Graf Albert (III.[A 1]) von Tirol (* im 12. Jahrhundert, zwischen 1182 und 1187, urkundlich erstmals genannt am 24. Juni 1190[A 2]; † 22. Juli 1253) herrschte als Graf über Teile des heutigen Landes Österreich. Politisch schuf er die wesentlichen Voraussetzungen zur territorialen Zusammenführung jener Ländereien, aus denen die Grafschaft Tirol entstehen sollte, welche im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit einer der bedeutendsten Staaten im südlichen Teil des Heiligen Römischen Reichs war. Obwohl er keine männlichen Erben hinterließ, wurde er über seine Erbtochter Adelheid zum Ahnherren der Grafenfamilie von Görz-Tirol. Ihre beiden Familienzweige, die Grafen von Tirol ("Meinhartiner") und die Grafen von Görz ("Albertiner") herrschten im Spätmittelalter über Teile der heutigen Länder Österreich, Italien und Slowenien. Die Grafen von Tirol herrschten als Herzöge zeitweise auch über das Herzogtum Kärnten, einige der Grafen von Görz waren dort auch als Pfalzgrafen politisch tätig.

Graf Albert von Tirol führt die Reihe der Grafen von Tirol im Spanischen Saal von Schloss Ambras an.

Herkunft und Familie

Graf Albert (III.) von Tirol entstammte einer bairischen[A 3] Adelsfamilie, die 1141 erstmals genannt ist.[1] Ihr gelang es im 11. Jahrhundert während des Investiturstreits gelang, in eine Machtbasis im heutigen Südtirol aufzubauen, in Konkurrenz zu anderen dort ansässigen Adelsfamilien, wie den Grafenfamilien von Eppan, von Morit-Greifenstein, von Suppan, von Wangen (Wanga) und Andechs sowie der Familie der Vögte von Matsch.[2] Als Parteigänger von Kaiser Heinrich IV. erlangte die Familie zunächst Herrschaftsrechte im Eisacktal und erwarb in der Folge Vogteirechte und Reichslehen im Vinschgau.

Graf Albert (III.) von Tirol war der Sohn des Grafen Heinrich (I.) von Tirol (letztmals urkundlich 1189 genannt[3]) aus dessen Ehe mit Agnes von Wangen. Seine Schwester Adelheid war die Ehefrau des Grafen Meinhard (II.) von Görz.[4] Verheiratet war Graf Albert (III.) von Tirol mit Gräfin Uta von Lechsgemünd-Frontenhausen († um 1254, letztmals genannt im Jänner 1254[5]).[4] Aus dieser Ehe hatte er zwei Töchter, die beziehungsweise deren Ehemänner ihn beerbten und seine Nachfolge antraten:

Herrschaften

Graf Albert (III.) von Tirol war im Besitz der Vogtei des Hochstiftes Trient. Während der zweijährigen Sedisvakanz des Bischofsstuhl zwischen dem Rücktritt von Bischof Konrad II. im März 1205 und der Wahl von dessen Nachfolger (1207) war er nicht nur der eigentliche Verwalter des Hochstiftes, sondern auch der Podesta der Stadt Trient.[3] Als Folge der Ermordung von König Philipp (1208) erhielt er um 1210 die Vogtei des Hochstiftes Brixen verliehen, welche zuvor dem Grafen Heinrich von Istrien gehört hatte.[6] Durch die Politik von Kaiser Friedrich II. "Stupor Mundi", der sich meistens im Konflikt mit den Fürstbischöfen beide Hochstifte befand, und dort seine eigenen Leute zu positionieren versuchte, wurden Alberts tatsächliche Möglichkeiten als Vogt für beide Hochstifte zwischen 1236 und 1240 wesentlich eingeschränkt, doch schaffte er es, dass die Vogteien seiner Familie weiterhin erhalten blieben.[7]

Am 29. September 1237 wurde Graf Albert von seinem Schwiegersohn Meinhard mit all den Lehen, welche dieser vom Patriarchats Aquileia und von Herzog Bernhard von Kärnten erhalten hatte, belehnt. Nicht zu klären ist, ob Meinhard diese Besitzungen seinem Schwiegervater übertrug, weil er sich wegen seinem Italienfeldzug mit Kaiser Friedrich II. absichern wollte oder ob dies der Preis für die Ehe mit Alberts Tochter Adelheid war.[8] Durch den Tod seines anderen Schwiegersohns Otto von Andechs erbte Graf Albert die in der späteren Grafschaft Tirol gelegenen Besitzungen von dessen Familie und konnte so auch seine Position im nördlichen Tirol ausbauen. Kurz vor seinem Tod beerbten er und seine Familie außerdem die Grafenfamilie von Eppan.

Leben

Im August 1218 nahm Graf Albert (III.) von Tirol als Begleiter von Bischof Friedrich von Trient († im November 1218) am sogenannten "Fünften Kreuzzug" teil.[4] Im November 1228 schloss er einen Vergleich mit dem Bischof von Chur, in dem strittige Punkte mit dem Hochstift Chur geregelt wurden. Auffällig ist, dass sich der Graf bereits in diesem Vertrag vom Fürstbischof und vom Kapitel zusichern ließ, dass alle Lehen des Hochstiftes, die er zu diesem Zeitpunkt besaß oder noch besitzen würde, später an seine Töchter fallen sollten. Es hat den Anschein, dass Graf Albert zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass er keine Söhne mehr bekommen würde oder diese Möglichkeit zumindest für sehr wahrscheinlich hielt. Auch bei den umfangreichen Lehen, die Graf Albert zwischen 1232 und 1236 vom Bischof von Trient und von Kaiser Friedrich II. erhielt, wird ihm ausdrücklich die Nachfolge für seine Töchter zugesichert.[7]

Bereits 1241 gelang Graf Albert eine vertragliche Vereinigung der Besitzungen der Grafenfamilien von Tirol und von Andechs im Inntal, Eisacktal und Pustertal durch die gemeinsame, unteilbare Belehnung mit den dort gelegenen Lehen des Hochstiftes Brixen. Nach dem Tod seines Schwiegersohns Otto von Andechs gelangte er so 1248 in den Besitz von dessen Erbe. Nachdem Aussterben der Grafenfamilie von Eppan-Ulten erreichte er 1253, dass ihre Lehen vom Hochstift Trient ihm und seiner Familie die Lehen übertragen wurden.[9]

Einen schweren politischen Rückschlag bedeutete für Graf Albert und seinen Schwiegersohn Meinhard die Niederlage bei Greifenburg gegen den Erzbischof von Salzburg, bei der Graf Albert zudem in dessen Gefangenschaft geriet. Im "Unterwerfungsfrieden von Lieserhofen" (27. Dezember 1252) musste Meinhard mehrere seiner im heutigen Oberkärnten gelegenen Besitzungen an den Erzbischof beziehungsweise den Herzog von Kärnten abtreten. Alberts Ehefrau Uta hatte auf die Burg von Virgen und ihre Ansprüche auf Mittersill zu verzichten. Neben einer hohen Bußgeldzahlung musste sich Albert für seine Freilassung außerdem zu einer hohen Lösegeldzahlung verpflichten und als Sicherheit für diese seine beiden noch unmündigen Enkel dem Erzbischof als Geiseln überlassen. Das Ende ihrer mehrjährigen Geiselhaft sollte er nicht mehr erleben.[10]

Nach dem Tod des Grafen Ulrich von Ulten beerbte Graf Albert diesen. Er wurde im Juli 1253, gemeinsam mit seiner Tochter Adelheid und ihren zu dieser Zeit noch in Geiselhaft gehaltenen Söhnen Meinhard und Albert, von König Konrad IV. mit jenen Besitzungen des letzten Grafen Ulrich belehnt, welche Reichslehen waren. Die Lehen des Hochstiftes Trient, welche der Graf von Ulten besessen hatte, wurden am 15. Juli 1253 Graf Albert zusammen mit seiner Ehefrau Uta und seinen Töchtern Adelheid und Elisabeth von Bischof Egno von Trient verliehen.[11]

Um Güter des Hochstiftes Freising, welche sich im Bereich des Kollegiatstiftes Innichen befanden, führte Graf Albert einen langjährigen Streit mit dem Hochstift Freising, in welchen auch die Brüder Heinrich († um 1259) und Otto von Welsberg verwickelt waren. Nach dem August 1245 wurde Albert vom Papst Innozenz IV. deshalb exkommuniziert, weswegen er sich zum Zeitpunkt seines Todes im Kirchenbann befand.[12] Der Streit mit dem Hochstift Freising war mit Alberts Tod nicht beendet. So forderte der Papst am 15. März 1254 über den Bischof von Seckau[A 4] und den Propst von Völkermarkt die Ausgrabung von Alberts Leiche, die in geweihter Erde beigesetzt worden war. Außerdem wurden seine Witwe und seine Töchter aufgefordert, dem Hochstift Freising für die erlittenen Schäden Genugtuung zu leisten, und ihnen mit Kirchenstrafen, welche die Exkommunikation und das Interdikt beinhalteten, gedroht. Dass es sich dabei um keine leeren Drohungen handelte, belegt der Umstand, dass für die älteste Tochter Adelheid die vollzogene Exkommunikation belegt ist.[5]

Trotz der Niederlage gegen den Salzburger Erzbischof und dem Frieden von Lieserhofen, der einen schweren, aber zumindest für seine Familie letztlich nur vorübergehenden Rückschlag für ihre Politik im heutigen Bundesland Kärnten bedeutete, war Graf Albert insgesamt politisch sehr erfolgreich. Seine besondere Leistung aber war, dass es ihm gelang, nicht nur seinen Besitz zu mehren, sondern auch den Zerfall des von ihm bereits aufgebauten Herrschaftsgebietes nach seinem Tod zu verhindern, obwohl er keine männlichen Erben hatte. Dies gelang ihm durch die Eheschließungen seiner beiden Töchter und eine vorausschauende Vertragspolitik.[13]

Orte mit Bezug zu Graf Albert von Tirol

Kärnten

  • Friesach: Nach der Niederlage von Greifenburg (8. September 1252) wurde Graf Albert von Tirol für mehrere Monate in der Feste von Friesach gefangen gesetzt.[10]
  • Greifenburg: Bei der Belagerung der Burg Greifenburg erlitten Graf Albert von Tirol und sein Schwiegersohn Meinhard am 8. September 1252 eine schwere Niederlage gegen den Salzburger Erzbischof Philipp aus der Familie der Spanheimer. Der in Lieserhofen (heute Teil der Gemeinde Seeboden am Millstätter See) geschlossene Frieden (27. Dezember 1252) bedeutete für beide einen schweren politischen Rückschlag.[10]
  • Klagenfurt: 1217 stellte Graf Albert (III.) von Tirol gemeinsam mit seiner Ehefrau Uta dem Stift Viktring eine Schenkungsurkunde für den Fall seines erbenlosen Todes aus.[4]
  • Oberdrauburg: Die Burg von Oberdrauburg musste im Frieden von Lieserhofen (1252) an Erzbischof Philipp von Salzburg abgetreten werden.

Osttirol

  • Matrei: Matrei war ein kaiserliches Lehen, auf welches auch der Erzbischof von Salzburg Ansprüche geltend machte. Im Frieden von Lieserhofen kam es an das Erzstift Salzburg.
  • Virgen: Die Burg und Herrschaft Virgen gelangte als Erbe von Gräfin Uta in den Besitz der Grafenfamilie von Tirol. Als Teil des Friedens von Lieserhofen musste sie an das Erzstift Salzburg abgetreten und von diesem zu Lehen genommen werden.

Salzburg

  • Mittersill: Die Burg von Mittersill zählte zu jenen Besitzungen der Grafen von Lechsgemünd, auf welche Albert durch seine Ehe mit Uta Ansprüche geerbt hatte. Im Frieden von Lieserhofen mussten diese an das Erzstift Salzburg abgetreten werden.

Erinnerung an Graf Albert III. im heutigen Tirol

  • Innsbruck: Ein Wandbild von Graf Albert von Tirol befindet sich in der Galerie der Grafen von Tirol auf Schloss Ambras im "Spanischen Saal".
  • Stams: Graf Albert von Tirol dürfte zu jenen Verwandten zählen, welche sein Enkel Meinhard (II.) später nach Stift Stams überführen ließ, als er dort eine Familiengrablege errichtete.

Darstellung in Literatur und Belletristik

  • Fanny Wibmer-Pedit: Graf und Herzog. Roman um Meinhard II. von Tirol, Roman (1954), in spätere Auflagen: Meinhard. Der Einiger Tirols

Literatur

  • Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278. Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 1999. ISBN 3-8000-3525-1, besonders S. 404ff.
  • Alfons Huber: Albert II.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Duncker & Humblot, Leipzig, 1875. Band 1, S. 205–207 digital
  • Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes. In: Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 281-312
  • Walter Landi: Die Grafen von Tirol. Ein historisch-familiengeschichtlicher Überblick (10.–14. Jahrhundert). In: Walter Häuser - Martin Mittermair (Hrsg.): Schloss Tirol. Bd. 1. Baugeschichte. Die Burg Tirol von ihren Anfängen bis zum 21. Jahrhundert. Athesia Druck, Bozen, 2017. ISBN 978-88-95523-25-5. S. 110-135 digital
  • Justinian Ladurner: Albert III. und letzte der ursprünglichen Grafen von Tirol. In: Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg 3, 1869. Heft 14. S. 1–146 digital
  • Eduard Widmoser: Albert II. (III.). In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Duncker & Humblot, Berlin, 1953. ISBN 3-428-00182-6. Band 1. S. 133 digital

Weblinks

  Albert III. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. vgl. Christian Hagen: Fürstliche Herrschaft und kommunale Teilhabe. Die Städte der Grafschaft Tirol im Spätmittelalter (= Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs. Bd. 38). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2015. ISBN 978-3-7030-0878-8. S. 28
  2. vgl. Christian Hagen: Fürstliche Herrschaft und kommunale Teilhabe. Die Städte der Grafschaft Tirol im Spätmittelalter (= Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs. Bd. 38). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2015. ISBN 978-3-7030-0878-8. S. 27
  3. 3,0 3,1 vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 282
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 283
  5. 5,0 5,1 vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 288
  6. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 282f.
  7. 7,0 7,1 vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 284
  8. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 284f.
  9. vgl. Neue Deutsche Biographie (NDB), S. 133
  10. 10,0 10,1 10,2 vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 286f.
  11. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 287
  12. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 287f.
  13. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 281

Anmerkungen

  1. Bei der Zählung hat er oft, besonders in älteren Arbeiten auch die Ordnungszahl II. oder IV.
  2. Angaben zu Geburts- und Sterbedatum nach Philipp Jedelhauser. Vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 282
  3. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um das "Stammesherzogtum" bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  4. Das Bistum Seckau war damals ein Suffraganbistum des Erzbistums Salzburg.
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Albert III. (Tirol) behandelt.
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