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Version vom 19. August 2020, 06:39 Uhr
Als Seelenglotz wurde eine Öffnung in Häusern oder Kirchen in der Schweiz bzw. Österreich bezeichnet, durch welche die Seele eines im Haus verstorbenen Menschen nach Außen gelangen soll. Diese Öffnungen werden in anderen Kulturen sinngemäß zum Beispiel als Seelenloch bzw. Armenseelenloch, im Englischen zum Beispiel als portholes bezeichnet.
Dahinter steht der Glaube, dass die Seele eines Menschen nach dem Tod direkten Kontakt nach außen haben müsse, damit sie in den Himmel fliegen könne.[1]
Geschichte
Seelenlöcher finden sich als Glaube an die Notwendigkeit der direkten Verbindung nach Außen in verschiedensten Kulturen weltweit seit Jahrtausenden und z.B. auch in Gräbern, Särgen, Urnen oder Gebeinhäusern.
Seelenglotze/Seelenlöcher sind auch im Christentum bekannt. An einigen alten Kirchen können diese noch gesehen werden. Hier sollten sie den Seelen der Toten Eingang in die Gemeinde der Lebenden erlauben, wenn diese sich zum Gottesdienst traf.
In Vorarlberg ist es noch heute nicht ungewöhnlich, nach dem Tod eines Menschen die Fenster für einige Zeit zu öffnen, um dessen Seele den Weg in die Welt zu ermöglichen. Dies wird auch in einigen Krankenhäusern bis heute praktiziert.
Ausführung
In der Schweiz und in Österreich haben bzw. hatten solche Seelenlöcher eine Größe von etwa zehn auf zwanzig Zentimeter in der Nähe der Zimmerdecke. Sie sind bzw. waren normalerweise bei Wohnhäusern mit einem Deckel verschlossen und werden bzw. wurden nur beim Tod eines Menschen für einige Tage geöffnet, wenn dieser in diesem Raum aufgebahrt oder verstorben ist.
In einem Haus konnten auch mehrere Seelenlöcher vorhanden sein. Solche als Seelenglotze bezeichnete Öffnungen befinden sich z. B. noch im Haus Nr. 1 und 2/3 am Ludescherberg in Vorarlberg, der im Mittelalter von Walsern aus der Schweiz besiedelt wurde.[1] Im Danschlmayrhäusl in Eidenberg findet sich ein Armen-Seelen-Loch neben der Haustüre. Im Köpplmayrhäusl in der Ortschaft Mühlberg in der Gemeinde Lichtenberg befand sich das Armen-Seelen-Loch neben dem Eingang. Beim Bauernhaus Lehner zu Türkstetten hatte über dem steinernen Türsturz des alten Wohngebäudes eine kleine Luke ins Freie geführt, die im Sommer von den Schwalben zum Durchflug genützt wurde. Es war das Armen-Seelen-Loch. Sehr gut erhalten sei das Seelenloch am baufälligen Bauernhaus Wirt in Hals in der Gemeinde Gramastetten. Die Öffnung wurde im Winter mit Tüchern verstopft und führte von der Stube nach außen.[2]
Literatur
- Alois Larry Schnidrig: Der Seelenglotz: Kultischer Sterbebrauch im germanischen Kulturkreis, Verlag Neue Buchdruckerei AG, 1972
- Claudine Weber: Das Val d'Hérens, Oberwalliser Einwanderung und Seelenglotzfunde, in Wir Walser, 15. Jahrgang Nr. 1, Juni 1977, S. 22 ff.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Werner Vogt: Heimatbuch Ludesch, Gemeinde Ludesch (Hrsg), ISBN 3-9500851-45-X, S. 60 f.
- ↑ Beispiele nach Thomas Schwierz: Die Armen-Seelen-Löcher: Relikte einer entschwundenen Zeit, OÖ. HEIMATBLÄTTER 2011, HEFT 3/4, Beiträge zur Oö. Landeskunde, 65. Jahrgang, www.land-oberoesterreich.gv.at, S. 154 ff..