Innsbrucker Hexenprozess: Unterschied zwischen den Versionen

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Im Juli 1485 suchte Heinrich Kramer [[w:Georg Golser|Bischof Georg (II.) von Brixen]] auf. Dieser förderte seine Unternehmung nicht nur dadurch, dass er die päpstliche "Hexenbulle" ordnungsgemäß in seiner Diözese publizieren ließ, sondern er gewährte Personen, die an den Hexenverfolgungen mitwirken wollten einen vierzigtägigen Ablass.<ref name="TschaiknerTH198">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 198</ref> Ende Juli reiste Heinrich Kramer nach Innsbruck weiter, wo er Predigten hielt und erste Befragungen und Untersuchungen durchführen ließ. Bis Ende August 1485 waren bereits ca. 50 Personen der Hexerei verdächtigt.<ref name="prezi">vgl. [https://prezi.com/eq-lgjtipft-/der-innsbrucker-hexenprozess/ Der Innsbrucker Hexenprozess], Prezi.COM, abgerufen am 25. Dezember 2020</ref> Bei der Zeugenbefragung, die Heinrich Kramer im August und September 1485 vornahm, fällt auf, dass die Befragten sich bei ihren belastenden Aussagen in erster Linie auf den Schaden bezogen, der ihnen oder Bekannten durch die angebliche Zauberei zugefügt worden war. Beschuldigungen, die sich auf einen Teufelspakt, Hexenritte und Ähnliches bezogen, wurden nicht gemacht.<ref>vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 26f.</ref> Auffällig ist außerdem, dass die meisten der Befragten nicht bereit waren, ihre Aussagen zu beeiden.<ref name="amman25">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 25</ref>  
Im Juli 1485 suchte Heinrich Kramer [[w:Georg Golser|Bischof Georg (II.) von Brixen]] auf. Dieser förderte seine Unternehmung nicht nur dadurch, dass er die päpstliche "Hexenbulle" ordnungsgemäß in seiner Diözese publizieren ließ, sondern er gewährte Personen, die an den Hexenverfolgungen mitwirken wollten einen vierzigtägigen Ablass.<ref name="TschaiknerTH198">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 198</ref> Ende Juli reiste Heinrich Kramer nach Innsbruck weiter, wo er Predigten hielt und erste Befragungen und Untersuchungen durchführen ließ. Bis Ende August 1485 waren bereits ca. 50 Personen der Hexerei verdächtigt.<ref name="prezi">vgl. [https://prezi.com/eq-lgjtipft-/der-innsbrucker-hexenprozess/ Der Innsbrucker Hexenprozess], Prezi.COM, abgerufen am 25. Dezember 2020</ref> Bei der Zeugenbefragung, die Heinrich Kramer im August und September 1485 vornahm, fällt auf, dass die Befragten sich bei ihren belastenden Aussagen in erster Linie auf den Schaden bezogen, der ihnen oder Bekannten durch die angebliche Zauberei zugefügt worden war. Beschuldigungen, die sich auf einen Teufelspakt, Hexenritte und Ähnliches bezogen, wurden nicht gemacht.<ref>vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 26f.</ref> Auffällig ist außerdem, dass die meisten der Befragten nicht bereit waren, ihre Aussagen zu beeiden.<ref name="amman25">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 25</ref>  


Obwohl Heinrich Kramer selbst bei seinen Verhören und Zeugenbefragungen Unkorrektheiten einräumte, wurde er noch in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 1485 von Bischof Georg unterstützt. Dabei stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass viele erhobene Verdachtsgründe auf bloßen Gerüchten beruhten.<ref name="TschaiknerTH198" /> Anfang Oktober ließ der Inquisitor mindestens sieben Frauen verhaften.<ref name="amman31">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 31</ref> In den Wochen bis zur Hauptverhandlung wurde gegen diese ein sogenannter "processus informativus" vorgenommen, sozusagen die Vorstufe zum eigentlichen Gerichtsverfahren. Trotzdem Heinrich Kramer dabei abermals rechtlich fragwürdig vorging, gibt es aber zumindest keine Hinweise dafür, dass er bei der Befragung die Folter tatsächlich anwenden ließ. Diese wird nur in der der zusammenfassenden Anklageschrift von ihm vorgeschlagen.<ref name="TschaiknerTH199">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199</ref>
Obwohl Heinrich Kramer selbst bei seinen Verhören und Zeugenbefragungen Unkorrektheiten einräumte, wurde er noch in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 1485 von Bischof Georg unterstützt. Dabei stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass viele erhobene Verdachtsgründe auf bloßen Gerüchten beruhten.<ref name="TschaiknerTH198" /> Anfang Oktober ließ der Inquisitor mindestens sieben Frauen verhaften.<ref name="amman31">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 31</ref> In den Wochen bis zur Hauptverhandlung wurde gegen diese ein sogenannter "processus informativus" vorgenommen, sozusagen die Vorstufe zum eigentlichen Gerichtsverfahren. Trotzdem Heinrich Kramer dabei abermals rechtlich fragwürdig vorging, gibt es aber zumindest keine Hinweise dafür, dass er bei der Befragung die Folter tatsächlich anwenden ließ. Diese wird nur in der zusammenfassenden Anklageschrift von ihm vorgeschlagen.<ref name="TschaiknerTH199">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199</ref>


Bischof Georg von Brixen machte während den Untersuchungen keineswegs von seinen Mitspracherechten, die im Schreiben von Erzherzog Siegmund ausdrücklich festgelegt waren, irgendeinen Gebrauch. In diesem Schreiben hatte ihn der Erzherzog auch ausdrücklich zur Beteiligung verpflichtet. Stattdessen entschuldigte der Bischof sein Nichterscheinen mit seiner Krankheit und übertrug Heinrich Kramer ausdrücklich jene Gewalt, die ihm als Bischof in dem Prozess zugestanden worden war.<ref name="TschaiknerTH198" /> Allerdings entband der Erzherzog den Fürstbischof nicht von der ihm brieflich bestätigten Pflicht, mit dem Inquisitor zusammenarbeiten zu müssen, sondern forderte von diesem noch Anfang Oktober, als Kramer bereits mehrere Frauen hatte verhaften lassen, dieser Pflicht selbst nachzukommen oder sich durch einen Kommissar oder andere geeignete Personen vertreten zu lassen.<ref name="TschaiknerTH200">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 200</ref>
Bischof Georg von Brixen machte während den Untersuchungen keineswegs von seinen Mitspracherechten, die im Schreiben von Erzherzog Siegmund ausdrücklich festgelegt waren, irgendeinen Gebrauch. In diesem Schreiben hatte ihn der Erzherzog auch ausdrücklich zur Beteiligung verpflichtet. Stattdessen entschuldigte der Bischof sein Nichterscheinen mit seiner Krankheit und übertrug Heinrich Kramer ausdrücklich jene Gewalt, die ihm als Bischof in dem Prozess zugestanden worden war.<ref name="TschaiknerTH198" /> Allerdings entband der Erzherzog den Fürstbischof nicht von der ihm brieflich bestätigten Pflicht, mit dem Inquisitor zusammenarbeiten zu müssen, sondern forderte von diesem noch Anfang Oktober, als Kramer bereits mehrere Frauen hatte verhaften lassen, dieser Pflicht selbst nachzukommen oder sich durch einen Kommissar oder andere geeignete Personen vertreten zu lassen.<ref name="TschaiknerTH200">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 200</ref>
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==Die Hauptverhandlung==
==Die Hauptverhandlung==
Die Hauptverhandlung dauerte vom 29. - 31. Oktober 1485 vor einem Gerichtshof, der sich aus mehreren Geistlichen und zwei Notaren zusammensetzte. Heinrich Kramer fungierte als Ankläger.<ref name="amman66">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 66</ref> Er eröffnete den ersten Verhandlungstag, den 29. Oktober 1485, indem er eine der [[Helena Scheuberin|Angeklagten]] offiziell vorführen ließ und diese selbst befragte. Die Fragen und die Art seiner Befragung hatten Proteste des bischöflichen Kommissärs zur Folge, der sogar damit drohte, die Verhandlung zu verlassen. <ref name="amman66" /> Es kam es zu einer ersten Unterbrechung, gegen Mittag wurde die Verhandlung fortgeführt. Eine Beschwerde des Juristen [[Johannes Merwart]], der erst zu diesem Zeitpunkt als Beobachter und Verteidiger der Angeklagten zugezogen worden war, hatte zur Folge, dass die Verhandlung auf den 31. Oktober 1485<ref group="A">Dass die Verhandlung nicht schon am Folgetag, den 30. Oktober 1485 weitergeführt wurde, dürfte damit zusammenhängen, dass dieser ein Sonntag war.</ref> vertagt wurde. Seine Beschwerde basierte auf Vorkommnisse vor und während des Prozesses, die Johannes Merwart als Verfahrensfehler auslegte. Heinrich Kramer hatte den Angeklagten Fragen gestellt, die nicht in seiner Kompetenz als Inquisitor lagen und diese waren bei ihren Verhören außerdem nicht zu den in den Zeugenaussagen gemachten Vorwürfen befragt worden. Zudem war die Inhaftierung der Angeklagten erfolgt, noch ehe der Prozess gegen sie eingeleitet worden war. Der Hauptpunkt betraf allerdings den Umstand, dass die Zeugenvernehmungen und alle Aktenaufzeichnungen ohne öffentlichen Notar vorgenommen worden waren. Merwart forderte außerdem Einsicht in die päpstliche Bulle und beschuldigte den Inquisitor daraufhin, dass er sich auch nicht an die dort angeführte Vorgehensweise gehalten hätte. Er forderte sogar dessen Verhaftung.<ref>vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 67-70</ref>
Die Hauptverhandlung fand vom 29. - 31. Oktober 1485 vor einem Gerichtshof statt, der sich aus mehreren Geistlichen und zwei Notaren zusammensetzte. Heinrich Kramer fungierte als Ankläger.<ref name="amman66">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 66</ref> Er eröffnete den ersten Verhandlungstag, den 29. Oktober 1485, indem er eine der [[Helena Scheuberin|Angeklagten]] offiziell vorführen ließ und diese selbst befragte. Die Fragen und die Art seiner Befragung hatten Proteste des bischöflichen Kommissärs zur Folge, der sogar damit drohte, die Verhandlung zu verlassen. <ref name="amman66" /> Es kam es zu einer ersten Unterbrechung, gegen Mittag wurde die Verhandlung fortgeführt. Eine Beschwerde des Juristen [[Johannes Merwart]], der erst zu diesem Zeitpunkt als Beobachter und Verteidiger der Angeklagten zugezogen worden war, hatte zur Folge, dass die Verhandlung auf den 31. Oktober 1485<ref group="A">Dass die Verhandlung nicht schon am Folgetag, den 30. Oktober 1485 weitergeführt wurde, dürfte damit zusammenhängen, dass dieser ein Sonntag war.</ref> vertagt wurde. Seine Beschwerde basierte auf Vorkommnisse vor und während des Prozesses, die Johannes Merwart als Verfahrensfehler auslegte. Heinrich Kramer hatte den Angeklagten Fragen gestellt, die nicht in seiner Kompetenz als Inquisitor lagen und diese waren bei ihren Verhören außerdem nicht zu den in den Zeugenaussagen gemachten Vorwürfen befragt worden. Zudem war die Inhaftierung der Angeklagten erfolgt, noch ehe der Prozess gegen sie eingeleitet worden war. Der Hauptpunkt betraf allerdings den Umstand, dass die Zeugenvernehmungen und alle Aktenaufzeichnungen ohne öffentlichen Notar vorgenommen worden waren. Merwart forderte außerdem Einsicht in die päpstliche Bulle und beschuldigte den Inquisitor daraufhin, dass er sich auch nicht an die dort angeführte Vorgehensweise gehalten hätte. Er forderte sogar dessen Verhaftung.<ref>vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 67-70</ref>


Die Verhandlung wurde am 31. Oktober 1485 im Haus des Innsbrucker Bürgers Konrad Ratfelder, genannt Gunther fortgeführt.<ref name="TschaiknerTH205">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 205</ref> Johannes Merwart konnte seine Forderung nach einer Prüfung des Vorgehens des Inquisitors gegen die Angeklagten gegen Heinrich Kramer durchsetzen, was zur Folge hatte, dass die Beschwerdepunkte anerkannt und daher bisherige Prozessverfahren für null und nichtig erklärt wurde.<ref name="amman70">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 70</ref> Die sieben inhaftierten Frauen wurden an den beiden Folgetagen freigelassen, dies allerdings unter der Auflage, dass sie sich für eine weitere Untersuchung oder zur Leistung einer "kanonischen" Reinigung dem Gericht erneut zu stellen hatten. Außerdem mussten sie Bürgen stellen.<ref>vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 71 und S. 72</ref> Die Möglichkeit einer Wiederaufnahme oder Fortsetzung des Verfahrens wäre also durchaus gegeben gewesen, was auch erklärt, warum Heinrich Kramer sich danach noch mehr als 11 Wochen in Innsbruck aufhielt, wo er Material für einen neuen Prozess sammelte.<ref name="amman75">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 75</ref>
Die Verhandlung wurde am 31. Oktober 1485 im Haus des Innsbrucker Bürgers Konrad Ratfelder, genannt Gunther fortgeführt.<ref name="TschaiknerTH205">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 205</ref> Johannes Merwart konnte seine Forderung nach einer Prüfung des Vorgehens des Inquisitors gegen die Angeklagten gegen Heinrich Kramer durchsetzen, was zur Folge hatte, dass die Beschwerdepunkte anerkannt und daher bisherige Prozessverfahren für null und nichtig erklärt wurde.<ref name="amman70">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 70</ref> Die sieben inhaftierten Frauen wurden an den beiden Folgetagen freigelassen, dies allerdings unter der Auflage, dass sie sich für eine weitere Untersuchung oder zur Leistung einer "kanonischen" Reinigung dem Gericht erneut zu stellen hatten. Außerdem mussten sie Bürgen stellen.<ref>vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 71 und S. 72</ref> Die Möglichkeit einer Wiederaufnahme oder Fortsetzung des Verfahrens wäre also durchaus gegeben gewesen, was auch erklärt, warum Heinrich Kramer sich danach noch mehr als 11 Wochen in Innsbruck aufhielt, wo er Material für einen neuen Prozess sammelte.<ref name="amman75">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 75</ref>
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* [[Christian Turner]] war bei der Hauptverhandlung für Bischof Georg als dessen Generalkommissar anwesend.<ref name="TschaiknerTH192">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 192</ref>  
* [[Christian Turner]] war bei der Hauptverhandlung für Bischof Georg als dessen Generalkommissar anwesend.<ref name="TschaiknerTH192">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 192</ref>  
* [[Bartholomäus Hagen]] war Notar und für die Prokollierung des Gerichtsverfahren zuständig.<ref name="TschaiknerTH203">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 203</ref>  
* [[Bartholomäus Hagen]] war Notar und für die Prokollierung des Gerichtsverfahren zuständig.<ref name="TschaiknerTH203">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 203</ref>  
* Johann Kanter, päpstlicher Notar aus der Diözese Utrecht, war für die Aufzeichnung der Verhöre, die Heinrich Kramer im September und Oktober durchführen ließ zuständig.<ref name="amman32" /> Bei den Kritikpunkten von Johann Merwart, die letztlich als Verfahrensfehler eingestuft wurden, ging es auch darum, dass Heinrich Kramer es verabsäumt habe, für seine Verhöre einen von Bischof Georg abgesandten oder approbierten, wenn schon nicht vereidigten öffentlichen Notar beizuziehen. Zumindest nach Ansicht von Johannes Merwart erfüllte Johann Kanter, obwohl er als päpstlicher Notar bezeichnet wurde und an den Verhören im September und Oktober beteiligt gewesen war, diese Voraussetzung nicht. Interessant ist, dass in der Einleitung eines der Protokolle auch Bartholomäus Hagen, der als Notar den eigentlichen Prozess protokollierte, Kanter als einen angebliche Notar bezeichnet, womit er Merwarts Argumentation unterstüzte.<ref name="TschaiknerTH205">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 205</ref>
* Johann Kanter, päpstlicher Notar aus der Diözese Utrecht, war für die Aufzeichnung der Verhöre, die Heinrich Kramer im September und Oktober durchführen ließ, zuständig.<ref name="amman32" /> Bei den Kritikpunkten von Johann Merwart, die letztlich als Verfahrensfehler eingestuft wurden, ging es auch darum, dass Heinrich Kramer es verabsäumt habe, für seine Verhöre einen von Bischof Georg abgesandten oder approbierten, wenn schon nicht vereidigten öffentlichen Notar beizuziehen. Zumindest nach Ansicht von Johannes Merwart erfüllte Johann Kanter, obwohl er als päpstlicher Notar bezeichnet wurde und an den Verhören im September und Oktober beteiligt gewesen war, diese Voraussetzung nicht. Interessant ist, dass in der Einleitung eines der Protokolle auch Bartholomäus Hagen, der als Notar den eigentlichen Prozess protokollierte, Kanter als einen angeblichen Notar bezeichnet, womit er Merwarts Argumentation unterstüzte.<ref name="TschaiknerTH205">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 205</ref>
* Bei den Verhören wurde Heinrich Kramer von einigen Dominikanern unterstützt, die namentlich genannt sind, so Wilhelm Beringer, Heinrich Hoffmann, Wolfgang von Basel, Caspar von Freiburg und Magister Johann von Bosbach. Außerdem sind in den Verhörprotokollen der Minorit Johann Rosenbart und den "Schirmaister" Paul Cael (Caal).<ref name="amman32" />
* Bei den Verhören wurde Heinrich Kramer von einigen Dominikanern unterstützt, die namentlich genannt sind, so Wilhelm Beringer, Heinrich Hoffmann, Wolfgang von Basel, Caspar von Freiburg und Magister Johann von Bosbach. Außerdem kommen in den Verhörprotokollen der Minorit Johann Rosenbart und den "Schirmaister" Paul Cael (Caal) vor.<ref name="amman32" />
* Der Minorit Johann Rosenbart war ein früherer Kaplan von Erzherzog Siegmund, er könnte in Vertretung von diesem an einigen Verhören teilgenommen haben.<ref name="TschaiknerTH200">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 200</ref>
* Der Minorit Johann Rosenbart war ein früherer Kaplan von Erzherzog Siegmund, er könnte in Vertretung von diesem an einigen Verhören teilgenommen haben.<ref name="TschaiknerTH200">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 200</ref>
*Dr. Paulus Wann († 1489), der ebenfalls an der Hauptverhandlung des Prozesses anwesend war, wurde vom Erzherzog an seinen Hof in Innsbruck geholt. Er war Domprediger von [[w:Passau|Passau]] und dort außerdem ein bekannter Kirchenrechtler und Kanoniker. Zudem verfügte er über theoretisches Wissen zu Hexenverfolgungen.<ref>Weitere Informationen zu Paulus Wann finden sich auf [https://regiowiki.pnp.de/wiki/Paulus_Wann Regiowiki Niederbayern], abgerufen am 26. Dezember 2020</ref> Falls Heinrich Kramer versuchte, Paul Wann, der sich auch mit den Ratgebern des Erzherzogs traf, für sich zu gewinnen, dürfte er damit keinen Erfolg gehabt haben. Die Einbeziehung von Paul wann zeigt aber, dass der Erzherzog und seine Räte die Entwicklung von Kramers Prozess sehr genau beobachteten.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199f.</ref>
*Dr. Paulus Wann († 1489), der ebenfalls an der Hauptverhandlung des Prozesses anwesend war, wurde vom Erzherzog an seinen Hof in Innsbruck geholt. Er war Domprediger von [[w:Passau|Passau]] und dort außerdem ein bekannter Kirchenrechtler und Kanoniker. Zudem verfügte er über theoretisches Wissen zu Hexenverfolgungen.<ref>Weitere Informationen zu Paulus Wann finden sich auf [https://regiowiki.pnp.de/wiki/Paulus_Wann Regiowiki Niederbayern], abgerufen am 26. Dezember 2020</ref> Falls Heinrich Kramer versuchte, Paul Wann, der sich auch mit den Ratgebern des Erzherzogs traf, für sich zu gewinnen, dürfte er damit keinen Erfolg gehabt haben. Die Einbeziehung von Paul Wann zeigt aber, dass der Erzherzog und seine Räte die Entwicklung von Kramers Prozess sehr genau beobachteten.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199f.</ref>
* [[Johannes Merwart]] († nach 1485) war ein Jurist und Arzt, der als Verteidiger der Angeklagten nach Beginn der Hauptverhandlung im Oktober 1485 zu dieser überraschend zugezogen worden war. Seine Zuziehung hatte den Abbruch des Hexenprozesses zur Folge.
* [[Johannes Merwart]] († nach 1485) war ein Jurist und Arzt, der als Verteidiger der Angeklagten nach Beginn der Hauptverhandlung im Oktober 1485 zu dieser überraschend zugezogen worden war. Seine Zuziehung hatte den Abbruch des Hexenprozesses zur Folge.
* Im Innsbrucker Hexenprozess wurden offiziell sieben Frauen angeklagt, die alle in Innsbruck ansässig waren: [[Barbara Selachin]], [[Barbara Hufeysen]], [[Barbara Röslin|Rosina Hochwartin]], ihre Mutter [[Barbara Röslin]], [[Agnes Sneider|Agnes Witwe Peter-Sneider]], [[Barbara Pflieglin]] und [[Helena Scheuberin]].<ref name="amman31">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 31</ref> In den Verhörprotokollen wird außerdem die getaufte Jüdin Ennel Notterin als Gefangene genannt.<ref name="TschaiknerTH199-FN55">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199, Fußnote 55</ref>
* Im Innsbrucker Hexenprozess wurden offiziell sieben Frauen angeklagt, die alle in Innsbruck ansässig waren: [[Barbara Selachin]], [[Barbara Hufeysen]], [[Barbara Röslin|Rosina Hochwartin]], ihre Mutter [[Barbara Röslin]], [[Agnes Sneider|Agnes Witwe Peter-Sneider]], [[Barbara Pflieglin]] und [[Helena Scheuberin]].<ref name="amman31">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 31</ref> In den Verhörprotokollen wird außerdem die getaufte Jüdin Ennel Notterin als Gefangene genannt.<ref name="TschaiknerTH199-FN55">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199, Fußnote 55</ref>
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Aktuelle Version vom 22. September 2021, 09:06 Uhr

Die Stadt Innsbruck, um 1495, Aquarell von Albrecht Dürer (1471–1528)
Titelblatt einer Ausgabe des "Malleus maleficarum" (Hexenhammer) aus dem Jahr 1574

Der Innsbrucker Hexenprozess ist eine gerichtliche Verhandlung, die im Sommer und Herbst 1485 in Innsbruck durchgeführt wurde. Er gilt als der erste große Hexenprozess im heutigen Österreich. Nur wenige Tage, nachdem die Hauptverhandlung im Oktober 1485 eröffnet worden war, wurde er abgebrochen und in der Folge nicht mehr weitergeführt. Die angeklagten Frauen wurden freigelassen, der Inquisitor in den darauf folgenden Monaten zur Abreise genötigt. Wegen seines Verlaufs und Ausgangs, der von der historischen Forschung als ungewöhnlich eingestuft wird, ist dieser Hexenprozess im 21. Jahrhundert recht bekannt geworden.

Die Ausgangssituation

Der Dominikanerpriester und Inquisitor Heinrich Kramer hatte zu Beginn der 1480er-Jahre im Südwesten des Heiligen Römischen Reiches zahlreiche Hexenverfolgungen initiiert und war dabei auf starken Widerstand gestoßen. Deshalb bemühte er sich für seine weiteren Verfolgungen um die Unterstützung und Förderung höherer Stellen. Am 5. Dezember 1484 veröffentlichte Papst Innozenz VIII. (Giovanni Battista Cibo) († 1492) die päpstliche Bulle "Summis desiderantes affectibus", die als sogenannte "Hexenbulle" bekannt wurde und als Grundlage für Hexenprozesse Verwendung fand. Heinrich Kramer gilt als Verfasser ihres Textes. Er nutzte sie in den nächsten Jahren bei seinen Aktivitäten als Hexenverfolger zur Legalisierung und verwendete sie auch für sein berüchtigstes Buch, den Hexenhammer.[1] Auf Heinrich Kramers "demütige Bitte" hin ließ Erzherzog Siegmund "der Münzreiche" für ihn am 8. Dezember 1484 ein Dokument ausstellen, worin er ihm in allen seinen Ländern für ein ganzes Jahr lang Sicherheit und freies Geleit gewährte, um dort dem päpstlichen Auftrag nachkommen zu können und so Hexen, Unholde, Zauberer und andere "Mängel des heiligen christlichen Glaubens" ausfindig zu machen und nach dem geistlichen Recht abzustrafen. Der Erzherzog beauftragte in diesem Schreiben seine weltlichen Amtsträgern und seine Untertanen mit Nachdruck, Heinrich Kramer beständig zu schützen, ihn bei seiner Tätigkeit nicht zu behindern, niemandem das zu erlauben und auch niemanden dabei zu unterstützen.[2]

Das Vorbereitung des eigentlichen Prozesses

Im Juli 1485 suchte Heinrich Kramer Bischof Georg (II.) von Brixen auf. Dieser förderte seine Unternehmung nicht nur dadurch, dass er die päpstliche "Hexenbulle" ordnungsgemäß in seiner Diözese publizieren ließ, sondern er gewährte Personen, die an den Hexenverfolgungen mitwirken wollten einen vierzigtägigen Ablass.[3] Ende Juli reiste Heinrich Kramer nach Innsbruck weiter, wo er Predigten hielt und erste Befragungen und Untersuchungen durchführen ließ. Bis Ende August 1485 waren bereits ca. 50 Personen der Hexerei verdächtigt.[4] Bei der Zeugenbefragung, die Heinrich Kramer im August und September 1485 vornahm, fällt auf, dass die Befragten sich bei ihren belastenden Aussagen in erster Linie auf den Schaden bezogen, der ihnen oder Bekannten durch die angebliche Zauberei zugefügt worden war. Beschuldigungen, die sich auf einen Teufelspakt, Hexenritte und Ähnliches bezogen, wurden nicht gemacht.[5] Auffällig ist außerdem, dass die meisten der Befragten nicht bereit waren, ihre Aussagen zu beeiden.[6]

Obwohl Heinrich Kramer selbst bei seinen Verhören und Zeugenbefragungen Unkorrektheiten einräumte, wurde er noch in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 1485 von Bischof Georg unterstützt. Dabei stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass viele erhobene Verdachtsgründe auf bloßen Gerüchten beruhten.[3] Anfang Oktober ließ der Inquisitor mindestens sieben Frauen verhaften.[7] In den Wochen bis zur Hauptverhandlung wurde gegen diese ein sogenannter "processus informativus" vorgenommen, sozusagen die Vorstufe zum eigentlichen Gerichtsverfahren. Trotzdem Heinrich Kramer dabei abermals rechtlich fragwürdig vorging, gibt es aber zumindest keine Hinweise dafür, dass er bei der Befragung die Folter tatsächlich anwenden ließ. Diese wird nur in der zusammenfassenden Anklageschrift von ihm vorgeschlagen.[8]

Bischof Georg von Brixen machte während den Untersuchungen keineswegs von seinen Mitspracherechten, die im Schreiben von Erzherzog Siegmund ausdrücklich festgelegt waren, irgendeinen Gebrauch. In diesem Schreiben hatte ihn der Erzherzog auch ausdrücklich zur Beteiligung verpflichtet. Stattdessen entschuldigte der Bischof sein Nichterscheinen mit seiner Krankheit und übertrug Heinrich Kramer ausdrücklich jene Gewalt, die ihm als Bischof in dem Prozess zugestanden worden war.[3] Allerdings entband der Erzherzog den Fürstbischof nicht von der ihm brieflich bestätigten Pflicht, mit dem Inquisitor zusammenarbeiten zu müssen, sondern forderte von diesem noch Anfang Oktober, als Kramer bereits mehrere Frauen hatte verhaften lassen, dieser Pflicht selbst nachzukommen oder sich durch einen Kommissar oder andere geeignete Personen vertreten zu lassen.[9]

Bereits im Vorfeld des eigentlichen Prozesses war bei der Innsbrucker Bevölkerung große Unruhe und Kritik als Folge der umstrittenen Vorgangsweise des Inquisitors aufgekommen. Nicht zuletzt deshalb holte Erzherzog Siegmund zur Vertretung seiner Interessen einige rechtsgelehrte Personen an seinen Hof nach Innsbruck. Unter diesen wird Dr. Paulus Wann, der Domprediger von Passau namentlich genannt. Dieser war ein bekannter Kirchenrechtler und Kanoniker. Er verfügte zudem über theoretisches Wissen über Hexenverfolgungen und warnte den Erzherzog ausdrücklich davor, dass der bevorstehende Prozess bei der Bevölkerung zu einem Aufstand führen könnte. Falls Heinrich Kramer versuchte, Paul Wann, der sich auch mit den Ratgebern des Erzherzogs traf, für sich zu gewinnen, dürfte er damit keinen Erfolg gehabt haben. Die Einbeziehung eines Paul Wanns zeigt aber, dass der Erzherzog und seine Räte die Entwicklung von Kramers Prozess sehr genau verfolgten.[10] Ein Geständnis von Jörg Ott, einem ehemaligen landesfürstlichen "Türhüter", das einige Zeit nach dem Innsbrucker Hexenprozess aufgezeichnet wurde, enthält Hinweise darauf, dass Heinrich Kramer außerdem versucht haben dürfte, um Druck auf den Erzherzog ausüben zu können, einige Personen in dessen direktem Umfeld in den Prozess zu verwickeln, darunter Anna Spießin, die als Vertraute des Erzherzogs galt.[11]

Die Hauptverhandlung

Die Hauptverhandlung fand vom 29. - 31. Oktober 1485 vor einem Gerichtshof statt, der sich aus mehreren Geistlichen und zwei Notaren zusammensetzte. Heinrich Kramer fungierte als Ankläger.[12] Er eröffnete den ersten Verhandlungstag, den 29. Oktober 1485, indem er eine der Angeklagten offiziell vorführen ließ und diese selbst befragte. Die Fragen und die Art seiner Befragung hatten Proteste des bischöflichen Kommissärs zur Folge, der sogar damit drohte, die Verhandlung zu verlassen. [12] Es kam es zu einer ersten Unterbrechung, gegen Mittag wurde die Verhandlung fortgeführt. Eine Beschwerde des Juristen Johannes Merwart, der erst zu diesem Zeitpunkt als Beobachter und Verteidiger der Angeklagten zugezogen worden war, hatte zur Folge, dass die Verhandlung auf den 31. Oktober 1485[A 1] vertagt wurde. Seine Beschwerde basierte auf Vorkommnisse vor und während des Prozesses, die Johannes Merwart als Verfahrensfehler auslegte. Heinrich Kramer hatte den Angeklagten Fragen gestellt, die nicht in seiner Kompetenz als Inquisitor lagen und diese waren bei ihren Verhören außerdem nicht zu den in den Zeugenaussagen gemachten Vorwürfen befragt worden. Zudem war die Inhaftierung der Angeklagten erfolgt, noch ehe der Prozess gegen sie eingeleitet worden war. Der Hauptpunkt betraf allerdings den Umstand, dass die Zeugenvernehmungen und alle Aktenaufzeichnungen ohne öffentlichen Notar vorgenommen worden waren. Merwart forderte außerdem Einsicht in die päpstliche Bulle und beschuldigte den Inquisitor daraufhin, dass er sich auch nicht an die dort angeführte Vorgehensweise gehalten hätte. Er forderte sogar dessen Verhaftung.[13]

Die Verhandlung wurde am 31. Oktober 1485 im Haus des Innsbrucker Bürgers Konrad Ratfelder, genannt Gunther fortgeführt.[14] Johannes Merwart konnte seine Forderung nach einer Prüfung des Vorgehens des Inquisitors gegen die Angeklagten gegen Heinrich Kramer durchsetzen, was zur Folge hatte, dass die Beschwerdepunkte anerkannt und daher bisherige Prozessverfahren für null und nichtig erklärt wurde.[15] Die sieben inhaftierten Frauen wurden an den beiden Folgetagen freigelassen, dies allerdings unter der Auflage, dass sie sich für eine weitere Untersuchung oder zur Leistung einer "kanonischen" Reinigung dem Gericht erneut zu stellen hatten. Außerdem mussten sie Bürgen stellen.[16] Die Möglichkeit einer Wiederaufnahme oder Fortsetzung des Verfahrens wäre also durchaus gegeben gewesen, was auch erklärt, warum Heinrich Kramer sich danach noch mehr als 11 Wochen in Innsbruck aufhielt, wo er Material für einen neuen Prozess sammelte.[17]

Der weitere Verlauf

"De facto" war der Innsbrucker Hexenprozess mit der Freilassung der Angeklagten und dem vorläufigen Abbruch des Prozessverfahrens beendet. Der Prozess wurde in der Folge nicht weitergeführt oder erneut eröffnet. Noch am 31. Oktober 1485 erklärte sich Erzherzog Siegmund bereit, sämtliche Kosten, welche dem Inquisitor und seinem Gefolge entstanden waren sowie die Kosten der Einkerkerung und Bewachung der Angeklagten zu begleichen. Er stellte aber klar, dass seine Kasse die Kosten, die aus einer Fortführung dieses Prozesses oder aus einem weiteren Prozess entstehen würden, nicht mehr übernehmen werde.[18]

Heinrich Kramer blieb weiterhin in Innsbruck, wo er Material für einen neuen Hexenprozess sammelte. Noch Anfang Februar 1486 äußerte sich Bischof Georg positiv über sein Vorgehen bei den Hexenverfolgungen.[3]

Historische Bedeutung und Folgen

Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485 war nicht nur der erste große Hexenprozess im heutigen Österreich, er sollte zumindest im Bundesland Tirol der letzte große Hexenprozess bleiben. Wenig später publizierte Heinrich Kramer sein berüchtigtes Buch "Malleus Maleficarum", besser bekannt als der "Hexenhammer". Die Publikation gilt heute als Folge seiner Erfahrungen mit dem Innsbrucker Hexenprozess.[19]

Beteiligte Personen

  • Heinrich Kramer († um 1505), auch bekannt als Heinrich Institoris oder Heinrich von Schlettstadt, Dominikaner, Inquisitor, Autor des Buches "Malleus maleficarum (publiziert 1486)
  • Erzherzog Siegmund von Österreich, Graf von Tirol, besser bekannt als "Siegmund der Münzreiche", war als Tiroler Landesfürst, der für Innsbruck zuständige Herrscher. Nachdem er Heinrich Kramer zunächst unterstützte, dürften er oder seine Räte durch die Einbeziehung des Juristen Johannes Merwart für den Abbruch des Prozesses gesorgt haben. Dadurch, dass er Bischof Georg nicht von seiner Pflicht entband, gemeinsam mit dem Inquisitor den Prozess durchzuführen, durch die Übernahme der bis Ende Oktober 1485 angefallenen Prozesskosten und mit der Aberkennung des Schutzes für den Inquisitor beeinflusste er den Ausgang des Prozesses wesentlich und verhinderte so dessen Fortführung oder den Beginn eines weiteren Prozesses.[8]
  • Georg Golser († 20. Juni 1489, in Brixen), 1464–1488 Fürstbischof von Brixen, war als solcher der für die Stadt Innsbruck zuständige Bischof, der Heinrich Kramer zunächst ebenfalls unterstützte. Er korrespondierte während des Prozesses mehrmals mit dem Landesfürsten. Vom Prozess selbst hielt er sich fern.[4] Bischof Georg von Brixen wurde durch die Forschungsergebnisse des Historikers Hartmann Ammann zum Inbegriff eines Gegners der Hexenverfolgungen stilisiert, was von den meisten neueren Arbeiten wie zum Beispiel der Neuen Deutschen Biographie unhinterfragt übernommen wurde. Nach Manfred Tschaikner sind seine Bedeutung für den Innsbrucker Hexenprozess und seine tatsächlichen Aktivitäten stark überschätzt.[20]
  • Sigmund Saumer, damals Pfarrer von Axams, wurde von Bischof Georg von Brixen mit seiner Vertretung im Hexenprozess beauftragt.[4] Auffällig ist, dass sich dieser, wie auch Leute des Erzherzogs, an den Befragungen der Zeugen und den Verhören der im Oktober verhafteten Frauen kaum beteiligte.[21]
  • Christian Turner war bei der Hauptverhandlung für Bischof Georg als dessen Generalkommissar anwesend.[22]
  • Bartholomäus Hagen war Notar und für die Prokollierung des Gerichtsverfahren zuständig.[23]
  • Johann Kanter, päpstlicher Notar aus der Diözese Utrecht, war für die Aufzeichnung der Verhöre, die Heinrich Kramer im September und Oktober durchführen ließ, zuständig.[21] Bei den Kritikpunkten von Johann Merwart, die letztlich als Verfahrensfehler eingestuft wurden, ging es auch darum, dass Heinrich Kramer es verabsäumt habe, für seine Verhöre einen von Bischof Georg abgesandten oder approbierten, wenn schon nicht vereidigten öffentlichen Notar beizuziehen. Zumindest nach Ansicht von Johannes Merwart erfüllte Johann Kanter, obwohl er als päpstlicher Notar bezeichnet wurde und an den Verhören im September und Oktober beteiligt gewesen war, diese Voraussetzung nicht. Interessant ist, dass in der Einleitung eines der Protokolle auch Bartholomäus Hagen, der als Notar den eigentlichen Prozess protokollierte, Kanter als einen angeblichen Notar bezeichnet, womit er Merwarts Argumentation unterstüzte.[14]
  • Bei den Verhören wurde Heinrich Kramer von einigen Dominikanern unterstützt, die namentlich genannt sind, so Wilhelm Beringer, Heinrich Hoffmann, Wolfgang von Basel, Caspar von Freiburg und Magister Johann von Bosbach. Außerdem kommen in den Verhörprotokollen der Minorit Johann Rosenbart und den "Schirmaister" Paul Cael (Caal) vor.[21]
  • Der Minorit Johann Rosenbart war ein früherer Kaplan von Erzherzog Siegmund, er könnte in Vertretung von diesem an einigen Verhören teilgenommen haben.[9]
  • Dr. Paulus Wann († 1489), der ebenfalls an der Hauptverhandlung des Prozesses anwesend war, wurde vom Erzherzog an seinen Hof in Innsbruck geholt. Er war Domprediger von Passau und dort außerdem ein bekannter Kirchenrechtler und Kanoniker. Zudem verfügte er über theoretisches Wissen zu Hexenverfolgungen.[24] Falls Heinrich Kramer versuchte, Paul Wann, der sich auch mit den Ratgebern des Erzherzogs traf, für sich zu gewinnen, dürfte er damit keinen Erfolg gehabt haben. Die Einbeziehung von Paul Wann zeigt aber, dass der Erzherzog und seine Räte die Entwicklung von Kramers Prozess sehr genau beobachteten.[25]
  • Johannes Merwart († nach 1485) war ein Jurist und Arzt, der als Verteidiger der Angeklagten nach Beginn der Hauptverhandlung im Oktober 1485 zu dieser überraschend zugezogen worden war. Seine Zuziehung hatte den Abbruch des Hexenprozesses zur Folge.
  • Im Innsbrucker Hexenprozess wurden offiziell sieben Frauen angeklagt, die alle in Innsbruck ansässig waren: Barbara Selachin, Barbara Hufeysen, Rosina Hochwartin, ihre Mutter Barbara Röslin, Agnes Witwe Peter-Sneider, Barbara Pflieglin und Helena Scheuberin.[7] In den Verhörprotokollen wird außerdem die getaufte Jüdin Ennel Notterin als Gefangene genannt.[26]

Wer war für die Zuziehung von Dr. Merwart verantwortlich?

Die Frage, wer für Zuziehung von Johannes Merwart verantwortlich war, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Belege dafür, wer Johannes Merwart veranlasste, auf dem Innsbrucker Hexenprozess als Vertreter der Anklage tätig zu werden, sind bisher nicht aufgetaucht. Auf dem Prozess trat er erst nach Beginn der Hauptverhandlung am 29. Oktober 1485 nach einer ersten Unterbrechung gegen Mittag in Erscheinung. Dabei entsteht der Eindruck, dass das Gremium zuvor keineswegs über seine Zuziehung informiert worden waren.[27] Während die Fachliteratur bisher weitgehend der Vermutung von Hartmann Ammann gefolgt ist, dass das Eingreifen von Johannes Merwart auf die Bemühungen der Vertreter des Bischofs von Brixen oder diesen selbst zurückzuführen ist, liefert Manfred Tschaikner dazu einige Gegenargumente. Nach seiner Argumentation dürfte die Zuziehung von Johannes Merwart dem Erzherzog und dessen "bayernfreundlichen" Räten zu verdanken sein, wobei Tschaikner nicht ausschließt, dass die Zuziehung von Johannes Merwart dem Bischof von Brixen und seinen Räten durchaus gelegen kam.[28]

Literatur

  • Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485. In: Ferdinandeum Zeitschrift 1890, Folge 3, Heft 34. S. 31ff. digital
  • Manfred Tschaikner: Hexen in Innsbruck? Erzherzog Sigmund, Bischof Georg Golser und der Inquisitor Heinrich Kramer (1484-1486). In: Der Schlern 88, Juli / August 2014, Heft 7/8, S. 84-102 digital
  • Manfred Tschaikner: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485 und die Gegner des Inquisitors Heinrich Kramer: Erzherzog Sigmnund, Dr. Johannes Merwart und Bischof Georg Golser. In: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 191-219 digital[A 2]

Einzelnachweise

  1. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 195
  2. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 196
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 198
  4. 4,0 4,1 4,2 vgl. Der Innsbrucker Hexenprozess, Prezi.COM, abgerufen am 25. Dezember 2020
  5. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 26f.
  6. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 25
  7. 7,0 7,1 vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 31
  8. 8,0 8,1 vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 199
  9. 9,0 9,1 vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 200
  10. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 199f.
  11. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 201f.
  12. 12,0 12,1 vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 66
  13. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 67-70
  14. 14,0 14,1 vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 205
  15. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 70
  16. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 71 und S. 72
  17. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 75
  18. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 71f.
  19. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 191
  20. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 210
  21. 21,0 21,1 21,2 vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 32
  22. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 192
  23. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 203
  24. Weitere Informationen zu Paulus Wann finden sich auf Regiowiki Niederbayern, abgerufen am 26. Dezember 2020
  25. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 199f.
  26. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 199, Fußnote 55
  27. vgl. Hartmann Ammann: Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485, S. 67
  28. vgl. Manfred Tschaikner, in: Tiroler Heimat 82, 2018, S. 209f.

Anmerkungen

  1. Dass die Verhandlung nicht schon am Folgetag, den 30. Oktober 1485 weitergeführt wurde, dürfte damit zusammenhängen, dass dieser ein Sonntag war.
  2. Es handelt sich bei diesem Essay um eine überarbeitete Fassung von Manfred Tschaikners Essay "Hexen in Innsbruck?