Dürnkruter Zuckerfabrik
Die Dürnkruter Zuckerfabrik war eine Zuckerfabrik in Dürnkrut im niederösterreichischen Marchfeld, die von 1844 bis 1978 in Betrieb war.
Geschichte
Aufgrund der günstigen Verkehrsanbindung nach Fertigstellung der Nordbahn durch die Kaiser Ferdinands-Nordbahn im Jahr 1839 errichteten der Kupferschmied Aloysius Ferdinand Dolainski und Johann Baptist Ghirardello, der schon durch Studienreisen in der Zuckerindustrie Praxis erlangt hatte. Dolainsky war einer der Ersten, der Pfannen (Verdampferanlagen) entwickelte und in der eigenen Firma Ferdinand Dolainsky & Co selbst herstellen konnte. In dieser Zeit waren auch die ersten Bemühungen die heimischen Zuckerrüben zu Zucker zu verarbeiten.
Die Zuckererzeugung wurde im Jahr 1844 zuerst in einem umgebauten Gasthaus der Herrschaft Sachsen-Coburg-Gotha. Nutzwasser bezog er aus der naheliegenden March. Auch ein Gleisanschluss an de Nordbahn wurde errichtet.
Die erste Kampagne konnte 1844/1845 mit 160 Arbeitern, darunter 46 Frauenzimmer durchgezogen werden. Dabei wurden etwa 3.100 Kilogramm verarbeitet, wobei auch die Hauptmenge vom Herrschaftsbereich der Sachsen-Coburg-Gotha angeliefert wurde.
Als die Einrichtung der Zuckerfertigung, die die Firma Dolainski lieferte, ausbezahlt war, zog sich Dolainski aus dem Unternehmen zurück. Stattdessen wurde der Wiener Großhändler Karl Klein neuer Eigentümer, der Firmenname wurde auf k.k. landesbefugte Dürnkruter Zucker- und Spiritusfabrik geändert. Neuer technischer Leiter wurde Robert Schorisch (1814-1889), der zahlreiche Neuerungen, wie einer Verbesserung der Osmoseverfahren, einführte. Schorisch war zeitgleich mit seiner Tätigkeit im Werk auch Mitpächter einer Zuckerfabrik im ungarischen Wieselburg, Miteigentümer in Nagytany in der Slowakei und Gründeraktionär der Leipniker Rübenzuckerfabriks GA der Familien Schoeller und Skene.
Aufgrund der sozialen und sanitären Verhältnisse brach im Winter 1847/1848 eine Typhusepidemie, die 28 Menschenleben forderte.
In den Folgejahren wechselten öfter die Eigentümer, wie 1857 Ignaz Grünebaum, 1859 Wilhelm und Friedrich Boschan, die mit Grünebaum verschwägert waren. Grünebaum blieb Mitbesitzer und technischer Leiter.
Um 1860 wurde viel investiert. So wurden zahlreiche Ackerflächen angekauft, die Landwirtschaftsbetriebe ausgebaut und die Arbeiterunterkünfte gebaut, sodass auch die Zuckerfabrik ausgebaut werden konnte. In dieser Zeit wurde auch durch Eduard Kutzer, einem Inspektor der Coburger Gutsbetriebe, eine Runkelrübensämaschine für menschliche und tierische Zugkraft erfunden, für das er das Privileg mit der Nummer 5649 erhielt - Kutzer ist heute nahezu vergessen.
Die Umstellung auf Raffinadebetrieb dürfte durch die lange Verarbeitungszeit nicht rentabel geworden sein, sodass man 1888 wieder zum Rohzuckerbetrieb zurückkehrte.
Um die Jahrhundertwende bekam die Zuckerfabrik wieder neue Eigentümer und wurde zur Dürnkruter Zuckerfabriks-Gesellschaft Kürschner und Bachler. In diesem Eigentumsverhältnis werden aber nur die Sanierung eines Wasserkanals zur March und die Errichtung von Sammelbecken mit Filtern für die Verwendung im Betrieb als Investitionen bekannt, bevor 1903 bereits wieder neue Eigentümer aufscheinen. Die Dürnkruter Zuckerfabriks-Actiengesellschaft wird durch die Vereinigung der österreichisch-ungarischen Zuckerindustrie.
Betreibende Personen waren dabei Emanuel von Proskowetz junior (1849–1944) und Robert von Schoeller (1873-1950). Schoeller leitete fast 40 Jahre den Betrieb und zahlreiche Ausbauten führen auf ihn zurück.Auch neue Arbeiterhäuser wurden mit steigender Produktion im Jahr 1906 errichtet. Die erzielte Zuckermenge wächst bis 1934/1935 um das fünffache auf 3.160 Tonnen. Zur Zuckerfabrik gehörte auch eine große Landwirtschaft mit großen Tierbestand.
Im Jahr 1914 wurde das Unternehmen mit der Leipnik-Lundenburger Zuckerfabriken-Actiengesellschaft (LLZ) fusioniert und Schoeller wurde deren Vizepräsident.
Im Zuge des Ersten Weltkrieg ging die Produktion durch die sich verschlechternde Lage, wie weniger Rübenanlieferung, ungeschultes Personal oder Kohlenmangel, ständig zurück. Auch da man andere Feldfrüchte anbauen durfte, nahm der Rübenanbau ab.
Mit Kriegsende wurden die Einzugsgebiete aus der Slowakei weitestgehend abgeschnitten. 1921/1922 wurden die letzten Rüben aus den Gebieten östlich der March angeliefert. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Zucker auch nicht mehr im Lundenburger Werk raffiniert werden. Dies konnte man aber durch das ebenfalls im Konzern befindliche Werk im Leopoldsdorf im Marchfelde ausgeglichen werden.
Der Gewinn wurde durch die hohe Inflation fast aufgebraucht. So musste Aktienkapital zugeschossen werden. In der Chronik wurde der Bau von Arbeiterwohnhäuser und einer Rekonstruktion des Kesselhauses vermerkt. In den Jahren 1923/1924 wurde zusätzlich ein Dieselmotor mit Generator installiert. Mit dem erzeugten Strom konnte nicht nur die Fabrik sondern der gesamte Ort auch mit dem neu errichteten Kino versorgt werden.
Im Jahr 1926 kam es zur Fusion mit der LLZ. Durch Aktienaufkäufe errang die Dürnkruter Zuckerfabrik sogar die Aktienmehrheit an der LLZ. Als selbständiges Unternehmen hatte die Zuckerfabik mit der Fusion jedoch aufgehört zu bestehen.
Die Fusion war vor allem für die LLZ wichtig, da in Dürnkrut die Rübenschnitzel-Trocknungsanlage, Kesselhaus, Vakuumstation und Kalkofen wieder hergestellt wurden, die für die LLZ eine Erleichterung darstellte.
Zum Einzugsgebiet für Rübenanlieferungen gehörten 226 Gemeinden, die bis ins Waldviertel verteilt waren. Bis ins Jahr 1938 wurden etwa zwei Dittel der Produktion in der Leopoldsdorfer und einem Drittel in der Zuckerfabrik Hohenau weiterverarbeitet.
Während der NS-Zeit waren die Investitionen stark eingeschränkt bis verboten. Auch der Mangel an Personal wurde immer stärker spürbar, auch wenn für die Kampagnen auch Fremd- und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene mitarbeiten mussten.
Die 100 Jahr-Feier im Jahr 1944 fiel nur sehr spartanisch aus. Der Betriebsführer Richard Skene junior fiel knapp vor Kriegsende. Neben ihm findet man noch 34 weitere Opfer in der Werkschronik angeführt.
Literatur
- Werner Kohl, Karl Heinz Mayrhofer, Max Purker: Aloysius Ferdinand Dolainski in Die Österreichische Zuckerindustrie und ihre Geschichte(n) 1750-2013, S. 112 ff. Böhlau-Verlag, ISBN 978-3-205-79498-1