Gutolf von Heiligenkreuz: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Gutolf von Heiligenkreuz''' (* im 13. Jahrhundert; † im 13. Jahrhundert, um / nach 1293), auch '''Gutolfus de Sancta Cruce''', wirkte als Geschichtsschreiber im [[Stift Heiligenkreuz|Zisterzienserstift Heiligenkreuz]].
'''Gutolf von Heiligenkreuz''' (* im 13. Jahrhundert; † im 13. Jahrhundert, um / nach 1293), auch '''Gutolfus de Sancta Cruce''', wirkte als Geschichtsschreiber im [[Stift Heiligenkreuz|Zisterzienserstift Heiligenkreuz]].


== Herkunft und Familie ==
==Herkunft und Familie==
Über die Herkunft und die Familienverhältnisse von Gutolf ist nichts bekannt.
Über die Herkunft und die Familienverhältnisse von Gutolf ist nichts bekannt.


== Leben ==
==Leben==
Gutolf ist zwischen 1260 und 1290 als Zisterziensermönch des gleichnamigen Stiftes in [[Heiligenkreuz (Niederösterreich)|Heiligenkreuz]] belegt.<ref name ="czeike">vgl.  {{Czeike|2|647||Gutolf von Heiligenkreuz}}</ref> Er war Beichtvater der Zisterzienserinnen des [[Nikolaikloster (Wien 3)|Nikolaiklosters "vor dem Stubentor"]] in der Nähe der Stadt [[Wien]] (heute:[[Landstraße (Wien)|3. Wiener Gemeindebezirk]], deren geistliche Betreuung dem Stift Heiligenkreuz unterlag.<ref>vgl. {{Czeike|4|411||Nikolaikloster}} [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/content/pageview/1115253 digital]</ref> Nach 1285 war er Abt des [[w:Kloster Marienberg (Burgenland)|Klosters Marienberg]] (damals im [[w:Königreich Ungarn|ungarischen Königreich]]), einem Tochterkloster von Stift Heiligenkreuz. Nach seiner Resignation (1289) ist er 1292 im Zisterzienserkloster Velehrad, damals [[w:Markgrafschaft Mähren|Markgrafschaft Mähren]], urkundlich belegte, dürfte aber später wieder nach Heiligenkreuz zurückgekehrt sein.<ref name ="Geschichtsquellen">[https://www.geschichtsquellen.de/repPers_118719599.html Gutolfus de Sancta Cruce], Geschichtsquellen.DE, abgerufen am 17. November 2018</ref>  
Gutolf ist zwischen 1260 und 1290 als Zisterziensermönch des gleichnamigen Stiftes in [[Heiligenkreuz (Niederösterreich)|Heiligenkreuz]] belegt.<ref name="czeike">vgl.  {{Czeike|2|647||Gutolf von Heiligenkreuz}}</ref> Er war Beichtvater der Zisterzienserinnen des [[Nikolaikloster (Wien 3)|Nikolaiklosters "vor dem Stubentor"]] in der Nähe der Stadt [[Wien]] (heute:[[Landstraße (Wien)|3. Wiener Gemeindebezirk]], deren geistliche Betreuung dem Stift Heiligenkreuz unterlag.<ref>vgl. {{Czeike|4|411||Nikolaikloster}} [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/content/pageview/1115253 digital]</ref> Nach 1285 war er Abt des [[w:Kloster Marienberg (Burgenland)|Klosters Marienberg]] (damals im [[w:Königreich Ungarn|ungarischen Königreich]]), einem Tochterkloster von Stift Heiligenkreuz. Nach seiner Resignation (1289) ist er 1292 im Zisterzienserkloster Velehrad, damals [[w:Markgrafschaft Mähren|Markgrafschaft Mähren]], urkundlich belegte, dürfte aber später wieder nach Heiligenkreuz zurückgekehrt sein.<ref name="Geschichtsquellen">[https://www.geschichtsquellen.de/repPers_118719599.html Gutolfus de Sancta Cruce], Geschichtsquellen.DE, abgerufen am 17. November 2018</ref>  


Gutolf unterhielt enge Beziehungen zu [[Einwik von St. Florian|Einwik]] († um 1313), dem späteren Propst des Stiftes [[St. Florian (Linz-Land)|St. Florian]].<ref name ="Lutter203">vgl. Christina Lutter: ''Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten'', 2016, S. 203</ref>  
Gutolf unterhielt enge Beziehungen zu [[Einwik von St. Florian|Einwik]] († um 1313), dem späteren Propst des [[Stift St. Florian|Stiftes]] in [[St. Florian (Linz-Land)|St. Florian]].<ref name="Lutter203">vgl. Christina Lutter: ''Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten'', 2016, S. 203</ref>


== Schriftsteller und Geschichtsschreiber ==
==Schriftsteller und Geschichtsschreiber==
Gutolf wird heute zu den gelehrten lateinischen Autoren des 13. Jahrhunderts gezählt<ref name ="czeike"/>, was verrät, dass er für seine Zeit sehr gebildet gewesen sein muss. Er verfasste einem Traktat über das Kirchenrecht und eine lateinische Grammatik ("''Summa grammatica''") für geistliche Frauen sowie zwei Werke zur Geschichte seiner Zeit, welche heute als bedeutende Geschichtsquellen zur Herrschaft des [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Königs]] [[Ottokar II. Přemysl|Ottokar]]<ref group="A">Für König Přemysl Otakar II. (Przemysl Ottokar II., Ottokar II. Przemysl) finden sich in der Sekundärliteratur verschiedene Namensbezeichnungen. In Österreich war und ist er als Ottokar II. bekannt. Da es in diesem Artikel um die Geschichte jener Gebiete geht, die heute zur Republik beziehungsweise zum "EU-Land" Österreich gehören, wird hier durchgehend die Bezeichnung Ottokar verwendet.</ref> über das [[w:Erzherzogtum Österreich|Herzogtum Österreich]]<ref group="A">Das Herzogtum Österreich umfasste damals das heutige Bundesland Wien und Teile der heutigen Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich. Erst 1417 kam die Stadt Steyr mit der gleichnamigen Herrschaft, die zuvor meistens zum Herzogtum Steier gehört hatte, endgültig dazu. Im 15. Jahrhundert spaltete sich das Herzogtum Österreich in zwei Teilherzogtümer auf: Österreich ob der Enns (heute im Wesentlichen: Oberösterreich) und Österreich unter der Enns (heute im Wesentlichen: Niederösterreich)</ref> gelten. In ihnen wird die Niederlage von König Ottokar und dessen Tod tief betrauert.<ref name ="czeike"/> Allerdings vermeidet Gutolf eine zu eindeutige Parteinahme, vielleicht ein Indiz dafür, dass die politischen Verhältnisse im Herzogtum damals noch nicht eindeutig entschieden waren.<ref name ="Lutter204">vgl. Christina Lutter: ''Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten'', 2016, S. 204</ref>. Allerdings erzählt Gutolf nicht nur "große Geschichte", sondern gibt auch einen detailreichen Blick in die zeitgenössische "Mikropolitik".<ref>vgl. Christina Lutter: ''Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten'', 2016, S. 204f.</ref>  
Gutolf wird heute zu den gelehrten lateinischen Autoren des 13. Jahrhunderts gezählt<ref name="czeike" />, was verrät, dass er für seine Zeit sehr gebildet gewesen sein muss. Er verfasste einem Traktat über das Kirchenrecht und eine lateinische Grammatik ("''Summa grammatica''") für geistliche Frauen sowie zwei Werke zur Geschichte seiner Zeit, welche heute als bedeutende Geschichtsquellen zur Herrschaft des [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Königs]] [[Ottokar II. Přemysl|Ottokar]]<ref group="A">Für König Přemysl Otakar II. (Przemysl Ottokar II., Ottokar II. Przemysl) finden sich in der Sekundärliteratur verschiedene Namensbezeichnungen. In Österreich war und ist er als Ottokar II. bekannt. Da es in diesem Artikel um die Geschichte jener Gebiete geht, die heute zur Republik beziehungsweise zum "EU-Land" Österreich gehören, wird hier durchgehend die Bezeichnung Ottokar verwendet.</ref> über das [[Herzogtum Österreich|Herzogtum Österreich]]<ref group="A">Das Herzogtum Österreich umfasste damals das heutige Bundesland Wien und Teile der heutigen Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich. Erst 1417 kam die Stadt Steyr mit der gleichnamigen Herrschaft, die zuvor meistens zum Herzogtum Steier gehört hatte, endgültig dazu. Im 15. Jahrhundert spaltete sich das Herzogtum Österreich in zwei Teilherzogtümer auf: Österreich ob der Enns (heute im Wesentlichen: Oberösterreich) und Österreich unter der Enns (heute im Wesentlichen: Niederösterreich)</ref> gelten. In ihnen wird die Niederlage von König Ottokar und dessen Tod tief betrauert.<ref name="czeike" /> Allerdings vermeidet Gutolf eine zu eindeutige Parteinahme, vielleicht ein Indiz dafür, dass die politischen Verhältnisse im Herzogtum damals noch nicht eindeutig entschieden waren.<ref name="Lutter204">vgl. Christina Lutter: ''Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten'', 2016, S. 204</ref>. Allerdings erzählt Gutolf nicht nur "große Geschichte", sondern gibt auch einen detailreichen Blick in die zeitgenössische "Mikropolitik".<ref>vgl. Christina Lutter: ''Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten'', 2016, S. 204f.</ref>  


Eine Versbearbeitung der Vita der [[w:Agnes von Rom|Heiligen Agnes]] ("''Dyalogus Agnetis''") dürfte verloren gegangen sein. Von einer deutschsprachigen theologischen Schrift hat sich nur ein lateinischer Auszug unter dem Titel "''Consilium amoris'' erhalten.<ref name ="Geschichtsquellen"/>
Eine Versbearbeitung der Vita der [[w:Agnes von Rom|Heiligen Agnes]] ("''Dyalogus Agnetis''") dürfte verloren gegangen sein. Von einer deutschsprachigen theologischen Schrift hat sich nur ein lateinischer Auszug unter dem Titel "''Consilium amoris'' erhalten.<ref name="Geschichtsquellen" />


Gutolfs breites Oeuvre als Schriftsteller richtete sich vorwiegend an die Mönche des Stiftes Heiligenkreuz und die Nonnen des Nikolaiklosters. Auffällig ist der durchgehend-didaktische Charakter seiner Werke und die Überlappung der verschiedenen Textarten. Sie enthalten vielfältige Bezüge zu seiner Umwelt und geben Hinweise auf das soziale Miteinander seines Umfeldes.<ref name ="Lutter204"/>
Gutolfs breites Oeuvre als Schriftsteller richtete sich vorwiegend an die Mönche des Stiftes Heiligenkreuz und die Nonnen des Nikolaiklosters. Auffällig ist der durchgehend-didaktische Charakter seiner Werke und die Überlappung der verschiedenen Textarten. Sie enthalten vielfältige Bezüge zu seiner Umwelt und geben Hinweise auf das soziale Miteinander seines Umfeldes.<ref name="Lutter204" />


== Gutolf in Sage und Legende ==
==Gutolf in Sage und Legende==
Nach einer Episode der "Vita venerabilis Wilbirgis" von Einwik, soll Gutolf, den Einwik ansonsten als hoch angesehenen Mönch und Freund darstellt, auch mit der [[w:Wilbirgis|Seligen Wilbirgis]] befreundet gewesen sein. Allerdings soll er versucht haben, sie zum Verlassen ihrer Klausur zu bewegen, um mit ihm in die Welt zu gehen. Als sie ablehnte, soll er sie deshalb verleumdet haben. Angeblich war es dieser Vorfall, der zur Folge hatte, dass Einwik als Abt des Klosters Marienburg resignieren musste und angeblich erst nach jahrelangen Herumirren in der Fremde wieder nach Heiligenkreuz zurückkehren durfte.<ref name ="Lutter203"/>
Nach einer Episode der "Vita venerabilis Wilbirgis" von Einwik, soll Gutolf, den Einwik ansonsten als hoch angesehenen Mönch und Freund darstellt, auch mit der [[w:Wilbirgis|Seligen Wilbirgis]] befreundet gewesen sein. Allerdings soll er versucht haben, sie zum Verlassen ihrer Klausur zu bewegen, um mit ihm in die Welt zu gehen. Als sie ablehnte, soll er sie deshalb verleumdet haben. Angeblich war es dieser Vorfall, der zur Folge hatte, dass Einwik als Abt des Klosters Marienburg resignieren musste und angeblich erst nach jahrelangen Herumirren in der Fremde wieder nach Heiligenkreuz zurückkehren durfte.<ref name="Lutter203" />


== Werke ==
==Werke==
* ''Translatio sanctae Delicianae'' (In dieser schildert Gutolf die Überführung der Reliquien der Heiligen Deliciana im Auftrag von [[w:Paltram vor dem Freithof|Paltram vor dem Freithof]] von [[w:Praha|Prag]] nach [[Wien]], wo sie dem [[Nikolaikloster (Wien 1)|Nikolaikloster "in der Singerstraße"]] übergeben wurden. In einer kurzen Beschreibung der Stadt Wien kommt so etwas wie ein "Lokalpatriotismus" zum Ausdruck (Lob der landschaftlichen Schönheit, der Donau und des Weins).<ref name ="czeike"/>
* ''Historia annorum 1264-1279'' (Sie gilt heute als wichtiges Zeugnis der Klosterannalistik, zu der auch die "Continuatio Vindobonensis" und die "Continuatio Praedicatorum" gezählt werden.<ref name ="czeike"/>)
Beide Werke wurden von [[w:Wilhelm Wattenbach|Wilhelm Wattenbach]] ediert.<ref name ="czeike"/>


== Literatur ==
*''Translatio sanctae Delicianae'' (In dieser schildert Gutolf die Überführung der Reliquien der Heiligen Deliciana im Auftrag von [[w:Paltram vor dem Freithof|Paltram vor dem Freithof]] von [[w:Praha|Prag]] nach [[Wien]], wo sie dem [[Nikolaikloster (Wien 1)|Nikolaikloster "in der Singerstraße"]] übergeben wurden. In einer kurzen Beschreibung der Stadt Wien kommt so etwas wie ein "Lokalpatriotismus" zum Ausdruck (Lob der landschaftlichen Schönheit, der Donau und des Weins).<ref name="czeike" />
* {{Czeike|2|647||Gutolf von Heiligenkreuz}} [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/content/pageview/1114089 digital]
*''Historia annorum 1264-1279'' (Sie gilt heute als wichtiges Zeugnis der Klosterannalistik, zu der auch die "Continuatio Vindobonensis" und die "Continuatio Praedicatorum" gezählt werden.<ref name="czeike" />)
* Christina Lutter: ''Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten'': Die Wiener Zisterzienserinnen um 1300. In: Gordon Blennemann - Christine Kleinjung - Thomas Kohl (Hrsg.): ''Konstanz und Wandel''. Religiöse Lebensformen im europäischen Mittelalter (= Andreas Bihrer - Cordula Nolte - Jörg Rogge (Hrsg.): ''Studien und Texte zur Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters''. Bd. 11). Didymos-Verlag, Affalterbach, 2016. ISBN 978-3-939020-31-8, S. 199-216
* [[Florian Watzl]]: ''[[:File:Die Cistercienser von Heiligenkreuz.pdf|Die Cistercienser von Heiligenkreuz, in chronologischer Reihenfolge nach den Quellen dargestellt]]'', Graz 1898, Seite 8.


== Weblinks ==
Beide Werke wurden im 19. Jahrhundert durch den bekannten Historiker [[w:Wilhelm Wattenbach|Wilhelm Wattenbach]] ediert.<ref name="czeike" />
* {{WiWi|Gutolf von Heiligenkreuz}}
* [https://www.geschichtsquellen.de/repPers_118719599.html Gutolfus de Sancta Cruce], Geschichtsquellen.DE


== Einzelnachweise ==
==Literatur==
 
*{{Czeike|2|647||Gutolf von Heiligenkreuz}} [https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/content/pageview/1114089 digital]
*Christina Lutter: ''Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten'': Die Wiener Zisterzienserinnen um 1300. In: Gordon Blennemann - Christine Kleinjung - Thomas Kohl (Hrsg.): ''Konstanz und Wandel''. Religiöse Lebensformen im europäischen Mittelalter (= Andreas Bihrer - Cordula Nolte - Jörg Rogge (Hrsg.): ''Studien und Texte zur Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters''. Bd. 11). Didymos-Verlag, Affalterbach, 2016. ISBN 978-3-939020-31-8, S. 199-216
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==Weblinks==
*{{WiWi|Gutolf von Heiligenkreuz}}
*[https://www.geschichtsquellen.de/repPers_118719599.html Gutolfus de Sancta Cruce], Geschichtsquellen.DE
 
==Einzelnachweise==
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== Anmerkungen ==
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Aktuelle Version vom 24. August 2021, 19:50 Uhr

Gutolf von Heiligenkreuz (* im 13. Jahrhundert; † im 13. Jahrhundert, um / nach 1293), auch Gutolfus de Sancta Cruce, wirkte als Geschichtsschreiber im Zisterzienserstift Heiligenkreuz.

Herkunft und Familie

Über die Herkunft und die Familienverhältnisse von Gutolf ist nichts bekannt.

Leben

Gutolf ist zwischen 1260 und 1290 als Zisterziensermönch des gleichnamigen Stiftes in Heiligenkreuz belegt.[1] Er war Beichtvater der Zisterzienserinnen des Nikolaiklosters "vor dem Stubentor" in der Nähe der Stadt Wien (heute:3. Wiener Gemeindebezirk, deren geistliche Betreuung dem Stift Heiligenkreuz unterlag.[2] Nach 1285 war er Abt des Klosters Marienberg (damals im ungarischen Königreich), einem Tochterkloster von Stift Heiligenkreuz. Nach seiner Resignation (1289) ist er 1292 im Zisterzienserkloster Velehrad, damals Markgrafschaft Mähren, urkundlich belegte, dürfte aber später wieder nach Heiligenkreuz zurückgekehrt sein.[3]

Gutolf unterhielt enge Beziehungen zu Einwik († um 1313), dem späteren Propst des Stiftes in St. Florian.[4]

Schriftsteller und Geschichtsschreiber

Gutolf wird heute zu den gelehrten lateinischen Autoren des 13. Jahrhunderts gezählt[1], was verrät, dass er für seine Zeit sehr gebildet gewesen sein muss. Er verfasste einem Traktat über das Kirchenrecht und eine lateinische Grammatik ("Summa grammatica") für geistliche Frauen sowie zwei Werke zur Geschichte seiner Zeit, welche heute als bedeutende Geschichtsquellen zur Herrschaft des böhmischen Königs Ottokar[A 1] über das Herzogtum Österreich[A 2] gelten. In ihnen wird die Niederlage von König Ottokar und dessen Tod tief betrauert.[1] Allerdings vermeidet Gutolf eine zu eindeutige Parteinahme, vielleicht ein Indiz dafür, dass die politischen Verhältnisse im Herzogtum damals noch nicht eindeutig entschieden waren.[5]. Allerdings erzählt Gutolf nicht nur "große Geschichte", sondern gibt auch einen detailreichen Blick in die zeitgenössische "Mikropolitik".[6]

Eine Versbearbeitung der Vita der Heiligen Agnes ("Dyalogus Agnetis") dürfte verloren gegangen sein. Von einer deutschsprachigen theologischen Schrift hat sich nur ein lateinischer Auszug unter dem Titel "Consilium amoris erhalten.[3]

Gutolfs breites Oeuvre als Schriftsteller richtete sich vorwiegend an die Mönche des Stiftes Heiligenkreuz und die Nonnen des Nikolaiklosters. Auffällig ist der durchgehend-didaktische Charakter seiner Werke und die Überlappung der verschiedenen Textarten. Sie enthalten vielfältige Bezüge zu seiner Umwelt und geben Hinweise auf das soziale Miteinander seines Umfeldes.[5]

Gutolf in Sage und Legende

Nach einer Episode der "Vita venerabilis Wilbirgis" von Einwik, soll Gutolf, den Einwik ansonsten als hoch angesehenen Mönch und Freund darstellt, auch mit der Seligen Wilbirgis befreundet gewesen sein. Allerdings soll er versucht haben, sie zum Verlassen ihrer Klausur zu bewegen, um mit ihm in die Welt zu gehen. Als sie ablehnte, soll er sie deshalb verleumdet haben. Angeblich war es dieser Vorfall, der zur Folge hatte, dass Einwik als Abt des Klosters Marienburg resignieren musste und angeblich erst nach jahrelangen Herumirren in der Fremde wieder nach Heiligenkreuz zurückkehren durfte.[4]

Werke

  • Translatio sanctae Delicianae (In dieser schildert Gutolf die Überführung der Reliquien der Heiligen Deliciana im Auftrag von Paltram vor dem Freithof von Prag nach Wien, wo sie dem Nikolaikloster "in der Singerstraße" übergeben wurden. In einer kurzen Beschreibung der Stadt Wien kommt so etwas wie ein "Lokalpatriotismus" zum Ausdruck (Lob der landschaftlichen Schönheit, der Donau und des Weins).[1]
  • Historia annorum 1264-1279 (Sie gilt heute als wichtiges Zeugnis der Klosterannalistik, zu der auch die "Continuatio Vindobonensis" und die "Continuatio Praedicatorum" gezählt werden.[1])

Beide Werke wurden im 19. Jahrhundert durch den bekannten Historiker Wilhelm Wattenbach ediert.[1]

Literatur

  • Felix Czeike (Hrsg.): Gutolf von Heiligenkreuz. In: Historisches Lexikon Wien. Band 2, Kremayr & Scheriau, Wien 1993, ISBN 3-218-00544-2, S. 647. digital
  • Christina Lutter: Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten: Die Wiener Zisterzienserinnen um 1300. In: Gordon Blennemann - Christine Kleinjung - Thomas Kohl (Hrsg.): Konstanz und Wandel. Religiöse Lebensformen im europäischen Mittelalter (= Andreas Bihrer - Cordula Nolte - Jörg Rogge (Hrsg.): Studien und Texte zur Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters. Bd. 11). Didymos-Verlag, Affalterbach, 2016. ISBN 978-3-939020-31-8, S. 199-216
  • Florian Watzl: Eintrag über Gutolf in Die Cistercienser von Heiligenkreuz, S.8 (Digitalisat auf Wikimedia Commons)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Gutolf von Heiligenkreuz. In: Historisches Lexikon Wien. Band 2, Kremayr & Scheriau, Wien 1993, ISBN 3-218-00544-2, S. 647.
  2. vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Nikolaikloster. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 411. digital
  3. 3,0 3,1 Gutolfus de Sancta Cruce, Geschichtsquellen.DE, abgerufen am 17. November 2018
  4. 4,0 4,1 vgl. Christina Lutter: Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten, 2016, S. 203
  5. 5,0 5,1 vgl. Christina Lutter: Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten, 2016, S. 204
  6. vgl. Christina Lutter: Geteilte Räume und gemeinsame Zugehörigkeiten, 2016, S. 204f.

Anmerkungen

  1. Für König Přemysl Otakar II. (Przemysl Ottokar II., Ottokar II. Przemysl) finden sich in der Sekundärliteratur verschiedene Namensbezeichnungen. In Österreich war und ist er als Ottokar II. bekannt. Da es in diesem Artikel um die Geschichte jener Gebiete geht, die heute zur Republik beziehungsweise zum "EU-Land" Österreich gehören, wird hier durchgehend die Bezeichnung Ottokar verwendet.
  2. Das Herzogtum Österreich umfasste damals das heutige Bundesland Wien und Teile der heutigen Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich. Erst 1417 kam die Stadt Steyr mit der gleichnamigen Herrschaft, die zuvor meistens zum Herzogtum Steier gehört hatte, endgültig dazu. Im 15. Jahrhundert spaltete sich das Herzogtum Österreich in zwei Teilherzogtümer auf: Österreich ob der Enns (heute im Wesentlichen: Oberösterreich) und Österreich unter der Enns (heute im Wesentlichen: Niederösterreich)
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