Gebhard von Hirschberg

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Graf Gerhard von Hirschberg, Herr des Inntals, Wandbild im Spanischen Saal auf Schloss Ambras (16. Jahrhundert)

Graf Gebhard (IV.) von Hirschberg (* im 13. Jahrhundert, vielleicht um 1220; † im 13. Jahrhundert, um 1275 oder nach 1284), vermutlich ident mit dem Grafen Gebhard (VI.) von Sulzbach und Hirschberg, herrschte nach dem Tod des Grafen Albert (III.) von Tirol († um 1252) über Teile der Grafschaft Tirol. Er bezeichnete sich selbst als der "Herr des Inntals".[1]

Herkunft und Familie

Graf Gebhard von Hirschberg stammte aus der Familie der Grafen von Grögling-Hirschberg, einem oberpfälzisch-mittelfränkischem Adelsgeschlecht, das vom 12. bis Anfang des 14. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich belegt ist. Einer seiner Vorfahren, Graf Gebhard (I.) von Grögling († 1188), hatte Gräfin Sophie von Sulzbach, eine Tochter des Grafen Gebhard (III.) von Sulzbach verheiratet, eine Verwandter der Welfen und Staufer. Ihr Vater war mit [[Konrad III. (HRR)|König Konrad III.) verschwägert, ihre Mutter eine Tochter von Herzog Heinrich "dem Schwarzen".[2] Nach dem Tod ihres Vaters erbte Graf Gebhard (I.) Teile von dessen im heutigen südlichen Deutschland gelegenen umfangreichen Allodialbesitz.[3] Als Teil dieser Erbschaft dürfte er außerdem in den Besitz der Vogtei über die Propstei Hainburg und der Burg Ebbs, beide ursprünglich Lehen des Hochstiftes Bamberg gelangt sein.[4]

Gebhard (IV.) war zweimal verheiratet,

∞ in 1. Ehe mit Gräfin Elisabeth von Tirol († um 1256/60[A 1], der Witwe von Herzog Otto von Andechs-Meranien. Sie war eine der beiden Erbtöchter des Grafen Albert (III.) von Tirol. Kinder aus dieser Ehe sind nicht belegt.[5]
∞ in 2. Ehe mit Sophie von Baiern

Die andere Erbtochter von Graf Albert (III.), Gräfin Adelheid von Tirol († Oktober oder November 1278), war die Ehefrau des Grafen Meinhard (III.) von Görz. An einen ihrer Söhne, Graf Meinhard (II.) von Tirol (* 1239/1240; † 30. Okt. 1295), verkaufte 1283 ein Graf Gebhard von Hirschberg seine zur Grafschaft Tirol gehörigen Herrschaften und Besitzungen. Ob Graf Gebhard von Hirschberg mit diesem Grafen von Hirschberg ident ist, scheint bisher nicht eindeutig geklärt. Falls er tatsächlich um 1275 verstarb, wie in der Literatur häufig zu finden ist, dürfte es sich bei dem "Verkäufer" um einen gleichnamigen Sohn aus einer weiteren Ehe oder einen Verwandten gehandelt haben, der ihm beerbt und zuvor seine Nachfolge angetreten hatte.

1297 ist ein weiterer Graf Gebhard von Hirschberg belegt, der die im Herzogtum Österreich gelegene Grafschaft Litschau-Heidenreichstein an Herzog Albrecht I. von Österreich abtrat.[6] Bei diesem Grafen Gebhard dürfte es mit Blick auf den zeitlichen Rahmen ziemlich sicher um einen gleichnamigen Nachfahren, vielleicht einen Sohn oder Enkel, von Graf Gebhard handeln.[7] Er könnte allerdings mit jenem Grafen Gebhard ident sein, welcher seine Anteile an der Grafschaft Tirol 1283 verkauft hatte.

Im Roman "Graf und Herzog. Roman um Meinhard II. von Tirol" (publiziert 1954) der Schriftstellerin Fanny Wibmer-Pedit ist Gebhard von Hirschberg in zweiter Ehe seit 1258 mit Sophie (* 1236; † 1289), einer Tochter von Herzog Otto (II.) von Baiern[A 2] verheiratet und hat aus dieser Ehe einen gleichnamigen Sohn. Auch wenn diese Information aus einem Roman stammt, wirkt sie zumindest plausibel.[A 3]

Das Erbe des Grafen Albert von Tirol

Nach dem Tod seines Schwiegervaters schlossen Gebhard und Elisabeth am 10. November 1254 mit Adelheid und Meinhard (I.) einen Vertrag, in dem das Erbe geteilt wurde.[8] Gebhard und Elisabeth erhielten die Tiroler Besitzungen im Inntal mit der Stadt Innsbruck und das Wipptal bis Sterzing (Gegend um den Brenner). Meinhard und Adelheid erhielten den südlichen Teil der Tiroler Besitzungen mit dem Inntal bis Landeck (darunter die Grafschaft im Pustertal und die Vogtei über das Freisinger Gebiet zu Innichen) und in Kärnten und Friaul. Die Holzbrücke bei Oberau südlich von Sterzing wurde als Grenze festgelegt. Die Vogtei über das Hochstift Brixen sollte von Schiedsrichtern vergeben werden, wobei zumindest ein Teil an Gebhard und Elisabeth fallen sollte.[9]

Dieser Teilungsvertrag wurde nach Elisabeths Tod hinfällig beziehungsweise von ihrem Neffen Meinhard (II.) nicht mehr anerkannt. Am 5. Jänner 1263 wurde in Sterzing ein Vergleich zwischen Gebhard, Meinhard und dessen Bruder Albert geschlossen, den Meinhards Schwager Ludwig (II.) der Strenge, der als Herzog von Bayern eine Oberhoheit über die Grafschaft Tirol beanspruchte, vermittelt hatte.[5] 1384 verkaufte Gebhard (oder sein gleichnamiger Erbe) Meinhard seine Tiroler Herrschaften.

Gebhard von Hirschberg als Graf von Tirol

Gebhard stützte seine Landesherrschaft in Tirol auf die Burgen Thaur, Vellenberg (seit 1263 Lehen des Tiroler Landesfürsten[10]) und Fragenstein. Unter ihm wurde Thaur, das er von seinem Schwiegervater geerbt hatte und wo er häufig residierte, zur größten Burganlage des Inntals ausgebaut. 1283 wurde dort das Gericht eingerichtet, das bis zu seiner Aufhebung im Jahr 1809 für das Gebiet zwischen Hötting und Vomperbach zuständig war.[11] Mit dem ersten Teilungsvertrag kam Gebhard außerdem in den Besitz der Burg Straßberg bei Wenns im Pitztal, die daraufhin den Namen Hirschberg erhielt. Nach dem Verkauf seiner Tiroler Herrschaften übersiedelte Gebhard (beziehungsweise sein gleichnamiger Sohn) auf die Burg oberhalb von Beilngries, wo er seine letzten Lebensjahre verbracht haben dürfte.

Schloss Thaur, heute eine Burgruine, war für Graf Gebhard ein wichtiger Stützpunkt seiner Tiroler Landesherrschaft.

Erinnerungen in Österreich bzw. in Tirol

An Gebhards Herrschaft in Tirol erinnert sein Porträt aus dem 16. Jahrhundert, das sich gemeinsam mit den Porträts anderer Tiroler Landesfürsten im "Spanischen Saal" in Schloss Ambras befindet.

Literatur

  • Michael Kobler: Rechtsgeschichtliche Bemerkungen zur Meraner Teilungsurkunde von 1254 November 10. In: Louis Carlen - Fritz Steinegger: Festschrift Nikolaus Grass zum 60. Geburtstag dargebracht von Fachgenossen, Freunden und Schülern (= Abendländische und deutsche Rechtsgeschichte. Geschichte und Recht der Kirche. Geschichte und Recht Österreichs. Bd. 1). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck / München, 1974. ISBN 3-7030-0010-4. S. 493-497

Einzelnachweise

  1. vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol. Edition Löwenzahn, Innsbruck, 1996, ISBN 3-7006-2122-3, S. 119
  2. vgl. Jürgen Dendorfer: Die Grafen von Sulzbach. In: Ferdinand Kramer - Wilhelm Störmer (Hrsg.): Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (= Studien zur bayerischen verfassungs- und Sozialgeschichte- Bd. 20). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München, 2005, S. 188 digital
  3. vgl. Jürgen Dendorfer: Die Grafen von Sulzbach. In: Ferdinand Kramer - Wilhelm Störmer (Hrsg.): Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (= Studien zur bayerischen verfassungs- und Sozialgeschichte- Bd. 20). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München, 2005, S. 192 digital
  4. vgl. Jürgen Dendorfer: Die Grafen von Sulzbach. In: Ferdinand Kramer - Wilhelm Störmer (Hrsg.): Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (= Studien zur bayerischen verfassungs- und Sozialgeschichte- Bd. 20). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München, 2005, S. 197 digital
  5. 5,0 5,1 vgl. Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Klagenfurt: Kitab, 2000, ISBN 3-902005-04-1, S. 59
  6. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411. Die Herrschaft Österreich. Fürst und Land im Spätmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 2001, S. 104
  7. vgl.Stammbaum, Hirsperg-Memoria.DE
  8. vgl. Michael Kobler: Rechtsgeschichtliche Bemerkungen zur Meraner Teilungsurkunde, 1974, S. 493
  9. vgl. Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Klagenfurt: Kitab, 2000, ISBN 3-902005-04-1, S. 50
  10. vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol. Edition Löwenzahn, Innsbruck, 1996, ISBN 3-7006-2122-3, S. 82
  11. vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol. Edition Löwenzahn, Innsbruck, 1996, ISBN 3-7006-2122-3, S. 118f.

Anmerkungen

  1. zum ungefähren Sterbedatum vgl. Michael Kobler: Rechtsgeschichtliche Bemerkungen zur Meraner Teilungsurkunde, 1974, S. 493 und Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Klagenfurt: Kitab, 2000, ISBN 3-902005-04-1, S. 59)
  2. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  3. In diesem Fall wäre Gebhard der Schwager von Königin Elisabeth, der Witwe von König Konrad (IV.) gewesen. Diese verwandtschaftliche Verbindung ist vielleicht die Erklärung dafür, warum sein Neffe Meinhard (II.) bereits kurz nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft des Erzbischofs von Salzburg Königin Elisabeth heiraten konnte, die für ihn immerhin eine äußerst prestigeträchtige Partie war.
VorgängerAmtNachfolger
Graf Albert (III.) von TirolHerrscher über die Grafschaft Tirol
ca. 1253-1275
mit den Grafen Meinhard (I.), Meinhard (II.) und Albert (IV.)
Graf Meinhard (II.) von Tirol