Bieringerin ist die in Wien bis heute übliche Bezeichnung für die „Bierglocke“ im nördlichen Heidenturm des Stephansdomesin Wien. Ihr solistisches Geläute forderte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit allabendlich zum Ende des Bierausschanks und zum Schließen der Schenken in der Stadt und in den Vorstädten auf.

Geschichte

Eine Kirchenglocke, bezeichnet als pyerglokken wird bereits im Wiener Stadtrecht von 1340 erwähnt, deren Ertönen zum Beenden des Bierausschanks und zum Schließen der Schenken aufforderte. Im 15. Jahrhundert sollte sich nach deren Geläute niemand mehr ohne Licht auf den Straßen aufhalten. Im Jahr 1546 goss Michael Doppler eine Bierglocke, die im nördlichen Heidenturm von St. Stephan platziert wurde. Sie gab (je nach Jahreszeit und politischen Verhältnissen zu wechselnder Stunde) in der Stadt und in den Vorstädten Wiens das Ende des erlaubten Bierausschanks an, weshalb sie im Volksmund als „Gurgelabschneiderin“ bezeichnet wurde. 1772 wurde die Bierglocke aus dem Jahr 1546 von [[w:Glockengießerei Scheichel|Franz Joseph Scheichl] umgegossen. Diese Glocke im Ton gis´ befindet sich bis heute im nördlichen Heidenturm von St. Stephan.

Bierglocken (und Weinglocken), die das Ende des erlaubten Ausschanks einläuteten, gab es früher nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Städten, etwa in München, Regensburg, Zittau und Greußen. Die Missachtung der gegenständlichen Vorschriften war in all diesen Städten mit Geldstrafen respektive Arrest verbunden.[1][2][3][4]

Eine andere Bezeichnung war für die Bieringerin in früheren Zeiten auch Gurgelabschneiderin wegen der Strafe, die man nach einem zu späten Bierausschank zu zahlen hatte.

Die Bieringerin heute

Die Glocken des nördlichen Heidenturmes, unter denen sich die Bieringerin befindet, sind Originalglocken aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Sie läuten zur sonntäglichen Vesper. Neben der Bieringerin befinden sich im nördlichen Heidenturm die Feuerin, die Kantnerin, die Feringerin und die Churpötsch. Die Bieringerin, an deren Innenseite sich heute die handschriftliche Aufschrift „Bieringerin“ befindet, läutet regulär nie solistisch.

Als Einzelglocke wird die Bieringerin aus dem Jahr 1772 jedoch bei dem seit 2002 alljährlich abgehaltenen Steffl-Kirtag geläutet. Ebenso wie sie anno dazumal das Ende des Bierausschanks anzeigte, läutet sie beim mehrtägigen Steffl-Kirtag zum Abschluss jedes einzelnen Festtages um 21.55 Uhr.

Bieringerin-Kurzfilm

<video type="youtube">3ESd2-PXCAk?title=Bieringerin</video>

Literatur

  • Annemarie Fenzl: Die Glocken von St. Stephan. In: Unser Stephansdom Nr. 94, November 2011, herausgegeben vom Verein zur Erhaltung des Stephansdomes, ohne Seitenangabe.
  • Felix Czeike (Hrsg.): Historisches Lexikon Wien. Band 1, Kremayr & Scheriau, Wien 1992, ISBN 3-218-00543-4, S. 377.
  • St. Stephan: Bierglocke & Weinfundament. Artikel von Johann Werfring in der „Wiener Zeitung“ vom 12. Februar 2001, S. 10.
  • Reinhard H. Gruber, Robert Bouchal: Der Stephansdom. Monument des Glaubens. Stein gewordene Geschichte. Pichler Verlag, Wien 2005, ISBN 3-85431-368-3, S. 61f.
  • Christian Gottlieb Gumpelzhaimer: Regensburg's Geschichte, Sagen und Merkwürdigkeiten von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten, in einem Abriss aus den besten Chroniken, Geschichtsbüchern, und Urkunden-Sammlungen. Erste Abtheilung. Vom Ursprunge Regensburgs bis 1486, Verlag: Montag und Weiß [u.a.], Regensburg 1830, S. 401f.
  • Felix Joseph Lipowsky: Urgeschichten von München, 2. Theil, München 1815, S. 43.
  • Friedrich Wilhelm Sternickel: Chronik der Stadt Greußen, Sondershausen 1829, S. 21f.
  • Johann Georg Theodor Grässe: Die Bierglocke zu Zittau. In: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2, Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Schönfeld Verlag, Dresden 1874, S. 209.

Einzelnachweise

  1. Christian Gottlieb Gumpelzhaimer: Regensburg's Geschichte, Sagen und Merkwürdigkeiten von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten, in einem Abriß aus den besten Chroniken, Geschichtbüchern, und Urkunden-Sammlungen. Erste Abtheilung. Vom Ursprunge Regensburgs bis 1486, Verlag: Montag und Weiß [u.a.], Regensburg 1830, S. 401f
  2. Felix Joseph Lipowsky: Urgeschichten von München, 2. Theil, München 1815, S. 43.
  3. Friedrich Wilhelm Sternickel: Chronik der Stadt Greußen, Sondershausen 1829, S. 21f.
  4. Johann Georg Theodor Grässe: Die Bierglocke zu Zittau. In: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2, Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Schönfeld Verlag, Dresden 1874, S. 209 Online

Weblinks