleihe (oder Kriegskredit) ist ein verzinsliches oder unverzinsliches Wertpapier, das der Finanzierung eines Krieges dient. Emittent ist in der Regel eine Regierung. Das Ankaufen der Anleihe kommt der Gewährung eines Kredits an die Regierung gleich. Durch Kriegsanleihen können die Kosten eines Krieges über viele Jahre und sogar über Generationen verteilt werden. Jede Kriegsanleihe hatte eine unterschiedliche Laufzeit. Da alle vor dem Krieg von einer kurzen Auseinandersetzung ausgegangen waren, versprach die erste Anleihe vom November 1914 eine Rückzahlungsfrist von wenigen Jahren. Bei der achten und letzten Kriegsanleihe vom Mai bis Juli 1918 war der Tilgungszeitraum von 1924 bis 1958 vorgesehen, das bedeutet, die Kriegsanleihen wären bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts, in der ein weiterer Weltkrieg Europa verwüstet hatte, zu bedienen gewesen.[3]

Erster Weltkrieg

Die Gesamtkosten für den Ersten Weltkrieg werden für Österreich-Ungarn auf 81 bis 90 Milliarden Kronen geschätzt. Diese sollten von Anfang an nicht mit Steuergeldern bezahlt werden, sondern im Glauben an den Kriegsgewinn, den Besiegten auferlegt werden. Zur Finanzierung des Kriegs zog die Doppelmonarchie vor allem zwei Quellen heran: Zwei Fünftel über das Gelddrucken und drei Fünftel der Kriegskosten wurden über Anleihen finanziert. So wurden zwischen November 1914 und Juni 1918 insgesamt acht Kriegsanleihen gezeichnet.[4] Dies entspricht einem Gesamtwert von 35,1 Milliarden Kronen. Kriegsanleihen waren zu 5,5% und später zu 6,25% verzinste Schatzscheine, die eigentlich in den 1920er Jahren zurückerstattet werden sollten.

Dieser Weg wurde im Ersten Weltkrieg im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn eingeschlagen. In beiden Ländern wurden die Kriegskosten zu ca. 60 % durch Kriegsanleihen und zu 40 % durch Kredite bei der Notenbank aufgebracht. Die Konsequenzen dieser Finanzierungsmethode wurden dadurch verschlimmert, dass der Abschöpfungseffekt der Kriegsanleihen neutralisiert wurde, indem die Anleihestücke bei der Österreichisch-Ungarischen Bank in Lombard gegeben werden konnten, also den Geldumlauf wieder vermehrten und so das Inflationspotenzial vergrößerten.[3]

Der Erfolg war anfangs jedoch beachtlich. Die erste österreichische Kriegsanleihen im November 1914, brachte mit insgesamt 2,2 Milliarden Kronen rund das Vierfache dessen, was je in einem Friedensjahr an Anleihen gezeichnet worden war. Diese Ergiebigkeit ließ aber sehr schnell nach: Zwar konnten die Nominalerträge von der ersten bis zur achten und letzten Anleihen auf das Zweieinhalbfache gesteigert werden, doch der Realbetrag sank auf unter ein Viertel.

Kriegsanleihe Zeichnungsmonat Nominell real (Kaufkraft 1.Juli 1914)
1.Kriegsanleihe November 1914 2.221 1.805
2.Kriegsanleihe Mai1915 2.688 1.610
3.Kriegsanleihe Oktober 1915 4.203 1.860
4.Kriegsanleihe Mai 1916 4.520 1.303
5.Kriegsanleihe November 1916 4.468 752
6.Kriegsanleihe Mai 1917 5.189 679
7.Kriegsanleihe November 1917 6.046 732
8.Kriegsanleihe Juni 1918 5.814 436
SUMME 35.129 9.177
Liberty Bond Poster in den USA von Winsor McCay, Erster Weltkrieg

Am 16. November 1914 begann die erste öffentliche Zeichnung der 1. Kriegsanleihe und wurde eine Woche später abgeschlossen. Die erste Anleihe war unbegrenzt, das heißt, es wurde alle Zeichnungen wurden akzeptiert und die angegebenen Beträge voll zugeteilt. Damit auch die kleinsten Zeichnungen der großen Kriegsanleiheoperation angenommen werden konnten, wurde der gesamte Kreditapparat, das Postsparkassenamt in Wien, inklusive allen Postämtern, die Steuerämter und Staatskassen, alle Filialen der Österreichisch-Ungarischen Bank in Wien und die Versicherungsanstalten samt Zweigstellen aufgeboten. Eigentlich betrugen die kleinsten Abschnitte der Kriegsanleihe 100 Kronen, aber bei den Postämtern war es trotzdem möglich, Anleihen auch in kleinere Abschnitte zu unterteilen und Anleihen mit einem nominalen Wert von 25, 50 und 75 Kronen auszugeben. Diese kleinen Anleihen machten zwar neun Zehntel aller Subskriptionen aus, deckten aber nur 20 Prozent des Gesamtaufkommens ab. Fast die Hälfte des Gesamtertrags fiel auf weniger als ein Prozent der Unterzeichner. Generell war es vor allem die gehobene Schicht des deutschösterreichischen Bürgertums, das Kriegsanleihen zeichnete.[5] Die Großbanken stellten zwar einen Großteil ihrer personellen und materiellen Ressourcen in den Dienst der Subskription, aber sie warben auch stark um ein hohes Engagement bei ihren Kunden. Außerdem brachten sie einen beträchtlichen Anteil an Eigenmittel auf um selbst in österreichische und ungarische Kriegsanleihen zu investieren. Die Subskription bei den führenden Finanzinstituten ergab das folgende Ergebnis (in Mio. Kronen):

Bankinstitute Kriegsanleihe in Mio. Kronen
Österreichisch-ungarische Bank ca. 40
Creditanstalt über 190
Anglobank über 146
Bankverein über 180
Niederösterreichische Escompte-Gesellschaft über 159
Länderbank über 200
Unionbank über 61
Mercurbank über 61
Depositenbank über 24
Verkehrsbank über 65
Böhmische Unionbank über 86
Zivnistenská banka über 26
Lombard-und Escomptebank über 7
Zentralbank der deutschen Sparkassen über 59

Medien der Propaganda

Österreich betrieb im Ersten Weltkrieg eine in diesem Ausmaß noch nie dagewesene Propaganda zur Zeichnung der acht Kriegsanleihen. Beworben wurden diese vom Kriegspressequartier, der Propagandastelle des Kriegsministeriums und von an den Kriegsanleihen beteiligten Banken. Das Plakat stellte dabei das wichtigste Medium, neben Zeitungsartikeln und Broschüren, welches die Österreicher zur Unterzeichnung der Kriegsanleihen überzeugen sollte.

Literatur

  • Eduard März: Österreichische Bankpolitik in der Zeit der großen Wende 1913-1923. R.Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1981 ISBN 3-4865-0761-3
  • Roman Sandgruber: Ökonomie und Politik, österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart. In: Herwig Wolfram (Hrsg.): Österreichische Geschichte. Band 10, Wirtschaftsverlag Ueberreuter, Wien 1995 ISBN 3-8000-3531-6

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Albert Plattner: Andreas Hofer und die Kriegsanleihe. Plakat mit Mundarttext als Werbung für die Zeichnung von Kriegsanleihen, 1917. ÖNB, Bildarchiv Austria, abgerufen am 15. Juni 2015
  2. Theodor Zasche: Kriegsanleihetag der österreichischen Bühnen. 31. Mai 1917 - Wir alle zeichnen Kriegsanleihe! ÖNB, Bildarchiv Austria, abgerufen am 15. Juni 2015
  3. 3,0 3,1 3,2 Derek Weber: Der Mechanismus der Kriegsfinanzierung. Kapitel: Der Erste Weltkrieg. Die Welt der Habsburger, habsburger.net, abgerufen am 30. Juni 2015
  4. Heinz Niederleitner: Der große Krieg, finanziert auf Pump. w:Oberösterreichische Nachrichten online, vom 8. März 2014, abgerufen am 30. Juni 2015
  5. Roman Sandgruber: Kriegsausgaben: Geld, Geld und noch einmal Geld. Die Presse, vom 6. Jänner 2015, abgerufen am 30. Juni 2015