Amerikawanderung der Burgenländer: Unterschied zwischen den Versionen
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Arbeit fanden die Burgenländer in Schlachthöfen, Brauereien oder Zementmühlen. Amerika war der Ort wo der burgenländische Bauer schon um 1900 zum Industriearbeiter mutierte, während sich in der Heimat dieser Prozess erst viele Jahrzehnte später vollzog. Zahlenmäßig wurde [[1905]] mit mehr als 3000 Auswanderern der Höhepunkt der Vorkriegswanderung erreicht, während es zwei Jahre später [[1907]] zu einem wirtschaftlichen Rückschlag in den USA kam. Dies hatte zur Folge, dass in diesem Jahr mehr Menschen von den USA nach Europa rückwanderten als von dort in die USA einwanderten. Doch die Wirtschaft erholte sich rasch und schon wenig später schwoll der Auswandererstrom wieder an. Natürlich gab es auch Rückwanderer, die mit dem ersparten Kapital in der alten Heimat eine neue Existenz aufbauten. So ist für ganz Ungarn für den Zeitraum 1908 bis 1913 eine Rückwanderungsquote von 35 Prozent ermittelt worden.<ref>Walter Dujmovits: ''Die Amerikawanderung der Burgenländer'', Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 47 und 48</ref> Der 1. Weltkrieg bereitete der Auswanderungswelle schließlich ein jähes Ende. | Arbeit fanden die Burgenländer in Schlachthöfen, Brauereien oder Zementmühlen. Amerika war der Ort wo der burgenländische Bauer schon um 1900 zum Industriearbeiter mutierte, während sich in der Heimat dieser Prozess erst viele Jahrzehnte später vollzog. Zahlenmäßig wurde [[1905]] mit mehr als 3000 Auswanderern der Höhepunkt der Vorkriegswanderung erreicht, während es zwei Jahre später [[1907]] zu einem wirtschaftlichen Rückschlag in den USA kam. Dies hatte zur Folge, dass in diesem Jahr mehr Menschen von den USA nach Europa rückwanderten als von dort in die USA einwanderten. Doch die Wirtschaft erholte sich rasch und schon wenig später schwoll der Auswandererstrom wieder an. Natürlich gab es auch Rückwanderer, die mit dem ersparten Kapital in der alten Heimat eine neue Existenz aufbauten. So ist für ganz Ungarn für den Zeitraum [[1908]] bis [[1913]] eine Rückwanderungsquote von 35 Prozent ermittelt worden.<ref>Walter Dujmovits: ''Die Amerikawanderung der Burgenländer'', Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 47 und 48</ref> Der 1. Weltkrieg bereitete der Auswanderungswelle schließlich ein jähes Ende. | ||
== Zielgebiete der Auswanderer == | == Zielgebiete der Auswanderer == |
Version vom 24. August 2014, 18:35 Uhr
Die Amerikawanderung der Burgenländer war Bestandteil der großen Auswanderungsbewegung, welche in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts weite Bevölkerungsteile Europas erfasste.
Gründe für die Auswanderung
Das Burgenland existierte Ende des 19. Jahrhunderts in seiner heutigen Form noch nicht, somit bildeten damals die deutschsprachigen Ortschaften den Westteil verschiedener ungarischer Komitate. Sie lagen im Hinterland großer ungarischer Städte wie Sopron oder Steinamanger. Die Hauptkommunikations- und Verkehrswege verliefen nicht so wie im modernen Burgenland in Nord-Süd-Richtung sondern in Ost-West-Richtung.
Im diesem Grenzgebiet gab es so gut wie keine Industrie. Die Menschen lebten von kleinen Landwirtschaften mit einer Größe von nur wenigen Hektar. Viele mussten daher als Wanderarbeiter ihren Lebensunterhalt verdienen. Landwirtschaftliche Saisonarbeiter zog es nach Innerungarn, wo sie auf großen Gutshöfen als Erntehelfer Arbeit fanden. Bei den Handwerkern hingegen machte es einen Unterschied aus, ob man im heutigen Nord- oder Mittelburgenland wohnte oder ein Einwohner des Südburgenlandes war. Die Handwerker der nördlichen Komitate zog es nach Wien, wo in der Gründerzeit viele Arbeitskräfte benötigt wurden, während ihre Kollegen aus dem Süden oft Budapest als Ziel hatten.[1]
Dieser fehlende Bezug zu Grund und Boden, die Tatsache, dass die Menschen oft während des ganzen Sommers unterwegs waren, führte zu einer sehr mobilen Bevölkerungsschicht, die es in den anderen österreichischen Bundesländern in dieser Größenordnung nicht gab. Als dann Amerikas Arbeitskräftebedarf hervorgerufen durch die Industrialisierung um 1900 sprunghaft anstieg, kam es binnen kurzer Zeit zu einer Massenauswanderung. Die Menschen sahen darin die Chance aus der Abhängigkeit ungarischer Magnaten oder den schlechten sozialen Verhältnissen Wiens um die Jahrhundertwende zu entkommen. Interessanterweise spielte bei dieser Entwicklung die Berufsgruppe der Fuhrwerker eine große Rolle, denn sie waren es, welche die Nachricht von der in Innerungarn schon begonnen Auswanderung nach Amerika in die deutschsprachigen westungarischen Dörfer trugen.[2]
Ein weiterer Hauptgrund für die Auswanderung war, dass es in den Dörfern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Überbevölkerung kam. Das Land befand sich in der Phase des demographischen Überganges, d.h. die Sterberate sank aufgrund verbesserter ärztlicher Versorgung, andererseits war die Geburtenrate aber immer noch sehr hoch wie es für unterentwickelte Gebiete üblich ist. Die Folge war ein enormer Bevölkerungsdruck in den Dörfern, der sich über das Ventil Auswanderung schließlich entladen konnte.[3]
Gefördert wurde die Auswanderung auch durch Erfolgsnachrichten, welche die bereits ausgewanderten Verwandten oder Freunde in ihre burgenländische Heimatdörfer schickten. Manche kamen auch nach einigen Jahren als sogenannte Rückwanderer wieder in ihre alte Heimat zurück und investierten das in Amerika Ersparte in größere Bauernhöfe.
In der Zwischenzeit war außerdem eine richtige Auswanderungsindustrie entstanden. Reedereien, wie der Norddeutsche Lloyd stellten immer mehr Dampfschiffe in Betrieb und schickten ihre Agenten in jedes kleine Dorf um Kunden für die Überfahrt zu werben. Durch die Konkurrenz sanken auch die Fahrpreise und so wurde es für die Auswanderungswilligen immer einfacher ihren Traum zu erfüllen.[4]
Politische oder religiöse Motive stellten hingegen nur in ganz seltenen Ausnahmefällen einen Grund für die burgenländischen Auswanderer dar. Im Lande lebten Deutsche, Ungarn und Kroaten friedlich nebeneinander ebenso Katholiken und Protestanten.[4]
Phasen der Auswanderung
Die Zeitspanne der Amerikawanderung wurde durch zwei Weltkriege unterbrochen. So kann ihr zeitlicher Ablauf in drei Auswanderungsperioden eingeteilt werden:[5]
Vorkriegswanderung
Old Immigration
Etwa um das Jahr 1875 setzte in den USA eine kontinuierliche Einwanderung ein. Dieser von den Amerikanern Old Immigration genannte Zeitraum führte vor allem Einwanderer ins Land, die im Mittleren Westen, wie zum Beispiel in Kansas, Indianerland besiedelten und so zu Farmern wurden. Diese Epoche hatte für die Auswanderungsgeschichte des Burgenlandes nur geringe Bedeutung.[6]
Nur vereinzelt verließen Menschen die deutschsprachigen Ortschaften Westungarns. Meist waren es Fuhrleute oder Wanderarbeiter ohne Grundbesitz, die nur wenig Heimatverbundenheit hatten. Die Zahl der Auswanderer dürfte 300 nicht überschritten haben, ein Nachweis in Archiven ist jedoch nur schwer möglich. Die wenigen Informationen über diese Auswanderern entstammen mündlichen Überlieferungen oder alten Briefen, die erhalten geblieben sind.[7]
Der vermutlich erste Burgenländer, der das Wagnis anstellte nach Amerika auszuwandern, war vermutlich ein Zimmermann namens Grabenhofer aus Oberschützen, der sich beim Bau des evangelischen Seminars 1845 in seiner Heimatgemeinde hatte etwas zuschulden kommen lassen.[8]
Der nächste Auswanderer betrat am 30. Jänner 1850 amerikanischen Boden. Er hieß Gottlieb August Wimmer und war davor Pfarrer in Oberschützen gewesen. In dieser Funktion gründete er die evangelischen Lehranstalten in dieser Gemeinde. Als Folge der niedergeschlagenen Revolution von 1848 musste er das Land verlassen. Wimmer gehörte somit zu den wenigen Auswanderern bei denen politische Motive eine Rolle spielten.[8]
Diesen ersten Auswanderern folgten in den nächsten Jahren noch weitere Oberschützener sowie ganze Familien aus Pilgersdorf und Steinberg. Unmittelbarer Anlass für die Auswanderung aus Pilgersdorf war ein verheerender Brand am 25. Juni 1855, der in den Folgejahren zur vermehrten Auswanderung führte.[9]
New Immigration
Die zweite große Einwanderungswelle, New Immigration genannt, war eine Industriewanderung, welche die Menschen in den Gebieten rund um Chicago und New York siedeln ließ, in denen ganze Industrien aus dem Boden gestampft wurden. Der enorme Arbeitskräftebedarf führte dazu, dass die Auswanderung zu einem Massenphänomen mutierte.
Die einzelnen Gebiete Westungarns wurden von dieser Welle jeweils in Abstand von wenigen Jahren erfasst, die von Innerungarn aus auf die Dörfer des heutigen Burgenlandes überschwappte. Das Gebiet des Seewinkels erreichte um 1875 die Nachricht von den Möglichkeiten, die sich in den USA für die Auswanderer ergaben. Fünf Jahre später wurden die Dörfer in den heutigen Bezirken Oberpullendorf und Oberwart von der Welle erfasst, wiederum fünf Jahr später die Ortschaften des weiter im Süden liegenden Bezirk Güssing.[6]
Diese zeitliche Abfolge hatte zur Folge, dass die Auswanderer der einzelnen Landesteile auch unterschiedliche Zielgebiete in den USA ansteuerten. Während jene Erstauswanderer, die um 1890 auswanderten, sich in Chicago niederließen, verlagerte sich der Schwerpunkt der Auswanderer, die einige Jahre später als Erste aus ihren Dörfern kamen, mehr in den Osten (zuerst Pennsylvania, danach New Jersey und New York) der USA. Da viele, die nachkamen, dort siedelten, wo sich die Erstauswanderer aus ihren Dörfern niedergelassen hatten, entstanden für die einzelnen Bezirke Siedlungsschwerpunkten in den USA. Die Auswanderer des heutigen Bezirkes Oberwart ließen sich bevorzugt in Chicago aber auch in Buffalo und St.Louis nieder. Die Auswanderer des heutigen Bezirks Güssing bevorzugten hingegen Pennsylvania, New Jersey und New York.[6][10]
Arbeit fanden die Burgenländer in Schlachthöfen, Brauereien oder Zementmühlen. Amerika war der Ort wo der burgenländische Bauer schon um 1900 zum Industriearbeiter mutierte, während sich in der Heimat dieser Prozess erst viele Jahrzehnte später vollzog. Zahlenmäßig wurde 1905 mit mehr als 3000 Auswanderern der Höhepunkt der Vorkriegswanderung erreicht, während es zwei Jahre später 1907 zu einem wirtschaftlichen Rückschlag in den USA kam. Dies hatte zur Folge, dass in diesem Jahr mehr Menschen von den USA nach Europa rückwanderten als von dort in die USA einwanderten. Doch die Wirtschaft erholte sich rasch und schon wenig später schwoll der Auswandererstrom wieder an. Natürlich gab es auch Rückwanderer, die mit dem ersparten Kapital in der alten Heimat eine neue Existenz aufbauten. So ist für ganz Ungarn für den Zeitraum 1908 bis 1913 eine Rückwanderungsquote von 35 Prozent ermittelt worden.[11] Der 1. Weltkrieg bereitete der Auswanderungswelle schließlich ein jähes Ende.
Zielgebiete der Auswanderer
Literatur
- Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Burgenländische Gemeinschaft 2012, ISBN 978-3-8442-2374-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 15 und 16
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 22 und 23
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 21
- ↑ 4,0 4,1 Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 23 und 24
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 31
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 39
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 32
- ↑ 8,0 8,1 Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 33
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 35
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Anlagen 10 und 11
- ↑ Walter Dujmovits: Die Amerikawanderung der Burgenländer, Verlag Desch-Drexler, Pinkafeld 1992, Seite 47 und 48