Israel Isserlein: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 27. Juni 2020, 18:23 Uhr

Rabbi Israel Isserlein ben Petachia (* im 14. Jahrhundert, um 1390[A 1]; † um 1460, vermutlich in Wiener Neustadt), auch Israel ben Petachya Isserlein, bekannt als Rabbi Israel Marburg oder Rabbi Israel Neustadt, gilt als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des österreichischen Judentums im Mittelalter.[1]

Herkunft und Familie

Israel Isserlein entstammte einer bekannten Gelehrtenfamilie.[1] Sein Urgroßvater war Rabbi Israel von Krems[2], ein berühmter Gelehrter, der die "Hagahot Ascheri" verfasste, einen jüdisch-rechtlichen Kommentar, aus dem bis in die Gegenwart zitiert wird.[3] Dessen Söhne Petachja (besser bekannt als Zecherl von Herzogenburg) und Chaim (besser bekannt als Hetschlein von Herzogenburg) galten neben David Steuss als die bedeutendsten jüdischen Geldgeber des Adels im Herzogtum Österreich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Chaims Sohn Petachja war der Vater von Rabbi Isserlein.[4] Dessen Bruder war der Gelehrte Aaron Blumlein (Plumel) († 1421), ein weiterer Sohn von Chaim, der als Rabbiner in Krems und Wien wirkte. Er wurde gemeinsam mit Rabbi Isserleins Mutter, deren Name nicht überliefert ist, die aber möglicherweise wie seine Tochter Muskat geheißen haben könnte[3], in der "Wiener Geserah" (1421/22) ermordet.[2][5].[6]

Israel Isserlein war mit einer Frau namens Schöndlein verheiratet, über deren Familie nichts bekannt ist.[4] Sie galt als ungewöhnlich gelehrt und verfasste im Auftrag ihres Ehemannes eine "jiddisch-deutsche" "Teschuwa" für eine Frau mit gesundheitlichen Problemen.[7]

Aus dieser Ehe hatte er mindestens vier Söhne und eine Tochter[4]:

  • Petachia, genannt Kechel (auch Kachil oder Gechl), der mit seiner Familie in Marburg an der Drau als Geldhändler und Gelehrter wirkte.[1] Er war Schreiber des rabbinischen Gerichts. Als sein Vater, in seinen letzten Lebensjahren Sehprobleme hatte, erledigte er für ihn die Korrespondenz.[7]
∞ mit Redel, die ebenfalls als sehr gebildete Frau galt[7]
  • Abraham
  • Schalom
  • Aron
  • Muskat (früh verstorben)

Sein Schwiegersohn Hendel war der Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Graz. Weitere Verwandte von ihm waren Aron Muskat, der Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Wiener Neustadt, und Maul, der Vorsteher der Gemeinde in Marburg an der Drau.[4]

Leben

Israel Isserlein studierte bei berühmten Rabbinern im Gebiet der heutigen Länder Italien und Deutschland[5], ehe er 1435 seine erste Stelle als Rabbiner in Marburg an der Drau, damals dem Herzogtums Steier[A 2] zugehörig, antrat.[1] Am 14. Juli 1438 erhielt er von König Albrecht II., der 1421/22 die "Wiener Geserah" befohlen hatte[A 3], eine Zulassung für "Freizügigkeit und sicheres Geleit" in dessen Ländern[A 4].[8] Noch vor 1445 verlegte er seinen Wohnsitz nach Wiener Neustadt, das unter ihm als Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit galt. Er leitete dort eine bedeutende Thoraschule mit angeschlossener Synagoge und widmete sich wissenschaftlichen Arbeiten. Seine Bindungen nach Marburg gab er allerdings nicht auf und reiste oft dorthin.[1] Einer seiner Schüler war der Gelehrte Jossel (Joseph) ben Moses (* 1421; † um / nach 1490), besser bekannt als Jossel von Höchstädt.[6]

Würdigung

Israel Isserlein stand bei seinen Zeitgenossen in hohem Ansehen und genoss wegen seiner Rechtsgutachten hohe Wertschätzung. Er korrespondierte mit anderen jüdischen Gelehrten und hatte das Recht den Rabbinergrad zu verleihen.[1]

Werke

  • Terumat ha-Deshen (publiziert in Venedig im Jahr 1519)[2]
  • Responsen, überliefert durch den Sefer Leket Josher von Jossel ben Moses[6]

Literatur

  • Martha Keil: "… vormals bey der Juden Zeitt …". Studien zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Wiener Neustadt im Spätmittelalter. Dissertation, Universität Wien, 1998
  • Kurt Schubert: Die Geschichte des österreichischen Judentums. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2008. ISBN 978-3205777007, S. 37
  • Inge Wiesflecker-Friedhuber: Die Juden in der Steiermark im Mittelalter. In: Gerhard Pferschy (Hrsg.): Die Steiermark im Spätmittelalter (= Geschichte der Steiermark. Bd. 4). Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2018. ISBN 9783205206453 , S. 347

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 vgl. Inge Wiesflecker-Friedhuber: Die Juden in der Steiermark im Mittelalter. In: Gerhard Pferschy (Hrsg.): Die Steiermark im Spätmittelalter (= Geschichte der Steiermark. Bd. 4). Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2018. ISBN 978-3-205-20645-03, S. 347
  2. 2,0 2,1 2,2 vgl. Israel Isserlein, Jewishencyclopedia.COM, abgerufen am 23. September 2018
  3. 3,0 3,1 vgl. Martha Keil: "… vormals bey der Juden Zeitt …", 1998, S. 162
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 vgl. Martha Keil: "… vormals bey der Juden Zeitt …", 1998, S. 122
  5. 5,0 5,1 vgl. Kurt Schubert: Die Geschichte des österreichischen Judentums, 2008, S. 37
  6. 6,0 6,1 6,2 vgl. Simon Paulus: Im Spiegel zeitgenössischer rabbinischer Responsen. Mittelalterliche Synagogen im österreichischen Raum. In: David online
  7. 7,0 7,1 7,2 vgl. Martha Keil: "… vormals bey der Juden Zeitt …", 1998, S. 163
  8. vgl. Kurt Schubert: Die Geschichte des österreichischen Judentums, 2008, S. 39f.

Anmerkungen

  1. Sein Geburtsort ist nicht gesichert. Im Internet ist häufig Regensburg angeführt. Nach Kurt Schubert wurde er in Marburg an der Drau im heutigen Slowenien geboren, vgl. Kurt Schubert: Die Geschichte des österreichischen Judentums, 2008, S. 37
  2. Das Herzogtum Steier(mark) umfasste damals Teile der heutigen Bundesländer Steiermark und Niederösterreich und des heutigen Staates Slowenien.
  3. Der Umstand, dass König Sigismund Albrecht bei seiner Belehnung zu Beginn des Jahres 1422 ausdrücklich das Judenregal bestätigte und dass es bisher keine Hinweise darauf gibt, dass König Sigismund von Albrecht (finanzielle) Entschädigung forderte oder über diese verhandeln ließ, wie dies bei Pogromen, die wenig später in den 1420er-und 1430er-Jahren für die Reichslandschaft Schwaben belegt sind, zu beobachten ist, legt nahe, dass die "Wiener Geserah" von König Sigismund jedenfalls gebilligt wurde, wenn nicht sogar mit dessen ausdrücklicher Zustimmung erfolgte.
  4. Aus der Sekundärliteratur geht nicht hervor, ob König Albrecht diese Zulassung, die sich auf alle seine Länder bezog, in seiner Funktion als Landesfürst des Herzogtums Österreich oder als römisch-deutscher König erteilte.
  5. Stellenweise leider ungenau, was vermutlich auf den Forschungsstand der Entstehungszeit und darauf zurückzuführen ist, dass den Verfassern vieles nicht persönlich bekannt gewesen sein dürfte, so zum Beispiel die geographischen Verhältnisse.
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