Gebhard von Hirschberg

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Graf Gerhard von Hirschberg, Herr des Inntals, Wandbild im Spanischen Saal auf Schloss Ambras (16. Jahrhundert)

Graf Gebhard (IV.) von Hirschberg (* im 13. Jahrhundert, vielleicht um 1220; † im 13. Jahrhundert, um 1275), ziemlich sicher ident mit dem Grafen Gebhard (VI.) von Sulzbach und Hirschberg, herrschte nach dem Tod des Grafen Albert (III.) von Tirol († um 1252) über Teile der Grafschaft Tirol. Er bezeichnete sich selbst als der "Herr des Inntals".[1]

Herkunft und Familie

Graf Gebhard von Hirschberg stammte aus der Familie der Grafen von Grögling-Hirschberg, einem oberpfälzisch-mittelfränkischem Adelsgeschlecht, das vom 12. bis Anfang des 14. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich belegt ist. Seine Familie war im Altmühltal in Franken beheimatet[2]. Sie waren Vögte des Hochstiftes Eichstätt und stellen 1125-1141 mit Gebhard und 1196-1223 mit Hartwig auch zwei Bischöfe von Eichstätt.[3]

Graf Gebhard (I.) von Grögling († 1188), vermutlich sein Großvater, hatte Gräfin Sophie von Sulzbach, eine Tochter des Grafen Gebhard (III.) von Sulzbach verheiratet, eine Verwandter der Welfen und Staufer. Ihr Vater war mit König Konrad III. verschwägert, ihre Mutter eine Tochter von Herzog Heinrich "dem Schwarzen".[4] Nach dem Tod ihres Vaters erbte Graf Gebhard (I.) Teile von dessen im heutigen südlichen Deutschland gelegenen umfangreichen Allodialbesitz.[5] Als Teil dieser Erbschaft dürfte er außerdem in den Besitz der Vogtei über die Propstei Hainburg und der Burg Ebbs, beide ursprünglich Lehen des Hochstiftes Bamberg, gelangt sein.[6]

Gebhard (IV.) von Hirschberg war vermutlich einer der Söhne von Graf Gebhard (II.) von Grögling-Hirschberg († 1232) aus dessen Ehe mit Agnes von Truhendingen. Er war zweimal verheiratet,

∞ in 1. Ehe mit Gräfin Elisabeth von Tirol († um 1256/60[A 1], der Witwe von Herzog Otto von Andechs-Meranien. Sie war eine der beiden Erbtöchter des Grafen Albert (III.) von Tirol.[7] Die andere Erbtochter von Graf Albert (III.), Gräfin Adelheid von Tirol († Oktober oder November 1278), war die Ehefrau des Grafen Meinhard (III.) von Görz.
∞ in 2. Ehe seit ca. 1258 mit Sophie von Baiern[A 2] (* 1236; † 1289), einer Tochter von Herzog Otto (II.) von Baiern ("Otto dem Erlauchten")[A 3] aus dessen Ehe mit Agnes, einer Enkelin von Herzog Heinrich "dem Löwen".
  • Graf Gebhard (V.) von Hirschberg († 2. März 1278)
  • Graf Gebhard (VI.) von Hirschberg († 4. März 1305) ∞ Gräfin Sophie von Oettingen, Tochter von Graf Ludwig (V.) von Oettingen[A 4]
  • Gräfin Agnes von Hirschberg († 1296) ∞ Burggraf Konrad von Nürnberg

Das Erbe des Grafen Albert von Tirol

Nach dem Tod seines Schwiegervaters schlossen Gebhard und Elisabeth am 10. November 1254 mit Adelheid und Meinhard (I.) einen Vertrag, in dem das Erbe geteilt wurde.[8] Gebhard und Elisabeth erhielten die Tiroler Besitzungen im Inntal mit der Stadt Innsbruck und das Wipptal bis Sterzing (Gegend um den Brenner). Meinhard und Adelheid erhielten den südlichen Teil der Tiroler Besitzungen mit dem Inntal bis Landeck (darunter die Grafschaft im Pustertal und die Vogtei über das Freisinger Gebiet zu Innichen) und in Kärnten und Friaul. Die Holzbrücke bei Oberau südlich von Sterzing wurde als Grenze festgelegt. Die Vogtei über das Hochstift Brixen sollte von Schiedsrichtern vergeben werden, wobei zumindest ein Teil an Gebhard und Elisabeth fallen sollte.[9]

Dieser Teilungsvertrag wurde nach Elisabeths Tod hinfällig beziehungsweise von ihrem Neffen Meinhard (II.) nicht mehr anerkannt. Am 5. Jänner 1263 wurde in Sterzing ein Vergleich zwischen Gebhard, Meinhard und dessen Bruder Albert geschlossen, den Meinhards Schwager Ludwig (II.) der Strenge, der als Herzog von Bayern eine Oberhoheit über die Grafschaft Tirol beanspruchte, vermittelt hatte.[7]

Gebhard von Hirschberg als Graf von Tirol

Gebhard stützte seine Landesherrschaft in Tirol auf die Burgen Thaur, Vellenberg (seit 1263 Lehen des Tiroler Landesfürsten[10]) und Fragenstein. Unter ihm wurde Thaur, das er von seinem Schwiegervater geerbt hatte und wo er häufig residierte, zur größten Burganlage des Inntals ausgebaut. 1283 wurde dort das Gericht eingerichtet, das bis zu seiner Aufhebung im Jahr 1809 für das Gebiet zwischen Hötting und Vomperbach zuständig war.[11] Mit dem ersten Teilungsvertrag kam Gebhard außerdem in den Besitz der Burg Straßberg bei Wenns im Pitztal, die daraufhin den Namen Hirschberg erhielt.

Gebhard dürfte bereits um 1275 gestorben sein. Jener Gebhard von Hirschberg, der um 1383/84 die zur Grafschaft Tirol gehörigen Herrschaften und Besitzungen an den Grafen Meinhard (II.) von Tirol († 30. Okt. 1295) verkaufte, war bereits ein gleichnamiger Sohn von ihm. Nach dem Verkauf seiner Tiroler Herrschaften übersiedelte dieser Gebhard auf die Burg oberhalb von Beilngries, wo er seine letzten Lebensjahre verbracht haben dürfte. 1297 ist ein weiterer Graf Gebhard von Hirschberg, möglicherweise dessen gleichnamiger Bruder oder Sohn, belegt, der die im Herzogtum Österreich gelegene Grafschaft Litschau-Heidenreichstein an Herzog Albrecht (I.) von Österreich abtrat.[12]

Schloss Thaur, heute eine Burgruine, war für Graf Gebhard ein wichtiger Stützpunkt seiner Tiroler Landesherrschaft.

Erinnerungen in Österreich bzw. in Tirol

An Gebhards Herrschaft in Tirol erinnert sein Porträt aus dem 16. Jahrhundert, das sich gemeinsam mit den Porträts anderer Tiroler Landesfürsten im "Spanischen Saal" in Schloss Ambras befindet.

Gebhard von Hirschberg in Literatur und Bellestristik

Literatur

  • Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes. In: Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 281-312
  • Michael Kobler: Rechtsgeschichtliche Bemerkungen zur Meraner Teilungsurkunde von 1254 November 10. In: Louis Carlen - Fritz Steinegger: Festschrift Nikolaus Grass zum 60. Geburtstag dargebracht von Fachgenossen, Freunden und Schülern (= Abendländische und deutsche Rechtsgeschichte. Geschichte und Recht der Kirche. Geschichte und Recht Österreichs. Bd. 1). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck / München, 1974. ISBN 3-7030-0010-4. S. 493-497

Einzelnachweise

  1. vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol. Edition Löwenzahn, Innsbruck, 1996, ISBN 3-7006-2122-3, S. 119
  2. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 282
  3. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 299
  4. vgl. Jürgen Dendorfer: Die Grafen von Sulzbach. In: Ferdinand Kramer - Wilhelm Störmer (Hrsg.): Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (= Studien zur bayerischen verfassungs- und Sozialgeschichte- Bd. 20). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München, 2005, S. 188 digital
  5. vgl. Jürgen Dendorfer: Die Grafen von Sulzbach. In: Ferdinand Kramer - Wilhelm Störmer (Hrsg.): Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (= Studien zur bayerischen verfassungs- und Sozialgeschichte- Bd. 20). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München, 2005, S. 192 digital
  6. vgl. Jürgen Dendorfer: Die Grafen von Sulzbach. In: Ferdinand Kramer - Wilhelm Störmer (Hrsg.): Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (= Studien zur bayerischen verfassungs- und Sozialgeschichte- Bd. 20). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München, 2005, S. 197 digital
  7. 7,0 7,1 vgl. Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Klagenfurt: Kitab, 2000, ISBN 3-902005-04-1, S. 59
  8. vgl. Michael Kobler: Rechtsgeschichtliche Bemerkungen zur Meraner Teilungsurkunde, 1974, S. 493
  9. vgl. Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Klagenfurt: Kitab, 2000, ISBN 3-902005-04-1, S. 50
  10. vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol. Edition Löwenzahn, Innsbruck, 1996, ISBN 3-7006-2122-3, S. 82
  11. vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol. Edition Löwenzahn, Innsbruck, 1996, ISBN 3-7006-2122-3, S. 118f.
  12. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411. Die Herrschaft Österreich. Fürst und Land im Spätmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 2001, S. 104

Anmerkungen

  1. zum ungefähren Sterbedatum vgl. Michael Kobler: Rechtsgeschichtliche Bemerkungen zur Meraner Teilungsurkunde, 1974, S. 493 und Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Klagenfurt: Kitab, 2000, ISBN 3-902005-04-1, S. 59)
  2. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  3. Er war somit der Schwager von Königin Elisabeth, der Witwe von König Konrad (IV.). Diese verwandtschaftliche Verbindung könnte eine Erklärung für das Zustandekommen der Ehe zwischen dieser und seinem Neffen, dem Grafen Meinhard (II.) von Görz-Tirol, sein, obwohl diese gerade erst aus der Gefangenschaft des Erzbischofs von Salzburg entlassen worden war.
  4. Nach den Stammbäumen auf Internetseiten wird von zwei gleichnamigen Söhnen ausgegangen. Die Möglichkeit, dass es nur einen Sohn gab oder der zweite Sohn in Wirklichkeit der Enkel war, wäre allerdings noch wissenschaftlich zu überprüfen.
  5. Mit Blick auf das Erscheinungsjahr hat die Autorin, abgesehen davon, dass Gebhard von Hirschberg im Roman nur einen Sohn hat und dessen zweifelhafter Charakter dichterische Freiheit ist, die Familienverhältnisse von Gebhard von Hirschberg recht genau recherchiert.
VorgängerAmtNachfolger
Graf Albert (III.) von TirolHerrscher über die Grafschaft Tirol
ca. 1253-1275
mit den Grafen Meinhard (I.), Meinhard (II.) und Albert (IV.)
Graf Meinhard (II.) von Tirol