Über die Grenze (Geschichtsradweg Hohenems): Unterschied zwischen den Versionen

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'''Über die Grenze''' ist ein von [[Hohenems]] in [[Vorarlberg]] ausgehender Titel eines musealen Geschichtsprojekts des [[Jüdisches Museum Hohenems|Jüdischen Museums Hohenems]]. Dabei werden (bisher, 2022) 52 Hörstationen mit Fluchtgeschichten von 1938 bis 1945 entlang der [[Radroute]] Nr. 1 vom östlichen Teil des [[Bodensee]]s bis zur [[Silvretta]] erschlossen. Die so verknüpften Abschnitte in Lebensgeschichten einzelner Personen ereigneten sich in [[Österreich]], [[Vorarlberg]], im [[NS-Staat|Deutschland]] der NS-Zeit, der [[Schweiz]] und in [[Liechtenstein]].  
'''Über die Grenze''' ist der Name eines musealen Geschichtsprojekts, das vom [[w:Jüdisches Museum Hohenems|Jüdischen Museum Hohenems]] in [[Vorarlberg]] wesentlich gefördert wurde.<ref>[https://www.jm-hohenems.at/programm/ueber-die-grenze Eine Projektvorstellung] (auf der Website des Jüdischen Museums Hohenems)</ref> Es handelt sich dabei um eine Art ''Geschichtspfad'' in Zusammenarbeit mit zahlreichen Gemeinden und Institutionen in der Region. Damit werden 52 Hörstationen (Grenzsteine, s. u.) mit Fluchtgeschichten von 1938 bis 1945 entlang der 100 km langen modernen ''Vorarlberger Radroute Nr. 1'' vom östlichen Teil des [[w:Bodensee|Bodensees]] bis hinauf zur [[w:Silvretta|Silvretta]] unter dem Thema „Fluchtwege in der NS-Zeit in die Schweiz“ erschlossen (Stand vom September 2022).


Vergangenheit soll multimedial, im Wortsinn des Fahrens, erfahrbar werden, indem einzelne Orte mit ihrer punktuellen  Bedeutung in den Biografien der genannten Personen verbunden werden. Ort der Verknüpfung ist jeweils ein fiktiver [[Grenzstein]] pro Geschichte der Verfolgung, erfolgreicher bzw. gescheiterter Flucht im Grenzraum der [[Vierländerregion|Dreiländerregion]] und des Lebensende bzw. des weiteren Lebensweges. Dabei handelt es sich in der Regel um die [[Flucht|Fluchtversuche]] von Personen, die durch das NS-Regime verfolgt wurden. Ihr Ziel war der im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] [[Neutralität der Schweiz|neutrale]] Staat Schweiz, der allerdings enge wirtschaftliche Beziehungen zum NS-Staat unterhielt.  
Die so mit Orten verknüpften Abschnitte in [[w:Biografie|Lebensgeschichten]] einzelner Personen ereigneten sich in [[w:Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus|Österreich im NS-Staat]], im [[w:NS-Staat|Deutschland der NS-Zeit]], der [[w:Schweiz|Schweiz]] und in [[w:Liechtenstein|Liechtenstein]] zwischen März 1938 und Juni 1945. Die abrufbaren Bilder und Texte geben dazu Auskunft.


Eröffnet wurde das Projekt im Juli 2022.<ref
Die Vergangenheit soll bei dieser Fahrradtour multimedial und im Wortsinn des Fahrens, erfahrbar werden, indem einzelne Orte und ihre punktuelle Bedeutung in den Biografien der genannten Personen mit den generellen historischen Zusammenhängen der NS-Diktatur verbunden werden. Ort der Verknüpfung ist jeweils ein symbolischer [[w:Grenzstein|Grenzstein]] als [[w:Kleindenkmal|Kleindenkmal]]. Er erinnert an die jeweilige Geschichte der Verfolgung, die erfolgreiche bzw. gescheiterte Flucht im Grenzgebiet der Vierländerregion Bodensee und des Lebensendes bzw. des weiteren Lebensweges. Der beschriftete Grenzstein bietet auch den Informationszugang zur jeweiligen Internetseite (Smartphone vorausgesetzt). Die Steine befinden sich in Grenznähe, haben aber keine offizielle Funktion als Grenzsteine noch als Wegweiser des Radwegs. Die Informationen beschreiben in der Regel [[w:Flucht|Fluchtversuche]] von Personen, die durch das NS-Regime verfolgt wurden. Deren Ziel war der im [[w:Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]]
[[w:Neutralität der Schweiz|neutrale Staat Schweiz]].
 
[[Datei:Grenzverlauf CH A.png|mini|Grenzgebiet zwischen Schweiz und Österreich im Jahr 2016. (Zwischen Rüthi und Falknis geht es im Artikel um die Ostgrenze von Liechtenstein)]]
Dieser hatte enge wirtschaftliche Beziehungen zum NS-Staat und war auch deshalb an einem weitgehend offenen Grenzverkehr mit dem Reich interessiert. Allerdings waren Flüchtlinge nicht unbedingt willkommen. Der Grenzübertritt sollte, dessen waren sich die Fliehenden bewusst, meist illegal erfolgen. Einige der 52 Geschichten handeln jedoch auch von der Organisation des Grenzregimes der betroffenen vier Staaten und dessen Respektierung durch die Anwohnerschaft<ref group=Anm>An den antisemitisch politisch aktiven [[w:Heinrich Rothmund|Heinrich Rothmund]] (1888 — 1961), der zwischen 1919 und 1955 bundesweit Chef der schweizer [[w:Migrationsamt|Fremdenpolizei]] war, wird am [https://ueber-die-grenze.at/indexprev3.php?id=8 8.] und [https://ueber-die-grenze.at/indexprev3.php?id=23 23. Grenzstein] erinnert.<!-- Siehe dazu: Urs Rauber: [https://www.beobachter.ch/burger-verwaltung/judenstempel-korrektur-einer-halbwahrheit-0 ''Judenstempel: Korrektur einer Halbwahrheit'' (Die Schweiz war nicht die Erfinderin des Judenstempels. Doch sie bahnte - wie andere Staaten auch - mit ihrer hartherzigen Flüchtlingspolitik den Weg dazu. Der Beobachter muss seine damalige Kritik am Schweizer Polizeichef Heinrich Rothmund korrigieren.) In: Beobachter vom 19. März 2001. --></ref><ref group=Anm>Zum Beispiel der „Grenzstein Nr. 49“ zeigt den Wechsel in der [https://ueber-die-grenze.at/indexprev3.php?id=49 Einordnung der Biografie von Meinrad Juen] in seiner Heimat: ''Vom Schmuggler zum Retter: der schillernde Abenteurer Meinrad Juen, [[w:St. Gallenkirch|St. Gallenkirch]], 1938 bis 1942''</ref><ref group=Anm>Zum Beispiel bei der ''Hörstation 23'' über den St. Galler Polizeikommandanten Hauptmann Paul Grüninger und der nach ihm 2012 benannten Brücke über den Grenzfluss bei [[w:Diepoldsau|Diepoldsau]].</ref><ref group=Anm>In folgenden Städten wurden Straßen oder Plätze nach Grüninger benannt: St. Gallen, [[w:Jerusalem|Jerusalem]], [[w:Kirjat Ono|Kirjat Ono]], [[w:Stuttgart|Stuttgart]] und [[w:Rischon LeZion|Rischon LeZion]]. In [[Wien]] wurde 1997 die nach den Plänen der Architekten [[w:Gustav Peichl|Gustav Peichl]] und Rudolf Weber neuerbaute [[w:Paul-Grüninger-Schule|Schule]] in der Hanreitergasse nach ihm benannt.</ref><ref>[http://www.tagblatt.ch/nachrichten/schweiz/bundesrat-weiht-paul-grueninger-strasse-in-israel-ein;art253650,5126820 ''Bundesrat weiht Paul-Grüninger-Strasse in Israel ein''], auf tagblatt.ch vom 30. Oktober 2017.</ref><ref>Marcel Elsener: [http://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ostschweiz/tb-os/art120094,2866706 ''Eine Grenzbrücke für Grüninger.''] In: [[w:St. Galler Tagblatt|St. Galler Tagblatt]], 16. Februar 2012.</ref><ref>jub: [http://derstandard.at/1334797161145/Vorarlberg-Brueckendenkmal-fuer-Paul-Grueninger ''Brückendenkmal für Paul Grüninger.''] In [[w:Der Standard|Der Standard]], Wien, vom 6. Mai 2012. Die staatenverbindende [[w:Paul Grüninger|Paul-Grüninger-Brücke]] wurde angesichts der Resonanz auf dessen öffentliche Rehabilitierung in den 1990er zu einem international beachteten Denkmal, das das Geschichtsprojekt einbezieht.</ref>
 
Eröffnet wurde das Projekt nach umfangreichen Vorarbeiten der oben genannten Beteiligten im Juli 2022.<ref>Laura Kisser: [https://www.derstandard.de/story/2000137549797/mahnmal-zum-hoeren-ns-fluchtgeschichten-von-vorarlberg-in-die-schweiz ''Mahnmal zum Hören: NS-Fluchtgeschichten von Vorarlberg in die Schweiz.''] in ''Der Standard'' vom 19. Juli 2022</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{HLS|31806|Grüninger, Paul|Autor=Marcel Mayer}}
 
* Jörg Krummenacher: ''Flüchtiges Glück. Die Flüchtlinge im Grenzkanton St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus.'' Limmat, Zürich 2005, ISBN 3-85791-480-7.
* [[w:Aleida Assmann|Aleida Assmann]]: ''Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik.'' [[w:Bundeszentrale für politische Bildung|Deutsche Bundeszentrale für politische Bildung]], Schriftenreihe 633, Bonn 2007. ISBN 978-3-89331-787-5; bzw. C.H. Beck, München 2006. ISBN 978-3-406-54962-5.
* Hanno Loewy, Hrsg.: ''Hier. Gedächtnisorte in Vorarlberg.'' Bucher Verlag, 2008, ISBN 978-3-902679-04-8
* Markus Barney: ''Ein 100 Kilometer langes Denkmal.'' In der [[w:Wiener Zeitung|Wiener Zeitung]] vom 5. Juli 2022 über diese Form der [[w:Erinnerungskultur|Erinnerungskultur]]. ([https://tagblatt-wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/mehr-kultur/2153528-Ein-100-Kilometer-langes-Denkmal.html Online])
* Ursina Jud: ''Liechtenstein und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus.'' Vaduz-Zürich Chronos-Verlag, 2005. 310 Seiten. In der Reihe Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg (UHK-Studien), Band 1. Isbn
* Alexandra Föderl-Schmid: ''Auf Schmuggelstegen.'' In: [[w:Süddeutsche Zeitung|Süddeutsche Zeitung]] vom 5. August 2022 (Während der Nazidiktatur versuchten viele Juden und andere Verfolgte, von Österreich in die Schweiz zu entkommen. Viele schafften es, andere leider nicht. Das interaktive Projekt "Über die Grenze" zeichnet auf bewegende Weise ihre Geschichten nach.)
* Edith Hessenberger (Hrsg.): ''Grenzüberschreitungen. Von Schleppern, Schmugglern, Flüchtlingen.'' Schruns 2008, 239 Seiten. Für den Heimatschutzverein im Tal Montafon. ISBN 978-3-902225-31-3.
* Ursina Jud: ''Liechtenstein und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus.'' Vaduz-Zürich Chronos-Verlag, 2005. 310 Seiten. In der Reihe Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg (UHK-Studien), Band 1. ISBN 978-3-0340-0801-3.
* [[w:Stefan Keller (Historiker)|Stefan Keller]]: ''Grüningers Fall. Geschichten von Flucht und Hilfe.'' Rotpunktverlag, Zürich 1993, 5. Auflage 2013, ISBN 3-8586-9157-7.
* Jörg Krummenacher: ''Flüchtiges Glück. Die Flüchtlinge im Grenzkanton St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus.'' Limmat, Zürich 2005. ISBN 3-85791-480-7.
* [[w:Hanno Loewy|Hanno Loewy]] (Hrsg.): ''Hier. Gedächtnisorte in Vorarlberg.'' Bucher Verlag, 2008. ISBN 978-3-902679-04-8.
* Marcel Mayer: [https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/031806/2006-02-24/ Grüninger, Paul]] im Historischen Lexikon der Schweiz
* In Österreich und Schweiz — ''100 Kilometer langer Radweg erinnert an Fluchtgeschichten.'' Im schweizer: [[w:Blick (Zeitung)|Blick]] vom 13. Juli 2022 (Tausende Flüchtlinge haben zwischen März 1938 und Mai 1945 versucht, über das Vorarlberg die rettende Schweiz zu erreichen. Auch über die Geschichte von [[w:Carl Zuckmayer|Carl Zuckmayer]] von 1933 bis 1938; Hörstation 41; ([https://www.blick.ch/schweiz/in-oesterreich-und-schweiz-100-kilometer-langer-radweg-erinnert-an-fluchtgeschichten-id17656417.html Online])


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [https://ueber-die-grenze.at/impressum.php Homepage, Impressum ( ueber-die-grenze.at )]
* [https://ueber-die-grenze.at/ueber.php '''Website''' des Projekts „'''ueber-die-grenze'''.at“ ] (Enthält neben der Liste der Beteiligten auch eine Liste von fördernden Institutionen, die weltweit tätig sind.)
** [https://ueber-die-grenze.at Liste der fiktiven Grenzsteine des Erinnerungsprojektes]
** [https://ueber-die-grenze.at/index.php Eine Auflistung der Hörstationen nach Namen/Ereignis bzw. nach topographischer Lage]
* Über die [https://bodensee.gardasee.alpen.europaradtouren.de/index.html Radtour Bodensee - Gardasee 2015], auf europaradtouren.de, mit Angaben zur Topographie, an der sich die Steine befinden.
* Die [https://www.hohenems.at/events/festakt-ueber-die-grenze/ Stadt Hohenems zur Eröffnung der interaktiven Radroute] (Als Plattform für diese Art der Erkundung der Grenzlandschaft im Rheintal und in den Bergen dient die obige Website; Artikel zum grenzübergreifenden Festakt der beteiligten Institutionen und politischen Repräsentanten) vom 3. Juli 2022
 
[[Datei:Reisepass Wilhelm Frank mit J-Stempel.jpg|miniatur|Deutscher Reisepass mit J-Stempel und dem [[w:Namensänderungsverordnung|Zwangsvornamen ''Israel'']], um die Einreise in die Schweiz zu erschweren<ref>Deutsche Pässe mit einem J (Judenstempel) berechtigten den Inhaber seither zum Grenzübertritt nur dann, wenn vorher ein Visum zur Durchreise oder zum Aufenthalt von schweizer Behörden erteilt worden war. Viele Flüchtlinge wurden an den Grenzen zurückgeschickt, manche wurden sogar festgenommen und an deutsche Behörden ausgeliefert. Stefan Mächler beschreibt das zum Bspl. in: [https://www.nzz.ch/schweiz/schweiz-im-zweiten-weltkrieg-fuer-die-eigenen-leute-nicht-genug-raum-ld.1310200 ''Schweiz im Zweiten Weltkrieg: Als die Behörden die Grenze schlossen, wussten sie, was das für die abgewiesenen Juden hiess.''] In: [[w:Neue Zürcher Zeitung|Neue Zürcher Zeitung]] vom 11. August 2017</ref> ]]
* [[w:Dietmar Walser|Dietmar Walser]]: [https://volksgruppen.orf.at/diversitaet/stories/3160738/ ''Hörbare Grenzsteine zu NS-Flucht entlang der Radroute Nr. 1.''] Im: [[w:Österreichischer Rundfunk|ORF]] im Programm ''Volksgruppen'' vom 14. Juni 2022 (Tausende wollten von 1938 bis 1945 über Vorarlberg die rettende Schweiz erreichen. Ihren teils dramatischen Geschichten sind nun entlang der 100 Kilometer langen Vorarlberger Radroute Nr. 1 vom Bodensee bis zur Silvretta 52 Hörstationen in Form von symbolischen Grenzsteinen gewidmet.)


== Siehe auch ==
== Anmerkungen ==
* [[Exil]]
<references group=Anm />
* [[Judenstempel]]


== Einzelnachweise==
== Einzelnachweise ==
{{inuse}}
<references />


[[Kategorie:Museum in Österreich]]
[[Kategorie:Gegründet 2022]]
[[Kategorie:Themenweg]]
[[Kategorie:Kleindenkmal]]
[[Kategorie:Denkmal in Vorarlberg]]
[[Kategorie:NS-Opfer]]
[[Kategorie:NS-Opfer]]
[[Kategorie:NS-Opfer-Gedenken]]
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Aktuelle Version vom 21. Oktober 2024, 09:05 Uhr

Über die Grenze ist der Name eines musealen Geschichtsprojekts, das vom Jüdischen Museum Hohenems in Vorarlberg wesentlich gefördert wurde.[1] Es handelt sich dabei um eine Art Geschichtspfad in Zusammenarbeit mit zahlreichen Gemeinden und Institutionen in der Region. Damit werden 52 Hörstationen (Grenzsteine, s. u.) mit Fluchtgeschichten von 1938 bis 1945 entlang der 100 km langen modernen Vorarlberger Radroute Nr. 1 vom östlichen Teil des Bodensees bis hinauf zur Silvretta unter dem Thema „Fluchtwege in der NS-Zeit in die Schweiz“ erschlossen (Stand vom September 2022).

Die so mit Orten verknüpften Abschnitte in Lebensgeschichten einzelner Personen ereigneten sich in Österreich im NS-Staat, im Deutschland der NS-Zeit, der Schweiz und in Liechtenstein zwischen März 1938 und Juni 1945. Die abrufbaren Bilder und Texte geben dazu Auskunft.

Die Vergangenheit soll bei dieser Fahrradtour multimedial und im Wortsinn des Fahrens, erfahrbar werden, indem einzelne Orte und ihre punktuelle Bedeutung in den Biografien der genannten Personen mit den generellen historischen Zusammenhängen der NS-Diktatur verbunden werden. Ort der Verknüpfung ist jeweils ein symbolischer Grenzstein als Kleindenkmal. Er erinnert an die jeweilige Geschichte der Verfolgung, die erfolgreiche bzw. gescheiterte Flucht im Grenzgebiet der Vierländerregion Bodensee und des Lebensendes bzw. des weiteren Lebensweges. Der beschriftete Grenzstein bietet auch den Informationszugang zur jeweiligen Internetseite (Smartphone vorausgesetzt). Die Steine befinden sich in Grenznähe, haben aber keine offizielle Funktion als Grenzsteine noch als Wegweiser des Radwegs. Die Informationen beschreiben in der Regel Fluchtversuche von Personen, die durch das NS-Regime verfolgt wurden. Deren Ziel war der im Zweiten Weltkrieg neutrale Staat Schweiz.

Grenzgebiet zwischen Schweiz und Österreich im Jahr 2016. (Zwischen Rüthi und Falknis geht es im Artikel um die Ostgrenze von Liechtenstein)

Dieser hatte enge wirtschaftliche Beziehungen zum NS-Staat und war auch deshalb an einem weitgehend offenen Grenzverkehr mit dem Reich interessiert. Allerdings waren Flüchtlinge nicht unbedingt willkommen. Der Grenzübertritt sollte, dessen waren sich die Fliehenden bewusst, meist illegal erfolgen. Einige der 52 Geschichten handeln jedoch auch von der Organisation des Grenzregimes der betroffenen vier Staaten und dessen Respektierung durch die Anwohnerschaft[Anm 1][Anm 2][Anm 3][Anm 4][2][3][4]

Eröffnet wurde das Projekt nach umfangreichen Vorarbeiten der oben genannten Beteiligten im Juli 2022.[5]

Literatur

  • Aleida Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. Deutsche Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe 633, Bonn 2007. ISBN 978-3-89331-787-5; bzw. C.H. Beck, München 2006. ISBN 978-3-406-54962-5.
  • Markus Barney: Ein 100 Kilometer langes Denkmal. In der Wiener Zeitung vom 5. Juli 2022 über diese Form der Erinnerungskultur. (Online)
  • Alexandra Föderl-Schmid: Auf Schmuggelstegen. In: Süddeutsche Zeitung vom 5. August 2022 (Während der Nazidiktatur versuchten viele Juden und andere Verfolgte, von Österreich in die Schweiz zu entkommen. Viele schafften es, andere leider nicht. Das interaktive Projekt "Über die Grenze" zeichnet auf bewegende Weise ihre Geschichten nach.)
  • Edith Hessenberger (Hrsg.): Grenzüberschreitungen. Von Schleppern, Schmugglern, Flüchtlingen. Schruns 2008, 239 Seiten. Für den Heimatschutzverein im Tal Montafon. ISBN 978-3-902225-31-3.
  • Ursina Jud: Liechtenstein und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus. Vaduz-Zürich Chronos-Verlag, 2005. 310 Seiten. In der Reihe Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg (UHK-Studien), Band 1. ISBN 978-3-0340-0801-3.
  • Stefan Keller: Grüningers Fall. Geschichten von Flucht und Hilfe. Rotpunktverlag, Zürich 1993, 5. Auflage 2013, ISBN 3-8586-9157-7.
  • Jörg Krummenacher: Flüchtiges Glück. Die Flüchtlinge im Grenzkanton St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus. Limmat, Zürich 2005. ISBN 3-85791-480-7.
  • Hanno Loewy (Hrsg.): Hier. Gedächtnisorte in Vorarlberg. Bucher Verlag, 2008. ISBN 978-3-902679-04-8.
  • Marcel Mayer: Grüninger, Paul] im Historischen Lexikon der Schweiz
  • In Österreich und Schweiz — 100 Kilometer langer Radweg erinnert an Fluchtgeschichten. Im schweizer: Blick vom 13. Juli 2022 (Tausende Flüchtlinge haben zwischen März 1938 und Mai 1945 versucht, über das Vorarlberg die rettende Schweiz zu erreichen. Auch über die Geschichte von Carl Zuckmayer von 1933 bis 1938; Hörstation 41; (Online)

Weblinks

Deutscher Reisepass mit J-Stempel und dem Zwangsvornamen Israel, um die Einreise in die Schweiz zu erschweren[6]
  • Dietmar Walser: Hörbare Grenzsteine zu NS-Flucht entlang der Radroute Nr. 1. Im: ORF im Programm Volksgruppen vom 14. Juni 2022 (Tausende wollten von 1938 bis 1945 über Vorarlberg die rettende Schweiz erreichen. Ihren teils dramatischen Geschichten sind nun entlang der 100 Kilometer langen Vorarlberger Radroute Nr. 1 vom Bodensee bis zur Silvretta 52 Hörstationen in Form von symbolischen Grenzsteinen gewidmet.)

Anmerkungen

  1. An den antisemitisch politisch aktiven Heinrich Rothmund (1888 — 1961), der zwischen 1919 und 1955 bundesweit Chef der schweizer Fremdenpolizei war, wird am 8. und 23. Grenzstein erinnert.
  2. Zum Beispiel der „Grenzstein Nr. 49“ zeigt den Wechsel in der Einordnung der Biografie von Meinrad Juen in seiner Heimat: Vom Schmuggler zum Retter: der schillernde Abenteurer Meinrad Juen, St. Gallenkirch, 1938 bis 1942
  3. Zum Beispiel bei der Hörstation 23 über den St. Galler Polizeikommandanten Hauptmann Paul Grüninger und der nach ihm 2012 benannten Brücke über den Grenzfluss bei Diepoldsau.
  4. In folgenden Städten wurden Straßen oder Plätze nach Grüninger benannt: St. Gallen, Jerusalem, Kirjat Ono, Stuttgart und Rischon LeZion. In Wien wurde 1997 die nach den Plänen der Architekten Gustav Peichl und Rudolf Weber neuerbaute Schule in der Hanreitergasse nach ihm benannt.

Einzelnachweise

  1. Eine Projektvorstellung (auf der Website des Jüdischen Museums Hohenems)
  2. Bundesrat weiht Paul-Grüninger-Strasse in Israel ein, auf tagblatt.ch vom 30. Oktober 2017.
  3. Marcel Elsener: Eine Grenzbrücke für Grüninger. In: St. Galler Tagblatt, 16. Februar 2012.
  4. jub: Brückendenkmal für Paul Grüninger. In Der Standard, Wien, vom 6. Mai 2012. Die staatenverbindende Paul-Grüninger-Brücke wurde angesichts der Resonanz auf dessen öffentliche Rehabilitierung in den 1990er zu einem international beachteten Denkmal, das das Geschichtsprojekt einbezieht.
  5. Laura Kisser: Mahnmal zum Hören: NS-Fluchtgeschichten von Vorarlberg in die Schweiz. in Der Standard vom 19. Juli 2022
  6. Deutsche Pässe mit einem J (Judenstempel) berechtigten den Inhaber seither zum Grenzübertritt nur dann, wenn vorher ein Visum zur Durchreise oder zum Aufenthalt von schweizer Behörden erteilt worden war. Viele Flüchtlinge wurden an den Grenzen zurückgeschickt, manche wurden sogar festgenommen und an deutsche Behörden ausgeliefert. Stefan Mächler beschreibt das zum Bspl. in: Schweiz im Zweiten Weltkrieg: Als die Behörden die Grenze schlossen, wussten sie, was das für die abgewiesenen Juden hiess. In: Neue Zürcher Zeitung vom 11. August 2017