Agnes von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz

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Die Burg Rettenberg, heute. Heinrich von Rottenburg hatte sie Agnes von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz als Wiederlage für ihre Mitgift überschrieben.

Gräfin Agnes von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz, auch Agnes von Kirchberg (* um 1385; † nach dem 24. Juni 1427 und vor 1436, vermutlich am 21. Februar 1434, 1435 oder 1436[1]) war eine der Töchter des letzten Grafen von Bludenz und als Ehefrau des Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg in die "Rottenburger Fehde" verwickelt, die sie relativ unbeschadet überstand.

Herkunft und Familie

Agnes von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz entstammte dem schwäbischen Adel. Ihre Familie, ein Zweig der Grafen von Werdenberg und eine Nebenlinie der Grafen von Montfort, waren Nachfahren der Pfalzgrafen von Tübingen. Der Heiligenberger Zweig der Werdenberger geht auf Graf Hugo I. von Werdenberg-Heiligenberg († 1280) zurück. Dessen Enkel, Graf Albrecht I. von Werdenberg-Heiligenberg († um 1365), war in eine Fehde mit Graf Rudolf IV. von Montfort-Feldkirch († um 1375) verwickelt, von der die Herzöge von Österreich profitierten.[2]

Agnes war eine der fünf Töchter des Grafen Albrecht (III.) von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz aus seiner Ehe mit Gräfin Ursula von Schaunberg († nach 10. August 1412). Über ihre Mutter war sie eine Enkelin des Grafen Heinrich VII. von Schaunberg und eine Urenkelin von Graf Meinhard VI. von Görz(-Tirol).[3] Sie war eine Cousine des Grafen Friedrich VII. von Toggenburg († 1436), dessen Mutter Katharina von Werdenberg-Heiligenberg eine Schwester ihres Vaters war.[4]

Ehen und Nachkommen

Agnes von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz war zweimal verheiratet und hatte aus beiden Ehen Nachkommen.[5]
∞ in 1. Ehe seit ca. 1404 mit Graf Heinrich (VI.) von Rottenburg ("Heinrich der Letzte") († 1411)[1];

∞ in 2. Ehe seit ca. 1415 mit Graf Eberhard (VI.) von Kirchberg(-Wullenstetten) († 1440)

  • Graf Konrad (VIII.) von Kirchberg († 1470) ∞ vor 1436 mit Anna von Fürstenberg, einer Tochter von Graf Heinrich V. von Fürstenberg
  • Graf Eberhard (VII.) von Kirchberg ("Eberhard der Jüngere") († 1475), beigesetzt in der Kirche des Klosters von Wiblingen bei Ulm. (Das Grabmal zeigt die Wappen seiner weiblichen Vorfahren aus dem Häusern Werdenberg-Heiligenberg (Stiege) und Schaunberg (Wecken)[5].
  • Gräfin Agnes von Kirchberg ("Agnes die Jüngere") († 1472) ∞ um 1435 mit Vogt Ulrich IX. von Matsch, Graf von Kirchberg († 1481), 1471–1476 Landeshauptmann von Tirol; Mutter von Gaudenz von Matsch
  • Gräfin Bertha von Kirchberg († nach 8. Juli 1482) ∞ mit Johann II. von Tengen, Graf von Nellenburg († 1484).
  • Gräfin Anna von Kirchberg († 1478)
∞ in 1. Ehe mit Graf Johann (II.) von Fürstenberg († 1443)
∞ in 2. Ehe seit ca. 1444 mit Freiherr Werner von Zimmern zu Messkirch († 1483)

Die erste Ehe

Ihr erster Ehemann, Graf Heinrich von Rottenburg, war zu Beginn des 15. Jahrhunderts einer der reichsten und bedeutendsten Adeligen der Grafschaft Tirol. Er war im Besitz zahlreicher Burgen und Gerichte im heutigen Nord- und Südtirol, die ihm als Eigengut, Lehen und Pfandschaften gehörten, und entstammte einer Ministerialienfamilie, die seit dem 12. Jahrhundert urkundlich belegt ist und im 14. Jahrhundert dem führenden Landadel Tirols angehörte. Wie bereits sein gleichnamiger Vater bekleidete Heinrich von Rottenburg die einflussreichen Funktionen eines "Hauptmanns an der Etsch" und eines "Hauptmanns des Hochstiftes Trient". Wie andere Angehörige seiner Familie bekleidete er außerdem das erbliche Amt des Hofmeisters "auf Tirol".[7] Ehe er in den Appenzellerkrieg aufgebrochen war, hatte er Agnes noch am 28. Oktober 1404 mit ihrer Morgengabe und zusätzlichen 4.000 Gulden versorgt, wofür er ihr die Burg Rettenberg bei Kolsass im Unterinntal und Zehentbezüge in Kaltern verschrieb.[1] Nach der Schlacht am Stoss (17. Juni 1405) war sie zu einer abenteuerlichen Flucht nach Tirol genötigt.[1]

Um 1406/07[A 1] gründete Heinrich von Rottenburg einen Tiroler Adelsbund, der in der älteren Literatur häufig irrtümlich als "Falkenbund" bezeichnet wird. Dieser Bund, dem 126 Adelige und einzelne Städte, Talschaften und Gemeinden angehörten, hatte offiziell das Ziel, die Grafschaft Tirol gegen die "Appenzeller" und andere Gegner (von außen) zu schützen und sollte seinen Mitgliedern gegenseitige Hilfe und Unterstützung gewähren, war aber de facto ein Bündnis, das sich gegen den Landesfürsten, Herzog Friedrich IV. von Österreich ("Friedrich der Ältere" / "Friedel mit der leeren Tasche") richtete.[8] In der Folge entwickelte sich Graf Heinrich zu einem gefährlichen Gegner des Herzogs, was letztlich in der für ihn verhängnisvollen "Rottenberger Fehde" kulminierte, die Heinrich seine zahlreichen Besitzungen kostete, nachdem er 1410 in die Gefangenschaft des Herzogs geraten war.[9]

Um seine Ehefrau Agnes und seine Tochter Barbara vor der Gefahr einer restlosen Enteignung durch Friedrich IV. zu schützen, hatte Heinrich von Rottenburg, der kurz nach seiner Freilassung starb[10], beide dem Herzog in seiner Funktion als Landesherr ausdrücklich empfohlen. Tatsächlich sorgte dieser dafür, dass Agnes die Burg Rettenberg, auf die ihre Heimsteuer und Morgengabe verschrieben war, behalten konnte.[11] Außerdem soll sie auch den Ansitz Schloss Moos-Schulthaus bei St. Michael in Eppan als Alterssitz erhalten haben.[12]

Die zweite Ehe

Nach dem Tod ihres ersten Ehemannes heiratete Agnes Graf Eberhard VI. von Kirchberg, der um 1431 als Hofmeister der Grafen von Württemberg belegt ist. Zum Zeitpunkt ihrer zweiten Eheschließung galt Agnes als reiche Witwe, sie hatte Heinrichs Sturz, anders als die Legenden überliefern, einigermaßen glimpflich überstanden.[11] Über ihre Kinder war Agnes mit wichtigen Adelsfamilien aus der Reichslandschaft Schwaben und der Grafschaft Tirol verwandt: mit den Herren von Rechberg, den Grafen von Fürstenberg, den Grafen von Tengen-Nellenburg und den Herren von Zimmern zu Messkirch sowie den Vögten von Matsch. Als Gräfin von Kirchberg förderte Agnes gemeinsam mit Graf Eberhard das Kloster Wiblingen bei Ulm, wo Eberhard beigesetzt wurde und sie vermutlich ebenfalls ihre letzte Ruhestätte gefunden haben dürfte.[13]

Erbschaften

  • Nach dem Tod ihres Vaters kam seine Grafschaft Bludenz an die Herzöge von Österreich, Agnes und ihre Schwestern erhielten eine finanzielle Abfertigung.[14]
  • Nach dem Tod ihres Cousins, des letzten Grafen von Toggenburg im Jahr 1436, erbten ihre vier Schwestern Kunigunde, Frena, Katharina und Margaretha bzw. deren Nachkommen Teile von dessen Erbe, sie selbst bzw. ihre Nachkommen wurden bei dieser Erbschaft nicht berücksichtigt. Ein Grund dafür ist nicht überliefert, vorstellbar wäre allerdings, dass die Ursache politische Interessenskonflikte innerhalb einiger damaliger Eidgenossenschaften waren. Auffällig ist jedenfalls, dass Agnes, deren Familie leer ausging, mit einem Gefolgsmann der Grafen von Württemberg verheiratet war, während ihre vier Schwestern alle mit ihren Familien und ihren Untertanen in eidgenössischen Burg- und Landrechten standen.[15] Dass Agnes bereits 1430 ihrem Schwager Wolfhard V. von Brandis ihren Anteil an Schellenberg verkauft hatte, wäre aber ein Indiz dafür, dass sie an dieser Erbschaft nicht interessiert war.[1]

Darstellungen in Literatur und Belletristik

Literatur

  • Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz. In: Bludenzer Geschichtsblätter 2009, Heft 90+91, S. 28-70 Digitalisat

Weblinks


Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III. 2009, S. 42
  2. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411. Die Herrschaft Österreich. Fürst und Land im Spätmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 2001, S. 268
  3. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411. Die Herrschaft Österreich. Fürst und Land im Spätmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 2001, S. 272
  4. vgl. Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III., 2009, S. 28
  5. 5,0 5,1 5,2 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III., 2009, S. 43
  6. vgl. Claudia Feller: Das Rechnungsbuch Heinrichs von Rottenburg – Ein Zeugnis adeliger Herrschaft und Wirtschaftsführung im spätmittelalterlichen Tirol, Böhlau, Wien/München 2010, ISBN 978-3-486-59122-4, S. 74
  7. vgl. Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs". Die Anklageschrift Herzog Friedrichs IV. von Österreich im Verfahren gegen den Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg. In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439). Akten der internationalen Tagung Landesmuseum Schloss Tirol 19./20. Oktober 2017. Athesia -Tappeiner Verlag, Bozen, 2018. ISBN 978-88-6839-381-6, S. 117
  8. vgl. Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs". Die Anklageschrift Herzog Friedrichs IV. von Österreich im Verfahren gegen den Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg. In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439). Akten der internationalen Tagung Landesmuseum Schloss Tirol 19./20. Oktober 2017. Athesia -Tappeiner Verlag, Bozen, 2018. ISBN 978-88-6839-381-6, S. 118
  9. vgl. Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs". Die Anklageschrift Herzog Friedrichs IV. von Österreich im Verfahren gegen den Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg. In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439). Akten der internationalen Tagung Landesmuseum Schloss Tirol 19./20. Oktober 2017. Athesia -Tappeiner Verlag, Bozen, 2018. ISBN 978-88-6839-381-6, S. 121-123
  10. vgl. Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs". Die Anklageschrift Herzog Friedrichs IV. von Österreich im Verfahren gegen den Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg. In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439). Akten der internationalen Tagung Landesmuseum Schloss Tirol 19./20. Oktober 2017. Athesia -Tappeiner Verlag, Bozen, 2018. ISBN 978-88-6839-381-6, S. 123
  11. 11,0 11,1 vgl. Ute Monika Schwob: "Herrinnen" in Tiroler Quellen. Zur rechtlichen und sozialen Stellung der adeligen Frau im Mittelalter, in: Egon Kühebacher (Hrsg.): Literatur und bildende Kunst im Tiroler Mittelalter. Die Iwein-Fresken von Rodenegg und andere Zeugnisse der Wechselwirkung von Literatur und bildender Kunst (= Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Germanistische Reihe 15), Innsbruck 1982, S. 170
  12. vgl. Wilfried Bahnmüller: Burgen und Schlösser in Tirol, Südtirol und Vorarlberg, NP Buchverlag, St. Pölten / Linz / Wien, 2004, ISBN 3-85326-333-X, S. 151
  13. vgl. Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III., 2009, S. 43f.
  14. vgl. Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III. 2009, S. 40
  15. vgl. Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III. 2009, S. 29

Anmerkungen

  1. Der erhaltene Bundbrief datiert auf den 28. März 1407 und wurde nachträglich ausgestellt.