Agathe Fessler: Unterschied zwischen den Versionen

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Agathe Fessler wurde als einziges Kind des Kies- und Sandgrubenbesitzers Ferdinand Fessler und seiner Frau Josefa geboren. Sie besuchte lediglich die Volksschule und musste schon früh im elterlichen Betrieb in Bregenz-Steinebach mithelfen (dieser wurde um 1900 eingestellt). Sie führt über diese Zeit ein Tagebuch, welches noch erhalten ist.
Agathe Fessler wurde als einziges Kind des Kies- und Sandgrubenbesitzers Ferdinand Fessler und seiner Frau Josefa geboren. Sie besuchte lediglich die Volksschule und musste schon früh im elterlichen Betrieb in Bregenz-Steinebach mithelfen (dieser wurde um 1900 eingestellt). Sie führt über diese Zeit ein Tagebuch, welches noch erhalten ist.


1905 gründete sie das ''[[Marienheim (Bregenz)|Marienheim für entlassene Dienstmädchen]]'' in der „Alten Goldfabrik“ (Goldwarenfabrik) in der Gallusstraße in Bregenz. Als dieses zu klein wurde, erwarb sie 1912 ein größeres Gebäude in der Gerberstraße in Bregenz. 1912 eröffnete sie auch in ihrem Elternhaus ein [[w:Brockenhaus|Brockenhaus]] zur Finanzierung des Marienheimes. Darin fanden auch einige Dienstmädchen eine Anstellung. Sie musste immer wieder gegen viele Widerstände der christlich-sozialen Honoratioren in Bregenz ankämpfen, denen diese Hilfseinrichtung ungelegen kam.
1905 gründete sie das ''[[Marienheim (Bregenz)|Marienheim für entlassene Dienstmädchen]]'' in der „Alten Goldfabrik“ (Goldwarenfabrik) in der Gallusstraße in Bregenz. Als dieses zu klein wurde, erwarb sie 1912 ein größeres Gebäude in der Gerberstraße in Bregenz. 1912 eröffnete sie auch in ihrem Elternhaus ein [[w:Brockenhaus|Brockenhaus]] zur Finanzierung des Marienheimes. Darin fanden auch einige Dienstmädchen eine Anstellung. Sie musste immer wieder gegen viele Widerstände von angeblich [[w:Christliche Soziallehre|christlich-sozialen]] Honoratioren in Bregenz ankämpfen, denen diese Hilfseinrichtung ungelegen kam.


Betreut wurde das Heim von ihr und zwei geistlichen Schwestern der Barmherzigen Schwestern aus [[Zams]]. 1917 übernahmen die Barmherzigen Schwestern das Haus und führten es weiter.  
Betreut wurde das Heim von ihr und zwei geistlichen Schwestern der Barmherzigen Schwestern aus [[Zams]]. 1917 übernahmen die Barmherzigen Schwestern das Haus und führten es weiter.  
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Während des [[w:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] war sie ab 1914 als Rot-Kreuz-Hilfsschwester an die Ostfront ([[w:Galizien|Galizien]]). 1917 wurde sie zur Rot-Kreuz-Oberschwester befördert und kam nach [[w:Rumänien|Rumänien]] in das Infektionsspital Caracal und dann ins [[w:Südtirol|Südtirol]] (auch über diese Zeit gibt es ein von ihr verfasstes Kriegstagebuch). Bei ihrer Rückkehr im November 1918 war sie mittellos. Ihr Vermögen hatte sie in das Marienheim investiert und dieses an die Barmherzigen Schwestern übergeben und das Brockenhaus war aufgelöst.  
Während des [[w:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] war sie ab 1914 als Rot-Kreuz-Hilfsschwester an die Ostfront ([[w:Galizien|Galizien]]). 1917 wurde sie zur Rot-Kreuz-Oberschwester befördert und kam nach [[w:Rumänien|Rumänien]] in das Infektionsspital Caracal und dann ins [[w:Südtirol|Südtirol]] (auch über diese Zeit gibt es ein von ihr verfasstes Kriegstagebuch). Bei ihrer Rückkehr im November 1918 war sie mittellos. Ihr Vermögen hatte sie in das Marienheim investiert und dieses an die Barmherzigen Schwestern übergeben und das Brockenhaus war aufgelöst.  


Sie wanderte 1920 in die USA als Hauskrankenpflegerin aus und war dort im Hauspflegedienst tätig. Zwischen 1923 und 1926 kehrte sie noch dreimal in ihre Heimat zurück und versuchte unter anderem, ein Asyl mit Volksküche ohne alkoholische Getränke zu gründen. Dies wurde ihr von der Lobby der Bregenzer Gastwirte und der politisch christlich-sozial ausgerichteten Vorarlberger Landesregierung verunmöglicht. Ihre Ansätze einer modernen Sozialarbeit stießen in Vorarlberg auf Unverständnis. So entschied sie sich 1928 endgültig auszuwandern, vermachte ihren Nachlass im Dezember 1928 dem Landesmuseumsverein und verbrachte ihre letzten Jahre in Brasilien. Hier soll sie in einer [[w:Johann Heinrich Pestalozzi|Pestalozzi-Schule]] in [[w:Porto Alegre|Porto Alegre]] gearbeitet haben, wo sie 1941 im Alter von 61 Jahren verstarb.
Sie wanderte 1920 in die USA als Hauskrankenpflegerin aus und war dort im Hauspflegedienst tätig. Zwischen 1923 und 1926 kehrte sie noch dreimal in ihre Heimat zurück und versuchte unter anderem, ein Asyl mit Volksküche ohne alkoholische Getränke zu gründen. Dies wurde ihr von der Lobby der Bregenzer Gastwirte und der politisch angeblich christlich-sozial ausgerichteten [[w:Vorarlberger Landesregierung|Vorarlberger Landesregierung]] unter [[w:Otto Ender|Otto Ender]] verunmöglicht. Ihre Ansätze einer modernen Sozialarbeit stießen in Vorarlberg auf Unverständnis. So entschied sie sich 1928 - von den [[w:Reaktion (Politik)|reaktionären]] Verhältnissen in Vorarlberg frustriert - endgültig auszuwandern, vermachte ihren Nachlass im Dezember 1928 dem [[w:Vorarlberg Museum|Landesmuseumsverein]] und verbrachte ihre letzten Jahre in Brasilien. Hier soll sie in einer [[w:Johann Heinrich Pestalozzi|Pestalozzi-Schule]] in [[w:Porto Alegre|Porto Alegre]] gearbeitet haben, wo sie 1941 im Alter von 61 Jahren verstarb.<ref name=Begle20190328 /><ref>Stadtarchiv Bregenz, Nachlass Agathe Fessler.</ref>
 
Bevor Agathe Fessler aus Vorarlberg wegzog, übergab sie dem damaligen Landesmuseumsverein verschiedene Gegenstände.<ref name=Begle20190328 /><ref>Stadtarchiv Bregenz, Nachlass Agathe Fessler.</ref>


Ihr genauer Todestag ist unbekannt.<ref name=Begle20190328>Patricia Begle: [https://cms.kath-kirche-vorarlberg.at/organisation/kirchenblatt/artikel/schoenheit-des-vergessenen Schönheit des Vergessenen], Webseite: kath-kirche-vorarlberg.at vom 28. März 2019.</ref><ref>''Frauen- und Männergeschichten in und aus Vorarlberg'', S. 25 ff.</ref><ref>Meinrad Pichler: [http://www.marrisonie.at/wordpress/wp-content/uploads/InfoMarienheim.pdf Agathe Fessler (1870–1941) - Die Pionierin der modernen Sozialarbeit], Webseite: marrisonie.at.</ref><ref>Walter L. Buder: [https://www.meinekirchenzeitung.at/vorarlberg-kirchenblatt/c-gesellschaft-soziales/von-agathe-unserer-fast-vergessenen-schwester_a19084 Von Agathe, unserer fast vergessenen Schwester], Webseite: meinekirchenzeitung.at vom 18. Februar 2021.</ref><ref>[http://biografia.sabiado.at/fessler-agathe/ Fessler Agathe - Sozialarbeiterin], Webseite: biografia.sabiado.at.</ref>
Ihr genauer Todestag ist unbekannt.<ref name=Begle20190328>Patricia Begle: [https://cms.kath-kirche-vorarlberg.at/organisation/kirchenblatt/artikel/schoenheit-des-vergessenen Schönheit des Vergessenen], Webseite: kath-kirche-vorarlberg.at vom 28. März 2019.</ref><ref>''Frauen- und Männergeschichten in und aus Vorarlberg'', S. 25 ff.</ref><ref>Meinrad Pichler: [http://www.marrisonie.at/wordpress/wp-content/uploads/InfoMarienheim.pdf Agathe Fessler (1870–1941) - Die Pionierin der modernen Sozialarbeit], Webseite: marrisonie.at.</ref><ref>Walter L. Buder: [https://www.meinekirchenzeitung.at/vorarlberg-kirchenblatt/c-gesellschaft-soziales/von-agathe-unserer-fast-vergessenen-schwester_a19084 Von Agathe, unserer fast vergessenen Schwester], Webseite: meinekirchenzeitung.at vom 18. Februar 2021.</ref><ref>[http://biografia.sabiado.at/fessler-agathe/ Fessler Agathe - Sozialarbeiterin], Webseite: biografia.sabiado.at.</ref>
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[[Kategorie:Gestorben in Brasilien]]
[[Kategorie:Gestorben in Brasilien]]
[[Kategorie:Frau]]
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Aktuelle Version vom 19. November 2023, 14:19 Uhr

Agathe Fessler (auch Feßler geschrieben, 24. Februar 1870 in Bregenz – † 1941 in Brasilien) gilt als die Begründerin der modernen Sozialarbeit in Vorarlberg.

Leben

Agathe Fessler wurde als einziges Kind des Kies- und Sandgrubenbesitzers Ferdinand Fessler und seiner Frau Josefa geboren. Sie besuchte lediglich die Volksschule und musste schon früh im elterlichen Betrieb in Bregenz-Steinebach mithelfen (dieser wurde um 1900 eingestellt). Sie führt über diese Zeit ein Tagebuch, welches noch erhalten ist.

1905 gründete sie das Marienheim für entlassene Dienstmädchen in der „Alten Goldfabrik“ (Goldwarenfabrik) in der Gallusstraße in Bregenz. Als dieses zu klein wurde, erwarb sie 1912 ein größeres Gebäude in der Gerberstraße in Bregenz. 1912 eröffnete sie auch in ihrem Elternhaus ein Brockenhaus zur Finanzierung des Marienheimes. Darin fanden auch einige Dienstmädchen eine Anstellung. Sie musste immer wieder gegen viele Widerstände von angeblich christlich-sozialen Honoratioren in Bregenz ankämpfen, denen diese Hilfseinrichtung ungelegen kam.

Betreut wurde das Heim von ihr und zwei geistlichen Schwestern der Barmherzigen Schwestern aus Zams. 1917 übernahmen die Barmherzigen Schwestern das Haus und führten es weiter.

Während des Ersten Weltkriegs war sie ab 1914 als Rot-Kreuz-Hilfsschwester an die Ostfront (Galizien). 1917 wurde sie zur Rot-Kreuz-Oberschwester befördert und kam nach Rumänien in das Infektionsspital Caracal und dann ins Südtirol (auch über diese Zeit gibt es ein von ihr verfasstes Kriegstagebuch). Bei ihrer Rückkehr im November 1918 war sie mittellos. Ihr Vermögen hatte sie in das Marienheim investiert und dieses an die Barmherzigen Schwestern übergeben und das Brockenhaus war aufgelöst.

Sie wanderte 1920 in die USA als Hauskrankenpflegerin aus und war dort im Hauspflegedienst tätig. Zwischen 1923 und 1926 kehrte sie noch dreimal in ihre Heimat zurück und versuchte unter anderem, ein Asyl mit Volksküche ohne alkoholische Getränke zu gründen. Dies wurde ihr von der Lobby der Bregenzer Gastwirte und der politisch angeblich christlich-sozial ausgerichteten Vorarlberger Landesregierung unter Otto Ender verunmöglicht. Ihre Ansätze einer modernen Sozialarbeit stießen in Vorarlberg auf Unverständnis. So entschied sie sich 1928 - von den reaktionären Verhältnissen in Vorarlberg frustriert - endgültig auszuwandern, vermachte ihren Nachlass im Dezember 1928 dem Landesmuseumsverein und verbrachte ihre letzten Jahre in Brasilien. Hier soll sie in einer Pestalozzi-Schule in Porto Alegre gearbeitet haben, wo sie 1941 im Alter von 61 Jahren verstarb.[1][2]

Ihr genauer Todestag ist unbekannt.[1][3][4][5][6]

Agathe-Fessler-Frauenpreis

Am 8. Februar 2022 wurde von der Landeshauptstadt Bregenz unter Bürgermeister Michael Ritsch der Agathe-Fessler-Frauenpreis ins Leben gerufen. Der Preis wurde am 4. März 2022 im Marienheim erstmals vergeben. Ausgezeichnet werden Frauen, die

  • besondere Leistungen in beruflicher oder ehrenamtlicher Tätigkeit, oder
  • beispielloses Wirken für die Chancengleichheit von Frauen erbracht haben, oder
  • zur Durchsetzung und damit verbundener Erfolg in einem „frauenuntypischen“ Bereich beigetragen haben.[7][8]

Ehrungen und Auszeichnung

Für ihre außergewöhnlichen Leistungen auf humanitärem Gebiet erhielt sie 1910 den Elisabeth-Orden (Elisabeth-Medaille).

In Bregenz wurde die Agathe-Fessler-Straße nach ihr benannt. Bei der Brücke des Geburtshauses von Agathe Fessler in der Belruptstraße wurde 2023 eine Gedenktafel angebracht.[9]

Literatur

  • Andreas Brugger, Werner Matt, Katrin Netter (Hg): Frauen- und Männergeschichten in und aus Vorarlberg, Dornbirn, Egg, Schruns 2019, Herausgeber: Arbeitskreis Vorarlberger Kommunalarchive (avk), ISBN: 978-3-901900-58-7, S. 24 ff.
  • Agathe Fessler: Selbsterlebtes schlicht und wahrheitsgetreu erzählt: aus der Mappe einer ehemaligen Armeeschwester 1914 - 1918, Bregenz 1928, Standort ÖNB 567581-B.Neu.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Patricia Begle: Schönheit des Vergessenen, Webseite: kath-kirche-vorarlberg.at vom 28. März 2019.
  2. Stadtarchiv Bregenz, Nachlass Agathe Fessler.
  3. Frauen- und Männergeschichten in und aus Vorarlberg, S. 25 ff.
  4. Meinrad Pichler: Agathe Fessler (1870–1941) - Die Pionierin der modernen Sozialarbeit, Webseite: marrisonie.at.
  5. Walter L. Buder: Von Agathe, unserer fast vergessenen Schwester, Webseite: meinekirchenzeitung.at vom 18. Februar 2021.
  6. Fessler Agathe - Sozialarbeiterin, Webseite: biografia.sabiado.at.
  7. Agathe-Fessler-Frauenpreis, Webseite: bregenz.gv.at.
  8. Stadt Bregenz ruft den Agathe-Fessler-Frauenpreis ins Leben, Webseite: meinbezirk.at vom 9. Februar 2022.
  9. Gedenktafel für Agathe Fessler, Webseite: bregenz.gv.at vom 11. Mai 2023.