'König Richard (I.) "Löwenherz" (* 1157, in Oxford, heute Großbritannien; † 6. April 1199, in Châlus, heute Frankreich) war als Richard (I.) König von England und Herrscher über das "angevinische Reich". Im heutigen Österreich ist er als Figur einer seinerzeit sehr populären Sage im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an jenem Kreuzzug, der gewöhnlich als der "Dritte Kreuzzug" gezählt wird, und seiner vorübergehenden Gefangensetzung auf einer Burg im heutigen Bundesland Niederösterreich in Erinnerung geblieben. Seit dem 20. und 21. Jahrhundert werden er und inzwischen auch seine Familie für den Tourismus in der Gemeinde Dürnstein genutzt.

Der Lösegeld-Coup in der Überlieferung

Gesichert ist, dass Herzog Leopold (V.) von Österreich († 1294) im Dezember 1192 den englischen König Richard Löwenherz bei seiner Rückreise vom "Dritten Kreuzzug" gefangen nehmen ließ. Dieser wurde am 28. März 1193 Kaiser Heinrich VI. übergeben, nachdem sich der Herzog und der Kaiser bezüglich der Aufteilung des zu erwartenden Lösegeldes geeinigt hatten. Ende November 1193 wurde Herzog Leopold sein Anteil am Lösegeld, den er am 14. Februar beziehungsweise am 29. Juni 1193 mit dem Kaiser vereinbart hatte, bezahlt.[1]

In der herkömmlichen Überlieferung wird das Vorgehen von Herzog Leopold (V.) von Österreich gegen den englischen König auf einen Vorfall zurückgeführt, zu dem es nach der Eroberung der Stadt Akkon zwischen ihm und Richard Löwenherz beziehungsweise ihren Gefolgsleuten gekommen war und der für den Herzog eine schwere Beleidigung durch den König bedeutete. Richard wurde später auf der Rückreise vom Kreuzzug im Dezember 1192 durch den Herzog beziehungsweise seine Leute in einem Gasthof in Erdberg (heute Teil des 3. Wiener Gemeindebezirks) fest genommen und einige Zeit auf einer Burg der Kuenringer im heutigen Bundesland Niederösterreich gefangen gehalten. Die Kuenringer waren zu dieser Zeit eine bedeutende Ministerialenfamilie[A 1] des österreichischen Herzogs. Die "Kuenringer" Burg wird gewöhnlich mit der an der Donau gelegenen Burg Dürnstein identifiziert. Zur Gefangennahme kam es, da Richard trotz seiner Verkleidung erkannt worden war. Er hatte sich nach der Überlieferung dadurch verdächtigt gemacht, dass er einen auffälligen, wertvollen Ring an einem seiner Finger trug und mit einer im Herzogtum Österreich völlig unbekannten Goldmünze bezahlen wollte.[1] Die Überlieferung wirft eine Reihe von Fragen auf, die bisher nicht eindeutig beantwortet werden konnten. Daher wird sie in Details der neuesten Forschung diskutiert beziehungsweise in wesentlichen Punkten in ihrer Zuverlässigkeit in Frage gestellt. Offene Fragen sind zum Beispiel, warum Richard, der immerhin als militärischer Stratege gilt, seine Rückreise nicht besser geplant hatte oder warum er ausgerechnet eine Route durch Gebiete wählte, wo Feinde von ihm herrschten und nicht zum Beispiel ins ungarische Königreich auswich, mit dessen Herrscherfamilie immerhin verwandtschaftliche Bande bestanden hätten.

Die Verwendung des Lösegeldes

Mit dem Lösegeld wird die Gründung der Wiener Münzstätte (1194) in Verbindung gebracht, in welcher die Wiener Hausgenossen unter der Leitung des Münzmeisters die Münzprägungen für das Herzogtum Österreich besorgten. Nach der gängigen Überlieferung wurden mit dem Lösegeld außerdem folgenden Aktivitäten finanziert: die Stadt Wien wurde erweitert und erhielt eine neue Stadtmauer, die Städte Wiener Neustadt und Friedberg werden gegründet, die Städte Enns und Hainburg wurden ummauert.[1]

Erinnerungen an Richard Löwenherz im heutigen Niederösterreich

  • In Dürnstein ist ein Hotel nach Richard Löwenherz und ein weiteres Hotel nach dem Sänger Blondel benannt. Inzwischen wurde ein Themenweg angelegt.[2] Vor einigen Jahren wurde an der Straße zwischen Dürnstein und Weißenkirchen das Blondel-Denkmal enthüllt.

Richard Löwenherz und seine Erlebnisse im heutigen Niederösterreich in Literatur und Belletristik

Richard Löwenherz und seine Erlebnisse im heutigen Niederösterreich auf der Bühne

Literatur

Weblinks

  Richard Löwenherz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Anmerkungen

  1. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Richard I. Löwenherz. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 670.
  2. vgl. Themenweg Richard Löwenherz , Niederösterreich.AT, abgerufen am 17. Juli 2022
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Richard Löwenherz behandelt.
Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit).