Als Fratschlerin bezeichnete man in Wien beginnend vom 18. Jahrhundert eine Obstverkäuferin, die aus ihrem Obstkorb oder -butte heraus das Obst feilbot. Verkaufsstand besaß eine Fratschler keinen. Diese Verkäuferinnen bezeichnete man als Öbstlerin.

Die Bezeichung Fratschlerin wurde bald auch für Marktweiber verschiedener Art verwendet, speziell solche, die nur Zwischenhandel betrieben, die dadurch die Lebensmittel verteuerten. Sie wurden auch als Bolettenweiber bezeichnet. Fratschlerinnen schrieb man einerseits einen schlagfertigen Witz, andererseits eine schrankenlose Grobheit zu. Aus diesem Grund wurden sie später aus der Stadt, wo sie in der Nähe der Stadttore arbeiteten, auf den Naschmarkt und das Schanzel verwiesen.

Im Jahr 1776 gab die Hofkanzlei gedruckte Legitimationen, die als Poletten bezeichnet wurden, die auch einen Zwischenhandel erlaubten, heraus. Mit diesem Ausweis durften sie ab 11 Uhr vormittags (1777 bereits ab 8 Uhr, im Winter ab 9 Uhr) auf den Markt kommen, um Waren für ihren Kleinhandel einzukaufen.

Im Mittelhochdeutschen Taschenwörterbuch von Matthias Lexer findet man unter dem Stichwort vreten, vraten als Erklärung herumziehen, quälen, plagen. Bei den Brüder Grimm findet man unter Fratschlerin eine Handelsfrau, Trödelfrau, Höckerin, die mit geläufiger Zunge zum Kauf antreibt. Die Marktordnung von 1571 sprach von verbotener Fürkhauffung oder Fretschlerei.

Bekannt ist heute nur mehr das Verb ausfratscheln, das von dieser Berufsbezeichnung herrührt.[1]

Literatur

  • Gustav Gugitz: Kuriosa aus dem alten Wien. In: Wiener Geschichtsblätter 9 (1954), S. 26
  • Alexander Gigl: Geschichte der Wiener Marktordnungen vom sechzehnten Jahrhundert an bis zu Ende des achtzehnten aus Urkunden entwickelt. Wien: Gerold 1865, S. 61 ff.
  • Silvia Müller: Die Märkte der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Diplomarbeit Univ. Wien. Wien 1987, S. 119, 144
  • Helga Maria Wolf: Die Märkte Alt-Wiens. Wien 2006. S. 22f.
  • Johann Werfring: Das lose Mundwerk der Wiener Fratschelweiber] in der Wienerzeitung vom 8. März 2012 Online)
  • Rudi Palla: Verschwundene Arbeit, Christian Brandstätter Verlag, 4. Auflage, Wien und München 2011, S. 72–74. ISBN 978-3-85033-327-6

Einzelnachweise

  1. Ausfratscheln im Universal-Lexikon abgerufen am 24. Dezember 2015

Weblinks