Amerikawanderung der Riedlingsdorfer: Unterschied zwischen den Versionen
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Das Burgenland existierte Ende des 19. Jahrhunderts in seiner heutigen Form noch nicht, somit bildeten damals die deutschsprachigen Ortschaften den Westteil verschiedener ungarischer [[w:Komitat|Komitate]]. Sie lagen, wie auch Riedlingsdorf, im Hinterland großer ungarischer Städte wie [[Sopron]] oder [[Steinamanger]]. Die Hauptkommunikations- und Verkehrswege verliefen nicht so wie im modernen Burgenland in Nord-Süd-Richtung sondern in Ost-West-Richtung. Daher wurden die Gebiete des heutigen Nord- und Südburgenlandes unabhängig voneinander von den Auswanderungswellen erfasst, die von Innerungarn ab [[1875]] auf die deutschsprachigen Ortschaften überschwappten.<ref>Walter Dujmovits: ''Die Amerikawanderung der Burgenländer'', Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 38 und 39</ref> | Das Burgenland existierte Ende des 19. Jahrhunderts in seiner heutigen Form noch nicht, somit bildeten damals die deutschsprachigen Ortschaften den Westteil verschiedener ungarischer [[w:Komitat|Komitate]]. Sie lagen, wie auch Riedlingsdorf, im Hinterland großer ungarischer Städte wie [[w:Sopron|Sopron]] oder [[w:Steinamanger|Steinamanger]]. Die Hauptkommunikations- und Verkehrswege verliefen nicht so wie im modernen Burgenland in Nord-Süd-Richtung sondern in Ost-West-Richtung. Daher wurden die Gebiete des heutigen Nord- und Südburgenlandes unabhängig voneinander von den Auswanderungswellen erfasst, die von Innerungarn ab [[1875]] auf die deutschsprachigen Ortschaften überschwappten.<ref>Walter Dujmovits: ''Die Amerikawanderung der Burgenländer'', Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 38 und 39</ref> | ||
Das Gebiet des jetzigen [[Bezirk Oberwart|Bezirkes Oberwart]] (und somit auch von Riedlingsdorf) wurde von einer derartigen Auswanderungswelle ab [[1880]] erfasst. Sie war Teil der sogenannten ''New Immigration'', einer Auswanderungsbewegung, welche der aufstrebenden amerikanischen Industrie dringend benötige Arbeitskräfte beschaffte. Diese Industriewanderung führte somit dazu, dass die Riedlingsdorfer Landarbeiter in Amerika zu Industriearbeitern mutierten.<ref>Walter Dujmovits: ''Die Amerikawanderung der Burgenländer'', Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 44</ref> | Das Gebiet des jetzigen [[Bezirk Oberwart|Bezirkes Oberwart]] (und somit auch von Riedlingsdorf) wurde von einer derartigen Auswanderungswelle ab [[1880]] erfasst. Sie war Teil der sogenannten ''New Immigration'', einer Auswanderungsbewegung, welche der aufstrebenden amerikanischen Industrie dringend benötige Arbeitskräfte beschaffte. Diese Industriewanderung führte somit dazu, dass die Riedlingsdorfer Landarbeiter in Amerika zu Industriearbeitern mutierten.<ref>Walter Dujmovits: ''Die Amerikawanderung der Burgenländer'', Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 44</ref> | ||
Die ersten acht Auswanderungswilligen verließen 1893 ihre Heimatgemeinde. Danach gab es in der Phase der ''Vorkriegswanderung'' (bis [[1914]]) in Riedlingsdorf vor allem zwischen [[1905]] und [[1907]] relativ viele Auswanderer. Der absoluten Höhepunkt wurde ausgerechnet [[1913]], also am Vorabend des | Die ersten acht Auswanderungswilligen verließen 1893 ihre Heimatgemeinde. Danach gab es in der Phase der ''Vorkriegswanderung'' (bis [[1914]]) in Riedlingsdorf vor allem zwischen [[1905]] und [[1907]] relativ viele Auswanderer. Der absoluten Höhepunkt wurde ausgerechnet [[1913]], also am Vorabend des [[w:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]], erreicht. In der Phase der ''Zwischenkriegswanderung'' ([[1919]] bis [[1924]]) stieg in den Jahren [[1922]] und [[1923]] die Zahl der auswanderungswilligen Riedlingsdorfer wieder auf relativ hohe Werte an. Danach versiegte der Strom der Auswanderer, weil strengere amerikanische Einwanderungsgesetze die Einreise immer mehr erschwerten. | ||
Zunächst hielten die Auswanderer den Kontakt zu den daheimgebliebenen Verwandten aufrecht. So trugen die Auslands-Riedingsdorfer mit ihren Geldspenden wesentlich dazu bei, dass in Riedlingsdorf ein [[Kriegs- und Friedensdenkmal in Riedlingsdorf|Kriegerdenkmal]] für die Gefallenen des | Zunächst hielten die Auswanderer den Kontakt zu den daheimgebliebenen Verwandten aufrecht. So trugen die Auslands-Riedingsdorfer mit ihren Geldspenden wesentlich dazu bei, dass in Riedlingsdorf ein [[Kriegs- und Friedensdenkmal in Riedlingsdorf|Kriegerdenkmal]] für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet werden konnte.<ref>[http://members.aon.at/dbundsch/spende1924.htm Webseite ''Beiträge zur Riedlingsdorfer Dorfgeschichte: Spenderverzeichnis 1924 für das Kriegerdenkmal], abgerufen am 9. August 2014</ref> Der [[w:Zweiter Weltkrieg|Zweite Weltkrieg]] sowie das fortgeschrittene Alter der Auswanderer führten im Laufe der Zeit jedoch dazu, dass so manche Bande zerbrach. Einige neue Kontakte wurden in letzter Zeit wieder von der Enkelgeneration geknüpft, die sich als [[w:Ahnenforscher|Ahnenforscher]] auf Spurensuche begaben. Die rasante Entwicklung des [[w:Internet|Internets]] wirkte sich für diese Entwicklung besonders positiv aus. | ||
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* Samuel Arthofer und Leopold Kaippel verließen 1922 den britischen Hafen Southampton an Bord der berühmten [[w:RMS Mauretania|RMS Mauretania]]. Diese war bis 1911 das größte Schiff der Welt und aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit 22 Jahre lang Trägerin des [[w:Blaues Band|Blauen Bandes]]. | * Samuel Arthofer und Leopold Kaippel verließen 1922 den britischen Hafen Southampton an Bord der berühmten [[w:RMS Mauretania|RMS Mauretania]]. Diese war bis 1911 das größte Schiff der Welt und aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit 22 Jahre lang Trägerin des [[w:Blaues Band|Blauen Bandes]]. | ||
* Am 24. April 1921 verließ Theresia Kaipel mit ihrer Mutter Theresia Arthofer und ihrem achtjährigen Sohn Johann an Bord des Schiffes Rotterdam den Hafen von Rotterdam. Sie folgten Tobias Kaipel, dem Ehemann von Theresia, der bereits 1913 nach Chicago ausgewandert war. Der 1. Weltkrieg hatte eine frühere Familienzusammenführung verhindert. Die Familie wurde in [[w:Sheboygan Falls|Sheboygan Falls]] in [[w:Wisconsin|Wisconsin]] seßhaft, wohin Tobias bereits 1921 gezogen war. Im Laufe der 1920er-Jahre gab es in Form von vier Mädchen regen Familienzuwachs. In den 1970er-Jahren erhielt Tobias erstmals Besuch von seiner Riedlingsdorfer Schwester Karoline Tunkl, geb. Kaipel. Dieses Wiedersehen nach 58 Jahren der Trennung fand auch in der lokalen Presse in Wisconsin ihren Niederschlag.<ref>''680 Jahre Marktgemeinde Riedlingsdorf, Ein Spaziergang durch Dorf und Zeit.'', Herausgeber Marktgemeinde Riedlingsdorf 2011, Seite 31</ref> | * Am 24. April 1921 verließ Theresia Kaipel mit ihrer Mutter Theresia Arthofer und ihrem achtjährigen Sohn Johann an Bord des Schiffes Rotterdam den Hafen von Rotterdam. Sie folgten Tobias Kaipel, dem Ehemann von Theresia, der bereits 1913 nach Chicago ausgewandert war. Der 1. Weltkrieg hatte eine frühere Familienzusammenführung verhindert. Die Familie wurde in [[w:Sheboygan Falls|Sheboygan Falls]] in [[w:Wisconsin|Wisconsin]] seßhaft, wohin Tobias bereits 1921 gezogen war. Im Laufe der 1920er-Jahre gab es in Form von vier Mädchen regen Familienzuwachs. In den 1970er-Jahren erhielt Tobias erstmals Besuch von seiner Riedlingsdorfer Schwester Karoline Tunkl, geb. Kaipel. Dieses Wiedersehen nach 58 Jahren der Trennung fand auch in der lokalen Presse in Wisconsin ihren Niederschlag.<ref>''680 Jahre Marktgemeinde Riedlingsdorf, Ein Spaziergang durch Dorf und Zeit.'', Herausgeber Marktgemeinde Riedlingsdorf 2011, Seite 31</ref> | ||
* Therese Schuh bestieg 1925 die [[w:Admiral Nachimow (Schiff, 1925)|''Berlin'']] des Norddeutschen Lloyd, ein Schiff, das ein besonders Schicksal haben sollte. Der Jahre später, am 1. November 1928, schrieb der [[Oberwart|Oberwarter]] Auswanderer Johann Seidl eine Ansichtskarte mit dem Foto dieses Schiffes an die Familie | * Therese Schuh bestieg 1925 die [[w:Admiral Nachimow (Schiff, 1925)|''Berlin'']] des Norddeutschen Lloyd, ein Schiff, das ein besonders Schicksal haben sollte. Der Jahre später, am 1. November 1928, schrieb der [[Oberwart|Oberwarter]] Auswanderer Johann Seidl eine Ansichtskarte mit dem Foto dieses Schiffes an die Familie Kaipel in Riedlingsdorf. Bei seiner Überfahrt mit der ''Berlin'' wurde Seidl am 13. November Augenzeuge der Rettung von 23 Passagieren und Besatzungsmitgliedern des am Vortag untergegangenen Passagierschiffes [[w:Vestris (Schiff)|Vestris]]. Die Berlin wurde nach dem 2. Weltkrieg in der [[w:Sowjetunion|Sowjetunion]] als ''Admiral Nachimow'' in den Dienst gestellt und sank am 1. September 1986 im [[w:Schwares Meer|Schwarzem Meer]]. Der Untergang kostete 398 Menschen das Leben.<ref>''680 Jahre Marktgemeinde Riedlingsdorf, Ein Spaziergang durch Dorf und Zeit.'', Herausgeber Marktgemeinde Riedlingsdorf 2011, Seite 30</ref> | ||
* [[Gustav Rehberger]] (1910 - 1995) wanderte 1923 zusammen mit seinen beiden Geschwistern im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Amerika aus. Die Kinder wurden von ihren Eltern, Josef und Elisabeth Rehberger, die bereits 1913 und 1920 in die USA eingereist waren, zu ihrem Wohnsitz in Chicago nachgeholt.<ref>[http://www.ellisisland.org/EIFile/popup_weif_5a.asp?src=%2Fcgi%2Dbin%2Ftif2gif%2Eexe%3FT%3D%5C%5C%5C%5C192%2E168%2E100%2E11%5C%5Cimages%5C%5CT715%2D3320%5C%5CT715%2D33200196%2ETIF%26S%3D%2E5&pID=603091020048&name=Gustav%26nbsp%3BRehberger&doa=Jul+02%2C+1923&port=Bremen&line=0005 Webseite ellisisland.org: Scan Passagierliste mit Einreisedaten Familie Rehberger], abgerufen am 9.8.2014</ref> Gustav gewann im Alter von 14 Jahren ein Stipendium für das [[w:Art Institute of Chicago|Art Institute of Chicago]]. In der Zeit der [[w:Geat Depression|Großen Depression]] arbeitete er als Designer um seine Familie zu unterstützen. Im 2. Weltkrieg diente Rehberger bei der [[w:US Air Force|US Air Force]]. Nach dem Krieg gründete er ein Studio in der [[w:Carnegie Hall|Carnegie Hall]] in New York City, wo er Studenten in verschiedenen Maltechniken unterrichtete. Gustav Rehberger arbeitete in dieser Zeit auch sehr erfolgreich als Werbezeichner für Firmen wie [[w:Philip Morris USA|Philipp Morris]] und als Zeichner von Filmplakaten für Produktionen wie [[w:Moby Dick (1956)|Moby Dick]] oder [[w:Der alte Mann und das Meer|Der alte Mann und das Meer]] mit [[w:Spencer Tracey|Spencer Tracy]].<ref>[http://www.rogallery.com/Rehberger_Gustav/rehberger-biography.html Webseite RoGallery.com: ''Gustav Rehberger, American (1910 - 1995)''], abgerufen am 9.8.2014</ref> | * [[Gustav Rehberger]] (1910 - [[1995]]) wanderte 1923 zusammen mit seinen beiden Geschwistern im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Amerika aus. Die Kinder wurden von ihren Eltern, Josef und Elisabeth Rehberger, die bereits 1913 und 1920 in die USA eingereist waren, zu ihrem Wohnsitz in Chicago nachgeholt.<ref>[http://www.ellisisland.org/EIFile/popup_weif_5a.asp?src=%2Fcgi%2Dbin%2Ftif2gif%2Eexe%3FT%3D%5C%5C%5C%5C192%2E168%2E100%2E11%5C%5Cimages%5C%5CT715%2D3320%5C%5CT715%2D33200196%2ETIF%26S%3D%2E5&pID=603091020048&name=Gustav%26nbsp%3BRehberger&doa=Jul+02%2C+1923&port=Bremen&line=0005 Webseite ellisisland.org: Scan Passagierliste mit Einreisedaten Familie Rehberger], abgerufen am 9.8.2014</ref> Gustav gewann im Alter von 14 Jahren ein Stipendium für das [[w:Art Institute of Chicago|Art Institute of Chicago]]. In der Zeit der [[w:Geat Depression|Großen Depression]] arbeitete er als Designer um seine Familie zu unterstützen. Im 2. Weltkrieg diente Rehberger bei der [[w:US Air Force|US Air Force]]. Nach dem Krieg gründete er ein Studio in der [[w:Carnegie Hall|Carnegie Hall]] in New York City, wo er Studenten in verschiedenen Maltechniken unterrichtete. Gustav Rehberger arbeitete in dieser Zeit auch sehr erfolgreich als Werbezeichner für Firmen wie [[w:Philip Morris USA|Philipp Morris]] und als Zeichner von Filmplakaten für Produktionen wie [[w:Moby Dick (1956)|Moby Dick]] oder [[w:Der alte Mann und das Meer|Der alte Mann und das Meer]] mit [[w:Spencer Tracey|Spencer Tracy]].<ref>[http://www.rogallery.com/Rehberger_Gustav/rehberger-biography.html Webseite RoGallery.com: ''Gustav Rehberger, American (1910 - 1995)''], abgerufen am 9.8.2014</ref> | ||
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Aktuelle Version vom 19. März 2021, 10:30 Uhr
Die Auswanderung der Riedlingsdorfer nach Amerika war Teil der Amerikawanderung der Burgenländer, die als Bestandteil der großen Auswanderungsbewegung gesehen werden muss, welche in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts weite Bevölkerungsteile Europas erfasste. Während die ersten Emigranten bereits um 1850 in Richtung Neue Welt aufbrachen, fand in Riedlingsdorf die Erstauswanderung in Form einer Gruppe von acht Personen 1893 statt.[1] Genauere Hinweise über Auswanderer der Ortschaft finden sich in den Internetarchiven erst ab dem Jahr 1899[2]
Geschichtlicher Hintergrund
Das Burgenland existierte Ende des 19. Jahrhunderts in seiner heutigen Form noch nicht, somit bildeten damals die deutschsprachigen Ortschaften den Westteil verschiedener ungarischer Komitate. Sie lagen, wie auch Riedlingsdorf, im Hinterland großer ungarischer Städte wie Sopron oder Steinamanger. Die Hauptkommunikations- und Verkehrswege verliefen nicht so wie im modernen Burgenland in Nord-Süd-Richtung sondern in Ost-West-Richtung. Daher wurden die Gebiete des heutigen Nord- und Südburgenlandes unabhängig voneinander von den Auswanderungswellen erfasst, die von Innerungarn ab 1875 auf die deutschsprachigen Ortschaften überschwappten.[3]
Das Gebiet des jetzigen Bezirkes Oberwart (und somit auch von Riedlingsdorf) wurde von einer derartigen Auswanderungswelle ab 1880 erfasst. Sie war Teil der sogenannten New Immigration, einer Auswanderungsbewegung, welche der aufstrebenden amerikanischen Industrie dringend benötige Arbeitskräfte beschaffte. Diese Industriewanderung führte somit dazu, dass die Riedlingsdorfer Landarbeiter in Amerika zu Industriearbeitern mutierten.[4]
Die ersten acht Auswanderungswilligen verließen 1893 ihre Heimatgemeinde. Danach gab es in der Phase der Vorkriegswanderung (bis 1914) in Riedlingsdorf vor allem zwischen 1905 und 1907 relativ viele Auswanderer. Der absoluten Höhepunkt wurde ausgerechnet 1913, also am Vorabend des Ersten Weltkrieges, erreicht. In der Phase der Zwischenkriegswanderung (1919 bis 1924) stieg in den Jahren 1922 und 1923 die Zahl der auswanderungswilligen Riedlingsdorfer wieder auf relativ hohe Werte an. Danach versiegte der Strom der Auswanderer, weil strengere amerikanische Einwanderungsgesetze die Einreise immer mehr erschwerten.
Zunächst hielten die Auswanderer den Kontakt zu den daheimgebliebenen Verwandten aufrecht. So trugen die Auslands-Riedingsdorfer mit ihren Geldspenden wesentlich dazu bei, dass in Riedlingsdorf ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet werden konnte.[5] Der Zweite Weltkrieg sowie das fortgeschrittene Alter der Auswanderer führten im Laufe der Zeit jedoch dazu, dass so manche Bande zerbrach. Einige neue Kontakte wurden in letzter Zeit wieder von der Enkelgeneration geknüpft, die sich als Ahnenforscher auf Spurensuche begaben. Die rasante Entwicklung des Internets wirkte sich für diese Entwicklung besonders positiv aus.
Listen und Statistiken
In den einschlägigen Internetportalen lassen sich die Namen von mindestens 236 ehemaliger Einwohner der Gemeinde Riedlingsdorf für den Zeitraum 1899 bis 1934 nachweisen. Das Hauptziel dieser Auswanderer waren bis auf ganz wenige Ausnahmen die USA.
Darstellung nach Auswanderungsjahr
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Die nachfolgende Darstellung zeigt die Anzahl der ausgewanderten Personen pro Jahr.
Der erste Riedlingsdorfer Auswanderer, der laut Internetquellen im Jahre 1902 seine Heimat verließ, war Tobias Zapfel, der im Alter von 31 Jahren von Bremen mit der Kronprinz Wilhelm nach New York fuhr. Allerdings gibt es in der einschlägigen Literatur Hinweise, dass die Erstauswanderung in Riedlingsdorf in Form einer Gruppe von acht Personen bereits 1893 stattgefunden hatte.[1] Den ersten Höhepunkt erreichte die Vorkriegswanderung in den Jahren 1905 bis 1907. Die Menschen wanderten nun nicht mehr einzeln aus sondern in Gruppen bzw. machten sich ganze Familien auf den Weg in die USA. So hatte die Kronprinz Wilhelm, als sie am 26. April 1905 in den Hafen von New York einlief, nicht weniger als sieben Riedlingsdorfer an Bord. Darunter befand sich auch die Familie Zapfel mit zwei Kleinkindern.[6] Einen absoluten Höhepunkt erreichte die Auswanderung im Jahre 1913. Am Vorabend des 1. Weltkrieges, der 1914 überraschend auf die Menschen in Europa hereinbrechen sollte, benutzen auffällig viele Auswanderer den französischen Hafen Le Harve als Tor nach Amerika. Weiters fällt auf, dass ganze Sippschaften wie eben 1913 Angehörige der Familie Piff den Sprung über den Atlantik wagten. Der 1. Weltkrieg unterbrach diesen Auswandererstrom, der dann schon kurze Zeit nach Kriegsende wieder ansprang, um 1922 und 1923 nochmals sehr hohe Werte zu erreichen. Strengere Einwanderungsgesetze in den USA, die auch die Bevölkerung des neu gebildeten Staates Österreich betrafen, führten ab 1924 dazu, dass die Auswanderung aus Riedlingsdorf allmählich zum Erliegen kam. Der letzte Auswanderer war im Jahre 1930 der 23-jährige Johann Lang. Auch er wählte Bremen als Ausgangspunkt und bestieg dort die Europa, die ihn über den Atlantik brachte. |
Darstellung nach Altersgruppen
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Die Tabelle zeigt die Anzahl der ausgewanderten Personen pro Altersgruppe. Diese Auswertung zeigt, dass sich das Gros der Auswanderer aus sehr jungen Personen zusammensetzte. Die Löwenanteil hatten natürlich jene Personengruppen, die sich im besten erwerbstätigen Alter (16 bis 45 Jahre) befanden. Etwa 20 Prozent der Auswanderer waren noch Kinder, während sich Senioren nur in Ausnahmefällen darunter befanden.
Die mit Abstand ältesten Personen, die Riedlingsdorf verließen, waren Maria Schuh (62 Jahre) und Tobias Schuh, die 1914 in die USA auswanderten. Es dürfte sich dabei um eine Familienzusammenführung gehandelt haben, weil außerdem noch die jüngere Frau Maria Schuh (39) sowie die Kinder Karoly (8), Janos (12) und Elisabeth (18) an Bord befanden. Der Familienvater dürfte bereits vorher ausgewandert sein und holte nun am Vorabend des Weltkrieges seine Familie nach. |
Darstellung nach Auswandererhäfen
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Die Tabelle zeigt die Anzahl der ausgewanderten Personen pro Auswanderungshafen. Bremen war das beliebteste Ausgangstor für die Fahrt nach Amerika. Mit großem Abstand folgen der französische Hafen von Le Havre und der italienische in Triest. |
Darstellung nach Schifffahrtslinie
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Die Tabelle zeigt die Anzahl der ausgewanderten Personen pro Schiffahrtslinie. |
Häufig benutzte Schiffe
Den Passagierlisten kann man entnehmen, dass die Riedlingsdorfer Auswanderer insgesamt 51 verschiedene Schiffe benutzten um nach New York zu gelangen.
Die meisten Auswanderer aus Riedlingsdorf überquerten an Bord der Kronprinz Wilhelm des Norddeutschen Lloyds den Atlantik. Die Transporte von insgesamt 22 Riedlingsdorfer durch dieses Schiffes erstreckten sich von 1902 bis 1911 über einen Zeitraum von mehreren Jahren.
Das am zweithäufig benutzte Schiff war die Kaiser Wilhelm der Große, die von 1903 bis 1907 insgesamt 19 Riedlingsdorfer Auswanderer transportierte.
Der größten Einzeltransport wurde durch das Schiff Francesca durchgeführt, das am 19. April 1907 mit 18 Riedlingsdorfer Auswanderern an Bord in den Hafen von New York einlief.
Die folgende Tabelle zeigt einige der von den Riedlingsdorfern am häufigsten benutzten Schiffen für die Überfahrt:
Georg Washington, Norddeutscher Lloyd, 13 Transporte
Hannover, Norddeutscher Lloyd, 5 Transporte
Kaiser Wilhelm II., Norddeutscher Lloyd, 16 Transporte
Kronprinzessin Cecilie, Norddeutscher Lloyd, 17 Transporte
La Lorraine, Compagnie Générale Transatlantique, 6 Transporte
La Provence, Compagnie Générale Transatlantique, 10 Transporte
RMS Mauretania, Cunard Line, 2 Transporte
Orduna, Royal Mail Line, 3 Transporte
Berlin, Norddeutscher Lloyd, 1 Transport
Einzelschicksale
- Samuel Arthofer und Leopold Kaippel verließen 1922 den britischen Hafen Southampton an Bord der berühmten RMS Mauretania. Diese war bis 1911 das größte Schiff der Welt und aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit 22 Jahre lang Trägerin des Blauen Bandes.
- Am 24. April 1921 verließ Theresia Kaipel mit ihrer Mutter Theresia Arthofer und ihrem achtjährigen Sohn Johann an Bord des Schiffes Rotterdam den Hafen von Rotterdam. Sie folgten Tobias Kaipel, dem Ehemann von Theresia, der bereits 1913 nach Chicago ausgewandert war. Der 1. Weltkrieg hatte eine frühere Familienzusammenführung verhindert. Die Familie wurde in Sheboygan Falls in Wisconsin seßhaft, wohin Tobias bereits 1921 gezogen war. Im Laufe der 1920er-Jahre gab es in Form von vier Mädchen regen Familienzuwachs. In den 1970er-Jahren erhielt Tobias erstmals Besuch von seiner Riedlingsdorfer Schwester Karoline Tunkl, geb. Kaipel. Dieses Wiedersehen nach 58 Jahren der Trennung fand auch in der lokalen Presse in Wisconsin ihren Niederschlag.[7]
- Therese Schuh bestieg 1925 die Berlin des Norddeutschen Lloyd, ein Schiff, das ein besonders Schicksal haben sollte. Der Jahre später, am 1. November 1928, schrieb der Oberwarter Auswanderer Johann Seidl eine Ansichtskarte mit dem Foto dieses Schiffes an die Familie Kaipel in Riedlingsdorf. Bei seiner Überfahrt mit der Berlin wurde Seidl am 13. November Augenzeuge der Rettung von 23 Passagieren und Besatzungsmitgliedern des am Vortag untergegangenen Passagierschiffes Vestris. Die Berlin wurde nach dem 2. Weltkrieg in der Sowjetunion als Admiral Nachimow in den Dienst gestellt und sank am 1. September 1986 im Schwarzem Meer. Der Untergang kostete 398 Menschen das Leben.[8]
- Gustav Rehberger (1910 - 1995) wanderte 1923 zusammen mit seinen beiden Geschwistern im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Amerika aus. Die Kinder wurden von ihren Eltern, Josef und Elisabeth Rehberger, die bereits 1913 und 1920 in die USA eingereist waren, zu ihrem Wohnsitz in Chicago nachgeholt.[9] Gustav gewann im Alter von 14 Jahren ein Stipendium für das Art Institute of Chicago. In der Zeit der Großen Depression arbeitete er als Designer um seine Familie zu unterstützen. Im 2. Weltkrieg diente Rehberger bei der US Air Force. Nach dem Krieg gründete er ein Studio in der Carnegie Hall in New York City, wo er Studenten in verschiedenen Maltechniken unterrichtete. Gustav Rehberger arbeitete in dieser Zeit auch sehr erfolgreich als Werbezeichner für Firmen wie Philipp Morris und als Zeichner von Filmplakaten für Produktionen wie Moby Dick oder Der alte Mann und das Meer mit Spencer Tracy.[10]
Literatur
- Dr. Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Burgenländische Gemeinschaft 2012, ISBN 978-3-8442-2374-3.
- Riedlingsdorf 1331–1991, Festschrift zum 660-Jahr-Jubiläum., Herausgeber Gemeinde Riedlingsdorf 1991
- 680 Jahre Marktgemeinde Riedlingsdorf, Ein Spaziergang durch Dorf und Zeit., Herausgeber Marktgemeinde Riedlingsdorf 2011
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 211
- ↑ Webseite The Statue of Liberty-Ellis Island Foundation, Inc., Suchkriterium: Johann Brunner 1899, abgerufen am 14.8.2014
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 38 und 39
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 44
- ↑ Webseite Beiträge zur Riedlingsdorfer Dorfgeschichte: Spenderverzeichnis 1924 für das Kriegerdenkmal, abgerufen am 9. August 2014
- ↑ Webseite The Statue of Liberty-Ellis Island Foundation, Inc., Suchkriterium: Samuel Arthofer 1905, abgerufen am 9.8.2014
- ↑ 680 Jahre Marktgemeinde Riedlingsdorf, Ein Spaziergang durch Dorf und Zeit., Herausgeber Marktgemeinde Riedlingsdorf 2011, Seite 31
- ↑ 680 Jahre Marktgemeinde Riedlingsdorf, Ein Spaziergang durch Dorf und Zeit., Herausgeber Marktgemeinde Riedlingsdorf 2011, Seite 30
- ↑ Webseite ellisisland.org: Scan Passagierliste mit Einreisedaten Familie Rehberger, abgerufen am 9.8.2014
- ↑ Webseite RoGallery.com: Gustav Rehberger, American (1910 - 1995), abgerufen am 9.8.2014