Erich Sinor: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Erich Sinor''' (* [[9. Oktober]] [[1939]] in [[Wien]], † [[22. Jänner]] [[2020]] ebenda) war ein österreichischer Kommunalpolitiker, sowie Gründer und langjähriger Präsident des „Club der ehemaligen Schweizerkinder“.
[[Datei:Erich Sinor (2009).jpg|mini|hochkant|Erich Sinor (2009)]]
'''Erich Sinor''' (* [[9. Oktober]] [[1939]] in [[Wien]]; † [[22. Jänner]] [[2020]] ebenda) war ein österreichischer Kommunalpolitiker, sowie Gründer und langjähriger Präsident des Vereins „Club der ehemaligen Schweizerkinder“.


== Kindheit und Jugend ==
== Leben und Wirken ==
Sinor, dessen Vater 1940 während des [[Westfeldzug|Westfeldzuges]] im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] in [[Frankreich]] gefallen war, wuchs als einziges Kind bei seiner Mutter Adele in Wien [[Alsergrund]] auf. Nach dem Krieg verbrachte er im Rahmen der [[Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes]] einige Monate zur Erholung bei einer Gastfamilie im schweizerischen [[Wohlen]], [[Kanton Aargau]]. Nach seiner Rückkehr engagierte sich Sinor in der [[Katholische Jungschar Österreich|Katholischen Jungschar]], war Jungscharleiter in der Pfarre [[Lichtental (Wien)|Lichtental]] und durch die von der Jungschar ins Leben gerufene [[Dreikönigsaktion]] einer der ersten [[Sternsinger]] Österreichs. In der Folge war Sinor bis zu seiner Hochzeit 1961 Dekanatsführer.
Sinor, dessen Vater Josef 1940 während des [[w:Westfeldzug|Westfeldzuges]] im [[w:Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] in [[w:Frankreich|Frankreich]] gefallen war, wuchs als einziges Kind bei seiner Mutter Adele (geb. Fischer) in Wien [[Alsergrund]] auf. 1947 verbrachte er im Rahmen der [[w:Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes|Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes]] drei Monate zur Erholung bei einer Gastfamilie im [[w:Schweiz|schweizerischen]] [[w:Wohlen|Wohlen]], Kanton Aargau. In den folgenden Jahren engagierte er sich in der [[w:Katholische Jungschar Österreich|Katholischen Jungschar]]. Sinor war Jungscharleiter in der [[Pfarre Lichtental]], durch die von der Jungschar ins Leben gerufene [[w:Dreikönigsaktion|Dreikönigsaktion]] einer der ersten [[w:Sternsinger|Sternsinger]] Österreichs und bis zu seiner Hochzeit Dekanatsführer.


== Familie ==
Sinor erlernte den Beruf des Großhandelskaufmanns. Neben seiner beruflichen Tätigkeit etwa bei [[w:Bahlsen|Bahlsen]], [[w:Kunert Fashion|Kunert]] und dem traditionsreichen Wiener Spiele- und Spielkartenhersteller [[w:Piatnik|Ferd. Piatnik Söhne]] – betätigte sich Sinor zunehmend auch auf politischer Ebene in der [[w:Österreichische Volkspartei|ÖVP Döbling]]. Von 1981 bis 1987 war Sinor ÖVP-Bezirksrat in Döbling.
Sinor war bis zu seinem Tod am 22. Jänner 2020 seit 1961 mit der Malerin Lucia Sinor verheiratet und hatte mit ihr drei Kinder – [[Helmut Sinor|Helmut]], Sabina und Reinhard.


== Beruf und Politik ==
Während seiner über sechs Jahre andauernden Amtszeit als Bezirksrat war Sinor auch aktives Mitglied eines Organisationsteams rund um den Papstbesuch von [[w:Johannes Paul II.]] vom 10. bis 13. September 1983 und koordinierte dessen Besuch der [[w:Josefskirche (Kahlenberg)|Kirche St. Josef]] auf dem [[w:Kahlenberg|Kahlenberg]] am vierten und letzten Tag des Pastoralbesuchs.
Sinor erlernte den Beruf des Großhandelskaufmanns bei der Firma WIPIAG, wo er auch seine spätere Frau Lucia kennen lernte. Neben seiner beruflichen Tätigkeit – etwa bei [[Bahlsen]], [[Kunert Fashion|Kunert]] und dem traditionsreichen Wiener Spiele- und Spielkartenhersteller [[Piatnik|Ferd. Piatnik & Söhne]] – betätigte sich Sinor zunehmend auch auf politischer Ebene in der [[Österreichische Volkspartei|ÖVP]] [[Döbling]]. Sinor und der spätere Bezirksvorsteher [[Adolf Tiller|Adolf „Adi“ Tiller]] kannten sich bereits seit der Zeit als Tiller noch die Tankstelle seines Vaters betrieb. In dieser Zeit entstand auch eine tiefe, private Freundschaft zwischen Tiller und Sinor. Zwischen 1978 – Tiller wurde in diesem Jahr als Bezirksvorsteher angelobt – und 1986 war Sinor ÖVP-Bezirksrat in Döbling.


== Schweizerkinder ==
2004 gründete Sinor gemeinsam mit Walter Pohl den Verein „Club der ehemaligen Schweizerkinder“.
„Schweizerkinder“ (oder auch „[[Schweizer Kinder]]“) wurden im Volksmund jene Kinder genannt, die im Rahmen der Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes zur Erholung bei Gastfamilien in der Schweiz waren. In der Schweiz wurden diese Kinder „''Östrichli''“ genannt. Für Sinor war es eine Herzensangelegenheit, die Kinder und Pflegeeltern von damals wieder zusammenzubringen um sich bei der Schweizerischen Bevölkerung und den diversen Hilfsorganisationen für deren Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg zu bedanken.


Am 26. Oktober 2003 lud Bürgermeister [[Michael Häupl|Dr. Michael Häupl]] Gast-Eltern und ehemalige Wiener Schweizerkinder zu einem Empfang<ref>[https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20031024_OTS0052/ehemalige-schweizerkinder-bei-buergermeister-empfang Presseaussendung APA-OTS]: Ehemalige "Schweizerkinder" bei Bürgermeister-Empfang. ''Abgerufen am 14. Februar 2020''</ref> in den Festsaal des [[Wiener Rathaus|Wiener Rathauses]]. 2004 gründete Sinor gemeinsam mit Mag. Walter Pohl schließlich den „Club der ehemaligen Schweizerkinder“, der am 14. Dezember 2004 von der [[Bundespolizeidirektion Wien]] offiziell genehmigt wurde.
Sinor verstarb am 22. Jänner 2020 im Pflegewohnhaus Leopoldstadt im [[w:Leopoldstadt|2. Wiener Gemeindebezirk]], in welchem er die letzten drei Jahre seines Lebens verbrachte. Er wurde im Familiengrab<ref>Familiengrab der Familie Sinor auf dem Sieveringer Friedhof: [https://maps.friedhoefewien.at/index.php?fimid=00%3E%3E7C4HPL&uid=grabfinder Abteilung 2, Gruppe 6, Nummer 28]</ref> auf dem [[w:Sieveringer Friedhof|Sieveringer Friedhof]] beigesetzt.  


2005 organisierte Sinor eine „Nostalgiereise“ mit einem Sonderzug der [[Österreichische Bundesbahnen|ÖBB]] von Wien nach [[Bern]], die vom [[Bundeskanzleramt (Österreich)|Österreichischen Bundeskanzleramt]] fix in das „''Gedankenjahr 2005''“ integriert wurde. Die damalige Bundesrätin und Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, [[Micheline Calmy-Rey]], Vertreter des Schweizerischen und [[Österreichisches Rotes Kreuz|Österreichischen Roten Kreuzes]], der [[Caritas Österreich|Caritas]] sowie die damals amtierende österreichische Außenministerin [[Ursula Plassnik]] nahmen an der am 4. November 2005 in Bern abgehaltenen Gedenk- und Dankesfeier teil.
Sinor war seit 1961 mit der Malerin Lucia Sinor,<ref>[http://www.lucia.sinor.at Homepage der Malerin Lucia Sinor]</ref> geb. Werba, verheiratet und hatte mit ihr drei Kinder, darunter [[w:Helmut Sinor|Helmut Sinor]].


Im Rahmen eines Festaktes wurde auf Initiative Sinors am 7. September 2012 eine Gedenktafel<ref>[https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120907_OTS0164/schweizerkinder-im-palais-liechtenstein-gedenktafel-feierlich-enthuellt-bild Presseaussendung APA-OTS]: "Schweizerkinder" im Palais Liechtenstein - Gedenktafel feierlich enthüllt. ''Abgerufen am 14. Februar 2020''</ref> an der Einfriedung neben dem Hauptportal des [[Palais Liechtenstein (Fürstengasse)|Gartenpalais Liechtenstein]] enthüllt, die an die humanitäre Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert.
== Club der ehemaligen Schweizerkinder ==
„Schweizerkinder“ (oder auch „[[w:Schweizer Kinder|Schweizer Kinder]]“) wurden im Volksmund jene Kinder genannt, die im Rahmen der Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes zur Erholung bei Gastfamilien in der Schweiz waren. In der Schweiz wurden diese Kinder „Östrichli“ genannt. Für Sinor war es eine Herzensangelegenheit, die Kinder und Pflegeeltern von damals wieder zusammenzubringen und sich bei der Schweizerischen Bevölkerung und den diversen Hilfsorganisationen für deren Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg zu bedanken.


== Weblinks ==
[[Datei:Vereinslogo - Club der ehemaligen Schweizerkinder.png|mini|Vereinslogo]]
http://www.schweizerkinder.at
Auf Betreiben des ehemaligen „Schweizerkindes“ Eva Bruckböck aus [[Linz]], die per Zeitungsinseraten nach ehemals in die Schweiz zur Erholung geschickten Kindern und deren damaligen Pflegeeltern suchte, lud Bürgermeister [[w:Michael Häupl|Michael Häupl]] am [[w:Nationalfeiertag (Österreich)|26. Oktober]] 2003 Gast-Eltern und ehemalige Wiener Schweizerkinder zu einem Empfang<ref>Rathauskorrespondenz, 24.11.2003: [https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20031024_OTS0052/ehemalige-schweizerkinder-bei-buergermeister-empfang ''Ehemalige "Schweizerkinder" bei Bürgermeister-Empfang''] bei [[w:Austria Presse Agentur|APA-OTS]]. ''<small>Abgerufen am 14. Februar 2020</small>''</ref> in den Festsaal des [[w:Wiener Rathaus|Wiener Rathauses]]. 2004 gründete Sinor gemeinsam mit Walter Pohl schließlich den „Club der ehemaligen Schweizerkinder“, der am 14. Dezember 2004 von der Bundespolizeidirektion Wien mit der [[w:Zentrales Vereinsregister|ZVR-Zahl]] 622695274 offiziell als Verein genehmigt wurde.
 
Zielsetzung des Vereins ist es, einen Beitrag zum umfassenden Verständnis der Kriegs- und Nachkriegsjahre zu leisten und einen gewissen Bildungsauftrag zu erfüllen. Weiters möchte der Verein seinen Mitgliedern die Möglichkeit bieten, sich mit anderen ehemaligen „Schweizerkindern“ auszutauschen und Bekanntschaften von damals zu pflegen.
 
[[Datei:Auftaktveranstaltung zum Jubiläumsjahr 2005.jpg|mini|Auftaktveranstaltung zum Jubiläumsjahr 2005]]2005 wurde von der [[w:Bundesregierung (Österreich)|Österreichischen Bundesregierung]] das „Gedankenjahr“ ausgerufen. Sinor organisierte eine Nostalgiereise mit einem Sonderzug der [[w:Österreichische Bundesbahnen|ÖBB]] von Wien nach [[w:Bern|Bern]], die vom [[w:Bundeskanzleramt (Österreich)|Österreichischen Bundeskanzleramt]] unterstützt und als fester Bestandteil in die Jubiläumsfeierlichkeiten integriert wurde. In weiterer Folge bot die Schweizerische Botschaft an, die Gedenkfahrt mit einem Festakt in Bern unter dem Motto: „Danke Schweiz“ zu kombinieren.
 
Bei der Abreise vom [[w:Wien Franz-Josefs-Bahnhof|Franz-Josefs-Bahnhof]] nach Bern am 3. November 2005 waren neben zahlreichen Medien auch Vertreter des Bundeskanzleramtes, der [[w:Caritas der Erzdiözese Wien|Wiener Caritas]] Direktor [[w:Michael Landau (Priester)|Michael Landau]], der Generalsekretär des [[w:Österreichisches Rotes Kreuz|Österreichischen Roten Kreuzes]], Wolfgang Kopetzky und sein Stellvertreter Werner Kerschbaum anwesend.
 
Die damalige [[w:Bundesrat (Schweiz)|Bundesrätin]] und Vorsteherin des [[w:Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten|Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten]], [[w:Micheline Calmy-Rey|Micheline Calmy-Rey]], Vertreter des Schweizerischen und Österreichischen Roten Kreuzes, der Caritas sowie die damals amtierende österreichische Außenministerin [[w:Ursula Plassnik|Ursula Plassnik]] nahmen an der am 4. November 2005 in Bern abgehaltenen Gedenk- und Dankesfeier<ref>Außenministerium, 4. November 2005: [https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20051104_OTS0252/plassnik-hilfe-der-schweiz-nach-1945-bis-heute-unvergessen ''Plassnik: "Hilfe der Schweiz nach 1945 bis heute unvergessen"''] bei APA-OTS. ''<small>Abgerufen am 14. Februar 2020</small>''</ref> teil. Dabei wurde auch eine TV-Grußadresse von [[w:Christiane Hörbiger|Christiane Hörbiger]] übermittelt, die 1947 ebenfalls ein „Schweizerkind“ war.
 
Nach mehr als einem Jahr intensiver Vorbereitungsarbeiten Sinors und auf dessen Initiative, wurde im Rahmen eines international vielbeachteten Festaktes im [[w:Palais Liechtenstein (Fürstengasse)|Gartenpalais Liechtenstein]] am 7. September 2012 an der Einfriedung neben dem Hauptportal des Palais in der Fürstengasse eine Gedenktafel<ref>Palais Liechtenstein, 7. September 2012: [https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120907_OTS0164/schweizerkinder-im-palais-liechtenstein-gedenktafel-feierlich-enthuellt-bild ''"Schweizerkinder" im PALAIS LIECHTENSTEIN - Gedenktafel feierlich enthüllt''] bei APA-OTS. ''<small>Abgerufen am 14. Februar 2020</small>''</ref> enthüllt, die an die humanitäre Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert.
 
Neben etwa zweihundert ehemaligen „Schweizerkindern“ – unter ihnen auch die damals siebenjährige Silvia Novak, die als zehntausendstes Kind aus Wien ihre Reise zu Pflegeeltern in die Schweiz antrat –, zwei ehemaligen Begleitschwestern der Kindertransporte und Medienvertretern erschienen zahlreiche Ehrengäste, darunter u. a. [[w:Franz Küber|Franz Küberl]], [[w:Erich Fenninger|Erich Fenninger]], [[w:Thomas Hennefeld|Thomas Hennefeld]], [[w:Elisabeth Vitouch|Elisabeth Vitouch]] und [[w:Michael Chalupka|Michael Chalupka]]
 
== Literatur ==
* Eva Bruckböck: ''[http://data.onb.ac.at/rec/AC03245341 Auf ins Schlaraffenland : Kindertransport in die Schweiz 1945]''. Leonding: E. Bruckböck, 2000. Print.
* Elisabeth Färber: ''[http://data.onb.ac.at/rec/AC05038660 Kriegskinder werden Schweizerkinder: Kinderverschickung nach dem Zweiten Weltkrieg]''. Graz, 2008. Print.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />
== Weblinks ==
* [http://www.schweizerkinder.at/ Club der ehemaligen Schweizerkinder (Offizielle Website)]
* [https://vimeo.com/56640745/ Mit Audiokommentaren des ORF unterlegte Dia-Show der Enthüllung der Gedenktafel am Palais Liechtenstein]
* [https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/grafik.aspx?FeatureByID=97749&FeatureClass=kunstkultur&ThemePage=4 Exakter Standort der Gendenktafel am Gartenpalais Liechtenstein bei wien.gv.at]
* [https://reformiertekirche.at/wp-content/uploads/2016/10/Kibla-10-2012.pdf PDF-Ausgabe 10/2012 des Reformierten Kirchenblatts anlässlich der Gedenktafel am Palais Liechtenstein (Seite 9)]
* [http://www.sinor.at/schweizerkinder/nostalgiereise/ Nostalgiereise – Eine Reise durch Zeit und Raum]
* [http://auslandsösterreicherinnen.at/das-ministerium/presse/reden-und-interviews/2005/danke-schweiz/ Vollständige Rede von Außenministerin Plassnik im Rahmen der Gedenkveranstaltung "Danke Schweiz" am 4. November 2005 in Bern]
* [https://www.swissinfo.ch/ger/-schweizerkinder--gedenken-kriegsende/4825162/ SWI: "Schweizerkinder" gedenken Kriegsende]
* [https://www.nzz.ch/articleD8UDA-1.181244/ Bericht der NZZ über die "Nostalgiereise" und das "Gedankenjahr 2005"]
* [http://www.schweizergesellschaft.at/ Schweizer Gesellschaft Wien]
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Aktuelle Version vom 21. Oktober 2024, 07:45 Uhr

Erich Sinor (2009)

Erich Sinor (* 9. Oktober 1939 in Wien; † 22. Jänner 2020 ebenda) war ein österreichischer Kommunalpolitiker, sowie Gründer und langjähriger Präsident des Vereins „Club der ehemaligen Schweizerkinder“.

Leben und Wirken

Sinor, dessen Vater Josef 1940 während des Westfeldzuges im Zweiten Weltkrieg in Frankreich gefallen war, wuchs als einziges Kind bei seiner Mutter Adele (geb. Fischer) in Wien Alsergrund auf. 1947 verbrachte er im Rahmen der Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes drei Monate zur Erholung bei einer Gastfamilie im schweizerischen Wohlen, Kanton Aargau. In den folgenden Jahren engagierte er sich in der Katholischen Jungschar. Sinor war Jungscharleiter in der Pfarre Lichtental, durch die von der Jungschar ins Leben gerufene Dreikönigsaktion einer der ersten Sternsinger Österreichs und bis zu seiner Hochzeit Dekanatsführer.

Sinor erlernte den Beruf des Großhandelskaufmanns. Neben seiner beruflichen Tätigkeit – etwa bei Bahlsen, Kunert und dem traditionsreichen Wiener Spiele- und Spielkartenhersteller Ferd. Piatnik Söhne – betätigte sich Sinor zunehmend auch auf politischer Ebene in der ÖVP Döbling. Von 1981 bis 1987 war Sinor ÖVP-Bezirksrat in Döbling.

Während seiner über sechs Jahre andauernden Amtszeit als Bezirksrat war Sinor auch aktives Mitglied eines Organisationsteams rund um den Papstbesuch von w:Johannes Paul II. vom 10. bis 13. September 1983 und koordinierte dessen Besuch der Kirche St. Josef auf dem Kahlenberg am vierten und letzten Tag des Pastoralbesuchs.

2004 gründete Sinor gemeinsam mit Walter Pohl den Verein „Club der ehemaligen Schweizerkinder“.

Sinor verstarb am 22. Jänner 2020 im Pflegewohnhaus Leopoldstadt im 2. Wiener Gemeindebezirk, in welchem er die letzten drei Jahre seines Lebens verbrachte. Er wurde im Familiengrab[1] auf dem Sieveringer Friedhof beigesetzt.

Sinor war seit 1961 mit der Malerin Lucia Sinor,[2] geb. Werba, verheiratet und hatte mit ihr drei Kinder, darunter Helmut Sinor.

Club der ehemaligen Schweizerkinder

„Schweizerkinder“ (oder auch „Schweizer Kinder“) wurden im Volksmund jene Kinder genannt, die im Rahmen der Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes zur Erholung bei Gastfamilien in der Schweiz waren. In der Schweiz wurden diese Kinder „Östrichli“ genannt. Für Sinor war es eine Herzensangelegenheit, die Kinder und Pflegeeltern von damals wieder zusammenzubringen und sich bei der Schweizerischen Bevölkerung und den diversen Hilfsorganisationen für deren Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg zu bedanken.

Vereinslogo

Auf Betreiben des ehemaligen „Schweizerkindes“ Eva Bruckböck aus Linz, die per Zeitungsinseraten nach ehemals in die Schweiz zur Erholung geschickten Kindern und deren damaligen Pflegeeltern suchte, lud Bürgermeister Michael Häupl am 26. Oktober 2003 Gast-Eltern und ehemalige Wiener Schweizerkinder zu einem Empfang[3] in den Festsaal des Wiener Rathauses. 2004 gründete Sinor gemeinsam mit Walter Pohl schließlich den „Club der ehemaligen Schweizerkinder“, der am 14. Dezember 2004 von der Bundespolizeidirektion Wien mit der ZVR-Zahl 622695274 offiziell als Verein genehmigt wurde.

Zielsetzung des Vereins ist es, einen Beitrag zum umfassenden Verständnis der Kriegs- und Nachkriegsjahre zu leisten und einen gewissen Bildungsauftrag zu erfüllen. Weiters möchte der Verein seinen Mitgliedern die Möglichkeit bieten, sich mit anderen ehemaligen „Schweizerkindern“ auszutauschen und Bekanntschaften von damals zu pflegen.

Datei:Auftaktveranstaltung zum Jubiläumsjahr 2005.jpg
Auftaktveranstaltung zum Jubiläumsjahr 2005

2005 wurde von der Österreichischen Bundesregierung das „Gedankenjahr“ ausgerufen. Sinor organisierte eine Nostalgiereise mit einem Sonderzug der ÖBB von Wien nach Bern, die vom Österreichischen Bundeskanzleramt unterstützt und als fester Bestandteil in die Jubiläumsfeierlichkeiten integriert wurde. In weiterer Folge bot die Schweizerische Botschaft an, die Gedenkfahrt mit einem Festakt in Bern unter dem Motto: „Danke Schweiz“ zu kombinieren.

Bei der Abreise vom Franz-Josefs-Bahnhof nach Bern am 3. November 2005 waren neben zahlreichen Medien auch Vertreter des Bundeskanzleramtes, der Wiener Caritas Direktor Michael Landau, der Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, Wolfgang Kopetzky und sein Stellvertreter Werner Kerschbaum anwesend.

Die damalige Bundesrätin und Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, Micheline Calmy-Rey, Vertreter des Schweizerischen und Österreichischen Roten Kreuzes, der Caritas sowie die damals amtierende österreichische Außenministerin Ursula Plassnik nahmen an der am 4. November 2005 in Bern abgehaltenen Gedenk- und Dankesfeier[4] teil. Dabei wurde auch eine TV-Grußadresse von Christiane Hörbiger übermittelt, die 1947 ebenfalls ein „Schweizerkind“ war.

Nach mehr als einem Jahr intensiver Vorbereitungsarbeiten Sinors und auf dessen Initiative, wurde im Rahmen eines international vielbeachteten Festaktes im Gartenpalais Liechtenstein am 7. September 2012 an der Einfriedung neben dem Hauptportal des Palais in der Fürstengasse eine Gedenktafel[5] enthüllt, die an die humanitäre Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert.

Neben etwa zweihundert ehemaligen „Schweizerkindern“ – unter ihnen auch die damals siebenjährige Silvia Novak, die als zehntausendstes Kind aus Wien ihre Reise zu Pflegeeltern in die Schweiz antrat –, zwei ehemaligen Begleitschwestern der Kindertransporte und Medienvertretern erschienen zahlreiche Ehrengäste, darunter u. a. Franz Küberl, Erich Fenninger, Thomas Hennefeld, Elisabeth Vitouch und Michael Chalupka

Literatur

Einzelnachweise

  1. Familiengrab der Familie Sinor auf dem Sieveringer Friedhof: Abteilung 2, Gruppe 6, Nummer 28
  2. Homepage der Malerin Lucia Sinor
  3. Rathauskorrespondenz, 24.11.2003: Ehemalige "Schweizerkinder" bei Bürgermeister-Empfang bei APA-OTS. Abgerufen am 14. Februar 2020
  4. Außenministerium, 4. November 2005: Plassnik: "Hilfe der Schweiz nach 1945 bis heute unvergessen" bei APA-OTS. Abgerufen am 14. Februar 2020
  5. Palais Liechtenstein, 7. September 2012: "Schweizerkinder" im PALAIS LIECHTENSTEIN - Gedenktafel feierlich enthüllt bei APA-OTS. Abgerufen am 14. Februar 2020

Weblinks