Maria Candia: Unterschied zwischen den Versionen

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== Geschichte des Gnadenbildes ==
== Geschichte des Gnadenbildes ==


Die Legende dieses Bildes geht in der Geschichte weit zurück, denn es wurde vom Urbild Mariens, das angeblich der Apostel Lukas geschaffen hatte, bzw. das sich selbst malte, hergeleitet. Sein Weg führte der völlig unbelegten Überlieferung nach von Jerusalem nach Konstantinopel, wo man dem Bild Siege des Kaisers zuschrieb. Im Jahre 410 sandte der Legende nach Kaiserin Eudoxia – gemeint ist vermutlich Aelia Eudocia Augusta (* um 400; † 20. Oktober 460 in Jerusalem), die Frau Kaiser Theodosius II. (* April 401; † 28. Juli 450) – das Bild an ihre Schwägerin Augusta Aelia Pulcheria (* 19. Jänner 399 in Konstantinopel; † 18. Februar 453 ebenda). Aus dieser Zeit ist auch das erste „Wunder" überliefert – zwei blinde Bettler wurden sehend – was zu einer öffentlichen Verehrung des Bildes führte.
Die Legende dieses Bildes geht in der Geschichte weit zurück, denn es wurde vom Urbild Mariens, das angeblich der Apostel Lukas geschaffen hatte, bzw. das sich selbst malte, hergeleitet. Sein Weg führte der völlig unbelegten Überlieferung nach von Jerusalem nach Konstantinopel, wo man dem Bild Siege des Kaisers zuschrieb. Im Jahre 410 sandte der Legende nach Kaiserin Eudoxia – gemeint ist vermutlich Aelia Eudocia Augusta (* um 400; † 20. Oktober 460 in Jerusalem), die Frau von [[w:Theodosius II.|Kaiser Theodosius II.]] (401-450) – das Bild an ihre Schwägerin [[w:Aelia Pulcheria|Augusta Aelia Pulcheria]] (399-453). Aus dieser Zeit ist auch das erste „Wunder" überliefert – zwei blinde Bettler wurden sehend – was zu einer öffentlichen Verehrung des Bildes führte.


Die Darstellung kam schließlich der Legende nach in die Kirche St. Nikolaus in Candia (heute Iraklio) auf der Insel Kreta, wo sie so sehr verehrt wurde, dass sogar die Tür der Kirche wegen des großen Zustroms der Gläubigen sogar nachts offen bleiben musste.
Die Darstellung kam schließlich der Legende nach in die Kirche St. Nikolaus in Candia (heute [[w:Iraklio|Iraklio]]) auf der Insel [[w:Kreta|Kreta]], wo sie so sehr verehrt wurde, dass sogar die Tür der Kirche wegen des großen Zustroms der Gläubigen sogar nachts offen bleiben musste.


Als die Stadt Candia von den Osmanen 1648–1669 belagert wurde, schickte Kaiser Leopold I. (* 9. Juni 1640 in Wien; † 5. Mai 1705 ebenda) 1668 unter der Führung Ulrichs von Kielmannsegg Hilfstruppen mit 2.400 Mann nach Kreta. Im Zusammenhang mit dem Schutz vor dem „Erbfeind der Christenheit", den Osmanen ereignete sich angeblich wieder ein Wunder. Das Bild der Madonna fiel während der Wandlung von der Wand der Kirche, da die belagernden osmanischen Truppen einen Stollen zur Sprengung eines Teiles der Stadt gegraben hatten, ihr weiteres Vorhaben wurde dadurch aber verhindert. Trotz dieses vermeintlichen Schutzes des Madonnenbildes wurde 1669 Candia an den Sultan übergeben, die fremden Hilfsvölker zogen ab.
Als die Stadt Candia von den Osmanen 1648–1669 belagert wurde, schickte [[w:Leopold I. (HRR)|Kaiser Leopold I. (1640-1705) im Jahr 1668 unter der Führung Ulrichs von Kielmannsegg Hilfstruppen mit 2.400 Mann nach Kreta. Im Zusammenhang mit dem Schutz vor dem „Erbfeind der Christenheit", den Osmanen ereignete sich angeblich wieder ein Wunder. Das Bild der Madonna fiel während der Wandlung von der Wand der Kirche, da die belagernden osmanischen Truppen einen Stollen zur Sprengung eines Teiles der Stadt gegraben hatten. Ihr weiteres Vorhaben wurde dadurch aber verhindert. Trotz dieses vermeintlichen Schutzes des Madonnenbildes wurde 1669 Candia an den Sultan übergeben, die fremden Hilfsvölker zogen ab.


Dem kunsthistorischen Befund nach handelt es sich bei dem Bild um eine Ikone vom Typus Hodegetria von Typus Smolensk I. Maria hält das Kind, das mit der rechten Hand segnet und mit der linken Hand eine Pergamentrolle umfasst (es symbolisiert das fleischgeworden Wort Gottes). Das Wort Hodegetria geht auf ein griechisches Wort für Führer zurück, der blinde Pilger zu einem Gnadenbild, das der Legende nach vom Evangelisten Lukas gemalt wurde, geleitete. Die ursprüngliche Ikone, die vor feindlichen Überfällen schützen sollte, ging 1453 bei der Eroberung von Byzanz verloren. Viele dieser Elemente finden sich auch in der Legende des Wiener Gnadenbildes Maria Candia. Dieses ist vom Typus her verwandt mit einigen berühmten Bildern, nicht nur dem Bild in Smolensk (Russland), sondern auch mit dem Gnadenbild Salus Populi Romani in der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom und der Schwarzen Madonna von Tschenstochau/Częstochowa in Polen.
Dem kunsthistorischen Befund nach handelt es sich bei dem Bild um eine [[w:Ikone|Ikone]] vom Typus Hodegetria von Smolensk I. Maria hält das Kind, das mit der rechten Hand segnet und mit der linken Hand eine Pergamentrolle umfasst (es symbolisiert das fleischgeworden Wort Gottes). Das Wort Hodegetria geht auf ein griechisches Wort für Führer zurück, der blinde Pilger zu einem Gnadenbild, das der Legende nach vom Evangelisten Lukas gemalt wurde, geleitete. Die ursprüngliche Ikone, die vor feindlichen Überfällen schützen sollte, ging 1453 bei der Eroberung von Byzanz verloren. Viele dieser Elemente finden sich auch in der Legende des Wiener Gnadenbildes Maria Candia. Dieses ist vom Typus her verwandt mit einigen berühmten Bildern, nicht nur dem Bild in Smolensk (Russland), sondern auch mit dem Gnadenbild Salus Populi Romani in der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom und der Schwarzen Madonna von Tschenstochau/Częstochowa in Polen.


Die Legende, wie dieses Bild nach Wien kam, erzählt nun, dass ein Priester das Bild (oder eine Kopie) bei sich trug und Graf Kielmannsegg bat, auf dem Schiff „Heilige Drei Könige" mit nach Venedig genommen zu werden. Als Dank schenkte er Kielmannsegg das Gnadenbild, dieser ließ eine Reihe von Zypressen schlagen und auch diese mitführen, auf denen das Gnadenbild angebracht werden sollte. Kielmannsegg war 1671 kurz in Wien und wollte sein Vorhaben verwirklichen, was ihm durch seine Bekanntschaft mit dem Barnabiten Don Casimir Dembsky gelang, 1673 wurde das Bild der Madonna von Candia auf einem eigens errichteten Altar aus Zypressenholz ausgesetzt. Als Dembsky 1679 Pestkranke in Wien betreute, steckte er sich dabei an, doch er befahl sich dem Schutz der Madonna von Candia. Diese erschien ihm mit den Pestheiligen Sebastian und Rochus und betete ihm fünf Psalmen vor, die mit Buchstaben des Namens Maria beginnen, und Dembsky wurde dadurch geheilt.
Die Legende, wie dieses Bild nach Wien kam, erzählt nun, dass ein Priester das Bild (oder eine Kopie) bei sich trug und Graf Kielmannsegg bat, auf dem Schiff „Heilige Drei Könige" mit nach Venedig genommen zu werden. Als Dank schenkte er Kielmannsegg das Gnadenbild, dieser ließ eine Reihe von Zypressen schlagen und auch diese mitführen, auf denen das Gnadenbild angebracht werden sollte. Kielmannsegg war 1671 kurz in Wien und wollte sein Vorhaben verwirklichen, was ihm durch seine Bekanntschaft mit dem Barnabiten Don Casimir Dembsky gelang, 1673 wurde das Bild der Madonna von Candia auf einem eigens errichteten Altar aus Zypressenholz ausgesetzt. Als Dembsky 1679 Pestkranke in Wien betreute, steckte er sich dabei an, doch er befahl sich dem Schutz der Madonna von Candia. Diese erschien ihm mit den Pestheiligen Sebastian und Rochus und betete ihm fünf Psalmen vor, die mit Buchstaben des Namens Maria beginnen, und Dembsky wurde dadurch geheilt.


Das Bild wurde in Wien nun noch mehr verehrt und man schrieb ihm viele Gebetserhörungen zu. Viele Drucke und Kupferstiche mit der Abbildung des Gnadenbildes erschienen. Zahlreiche Votivgaben aus Gold und Silber wurden beim Bild hinterlegt – und im Jahre 1726 kam es sogar zu einem Diebstahl dieser Opfergaben, die allerdings wieder beschafft werden konnten.
Das Bild wurde in Wien nun noch mehr verehrt und man schrieb ihm viele Gebetserhörungen zu. Viele Drucke und Kupferstiche mit der Abbildung des Gnadenbildes erschienen. Zahlreiche Votivgaben aus Gold und Silber wurden beim Bild hinterlegt – und im Jahre 1726 kam es sogar zu einem Diebstahl dieser Opfergaben, die allerdings wieder beschafft werden konnten.
== Literatur ==
== Literatur ==
* Gustav Gugitz: ''Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch'', Bd. 1 (Wien 1955) S. 29–31.
* Gustav Gugitz: ''Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch'', Bd. 1 (Wien 1955) S. 29–31.