Heinrich, das Findelkind

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Heinrich von Kempten, genannt Heinrich Findelkind oder Heinrich, das Findelkind (*um 1360[1]; † nach 1407 und vor 1414[2]) gilt als der Gründer des Hospizes zu St. Christoph am Arlberg.

Anfänge

Heinrichs Herkunft ist nicht geklärt. Über seine Lebensumstände ist nur das bekannt, was er selbst mitgeteilt hat.[3] Als Wickelkind und einziger Überlebender einer Naturkatastrophe soll ihn Utz der Magyer von Kempten[4] gefunden und zusammen mit seinen eigenen Kindern aufgezogen haben, daher sein späterer Beiname. Noch als Kind musste Heinrich jedoch aus sozialen Gründen sein Zuhause und seine Ziehfamilie verlassen. Auf der Burg Arlen bei Nasserein (heute ein Teil von St. Anton am Arlberg), deren Burgherr damals Jakob von Überrhein (Jaeklein über Rain) († um 1406, in Pettneu am Arlberg)[5] war, fand er Arbeit[6]. [7]

Die Errichtung der Herberge auf dem Arlbergpass

 
Zeichnung des Hospizes von Gunther Rücker

In den Jahren, wo er für den Burgherrn von Arlen arbeitete, erlebte er jedes Frühjahr die Beisetzung von Menschen, die bei der Überquerung des Arlbergs aufgrund der Wetterverhältnisse tödlich verunglückt waren. Um etwas dagegen zu unternehmen, begann er Spenden für den Bau einer Schutzhütte zu sammeln und machte sich auf die Suche für einen geeigneten Bauplatz auf der Höhe des Arlbergpasses. Nachdem er diesen gefunden hatte, gelang es ihm schließlich durch die Vermittlung Jakobs von Überrhein Herzog Leopold III. von Österreich, der damals über die Grafschaft Tirol herrschte, für dieses Projekt zu gewinnen. Dieser stellte am 27. Dezember 1385 in der Stadt Graz eine Stiftungsurkunde über das von Heinrich ausgewählte Grundstück aus und forderte seine Untertanen außerdem zur Unterstützung des Bauvorhabens auf.[8] Bereits 1486 soll Heinrich mit Helfern, darunter Ulrich Moseck von St. Gallen[9], die Schutzhütte mit einem Hospiz, erbaut haben.[7] Nach Heinrichs Tod wurde Ulrich Moseck Leiter des Hospizes. Seit ca. 1421 wurde die Schutzhütte als landesfürstliche Taverne betrieben.[10] Erst im 17. Jahrhundert kamen die Schutzhütte bzw. das Hospiz an die Bruderschaft St. Christoph, die sich um 1540 unter den Bauern des Stanzentals gebildet haben dürfte und 1647 ihre Statuten erhielt. Dass bereits Heinrich von Kempten die Betreuung seiner Herberge dieser Bruderschaft um / nach 1386 anvertraute[7], dürfte eine Legende sein.[11]

Weitere Gründungen, die auf Heinrich von Kempten zurückgeführt werden

1397 erlaubte Papst Bonifaz IX. Heinrich von Kempten den Bau einer Kapelle und stellte dazu einen Gnadenbrief aus. 1398 soll diese der damalige Bischof von Brixen dem Hl. Christopherus geweiht haben.[12] Erst 1421 ist jedoch für diese Kapelle für kurze Zeit ein Kaplan nachgewiesen. Danach wurde die Kapelle viele Jahre von der Bewohnerschaft des innersten Stanzertales als Pfarrkirche genutzt[10], ehe sie im 17. Jahrhundert ebenfalls der Bruderschaft St. Christoph überlassen wurde.

Würdigungen

Heinrich wurde später wegen seiner Dienste an der Menschheit, vermutlich von Herzog Leopold IV. von Österreich, einem der Söhne von Herzog Leopold III., das Recht zur Führung eines eigenen Wappens verliehen.[9] [3]

Heinrich von Kempten in Legende und Sage

Dass sich um die Gründung von bekannten sozialen Einrichtungen Sagen und Legenden bilden, ist nicht ungewöhnlich. In diesem Fall kommt noch hinzu, dass der Gründer des Hospizes auf dem Arlberg ein Mann war, der aus einfachen Verhältnissen stammte und über den nicht viel überliefert ist, wobei sich bereits einige Angaben aus seiner eigenen Lebensgeschichte, so z. B. die zeitlichen Angaben oder ob Heinrich tatsächlich zuvor als Schweinehirte gearbeitet hat, auf ihre Richtigkeit hinterfragen lassen[6]. Während hier vermutlich eine Stilisierung vorliegen könnte, dürfte es sich bei der Rolle, die die Bruderschaft St. Christoph im Spätmittelalter gespielt haben soll, um eine gezielte Legendenbildung handeln.

Heinrich, das Findelkind, der Gründer des Hospizes zu St. Christoph auf dem Arlberg

Diese Sage erzählt von der Gründung des Hospizes, wobei die gesicherten Fakten ein wenig ausgeschmückt wurden.[13] [14]

Literatur

  • Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg. Die Geschichte von Hospiz und Taverne, Kapelle und Bruderschaft, von Brücken, Wegen und Straßen, Säumern, Wirten und anderen Menschen an einem Alpenpass (Ende des 14. bis Mitte des 17. Jahrhunderts). Boehlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2005. ISBN 978-3205772828
  • Joseph Maria Mayer: Heinrich Findelkind. In: ders.: Das Regentenhaus Wittelsbach oder: Geschichte Bayerns. Aischines Verlag, Regensburg, 1880. (2015, Neudruck, 2015. ISBN 978-3738740202), S. 372-374

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg, S. 29
  2. vgl. Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg, S. 85
  3. 3,0 3,1 vgl. Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg, S. 84
  4. vgl. Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg, S. 37 und 162
  5. vgl. Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg, S. 28f.
  6. 6,0 6,1 vgl. Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg, S. 29f.
  7. 7,0 7,1 7,2 vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/der-lebensretter-vom-arlberg, eingesehen am 8. Juli 2017
  8. vgl. Eva Bruckner: Formen der Herrschaftsrepräsentation und Selbstdarstellung habsburgischer Fürsten im Spätmittelalter, phil. Dissertation (ungedruckt), Wien, 2009, digital, S. 134f.
  9. 9,0 9,1 vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/bau-der-schutzherberge, eingesehen am 8. Juli 2017
  10. 10,0 10,1 vgl. Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg, S. 451
  11. vgl. Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg, S. 85 und S. 431f.
  12. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/bruderschaftskapelle, eingesehen am 8. Juli 2017
  13. vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): Heinrich, das Findelkind, der Gründer des Hospizes zu St. Christoph auf dem Arlberg. In: ders.: Sagen aus Österreich. Wiesbaden: MarixVerlag 2007, ISBN 978-3-86539-118-6, S. 240
  14. http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/vorarlberg/vonbun/heinrichfindelkind.html (Heinrich Findelkind, nach Franz Josef Vonbun, eingehen am 8. Juli 2017