Heinrich von Kärnten: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. Februar 2021, 11:25 Uhr

Herzog Heinrich von Kärnten, Graf von Tirol, mit seinem jüngeren Bruder Ludwig, Teil des Spanischen Saales auf Schloss Ambras (16. Jahrhundert). Auf dem Wandbild ist Heinrich als (böhmischer) König dargestellt.

Graf Heinrich von Görz-Tirol (* um 1265/1280; † 2. April 1335, auf Schloss Tirol bei Meran[1]), besser bekannt als Herzog Heinrich (VI.) von Kärnten, Graf von Tirol, Herr der Mark Krain [A 1], auch König Heinrich von Böhmen oder Jindřich Korutanský[A 2], ist vor allem als Graf von Tirol und als Vater der legendären Tiroler Landesfürstin Margarete Maultasch bekannt.

Herkunft und Familie

Graf Heinrich von Görz-Tirol entstammte dem "Meinhardinischen Familienzweig" der Grafen von Görz-Tirol (Meinhardiner). Er gilt als jüngester Sohn von Herzog Meinhard von Kärnten, Graf von Tirol, Herr der Krain, aus dessen Ehe mit der römisch-deutschen Königin Elisabeth.[2]

Graf Heinrich von Görz-Tirol war dreimal verheiratet,

∞ in 1. Ehe (Heiratsvertrag vom 18. Februar 1306[3]) mit Königin Anna von Böhmen,
  • Graf Leopold von Görz-Tirol[A 3]
∞ in 2. Ehe mit Herzogin Adelheid von Braunschweig
∞ in 3. Ehe mit Gräfin Beatrix von Savoyen

Graf Heinrich von Görz-Tirol hatte auch uneheliche Kinder, darunter einen Sohn mit Namen Albert.[4]

Pläne einer Eheschließung des Grafen Heinrich mit Maria von Luxemburg (1321) und Beatrix von Brabant (1324)[A 4] sowie Blanca von Tarent[A 5] wurde nicht verwirklicht.[5]

Herrschaften

Vor dem Hauptaltar in der Stiftskirche in Stams erinnert die Grabplatte an Heinrich.
Das Rathaus in Hall, unter Heinrich zeitweise Sitz des Tiroler Landesfürsten, wurde nach ihm das Königshaus genannt.

Nach dem Tod seines Vaters trat Graf Heinrich von Görz-Tirol 1295 gemeinsam mit seinen Brüdern Ludwig und Otto dessen Nachfolge an.[2] Nach dem Tod des böhmischen Königs Wenzel (III.) erhob er, gestützt auf seine Ehe mit dessen Schwester Anna, Anspruch auf die böhmische Krone. Diesen Anspruch konnte er nach einem ersten gescheiterten Versuch durchsetzen, 1307-1310 war er Herrscher des böhmischen Königsreiches Böhmen mit dessen Nebenländern, darunter der Markgrafschaft Mähren. Außerdem führte er den Titel eines polnischen Königs. 1310 wurde seine Herrschaft offiziell beendet, als der römisch-deutsche König Heinrich VII. in Absprache mit den Landständen seinen eigenen Sohn Johann, der mit Elisabeth, einer weiteren Schwester von König Wenzel (III.), verheiratet wurde, mit dem böhmischen Königreich belehnte. Heinrich, der seine Absetzung zunächst nicht anerkannte, musste sich aus dem böhmischen Königreich letztlich zurückziehen. Den Titel des böhmischen Königs führte er weiterhin in seiner Titulatur, Seit 1310 herrschte er nach dem Tod seines Bruders Otto als "Alleinherrscher" über das Herzogtum[A 6] Kärnten[A 7], die Grafschaft Tirol[A 8] und die Mark Krain.

Leben

Heinrich, der sich nach seinem Scheitern als böhmischer König die meiste Zeit seines Lebens in der Grafschaft Tirol aufgehalten hat, übertrifft dort mit seinen zahlreichen Schenkungen, die er Kirchen und Klöstern machte, bei Weitem die meisten Angehörigen seiner Familie. Eine strategisch-weltliche Planung, wie zum Beispiel die Stiftungen seiner Schwägerin Euphemia von Schlesien zeigen, lässt sich bei ihm nicht feststellen, es scheint, dass es ihm dabei in erster Linie ausschließlich um die Jenseitsvorsorge für sich und seine Verwandten gegangen ist. Mit seinen Stiftungen und Schenkungen förderte er außer dem Zisterzienserkloster in Stams zum Beispiel das Spital der Stadt Innsbruck, das Kloster Georgenberg-Fiecht oder die Prämonstratenser in Wilten sowie die Dominikaner in Friesach.[6]

Orte mit Bezug zu Heinrich in der heutigen Republik Österreich

Tirol

  • Hall in Tirol: Unter Graf Heinrich von Görz-Tirol war das spätere Rathaus der Stadt Hall, das nach ihm auch "Königshaus" genannt wurde, zeitweise Sitz des Tiroler Landesfürsten.[7] Unter ihm wurde die "Haller Salinenbefreiung" schriftlich fixiert, die auf seinen Vater Meinhard (II.) zurückgeht.[8]
  • Innsbruck: Im Spanischen Saal von Schloss Ambras findet unter den Wandbildern der Grafen von Tirol auch eines, das Graf Heinrich von Görz-Tirol als böhmischen König zeigt. In Wilten, heute Teil von Innsbruck, heiratete Graf Heinrich seine dritte Ehefrau Beatrix.
  • Stams: Graf Heinrich von Görz-Tirol wurde in der Stiftskirche des von seinen Eltern gegründeten Zisterzienserkloster in Stams beigesetzt, wo eine Grabplatte vor dem Hochaltar an ihn erinnert. Auf seine Initiative wurde die Johanneskapelle in Stams abgerissen und durch eine größere Kirche ersetzt, die 1318 geweiht wurde und heute den Kern der im 18. Jahrhundert barockisierten Pfarrkirche in Stams bildet.[9]

Darstellung in Literatur und Belletristik

Graf Heinrich von Görz-Tirol ist gewöhnlich in jenen Romanen, wo es um das gesamte Leben von Margarete Maultasch geht, eine Nebenfigur.

Literatur

Lexika-Artikel

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Alfred Strnad: Herzog Albrecht III. von Österreich (1365-1395). Ein Beitrag zur Geschichte Österreichs im späteren Mittelalter. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 1961. S. 6, Fußnote 18
  2. 2,0 2,1 vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Der fremde Fürst im Land. Zur Regierung Johann Heinrichs von Böhmen in Tirol. In: Michel Pauly (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land. Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S. 136
  3. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Der fremde Fürst im Land. Zur Regierung Johann Heinrichs von Böhmen in Tirol. In: Michel Pauly (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land. Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S. 137
  4. vgl. Michel Margue: Die Erbtochter, der fremde Fürst und die Stände. „Internationale“ Heiraten als Mittel der Machtpolitik im Spannungsfeld zwischen Hausmacht und Land. In: Michel Pauly (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land. Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S. 42
  5. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Der fremde Fürst im Land. Zur Regierung Johann Heinrichs von Böhmen in Tirol. In: Michel Pauly (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land. Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S. 138
  6. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen? Das Stiftungsverhalten der Tiroler Landesfürstinnen(13. und 14. Jahrhundert)- Weibliche Präsenz Habsburgs im Südwesten des Reiches. In: Claudia Zey (Hrsg.): Mächtige Frauen? Königinnen und Fürstinnen im Europäischen Mittelalter (11.-14. Jahrhundert) (= Vorträge und Forschungen. Hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Bd. 81). Jan Thorbecke Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern, 2015. ISBN 978-3-7995-6881-4, S. 400f.
  7. vgl. Klaus Brandstätter: Ratsfamilien und Tagelöhner. Die Bewohner von Hall in Tirol im ausgehenden Mittelalter (= Tiroler Wirtschaftsstudien. Schriftenreihe der Jubiläumsstiftung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft. 54. Folge) . Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2002. ISBN 3-7030-0374-X. S. 31
  8. vgl. Rudolf Palme: Die richterliche Funktion des Haller Salzmairs im Mittelalter. Ein Beitrag zur Sondergerichtsbarkeit in Tirol. In: Louis Carlen - Fritz Steinegger: Festschrift Nikolaus Grass zum 60. Geburtstag dargebracht von Fachgenossen, Freunden und Schülern (= Abendländische und deutsche Rechtsgeschichte. Geschichte und Recht der Kirche. Geschichte und Recht Österreichs. Bd. 1). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck / München, 1974. ISBN 3-7030-0010-4. S. 521-524
  9. vgl. Karl C. Berger: Die dreifache Wallfahrt begann mit dem Täufer. In: Michael Forcher (Hrsg.): Stift Stams. Ein Tiroler Juwel mit wechselvoller Geschichte. Haymon Verlag, Wien / Innsbruck, 2016. ISBN 978-3-7099-7260-1. S. 28

Anmerkungen

  1. In der Titulatur wird Heinrich als Herr der Mark Krain bezeichnet. In der einschlägigen Sekundärliteratur wird zwar oft davon ausgegangen, dass er bereits Herzog von Krain war, doch ist die Mark Krain erst unter Herzog Rudolf (IV.) von Österreich ("Rudolf dem Stifter") als Herzogtum belegt.
  2. Heinrich war König von Böhmen, Herzog von Kärnten und Graf von Tirol, zudem führte er noch eine ganze Reihe weiterer Titel. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird er in diesem Artikel mit Blick auf seine Familienzugehörigkeit als Graf Heinrich von Görz-Tirol bezeichnet.
  3. In der ohnehin eher spärlichen Literatur zu Heinrich und seine Ehefrau wird meistens von einer kinderlosen Ehe ausgegangen. Auf einem der Wandgemälde der Tiroler Landesfürsten im Spanischen Saal von Schloss Ambras ist jedoch ein junger Mann mit Namen Leopold dargestellt, der als Sohn von Heinrich und Anna identifiziert wurde und offensichtlich bereits als Kind verstorben sein dürfte.
  4. Maria von Luxemburg († 1324) war eine Schwester von König Johann von Böhmen ("Johann dem Blinden"), dessen gleichnamiger Sohn einige Jahre später mit Heinrichs Erbtocher Margarete verheiratet wurde. Beatrix von Brabant-Löwen-Gaesbeck war eine Cousine des böhmischen König. Beide Eheprojekte werden auf dessen Initiative zurückgeführt. Beide Projekte scheiterten, da die für die Ehe vorgesehenen Damen ablehnten.
  5. Blanca von Tarent war eine Enkelin von König Karl von Neapel-Sizilien und Tochter von Robert von Tarent.
  6. als Herzog von Kärnten: Heinrich VI.
  7. Das Gebiet des Herzogtums Kärnten umfasste damals im Wesentlichen die meisten Teile des heutigen Bundeslandes Kärnten. Einige Teile standen zu dieser Zeit noch unter der Herrschaft des Erzstiftes Salzburg. Die Herrschaft über das Herzogtum Kärnten wurde im 14. Jahrhundert außerdem durch die Besitzungen und Lehen weiterer Herrschaftsinhaber beeinträchtigt, darunter neben dem Erzstift Salzburg mehrere Hochstifte wie zum Beispiel Gurk oder Bamberg oder die Grafen von Görz und die Grafen von Ortenburg.
  8. Das Gebiet der Grafschaft Tirol umfasste zu seiner Zeit neben dem heutigen Bundesland Tirol (ausgenommen den Städten Rattenberg, Kitzbühel und Kufstein sowie Osttirol) auch Südtirol. Die Herrschaft über die Grafschaft Tirol wurde im 14. Jahrhundert außerdem durch Besitzungen und Lehen weiterer Herrschaftsinhaber beeinträchtigt, darunter neben dem Erzstift Salzburg zum Beispiel die Hochstifte Brixen, Trient und Chur. Allerdings war es Heinrichs Vater Meinhard gelungen, sich gegen diese erfolgreich zu behaupten.
VorgängerAmtNachfolgerin
Meinhard (II.) von Görz-Tirol
Herrscher über die Grafschaft Tirol
ca. 1295-1335
zeitweise mit seinen Brüdern Albert (V.), Otto und Ludwig (I.)
Margarethe von Görz-Tirol
tatsächliche Herrschaft: Johann Heinrich von Böhmen beziehungsweise Karl von Böhmen als dessen Vormund, dann Ludwig "der Brandenburger", dann Meinhard (III.) von Görz-Tirol
VorgängerAmtNachfolger
Meinhard (II.) von Görz-Tirol
Herrscher über das Herzogtum Kärnten
ca. 1295-1335
zeitweise mit seinen Brüdern Albert (V.), Otto und Ludwig (I.)
Albrecht (II.) von Österreich und Otto von Österreich
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