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{{Löschantragstext|tag=5|monat=Dezember|jahr=2024|titel=Alpenfehde|text=Theoriefindung, massiv URV --[[Spezial:Beiträge/2003:E8:EF14:9E6E:3C77:DF8A:4BBF:9764|2003:E8:EF14:9E6E:3C77:DF8A:4BBF:9764]] 10:43, 5. Dez. 2024 (CET)}} | |||
{{Export|ÖW|[[Benutzer:Karl Gruber|K@rl]] <small>du findest mich auch im [[Oewiki:|Ö..wiki]]</small> 10:55, 7. Dez. 2024 (CET)}} | |||
[[Datei:Salzburg - Altstadt - Mozartplatz 'Der Zaun des Anstoßes' - 2018 11 21-1.jpg|mini|''Der Zaun des Anstoßes'' – Denkmal auf dem [[Mozartplatz (Salzburg)#WAA-Widerstands-Denkmal|Salzburger Mozartplatz]] für den Kampf gegen die WAA Wackersdorf]] | |||
Als '''Alpenfehde''' wurde ein diplomatisch ausartender Konflikt zwischen [[Bayern]] und [[Österreich]] bezeichnet, der seine Ursprünge 1986 hatte, als von Bayern Einreiseverbote in großer Zahl gegen österreichische Staatsbürger, die gegen die atomare [[Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf]] (WAA) im bayerischen [[Landkreis Schwandorf]] demonstrieren wollten, verhängt wurden, und der erst 1989 mit dem Entscheid zur Aufgabe des Baus der WAAW komplett zum erliegen kam. | |||
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
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Am 27. Juli 1986 schloss die Stadt [[Salzburg]] mit dem bayerischen [[Landkreis Schwandorf]] im Kampf gegen die [[Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf]] (WAA) eine ''Anti-Atom-Partnerschaft''. | Am 27. Juli 1986 schloss die Stadt [[Salzburg]] mit dem bayerischen [[Landkreis Schwandorf]] im Kampf gegen die [[Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf]] (WAA) eine ''Anti-Atom-Partnerschaft''. | ||
Zum Auftakt der Festspielsaison stiegen Bürgermeister [[Josef Reschen]] und Landrat [[Hans Schuierer]] auf dem [[Alter Markt (Salzburg)|Alten Markt]] auf eine Leiter und besiegelten mit Handschlag über einem vom Salzburger Richard Hörl<ref>[https://www.sn.at/wiki/Richard_H%C3%B6rl ''Richard Hörl''] im [[Salzburgwiki]].</ref> nachgebildeten WAA-Bauzaunelement<ref>[https://www.plage.at/_Resources/Persistent/c5b1f0c709340704cf8efd5b84d8bd8146754879/pn2006_03.pdf ''20 Jahre PLAGE: Stationen eines langen Weges 1986–2006.''] [[PLAGE]]-Plattform News, 3/2006, S. 2.</ref> die Partnerschaft.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf ''Handschlag-Foto''] In: ''Kultur gegen die WAA'', S. 10.</ref> | Zum Auftakt der Festspielsaison stiegen Bürgermeister [[Josef Reschen]] und Landrat [[Hans Schuierer]] auf dem [[Alter Markt (Salzburg)|Alten Markt]] auf eine Leiter und besiegelten mit Handschlag über einem vom Salzburger Richard Hörl<ref>[https://www.sn.at/wiki/Richard_H%C3%B6rl ''Richard Hörl''] im [[Salzburgwiki]].</ref> nachgebildeten WAA-Bauzaunelement<ref>[https://www.plage.at/_Resources/Persistent/c5b1f0c709340704cf8efd5b84d8bd8146754879/pn2006_03.pdf ''20 Jahre PLAGE: Stationen eines langen Weges 1986–2006.''] [[PLAGE]]-Plattform News, 3/2006, S. 2.</ref> die Partnerschaft.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf ''Handschlag-Foto''] In: ''Kultur gegen die WAA'', S. 10.</ref> | ||
Der bayerische Ministerpräsident [[Franz Josef Strauß]] ließ diese Partnerschaft aufheben, woraufhin Schuierer und Reschen 1987 eine ''Umwelt-Partnerschaft'' schlossen.<ref>[https://www.sn.at/salzburg/chronik/gestern-wie-heute-ein-landrat-gegen-die-atomkraft-99401257 ''Ein Landrat gegen die Atomkraft: Der „Titan von Wackersdorf“ wird 90.''] Salzburger Nachrichten vom 6. Februar 2021.<br />[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf ''Regierung: Anti-Atom-Partnerschaft aufheben! – Zweck der deutsch-österreichischen Zusammenarbeit nach Auffassung der Behörde keine Landkreissache.''] [[Mittelbayerische Zeitung]] vom 30. August 1986 (auf ''Kultur gegen die WAA'', S. 10).</ref> Am 1. Juni 1986 wurden die WAA-Demonstrationen grenzüberschreitend, 3.000 Österreicher wurden auf dem Bahnhof in Schwandorf euphorisch begrüßt.<ref>[https://taz.de/Mir-san-die-Chaoten---Der-Widerstand-in-Wackersdorf/!1810558/ „Mir san die Chaoten“ – Der Widerstand in Wackersdorf. Eine Chronologie des Widerstandes gegen die Wiederaufarbeitungsanlage in der Oberpfalz bis zu dem gestern von der DWK verkündeten Baustopp] – ([[taz]] vom 31. Mai 1989)</ref> | Der bayerische Ministerpräsident [[Franz Josef Strauß]] ließ diese Partnerschaft aufheben, woraufhin Schuierer und Reschen 1987 eine ''Umwelt-Partnerschaft'' schlossen.<ref>[https://www.sn.at/salzburg/chronik/gestern-wie-heute-ein-landrat-gegen-die-atomkraft-99401257 ''Ein Landrat gegen die Atomkraft: Der „Titan von Wackersdorf“ wird 90.''] Salzburger Nachrichten vom 6. Februar 2021.<br />[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf ''Regierung: Anti-Atom-Partnerschaft aufheben! – Zweck der deutsch-österreichischen Zusammenarbeit nach Auffassung der Behörde keine Landkreissache.''] [[Mittelbayerische Zeitung]] vom 30. August 1986 (auf ''Kultur gegen die WAA'', S. 10).</ref> Am 1. Juni 1986 wurden die WAA-Demonstrationen grenzüberschreitend, 3.000 Österreicher wurden auf dem [[Bahnhof Schwandorf|Bahnhof]] in [[Schwandorf]] euphorisch begrüßt.<ref>[https://taz.de/Mir-san-die-Chaoten---Der-Widerstand-in-Wackersdorf/!1810558/ „Mir san die Chaoten“ – Der Widerstand in Wackersdorf. Eine Chronologie des Widerstandes gegen die Wiederaufarbeitungsanlage in der Oberpfalz bis zu dem gestern von der DWK verkündeten Baustopp] – ([[taz]] vom 31. Mai 1989)</ref> | ||
Am 6. September 1988 veranstalteten österreichische WAA-Gegner „Salzburger Protestspiele“ in Regensburg.<ref name="bylex">[https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Wiederaufbereitungsanlage_Wackersdorf Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf] – ([[Historisches Lexikon Bayerns]])</ref> | Am 6. September 1988 veranstalteten österreichische WAA-Gegner „Salzburger Protestspiele“ in Regensburg.<ref name="bylex">[https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Wiederaufbereitungsanlage_Wackersdorf Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf] – ([[Historisches Lexikon Bayerns]])</ref> | ||
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Nachdem Strauß 1986 einem 32 Busse zählenden Salzburger Protestkonvoi zur WAA die Einreise verweigert hatte, wurde er von den [[Salzburger Festspiele]]n aus- und Schuierer eingeladen.<ref>[https://web.archive.org/web/20190530193931/https://www.zeit.de/kultur/2019-05/wiederaufarbeitungsanlage-wackersdorf-atomarer-sondermuell-proteste-polizeigewalt ''Widerstand wider Willen – Vor 30 Jahren war Schluss: Bürgerproteste führten zum Baustopp einer Aufbereitungsanlage für Atommüll in Wackersdorf.''] [[Die Zeit]] vom 30. Mai 2019.</ref> | Nachdem Strauß 1986 einem 32 Busse zählenden Salzburger Protestkonvoi zur WAA die Einreise verweigert hatte, wurde er von den [[Salzburger Festspiele]]n aus- und Schuierer eingeladen.<ref>[https://web.archive.org/web/20190530193931/https://www.zeit.de/kultur/2019-05/wiederaufarbeitungsanlage-wackersdorf-atomarer-sondermuell-proteste-polizeigewalt ''Widerstand wider Willen – Vor 30 Jahren war Schluss: Bürgerproteste führten zum Baustopp einer Aufbereitungsanlage für Atommüll in Wackersdorf.''] [[Die Zeit]] vom 30. Mai 2019.</ref> | ||
So saß Schuierer bei der Festspielpremiere auf dem Platz von Strauß neben Bundespräsident Waldheim und Landeshauptmann Haslauer.<ref>[https://www.ostbayern-kurier.de/hans-schuierer-die-oberpfaelzer-symbolfigur-fuer-demokratie-und-schutz-der-heimat-wird-90-jahre-alt.html Hans Schuierer: Die Oberpfälzer Symbolfigur für Demokratie und Schutz der Heimat wird 90 Jahre alt] – (Der Ostbayern Kurier vom 6. Februar 2021)</ref> | So saß Schuierer bei der Festspielpremiere auf dem Platz von Strauß neben Bundespräsident Waldheim und Landeshauptmann Haslauer.<ref>[https://www.ostbayern-kurier.de/hans-schuierer-die-oberpfaelzer-symbolfigur-fuer-demokratie-und-schutz-der-heimat-wird-90-jahre-alt.html Hans Schuierer: Die Oberpfälzer Symbolfigur für Demokratie und Schutz der Heimat wird 90 Jahre alt] – (Der Ostbayern Kurier vom 6. Februar 2021)</ref> | ||
Am 30. Juni 1986 ließ der bayerische Innenminister [[Karl | Am 30. Juni 1986 ließ der bayerische Innenminister [[Karl Hillermeier]] die Grenzen sperren. Von 2.000 ausländischen Gästen, die in Regensburg gegen die WAA demonstrieren wollten, kamen nur vier (darunter [[Hildegard Breiner]]) in Regensburg an. | ||
Ein Teil der Österreicher, denen der Grenzübertritt verwehrt wurde, bekam den Passvermerk „Zurückgewiesen“.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf Paß-Vermerk „Zurückgewiesen“ für Österreicher – Bestätigung durch die Grenzpolizei / SPD: Ungeheuere Diffamierung / CSU: Kein Recht eingeschränkt] (PDF; 19 MB) – [[Mittelbayerische Zeitung]] vom 2. Juli 1986 auf ''Kultur gegen die WAA'', S. 7</ref> | Ein Teil der Österreicher, denen der Grenzübertritt verwehrt wurde, bekam den Passvermerk „Zurückgewiesen“.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf Paß-Vermerk „Zurückgewiesen“ für Österreicher – Bestätigung durch die Grenzpolizei / SPD: Ungeheuere Diffamierung / CSU: Kein Recht eingeschränkt] (PDF; 19 MB) – [[Mittelbayerische Zeitung]] vom 2. Juli 1986 auf ''Kultur gegen die WAA'', S. 7</ref> | ||
Schwandorfs Landrat Schuierer kommentierte: „Diese Maßnahme kommt einer Verlegung des Bauzauns an die deutsch-österreichische Grenze gleich.“ [[Christa Meier]] warf der CSU Völkerrechtsverletzung vor.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf „Bauzaun beginnt an der Grenze zu Österreich“ – Demonstration und Andacht gegen WAA-Bau / Christa Meier wirft der CSU Völkerrechtsverletzung vor] – ([[Mittelbayerische Zeitung]] vom 30. Juni 1986 auf Kultur gegen die WAA, S. 6)</ref> Auch der Salzburger Landeshauptmann [[Wilfried Haslauer senior|Wilfried Haslauer]] spottete: „Der Bauzaun beginnt bereits an der Grenze zu Österreich.“<ref>[https://www.spiegel.de/politik/als-gaebs-nur-verbrecher-und-terroristen-a-9e7787f2-0002-0001-0000-000013519577 „Als gäb’s nur Verbrecher und Terroristen“] – ([[Der Spiegel]] vom 27. Juni 1986)</ref> | Schwandorfs Landrat Schuierer kommentierte: „Diese Maßnahme kommt einer Verlegung des Bauzauns an die deutsch-österreichische Grenze gleich.“ [[Christa Meier]] warf der CSU Völkerrechtsverletzung vor.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf „Bauzaun beginnt an der Grenze zu Österreich“ – Demonstration und Andacht gegen WAA-Bau / Christa Meier wirft der CSU Völkerrechtsverletzung vor] – ([[Mittelbayerische Zeitung]] vom 30. Juni 1986 auf Kultur gegen die WAA, S. 6)</ref> Auch der Salzburger Landeshauptmann [[Wilfried Haslauer senior|Wilfried Haslauer]] spottete: „Der Bauzaun beginnt bereits an der Grenze zu Österreich.“<ref>[https://www.spiegel.de/politik/als-gaebs-nur-verbrecher-und-terroristen-a-9e7787f2-0002-0001-0000-000013519577 „Als gäb’s nur Verbrecher und Terroristen“] – ([[Der Spiegel]] vom 27. Juni 1986)</ref> | ||
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=== Entwicklung der Alpenfehde === | === Entwicklung der Alpenfehde === | ||
Die Differenzen eskalierten schließlich zur „Alpenfehde“<ref>[https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13525039.html ''Ganz übel – Bayern-König Strauß setzt die Alpenfehde fort: Er will einen Atomvertrag mit Österreich verhindern.''] In: ''Der Spiegel'' vom 21. September 1987.</ref> bzw. zum „Alpenkrieg“.<ref>[https://www.spiegel.de/politik/fetzen-fliegen-a-69208b09-0002-0001-0000-000013519738 ''Fetzen fliegen: Franz Josefs neuestes Opfer: Nachbar Österreich.''] In: ''Der Spiegel'' vom 27. Juli 1986.</ref> | Die Differenzen eskalierten schließlich zur „Alpenfehde“<ref>[https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13525039.html ''Ganz übel – Bayern-König Strauß setzt die Alpenfehde fort: Er will einen Atomvertrag mit Österreich verhindern.''] In: ''Der Spiegel'' vom 21. September 1987.</ref> bzw. zum „Alpenkrieg“.<ref>[https://www.spiegel.de/politik/fetzen-fliegen-a-69208b09-0002-0001-0000-000013519738 ''Fetzen fliegen: Franz Josefs neuestes Opfer: Nachbar Österreich.''] In: ''Der Spiegel'' vom 27. Juli 1986.</ref><ref name="gschiss">[https://www.spiegel.de/politik/so-a-gschiss-a-3d461e53-0002-0001-0000-000013522053?context=issue ''So a G’schiß – Neue Eskalation im Grenzkonflikt: Erst konnten österreichische Demonstranten nicht nach Bayern rein, jetzt dürfen prominente Christsoziale nicht aus Bayern raus.''] [[Der Spiegel]] vom 13. April 1987.</ref> | ||
Im Juli 1986 wollte Österreichs Vizekanzler [[Norbert Steger]] zum [[Anti-WAAhnsinns-Festival]] nach [[Burglengenfeld]] fahren. Die [[bayerische Staatsregierung]] plante, für ihn ein Einreiseverbot zu verhängen, das jedoch von Außenminister [[Hans-Dietrich Genscher]] wieder zurückgezogen wurde, Steger fuhr dennoch nicht.<ref>[https://www.laka.org/docu/magazines/RadiAktiv/ra87-13.pdf ''Einige Eckdaten des österreichischen Widerstands gegen die WAA.''] In: ''[[Radi Aktiv]]'', Ausgabe 13, April 1987, S. 64 f. (im [[Laka (Archiv)|Laka-Archiv]]; PDF).</ref> | Die [[The Sunday Times (Vereinigtes Königreich)|Sunday Times]] fragte, ob sich Bayern wirklich im Krieg befinde.<ref name="Rahm oder Ruhm" /> Bayern überlegte sich auch Maßnahmen gegen Österreich im Flugverkehr.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf Strauß verteidigt das Vorgehen Hillermeiers: Grenzsperre blockiert Beziehungen zu Wien. Streit weitet sich aus / Kanzlertreffen möglich] – [[Mittelbayerische Zeitung]] vom 4. Juli 1986 auf ''Kultur gegen die WAA'', S. 8</ref> Staatsminister [[Edmund Stoiber]] wollte z. B. den Luftraum für österreichische Militärmaschinen sperren lassen.<ref name="Rahm oder Ruhm" /> | ||
Im Juli 1986 wollte Österreichs Vizekanzler [[Norbert Steger]] zum ''[[Anti-WAAhnsinns-Festival]]'' nach [[Burglengenfeld]] fahren. Die [[bayerische Staatsregierung]] plante, für ihn ein Einreiseverbot zu verhängen, das jedoch von Außenminister [[Hans-Dietrich Genscher]] wieder zurückgezogen wurde, Steger fuhr dennoch nicht.<ref>[https://www.laka.org/docu/magazines/RadiAktiv/ra87-13.pdf ''Einige Eckdaten des österreichischen Widerstands gegen die WAA.''] In: ''[[Radi Aktiv]]'', Ausgabe 13, April 1987, S. 64 f. (im [[Laka (Archiv)|Laka-Archiv]]; PDF).</ref> | |||
1986 nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl beschloss die österreichische [[Bundesregierung Sinowatz]] mit Bonn über einen WAA-Verzicht zu verhandeln, weil ein Unfall „ganz Österreich bedrohen“ würde.<ref>[https://www.spiegel.de/politik/ruhe-im-ozean-der-furcht-a-4729bb68-0002-0001-0000-000013518489 »Ruhe im Ozean der Furcht« – Frankreich und die Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl] – ([[Der Spiegel]] vom 18. Mai 1986)</ref> | 1986 nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl beschloss die österreichische [[Bundesregierung Sinowatz]] mit Bonn über einen WAA-Verzicht zu verhandeln, weil ein Unfall „ganz Österreich bedrohen“ würde.<ref>[https://www.spiegel.de/politik/ruhe-im-ozean-der-furcht-a-4729bb68-0002-0001-0000-000013518489 »Ruhe im Ozean der Furcht« – Frankreich und die Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl] – ([[Der Spiegel]] vom 18. Mai 1986)</ref> | ||
Die österreichischen Aktivisten waren erprobt im erfolgreichen Kampf gegen das [[Atomkraftwerk Zwentendorf]] und argumentierten, Radioaktivität mache „an Staatsgrenzen nicht halt“.<ref>[https://www.spiegel.de/politik/die-heimat-nicht-billig-verspielen-a-9ffb6768-0002-0001-0000-000013516813 Die Heimat nicht billig verspielen] – ([[Der Spiegel]] vom 29. September 1985)</ref> | Die österreichischen Aktivisten waren erprobt im erfolgreichen Kampf gegen das [[Atomkraftwerk Zwentendorf]] und argumentierten, Radioaktivität mache „an Staatsgrenzen nicht halt“.<ref>[https://www.spiegel.de/politik/die-heimat-nicht-billig-verspielen-a-9ffb6768-0002-0001-0000-000013516813 Die Heimat nicht billig verspielen] – ([[Der Spiegel]] vom 29. September 1985)</ref> | ||
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Mit der Abweisung der [[ORF]]-Journalistin [[Elfriede Geiblinger]] im Januar 1987 eskalierte der Konflikt noch mehr. Österreichs Innenminister [[Karl Blecha]] sprach von einer „unerhörten und zwischen pluralistischen Staaten nicht gebräuchlichen Vorgangsweise“, und im österreichischen [[Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten| Außenministerium]] sah man sogar eine Verletzung von „Geist und Buchstaben der Bestimmungen der [[Schlussakte von Helsinki|KSZE-Schlußakte]]“ und beauftragte die [[Botschaft der Republik Österreich (Bonn)|Botschaft in Bonn]] mit einer Klärung.<ref name="Rahm oder Ruhm">[https://www.spiegel.de/politik/rahm-oder-ruhm-a-7a8826ee-0002-0001-0000-000013521089 ''Rahm oder Ruhm: Die bayrisch-österreichische Grenze bleibt Krisengebiet – mit Einreisesperren für Demonstranten und womöglich Verstößen gegen das Völkerrecht.''] In: ''Der Spiegel'' vom 11. Januar 1987.</ref><ref>[https://taz.de/Archiv-Suche/!1872757&s=waa%2Bwackersdorf%2Bdemokratie&SuchRahmen=Print/ Bayern verteidigt Einreiseverbot – Heftige Proteste aus Wien gegen Zurückweisung von österreichischer Journalistin, die mit 45 WAA–Gegnern nach Wackersdorf fahren wollte / Bayerische Behörden sprechen von „Provokation“ durch Demonstranten] ([[taz]] vom 5. Januar 1987)</ref> | Mit der Abweisung der [[ORF]]-Journalistin [[Elfriede Geiblinger]] im Januar 1987 eskalierte der Konflikt noch mehr. Österreichs Innenminister [[Karl Blecha]] sprach von einer „unerhörten und zwischen pluralistischen Staaten nicht gebräuchlichen Vorgangsweise“, und im österreichischen [[Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten| Außenministerium]] sah man sogar eine Verletzung von „Geist und Buchstaben der Bestimmungen der [[Schlussakte von Helsinki|KSZE-Schlußakte]]“ und beauftragte die [[Botschaft der Republik Österreich (Bonn)|Botschaft in Bonn]] mit einer Klärung.<ref name="Rahm oder Ruhm">[https://www.spiegel.de/politik/rahm-oder-ruhm-a-7a8826ee-0002-0001-0000-000013521089 ''Rahm oder Ruhm: Die bayrisch-österreichische Grenze bleibt Krisengebiet – mit Einreisesperren für Demonstranten und womöglich Verstößen gegen das Völkerrecht.''] In: ''Der Spiegel'' vom 11. Januar 1987.</ref><ref>[https://taz.de/Archiv-Suche/!1872757&s=waa%2Bwackersdorf%2Bdemokratie&SuchRahmen=Print/ Bayern verteidigt Einreiseverbot – Heftige Proteste aus Wien gegen Zurückweisung von österreichischer Journalistin, die mit 45 WAA–Gegnern nach Wackersdorf fahren wollte / Bayerische Behörden sprechen von „Provokation“ durch Demonstranten] ([[taz]] vom 5. Januar 1987)</ref> | ||
Am 22. Juli 1988 | Am 22. Juli 1988 verkündete die österreichische [[Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie|Umweltministerin]] [[Marilies Flemming]], im Namen der Republik Österreich den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München und das Bundesverwaltungsgericht in Berlin anzurufen.<ref>[https://taz.de/WAA-Oesterreich-zieht-vor-Gericht/!1843652/ WAA: Österreich zieht vor Gericht. Die Wiener Umweltministerin kündigte in Neunburg gegen die WAA Klage vor dem bundesdeutschen Verwaltungsgerichtshof an / DWK-Vertreter versuchten, TV-Öffentlichkeit aus der Erörterung auszuschließen] ([[taz]] vom 23. Juli 1988)</ref> | ||
Schon ein politikwissenschaftliches Gutachten der [[Universität Salzburg]] leitete 1988 aus dem [[Völkerrecht]] ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht Österreichs an der WAA ab, befand die WAA völkerrechtlich unzulässig und empfahl | Schon ein politikwissenschaftliches Gutachten der [[Universität Salzburg]] leitete 1988 aus dem [[Völkerrecht]] ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht Österreichs an der WAA ab, befand die WAA völkerrechtlich für unzulässig und empfahl Österreich, den [[Internationaler Gerichtshof|Internationalen Gerichtshof]] anzurufen.<ref>[https://taz.de/Archiv-Suche/!1851120&s=waa%2Bwackersdorf%2B%C3%B6sterreich&SuchRahmen=Print/ Österreich von WAA „signifikant gefährdet“ – Gutachten leitet aus dem Völkerrecht Mitsprache– und Mitentscheidungsrecht Österreichs an der WAA ab / WAA völkerrechtlich unzulässig / Alpenrepublik soll Internationalen Gerichtshof anrufen / „EinWAAnds“–Kampagne läuft in Salzburg auf Hochtouren] – ([[taz]] vom 30. März 1988)</ref> | ||
=== Feindbild Franz Josef Strauß === | === Feindbild Franz Josef Strauß === | ||
Nach den Wackersdorfdemos und vor allem nach den Einreiseverboten wurde der bayerische Ministerpräsident [[Franz Josef Strauß]] für die österreichischen WAA-Gegner zum Symbol der bundesdeutschen Atompolitik. Schon im Juli 1986 bat [[Kurt Waldheim]] Strauß, angesichts der Anti-Atom-Stimmung in Österreich das Problem Wackersdorf noch einmal zu „überdenken“, was Strauß in einem Brief scharf zurückwies.<ref>[https://www.wissen.de/kalendar/17-juli-1986-0 Wissen.de] – (20. Juli 1986)</ref> | Nach den Wackersdorfdemos und vor allem nach den Einreiseverboten wurde der bayerische Ministerpräsident [[Franz Josef Strauß]] für die österreichischen WAA-Gegner zum Symbol der bundesdeutschen Atompolitik. Schon im Juli 1986 bat [[Kurt Waldheim]] Strauß, angesichts der Anti-Atom-Stimmung in Österreich das Problem Wackersdorf noch einmal zu „überdenken“, was Strauß in einem Brief scharf zurückwies.<ref>[https://www.wissen.de/kalendar/17-juli-1986-0 Wissen.de] – (20. Juli 1986)</ref> | ||
Nach Ansicht von Strauß wollten gewalttätige Demonstranten den demokratischen Rechtsstaat zerschlagen und es liege auch im Interesse Österreichs, diesen Angriff abzuwehren. Die Proteste Österreichs wertete er als „Einmischung in die inneren Angelegenheiten Bayerns“.<ref name="Rahm oder Ruhm" /> | Nach Ansicht von Strauß wollten gewalttätige Demonstranten den demokratischen Rechtsstaat zerschlagen und es liege auch im Interesse Österreichs, diesen Angriff abzuwehren. Die Proteste Österreichs wertete er als „Einmischung in die inneren Angelegenheiten Bayerns“.<ref name="Rahm oder Ruhm" /> | ||
Strauß war „überhaupt dagegen, daß Ausländer in der Bundesrepublik demonstrieren“.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf Strauß verteidigt das Vorgehen Hillermeiers: Grenzsperre blockiert Beziehungen zu Wien. Streit weitet sich aus / Kanzlertreffen möglich] – [[Mittelbayerische Zeitung]] vom 4. Juli 1986 auf ''Kultur gegen die WAA'', S. 8</ref> Im Februar 1987 protestierten über 1.000 WAA-Gegner gegen den Besuch von Strauß beim [[Wiener Opernball]]. Atomgegner warfen bei der Eröffnung Flugblätter in den Ballsaal und entrollten ein Transparent, draußen kam es zu einer Straßenschlacht mit der Polizei,<ref>[https://taz.de/Krawall-beim-Wiener-Opernball/!1869970/ Krawall beim Wiener Opernball – WAA–Gegner protestierten in Wien gegen den Besuch von Strauß / Straßenschlacht mit der Polizei] – ([[taz]] vom 28. Februar 1987)</ref> eine deutsche Fahne wurde verbrannt und Brandsätze geworfen.<ref>[https://taz.de/!1246614/ Wiener Blut] – ([[taz]] vom 26. Februar 2000)</ref> Für den harten Polizeieinsatz bei den ersten Protesten rund um den Opernball wurde der damalige Innenminister [[Karl Blecha]] scharf kritisiert.<ref>[https://www.tt.com/artikel/12652185/opernballdemo-am-anfang-stand-franz-josef-strauss Opernballdemo – Am Anfang stand Franz-Josef Strauß] – ([[Tiroler Tageszeitung]] vom 21. Februar 2017)</ref><ref name="ö1blecha">[https://www.mediathek.at/atom/0900E692-047-0031B-00000E20-08FFF165/marker/00_09_56 Pressekonferenz Innenminister Blecha zu Opernballwirbel / Organisator Anti-Strauß-Demo, Toni Sticht / Grünalternative attackieren Polizei wegen Opernball-Eingreifen] – ([[Ö1]]-[[Mittagsjournal]] vom 27. Februar 1987 auf [[Österreichische Mediathek]], 10.–22. Min.)</ref> | Strauß war „überhaupt dagegen, daß Ausländer in der Bundesrepublik demonstrieren“.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf Strauß verteidigt das Vorgehen Hillermeiers: Grenzsperre blockiert Beziehungen zu Wien. Streit weitet sich aus / Kanzlertreffen möglich] – [[Mittelbayerische Zeitung]] vom 4. Juli 1986 auf ''Kultur gegen die WAA'', S. 8</ref> Im Februar 1987 protestierten über 1.000 WAA-Gegner gegen den Besuch von Strauß beim [[Wiener Opernball]]. Atomgegner warfen bei der Eröffnung Flugblätter in den Ballsaal und entrollten ein Transparent, draußen kam es zu einer Straßenschlacht mit der Polizei,<ref>[https://taz.de/Krawall-beim-Wiener-Opernball/!1869970/ Krawall beim Wiener Opernball – WAA–Gegner protestierten in Wien gegen den Besuch von Strauß / Straßenschlacht mit der Polizei] – ([[taz]] vom 28. Februar 1987)</ref> eine deutsche Fahne wurde verbrannt und Brandsätze geworfen.<ref>[https://taz.de/!1246614/ Wiener Blut] – ([[taz]] vom 26. Februar 2000)</ref> Für den harten Polizeieinsatz bei den ersten Protesten rund um den Opernball wurde der damalige Innenminister [[Karl Blecha]] von einigen Seiten scharf kritisiert.<ref>[https://www.tt.com/artikel/12652185/opernballdemo-am-anfang-stand-franz-josef-strauss Opernballdemo – Am Anfang stand Franz-Josef Strauß] – ([[Tiroler Tageszeitung]] vom 21. Februar 2017)</ref><ref name="ö1blecha">[https://www.mediathek.at/atom/0900E692-047-0031B-00000E20-08FFF165/marker/00_09_56 Pressekonferenz Innenminister Blecha zu Opernballwirbel / Organisator Anti-Strauß-Demo, Toni Sticht / Grünalternative attackieren Polizei wegen Opernball-Eingreifen] – ([[Ö1]]-[[Mittagsjournal]] vom 27. Februar 1987 auf [[Österreichische Mediathek]], 10.–22. Min.)</ref> | ||
Im April 1987 wollten Bayerns Innenminister [[August Lang (Politiker)|August Lang]] und der Umwelt-Staatssekretär [[Alois Glück]] in Salzburg über „Das bayrisch-österreichische Fingerhakeln“ in einer [[Bayerischer Rundfunk|BR]]-Live-Sendung diskutieren, was ihnen von Strauß untersagt wurde. | Im April 1987 wollten Bayerns Innenminister [[August Lang (Politiker)|August Lang]] und der Umwelt-Staatssekretär [[Alois Glück]] in Salzburg über „Das bayrisch-österreichische Fingerhakeln“ in einer [[Bayerischer Rundfunk|BR]]-Live-Sendung diskutieren, was ihnen von Strauß untersagt wurde. Strauß meinte, er könne nicht zulassen, „daß bayrische Kabinettsmitglieder im Ausland angepöbelt werden und dann möglicherweise der Diskussion nicht gewachsen sind“.<ref>[https://www.kultur-gegen-die-waa.de/images/pdf/8a_WAASalzburgerAntiKampf.pdf Strauß verbot Salzburg-Reise – Angst vor Pöbeleien gegen Lang und Glück bei BR-Fernsehsendung] (PDF; 19 MB) – ([[Mittelbayerische Zeitung]] vom 9. April 1986 auf ''Kultur gegen die WAA'', S. 27)</ref><ref name="gschiss" /> | ||
== Salzburger WAA-Gutachten == | == Salzburger WAA-Gutachten == |