Das Ende der jüdischen Gemeinde Deutschkreutz 1938

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Die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1938 bedeutete das Ende der Juden auch in Deutschkreutz.

Jüdische Vorgeschichte

Fast 270 Jahre lebten in Deutschkreutz Juden, die ihrer Judengemeinde emotionell sehr stark verbunden gewesen waren. Es gestaltete sich eine besondere Art einer traditionellen jüdischen Gesellschaft heraus, deren höchster Wert das Studium der Torah war. Es entstand ein wichtiges Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit, in deren Jeschiwa sich junge Männer aus ganz Mitteleuropa einfanden. Die alte von Generation zu Generation überlieferte Weissagung hatte sich erfüllt: .

„So wie die „Siebengemeinden“ zusammen entstanden waren und zusammen existierten, würden sie auch zusammen untergehen“

Ausweisung aus der Ortschaft

Wie in vielen anderen Ortschaften erging der Befehl der nationalsozialistischen Behörden auch an alle Deutschkreutzer Juden, die Ortschaft zu verlassen. Deutschkreutz war eine der ersten Gemeinden, in denen an Juden feindliche Aktionen durchgeführt wurden. Schon am Freitag nach der Besetzung Österreichs begannen die antisemitischen Ausschreitungen. Einige jüdische Häuser wurden mit verschiedenen Gegenständen beworfen.

Wenig später wurden hochrangige jüdische Gemeindemitglieder verhaftet und in Oberpullendorf eingesperrt. Es wurde ihnen nahegelegt, Erklärungen zu unterschreiben, in denen sie sich freiwillig zum Auswandern in ein anderes Land verpflichteten. Es war dies für die nächsten zwei Wochen vorgesehen. Christliche Ortsbewohner haben den Juden auch noch zusätzliche Qualen und Schmerzen versetzt, in dem sie „jüdische Mitbürger demütigten, misshandelten, ihnen Wertgegenstände von den Fingern rissen“ und die Judengeschäfte plünderten. Die vertriebenen Juden durften von ihrem Eigentum nur so viel mitnehmen, wie sie tragen konnten. Es wurde zwar versucht Gegenstände billig zu verkaufen, aber die Deutschkreutzer Bürger hatten Angst vor Strafen seitens der NSDAP. Die übriggebliebenen Waren und Geschäftseinrichtungen wurden zu Schleuderpreisen öffentlich versteigert.

Die Häuser und Grundstücke der einstigen Judenfamilien wurden an Deutschkreutzer Privatpersonen veräußert oder als Gemeindegrund in öffentliche Verkehrsflächen umgewandelt. Die Bezahlung der Liegenschaften wurde oft gar nicht oder mit wenig Geld durchgeführt.

Der Abtransport der Juden

Am 13. April 1938 wurde ein Großteil der Juden aus Deutschkreutz nach Wien abtransportiert. Die Juden wurden nach der Ankunft in Wien vor einer Synagoge abgesetzt, wo sie von Wiener Juden versorgt wurden. Sie hatten sehr wenig Hab und Gut bei sich und wurden in Schulen, Hotels und Privatwohnungen notdürftig untergebracht. In den ersten Maitagen des Jahres 1938 hatten alle Deutschkreutzer Juden die Ortschaft verlassen. Der Letzte, der Deutschkreutz verließ war David Wiener, ein Deutschkreutzer Lehrer. Er musste so lange in Deutschkreutz bleiben, bis er von der Gestapo einen Befehl zur Abwanderung erhalten hatte.

Zufluchtsorte der Deutschkreutzer Juden

Laut den Nachforschungen des Wieners Shalom Fried und Hannes Artner aus Deutschkreutz sind die vertriebenen Deutschkreutzer Juden wie folgt verstreut worden.

Im KZ umgekommen: 81
Israel: 95
USA: 25
London: 18
Ungarn: 6
Südamerika: 4
Polen/Russland: 6
In Wien bzw. Deutschkreutz verstorben: 4
Unbekannten Aufenthaltes: 181

Kein ehemaliger Deutschkreutzer Jude oder Verwandter einer Judenfamilie hat sich nach dem Krieg bis heute in Deutschkreutz niedergelassen.

Erinnerung an die jüdische Gemeinde

Denkmal in Deutschkreutz

Auf Initiative und Ideen des in Israel gebürtigen Unternehmers Michael Feyer, dessen Eltern jedoch aus Wien stammen, wurde im Jahr 2012 ein Denkmal an der Hauptstraße zum Gedenken an die jüdische Gemeinde errichtet.[1]

Literatur

  • Shlomo Spitzer,: Die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz, 1995, Wien, Böhlau Verlag 1995, S.49ff
  • Adalbert Putz: Zelem–Zentrum jüdischer Kultur in Franz Schneller (Hrsg): Deutschkreutz, 1995, S.177ff
  • Alfred Zistler: Geschichte der Juden in Deutschkreutz in Hugo Gold: Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden des Burgenlandes, Tel-Aviv, Olamenu 1970, S. 60
  • Andreas Hausner: NS-Terror im Burgenland (1938-1945), Diplomarbeit, Wien 2001, S. 57
  • Herbert Rosenkranz: Das Judentum Burgenlands am Vorabend der Schoah in Schlomo Spitzer (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Juden im Burgenland, Wien, Österreichischer Kunst- und Kulturverlag, 1995, S. 157

Einzelnachweise

  1. Obmann KR Michael Feyer auf erinnern.at abgerufen am 10. April 2021

Weblinks


PH-Eisenstadt 8777.JPG Dieser Artikel wurde auf Wikiversity im Zuge des Hochschul-Projektes an der Pädagogische Hochschule Burgenland mit dem Thema Das Ende der jüdischen Gemeinde Deutschkreutz 1938 erstellt oder maßgeblich erweitert.