Das Europaschutzgebiet Wiegensee (Natura-2000-Gebiete) liegt in der Gemeinde Gaschurn im Bezirk Bludenz in Vorarlberg. Es umfasst den ältesten Stausee des Montafons (der natürlich entstanden ist) und ein Deckenmoor, das eine Seltenheit in Mitteleuropa darstellt.

Wiegensee im Juli 2015

Zweck des Europaschutzgebietes Wiegensee ist der Schutz hier lebender gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume sowie der Erhalt des Jahrhunderte alten Kulturlandes.

Rechtliche Grundlage

Das Europaschutzgebiet Wiegensee wurde gemäß Vorarlberger Naturschutzverordnung[1] als solches 1999 mit einem einfachen Landesgesetz ausgewiesen. Grundlage für die Unterschutzstellung 2003 als Europaschutzgebiet war die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) der Europäischen Union. Nach dieser Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ist jedes Unionsmitgliedsland der EU ist verpflichtet, besondere Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräume zu schützen.

Topografie

Europaschutzgebiet

Das Europaschutzgebiet Wiegensee  46.97632610.092544 liegt in der größten und in der südlichsten Gemeinde in Vorarlberg im Bezirk Bludenz, in Gaschurn, zwischen Versalspitze (2462 m ü. A.) und dem Ganifer. Das Europaschutzgebiet verfügt über eine Fläche von 64,74 ha und liegt in einer Höhe von etwa 1800 m ü. A. bis etwa 1960 m ü. A. Der Name leitet sich vom hier befindlichen Flurstück Wiega (hdt.: Wiege)ab.

Das Europaschutzgebiet Wiegensee ist unmittelbar Bestandteil des Europaschutzgebiet Verwall[2], welches im nördlichsten Teil der Gemeinde Gaschurn liegt (angrenzend zur Gemeinde Silbertal und Sankt Gallenkirch.[3] Das Europaschutzgebiet hat eine unregelmäßige, leicht ovale, Form und ist etwa 1730 Meter lang und maximal etwa 550 Meter breit.

In der Nähe des Europaschutzgebiet Wiegensee befindet sich das Europaschutzgebiet Schuttfluren Tafamunt[4]

Wiegenseee

Wesentlicher Teil des Europaschutzgebietes ist der Wiegensee (Wiagasee)  46.97599110.091287, der am Fuß der Versalspitze auf einer Höhe von 1920 m ü. A. liegt.

Der Wiegensee wurde durch Pflanzen aufgestaut. Die Staumauer besteht aus Schwingrasen. Die Gräßer wachsen auch auf dem Wasser. Durch die vorhandene Neigung des Geländes werden diese schwimmenden Gräser talwärts gedrückt und wölben sich hoch. Eine solche Erscheinung gilt als äußerst selten und sei hier am Wiegensee bilderbuchmäßig vorzufinden. Dieser Schwingrasen führen aber auch zur Verlandung der Seen. Der Wiegensee stellt dabei noch eine frühe Phase dieser Entwicklung dar. Er wird durch das seitliche Pflanzenwachstum allmählich kleiner. Das abgestorbene Pflanzenmaterial des Schwingrasens kann im Wasser durch Sauerstoffmangel nicht abgebaut werden und füllt den See allmählich von unten her an. Diese Entwicklung kann bei einem weiteren in der Nähe liegenden Weiher bzw. einem ehemaligen Weiher betrachtet werden.[5]

Das Europaschutzgebiet und der Wiegensee sind nur zu Fuß erreichbar (u.a. Wormser Höhenweg). Das Europaschutzgebiet und der Wiegensee entwässern in die Ill.

Schutzzweck und -umfang

Im Sinne der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (Anhänge I und II der FFH-Richtlinie) sind für dieses Schutzgebiet folgende Besonderheiten maßgebend und geschützt:

  • lebende Hochmoore,
  • Übergangs- und Schwingrasenmoore,
  • Torfmoos-Schlenken (Rhynchosporion),
  • Silikatschutthalden der montanen bis nivalen Stufe,
  • Bergkiefern Moorwald.

Deckenmoore sind in Österreich sehr selten. Es entsteht ein solches nur unter besonders nassen Bedingungen. Deckenmoore gehören zu den Hochmooren. Die Torfmoose legen sich dabei wie eine Decke über die Landschaft. Deckenmoore finden sich in Österreich nur auf wenigen westexponierten Hängen im Montafon und im Salzkammergut.[6] Die hier befindlichen Schwingrasen wachsen in den See hinein und bilden scheinbar eine tragfähige Decke. Bei Belastung gibt jedoch der Boden nach und schwingt. Es ist bei dieser Pflanzendecke möglich, durchzubrechen und vom Erdboden verschluckt zu werden.

Im Europaschutzgebiet finden sich auch andere Moorkomplexe, wie Hoch- und Niedermoore sowie Latschenmoorwälder. Rund 100 Meter östlich des Wiegensees befindet sich ein fast vollständig verlandeter Weiher, in und um den sich verschiedenen Moortypen entwickelt haben. Dieser fast vollständig verlandete Weiher zeigt die zukünftige Entwicklung des Wiegensees auf. Etwa 200 Meter östlich vom Wiegensee befindet sich ein vollständig verlandeter Weiher, der schon zum Verlandungsmoor geworden ist.[5]

Auch charakteristische Moorpflanzen, wie die Große Moosbeere (Vaccinium oxycoccos) und Rosmarinheide (Andromeda polifolia) finden sich hier.[7]

Nutzung

Das Europaschutzgebiet Wiegensee wird touristisch genutzt. Nach wie vor wird das Schutzgebiet auch landwirtschaftlich genutzt.

Literatur

  •  Markus Staudinger, AVL Arge Vegetationsökologie und Landschaftsplanung: Gaschurn. Gemeindebericht. In: Biotopinventar Vorarlberg. Vorarlberger Verlagsanstalt, Bregenz 2008, Großraumbiotop Tafamunt-Wiege-Versal (Biotop 11018), S. 15 ff (1. Aufnahme Teilinventar Montafon. 1984., pdf, vorarlberg.at; http://vogis.cnv.at/biotope/BiotopBericht.py?biotopnr=11018 online], VOGIS).
  •  Joschi Kaiser,Hans W. Metzler, Katharina Stocker, Michael Kasper, Georg Neuhauser,Thomas Bachnetzer: Gebietsführer Europaschutzgebiete Verwall und Wiegensee. Dornbirn 2015.

Weblinks

  Europaschutzgebiet Wiegensee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. LGBl.Nr. 36/2003, Anlage 1, FFH-Schutzgebiete, Zif. 10.
  2. § 1 der Verordnung der Landesregierung über das Europaschutzgebiet (Natura 2000 Gebiet) "Verwall", LGBl.Nr. 56/2003.
  3. Siehe zeichnerische Darstellung des Amtes der Landesregierung vom 02.05.2003, Zl. IVe-106.00.
  4. AT3422000, mit rund 68 ha.
  5. 5,0 5,1 Joschi Kaiser,Hans W. Metzler, Katharina Stocker, Michael Kasper, Georg Neuhauser,Thomas Bachnetzer in: Gebietsführer Europaschutzgebiete Verwall und Wiegensee, Dornbirn 2015, S. 46 ff).
  6. Joschi Kaiser,Hans W. Metzler, Katharina Stocker, Michael Kasper, Georg Neuhauser,Thomas Bachnetzer in: Gebietsführer Europaschutzgebiete Verwall und Wiegensee, Dornbirn 2015, S. 52.
  7. Wiegensee, Webseite: Naturvielfalt.at.