Colonia-System

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Das Colonia-System (auch Kolonia-System) ist ein Müllabfuhrsystem in Wien, das in den 1920er Jahren eingeführt wurde und nach wie vor aktuell ist, auch wenn die Bezeichnung nicht mehr so geläufig ist.

Geschichte

Colonia-Kübel Anfang der 1930er Jahre

Bis nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Müll in den einzelnen Häusern nach einer Verordnung von 1839 in eigenen Gefäßen gesammelt und beim Mistbauer abgegeben. Ab der Jahrhundertwende wurde über eine zweckmäßige Ablöse diskutiert. Ein Angebot von Austria Email, einen Probebetrieb mit Behälter mit einer Größe von 35-Litern, wurde am 19. September 1918 vom Wiener Gemeinderat angenommen. Das Emaillierunternehmen hatte damals eine Lizenz des Patentinhabers, der deutschen Firma Schmidt und Helmer in Weidenau an der Sieg für Österreich. Die Behälter wurden nach dem Colonia-System, benannt nach der deutschen Stadt Köln[1], hergestellt. Es handelte sich dabei um verzinkte Stahlblechkübel. Der Probebetrieb umfasste den zweiten, achten und 16. Bezirk. Für fünf bis sieben Wohnungen wurden gemeinsame Gefäße in der Größe von 90 Liter hergestellt. Der aus den Colonia-Kübeln übernommene Abfall wurde in Sammelwagen abgeführt. Die Sammlung wurde vorerst mit Benzin oder Elektrotraktoren, die jeweils zwei Anhänger hatten, durchgeführt. Jeder Zug konnte dabei etwa 7.000 Wohneinheiten (Parteien) bedienen.[2]

Nach dem Probebetrieb wurde das System im Jahr 1923 auf einen Regelbetrieb ausgeweitet und der Sammelbereich laufend erweitert.[3]

Im Jahr 1927 wird schon allen Bezirken außer Wieden, Margareten, Favoriten, Simmering und Teilen von Meidling nach dem neuen System der Abfall entsorgt.[4]. Ende 1928 waren 173.478 Colonia-Kübeln im Einsatz. 63 Zugfahrzeuge mit 114 Anhängern standen zu dieser Zeit im Einsatz. Die Zugfahrzeuge, die von der Wiener Firma Fross-Büssing wurden auch laufend weiter entwickelt.[5]

Nachdem die Müllabfuhr in der NS-Zeit auf diese Art eingestellt wurde, musste das System nach dem Zweiten Weltkrieg neu eingerichtet werden.[6] So wurden in den Jahren zwischen 1978 und 1985 die 110 Liter Stahlblechbehälter gegen 120-Liter und 240-Liter Behälter aus Kunststoff getauscht.

Literatur

  • Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der ersten Republik (1919 - 1934), Band 2, 1959, Wien, w:Verlag Jugend & VolkVerlag für Jugend und Volk (Wiener Schriften, 11), S. 120 ff.
  • Direktion des städtischen Fuhrwerksbetriebe (Hg.): Straßenreinigung, Kehrichtabfuhr, Lastkraftwagen- und Sanitätsbetrieb der Gemeinde Wien, Weidenau-Sieg: Schmidt & Melmer 1930
  • Richard Brabbée: Die Automobilisierung des Fuhrwerksbetriebes der Stadt Wien, 1924, Wien, Österreichische Staatsdruckerei, S. 18 ff.
  • Beppo Beyerl: 26 Verschwindungen-Von Arbeiter-Zeitung bis Ziegelbehm, 2015, Löcker Verlag, ISBN 978-3-85409-729-7

Einzelnachweise

  1. Die „Colonialisierung“ der Stadt im Portal des Technischen Museum Wien abgerufen am 3. Jänner 2025
  2. Die Reformierung der Kehrichtabfuhr. In: Neue Freie Presse, 9. November 1923, S. 12 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  3. Der Nachfolger des Mistbauers. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 6. Mai 1923, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg
  4. Die Kehrrichtabfuhr. In: Wiener Zeitung, 13. April 1927, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
  5. Fross-Büssings Pionierarbeit im Nutzwagenbau.Österreichischer Motor / Europa Motor, Jahrgang 1935, S. 42 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/omo
  6. Wiens Müllabfuhr im Wandel der Jahrhunderte. In: Wiener Zeitung, 5. Oktober 1945, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz

Weblinks

 Wiktionary: Koloniakübel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen