Stadtpfarrkirche Stockerau

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Bekannt ist die Pfarrkirche Stockerau wegen ihres Kirchturms, der als höchster Kirchturm in Niederösterreich gilt.

Die Stadtpfarrkirche Stockerau "Zum Heiligen Stephanus" zählt zu den ältesten Kirchen im Weinviertel. Bekannt ist sie wegen ihres Kirchturms, der als der höchste Kirchturm von Niederösterreich gilt.

Die Stadtpfarrkirche Stockerau heute

Heute ist die Stadtpfarrkirche Stockerau dem Heiligen Stephanus geweiht und Teil der Erzdiözese Wien. Noch immer zählt sie zu den größten Pfarren von dieser.[1]

Lage

Die Stadtpfarrkirche Stockerau befindet sich nordwestlich der Stadt Wien im Weinviertel. Sie ist Teil der Stadt Stockerau.[1]

Das Bauwerk

Von der ursprünglichen Stadtpfarrkirche und ihrem Erscheinungsbild gibt es nur Hinweise. Bilder oder aussagekräftige Beschreibungen von ihr sind bisher nicht aufgetaucht, erhalten haben sich nur einige Notizen aus der Zeit, ehe sie abgebrochen wurde. Sie dürfte ursprünglich romanisch gewesen sein und wurde wohl später gotisiert. Nach den Aufzeichnungen von Michael Silberknoll, Müllermeister und Marktrichter von Stockerau im 15. Jahrhundert wurde sie 1438-1465 umgebaut.[2] Anfang des 18. Jahrhunderts befand sie sich bereits in einem sehr schlechten Zustand. Nachdem zunächst eine Erweiterung geplant war, wurde sie schließlich abgebrochen und 1777-1778 durch den noch heute erhaltenen frühklassizistische Neubau nach Plänen des Wiener Baumeisters Peter Mollner († 1801) ersetzt.[3] Die "neue" Stadtpfarrkirche wurde 1954 renoviert und erhielt 1968 eine Warmluftheizung.[4] 2009/2010 folgte dann eine umfassende Renovierung.[3] Teil der Kirche ist auch eine Seitenkapelle, die seit 1841 als Beichtkapelle genutz wird.[5]

Der Kirchturm von Stockerau

Bekannt ist die Stadtpfarrkirche Stockerau heute vor allem wegen ihres hochbarocken Kirchturms, der als höchster Kirchturm des Bundeslandes Niederösterreich gilt und den Haupteingang bildet. Errichtet wurde er 1722-1727 durch den Wiener Maurermeister Franz Jänkel (Jänggl) († 1734).[3] Der Kirchturm wurde von Grund auf neu erbaut und der westlichen Giebelseite vorgesetzt. Er ist ca. 88 Meter hoch und mit einer Zwiebelhaube gedeckt. Im Obergeschoss befinden sich zwei Nischen, in denen Statuen der Heiligen Leopold und Stephanus aufgestellt sind. [4] Sein Glockenstuhl wurde 1962 zum Teil erneuert. Heute hängen dort 6 Glocken. Die Heroldsglocke wurde 1659 in Nürnberg gegossen, die Sterbeglocke stammt aus dem Jahr 1759. Die vier übrigen Glocken wurden 1949 beim Glockengießer Pfundtner in Wien gegossen.[6]

1872 wurde im Turm das "Holzkreuz aus der Au" aufgehängt, dem Wunder nachgesagt werden. Zuvor war es seit 1816 in der Au gestanden. [6]

Unter dem Turm befindet sich eine Gruft, in der einige ehemaligen Pfarrherren der Pfarre Stockerau, Mitglieder von mehreren Stockerauer Bruderschaften sowie der Stockerauer Marktrichter Leopold Lengfeld und seine Ehefrau beigesetzt wurden.[6]

Die Inneneinrichtung der "ersten" Stadtpfarrkirche

Neben dem Hochaltar, gab es in der "ersten" Stadtpfarrkirche fünf Nebenaltäre, die Maria Himmelfahrt, dem Heiligen Kreuz, der Heiligen Anna, dem Heiligen Sebastian und einem Heiligen Johannes geweiht waren. Erhalten sind ein Bild des Heiligen Peregrinus (1750) und ein Mariahilfbild (1755) sowie die Pieta aus der Seitenkapelle (1770), ein Werk des Bildhauer Schilchers. Erhalten sind außerdem eine Kirchenlade aus Schmiedeeisen aus dem 16. oder 17. Jahrhundert und ein Lavabo aus Rotmarmor. Im Januar 1974 wurde bei der neuen Altarraumgestaltung der Grabstein des Stockerauer Pfarrers Matthias Michael Rosenblum († 1605) entdeckt.[4]

1643 hatte die "erste" Stadtpfarrkirche einen Hochaltar, der 1666 durch einen anderen ersetzt wurde. Dessen Altarbild, ein Werk des Malers Nikolaus von Hoye, zeigt den Heiligen Stephanus. Es befindet sich heute im Heimatmuseum von Stockerau.[7]

Die Inneneinrichtung der "zweiten" Stadtpfarrkirche

Der heutige Hochaltar (1777) besteht aus Zogelsdorfer Marmor und wurde nach Plänen von Martin Keller geschaffen. Realisiert wurden diese durch die Marmorierer Franz Senger und Karl Müller.[6] Sein Hochaltarbild ist ein Werk des Malers Johann Meidinger und zeigt den Märtyrertod des Heiligen Stephanus. Wie in der "ersten" Stadtpfarrkirche gibt es auch in der "zweiten" Stadtpfarrkirche fünf Seitenaltäre. Auf der linken Seite befinden sich heute ein Koloman-Altar (mit Reliquien des Heiligen Kolomans und einem Altarbild von Leopold Kastner aus dem Jahr 1886) und ein Aloisius-Altar (Altarbild von Josef von Führich aus dem Jahr 1839/41).[8] Bei diesem ist der Abgang in eine weitere Gruft, in der Pfarrgeistliche, Adeligen, Bürgersfrauen, Kinder, Ratsmitgliedern und weitere Personen beigesetzt sind.[9] Auf der rechten Seite befinden sich ein Herz-Jesu-Altar (mit einer Herz-Jesu-Statue aus der nach 1945 aufgelassenen Kapelle des Stockerauer Gymnasiums und einem Altarbild des Stockerauer Malers Hubert Schweikhart), ein Maria-Heimsuchungs-Altar (Altarbild des Wiener Malers Hubert Maurer, gemalt um 1875, über dem ein Bild der Maria-Hilf hängt) und ein Marien-Altar aus dem Jahr 1886. Die Marienstatue wurde von 15 Stockerauer Bürgerfrauen aus Dank für die Errettung des Kaisers beim Attentat 1854 gespendet und war 1886-1954 im Turmeingang aufgestellt, ehe sie auf diesen Marien-Altar kam.[8]

Die Kirche besitzt heute eine sehenswürdige Kanzel aus dem Jahr 1778, ein Werk des Bildhauers Christoph Helfer und von Josef Gerber, einem Tischlermeister aus Stockerau. Auf ihr befinden sich der Heilige Augustinus und Papst Gregor der Große. Den Schalldeckel schmücken drei Engel, die Hoffnung, Glaube und Liebe symbolisieren. Auf drei Reliefs sind der Sämann, der "Gute Hirte" sowie Johannes der Täufer in der Wüste dargestellt. Weitere Kunstwerke sind zwei Lindenholzplastiken der Heiligen Petrus und Paulus, ein Geschenk des Wiener Erzbischofs Kardinal Rauscher († 1875) aus den Beständen des Wiener Stephansdoms.[8]

Die Orgel der "ersten" Kirche wurde zunächst in die "zweite" Kirche übernommen. Erst 1888 wurde sie durch eine neue Orgel aus der Werkstätte des Wiener Orgelbauers Johann Kaufmann ersetzt, die zuvor auf der Wiener Jubiläums-Gewerbeausstellung ausgestellt war.[5]

Entstehung und Entwicklung der Pfarre Stockerau

Ablassbrief von Antonio Barberini (1607-1671), Erzbischof von Reims und Bischof von Palestrina für die Pfarrkirche von Stockerau in Niederösterreich aus dem Jahr 1664

Wann die spätere Stadtpfarrkirche Stockerau gegründet wurde, ist nicht eindeutig gesichert. Sie gilt jedenfalls als eine der ältesten Kirchen im heutigen Bundesland Niederösterreich. Gewöhnlich wird davon ausgegangen, dass sie eine jener fünf Pfarrkirchen war, deren Errichtung 1014 zwischen König Heinrich II. († 1024) und dem Berengar von Passau († 1045) beschlossen wurde, im Zusammenhang mit der "Königsschenkung" von König Heinrich II. und der Planung einer Pfarrorganisation für die damalige Mark Österreich. Die Pfarrkirche Stockerau wurde jedenfalls auf Besitz errichtet, den der König dem Hochstift Passau geschenkt hatte und war also eine Eigenkirche des Hochstiftes[A 1]. Erstmals namentlich genannt ist sie 1215, als sie das Hochstift Passau an das Stift Klosterneuburg verlieh, was Papst Innozenz III. († 1216) urkundlich bestätigte. 1293 war sie wieder direkt im Besitz des Hochstiftes Passau.[3] Gemeinsam mit dem Pfarrsprengel der Pfarre Hausleiten bildeten die Pfarre Stockerau und ihr Pfarrsprengel bis zur ihrer Herauslösung das sogenannte "Passauer Luß".[10] Sie blieben im Besitz des Hochstiftes bzw. Bistum Passau, bis 1784, als Kaiser Joseph II. (* 1739; † 1791) dieses zum Verzicht auf sämtliche Kirche in seinem Reich (und somit auch im heutigen EU-Land Österreich) zwang. Am 7. August 1784 wurden sie Teil des Erzbistums Wien.[3]

Unter Kaiser Joseph II. wurde 1783/84 auch der Pfarrsprengel der Pfarrkirche neu geordnet, dessen Auflösung bzw. Verkleinerung jedoch bereits mit Ende des 13. Jahrhunderts eingesetzt hatte. Im Mittelalter hatte er im Wesentlichen ein Gebiet umfasst, das in etwa flächenmäßig den heutigen Gerichtsbezirk Stockerau umfasste. Damals gehörten zu ihm neben dem ursprünglichen Ort Stockerau, Grafendorf, Unterzögersdorf, Oberzögersdorf (alle drei heute Teil von Stockerau), Leitzersbrunn, Spillern, und das heute nicht mehr existierende Laidersdorf, außerdem Leitzersdorf (mit Wiesen, Hatzenbach, Wollmannsberg), Sierndorf (mit Oberolberndorf), Senning (mit Geitzendorf, Höbersdorf und Untermallebarn[A 2]) und Großmugl (mit Ringendorf, Füllersdorf und Steinabrunn). Nach der josefinischen Pfarrregulierung bestand die Pfarre nur mehr aus dem in der heutigen Stadt Stockerau gelegenen Gebieten und Spillern. Dieses wurde erst 1966 selbständige Pfarre.[10]

Geschichte der Pfarrkirche Stockerau

In den Annalen der Stifte Melk, Merseburg und Niederaltaich wird die älteste Kirche von Stockerau als erste Grabstätte des Heiligen Kolomans genannt. Sie soll sich "nahe der Donau in einer Au" befunden haben. 1013 soll sie als Folge einer Überschwemmung zur Hälfte unter Wasser gestanden haben, jedoch blieb das Grab des Heiligen unversehrt.[2] Diese Kirche wurde in der älteren Forschung mit der späteren Stadtpfarrkirche identifiziert, obwohl die überlieferten Fakten nicht so recht zusammenpassen. Nach einer neueren Theorie soll bei dieser Kapelle im 17. Jahrhundert das Franziskanerkloster erbaut worden sein.[11]

Mit Sicherheit wurde die "erste" Stadtpfarrkirche jedenfalls vor 1215 erbaut, da 1215 erstmals die Pfarre Stockerau urkundlich genannt ist. Sie bestand bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhundert. Nach ihrem Abriss wurde sie 1777/78 durch einen Neubau ersetzt.[3] Diese "zweite" Stadtpfarrkirche wurde am 7. Oktober 1781 durch den Wiener Weihbischof Ernst Johann Graf von Herberstein geweiht.[6] Die Stadtpfarrkirche war Zentrum einer Pfarre, die von Beginn an sehr gut dotiert war und eine eigene kleine Grundherrschaft bildete. Sie wurde mehrmals von historischen Geschehnissen geprägt. 1426 suchte die Bevölkerung von Stockerau vor den Hussiten Zuflucht in ihren Umfassungsmauern[3]. Im 16. und 17. Jahrhundert folgten die Reformation und Gegenreformation. 1713 wurde die Pfarre von einer Pestepidemie heimgesucht, 1805 und 1809 von den "Napoleonischen Kriegen". Schließlich folgten noch der Erste und der Zweite Weltkrieg.[12]

Der Pfarrhof der Stockerauer Pfarrkirche

1589 wird erstmals ein Pfarrhof erwähnt, bei dem es sich um ein sehr stattliches Gebäude gehandelt haben dürfte. Ende des 17. Jahrhunderts wurde er im Barockstil umgebaut, woran die heute noch erhaltene Jahreszahl 1709 über dem Eingangstor erinnert. Seine Innengestaltung wurde 1964 umgebaut und den Erfordernissen der damaligen Zeit angepasst.[12]

Die Pfarre Stockerau und der Heilige Koloman

Der Heilige Koloman, Darstellung aus dem "Koloman Zyklus" von Adi Holzer (* 1936) aus dem Jahr 1986

Stockerau gilt als Schauplatz, wo der Legende nach der Heilige Koloman auf seiner Pilgerfahrt im Jahr 1012 das Märtyrium erlitten haben soll. Von der Bevölkerung irrtümlich für einen feindlichen Spion gehalten, wurde er gefoltert und dann auf einem Hollerbaum gehenkt. Bald danach wurden seine Gebeine allerdings exhumiert und nach Melk überführt, wo sein Aufstieg zum Landesheiligen seinen Anfang nahm.[3]

Literatur

  • Pfarramt Stockerau (Hrsg.): Stockerau. Niederösterreichisches Pressehaus Druck- und Verlagsgesellschaft, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-318-6

Weblinks

 Stadtpfarrkirche Stockerau "Zum Heiligen Stephanus" – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 vgl. Pfarre Stockerau, Website der Pfarre Stockerau, abgerufen am 16. Dezember 2023
  2. 2,0 2,1 vgl. Stockerau,1975, S. 6
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 vgl. Geschichte Stockerau, Website der Stadt Stockerau, abgerufen am 16. Dezember 2023
  4. 4,0 4,1 4,2 vgl. Stockerau,1975, S. 7
  5. 5,0 5,1 vgl. Stockerau,1975, S. 11
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 vgl. Stockerau,1975, S. 9
  7. vgl. Stockerau,1975, S. 6f.
  8. 8,0 8,1 8,2 vgl. Stockerau,1975, S. 10
  9. vgl. Stockerau,1975, S. 12
  10. 10,0 10,1 vgl. Stockerau,1975, S. 4
  11. vgl. Günter Sellinger: Stockerau. Geschichte und Geschichten. Eigenverlag Stadtgemeinde / Bezirksmuseum, Stockerau, 2009. ISBN 3-901372-02-4, S. 58f.
  12. 12,0 12,1 vgl. Stockerau,1975, S. 5

Anmerkungen

  1. Die Kirche war eine Eigenkirche des Hochstiftes, das bedeutet, dass sie diesem in jeder Hinsicht unterstand. Vgl. Stockerau,1975, S. 4
  2. Untermallebarn ist heute Teil der Gemeinde Sierndorf.
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