Die Totenbruderschaft war eine religiöse Männervereinigung, deren Aufgabe die Bestattung hingerichteter Menschen und das Gebet für ihr Seelenheil war. Sie bestand von ihrer Gründung um 1638/39 bis zu ihrer Aufhebung 1783.

Stiftung

Die "Totenbruderschaft" wurde um 1638 von Kaiserin Eleonora, der Witwe von Kaiser Ferdinand II. gestiftet.[A 1] Die Stiftung wurde von ihrem Sohn Kaiser Ferdinand III., dem Papst und dem Bischof von Wien bestätigt. Aufgabe dieser Vereinigung war die Sorge um die Bestattung hingerichteter Menschen und das Gebet für ihr Seelenheil. Zu ihren Mitgliedern zählten zahlreiche Adelige.[1] Ihr Versammlungsort für die Ausübung ihrer Andachten war die St. Georgskapelle der Wiener Augustinerkirche.[2]

Wirken

Die "Totenbruderschaft" agierte anonym, bei den Beerdigungen und auf dem Wegen zwischen Hinrichtungsstätte und Friedhof war Schweigen vorgeschrieben. Die Mitglieder waren gewöhnlich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben vermummt. Ihre Kleidung war ein schwarzer Kapuzenmantel, auf denen sich ein Totenkopf mit zwei gekreuzten Knochen befand, das Zeichen der Bruderschaft, an dem sie als Mitglieder zu erkennen waren.[1]

Zu Neujahr 1663 erhielten die Mitglieder der "Totenbruderschaft" ein Emblembuch, das in Wort und Bild zum Gedenken an die Armen Seelen im Fegefeuer aufforderte und in Form eines Totentanzes aufgebaut war. Als ihr geistlicher Vater verfasste der Hofprediger Abraham a Sancta Clara seine Chronik der Pestepidemie des Jahres 1679. Um 1700 ließ er die Lorettokapelle in der Augustinerkirche mit einem umfangreichen Totentanz, den er selbst entworfen hatte, ausstatten.[3]

Die Begräbnisstätte

Die Begräbnisstätte, auf der die Hingerichteten von der "Totenbruderschaft" beigesetzt wurden, war der spätere "Armensünder-Gottesacker", ein bereits 1571 angelegter Friedhof in der Vorstadt Wieden Nr. 29-41 (heute in etwa das Areal zwischen der Karlsgasse 1-10, dem Karlsplatz 11 und 12, der Argentinierstraße 2-6 und der Paniglgasse] 2-12), der damals der Pfarre St. Stephan und seit 1640 dem Bürgerspital unterstand. 1638 wurde dort eine Friedhofkapelle errichtet und dem Hl. Augustinus geweiht. Diese "Augustinkapelle" wurde 1683 während der Zweiten Wiener Türkenbelagerung zerstört und erst 1701 wiederhergestellt und vergrößert.[1]

Auflösung

Am 30. Juni 1783 die "Totenbruderschaft" von Kaiser Joseph II. aufgehoben. Er ließ außerdem die Friedhofkapelle abbrechen und den Friedhof sperren. Das Friedhofsareal wurde 1792 an das General-Militärkommando verpachtet und 1807 für eine Bebauung parzelliert und daraufhin versteigert.[1] Ein Teil bildet heute den Karlsplatz und den Resselpark.[4]

Die Totenbruderschaft in Legende und Sage

Aufgrund ihrer Vermummung und Anonymität wurden die Mitglieder der "Totenbruderschaft" selbst zu einem Synonym des Todes. Im Volksmund wurden sie "Sensenmänner" oder "Butzenmänner" (eine Abkürzung für Kapuzenmänner) genannt. Der "Bi-Ba-Butzemann" in einem bekannten deutschen Kinderlied dürfte aus dieser "Schreckfigur" entstanden sein. Der Bruderschaft wurden außerdem auch weitere geheime Aktivitäten unterstellt.[5] Aus dem frühen 19. Jahrhundert ist überliefert, dass mehrere Knaben in der Augustinerkirche die Glocke läuteten. Daraufhin tauchte die Gestalt eines gespenstigen weißen Mannes auf, der drohend auf sie zutrat. Entsetzt flüchteten sie, wobei sich einer am Fuß verletzte. Als Folge der Erscheinung sollen einige weitere Knaben erkrankt sein. Angeblich soll eine solche Geistererscheinung auch Mönchen des früheren Augustinerklosters immer wieder begegnet sein.[4]

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Totenbruderschaft. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 466.
  2. vgl. Gabriele Lukacs: Orte des Grauens, 2015, S. 61
  3. vgl. Gabriele Lukacs: Orte des Grauens, 2015, S. 61 und S. 63
  4. 4,0 4,1 vgl. Gabriele Lukacs: Orte des Grauens, 2015, S. S. 63
  5. vgl. Gabriele Lukacs: Orte des Grauens, 2015, S. 60f.

Anmerkungen

  1. Nach Gabriele Lukacs: Orte des Grauens, 2015, S. 61, wurde die Entscheidung, der Totenbruderschaft die St. Georgskapelle der Augustinerkirche zu überlassen, bereits 1634 von Kaiser Ferdinand II. getroffen. Offensichtlich war er ebenfalls in die Stiftung der Kaiserin involviert, die aber erst nach seinem Tod verwirklicht wurde.