Dreiländereck von Deutschland, Österreich und der Schweiz
Am und im Bodensee, einem internationalen Gewässer, genauer an seinem östlichen Beginn, bilden Landflächen der drei Nachbarstaaten Deutschland, Österreich und der Schweiz ein traditionell so genanntes Dreiländereck oder Länderdreieck[1].
Allgemein
Im geografisch engeren Sinn bildet sich ein Punkt aus den drei zusammentreffenden Grenzen auf der Wasseroberfläche des Sees jedoch nicht ab, weil die drei Staatsgrenzen hier innerhalb von undefinierten, jeweiligen Hoheitsgebieten auf einander zulaufen. Im Dreiländereck Deutschland - Schweiz - Österreich hat am Einzugsgebiet von 10 970 km² Deutschland einen Anteil von 28 %.[2]
Die Region am östlichen Bodensee wird oft als Dreiländereck bezeichnet, weil hier die zwischenstaatlichen Grenzen von Deutschland, Österreich und der Schweiz dicht zusammenkommen (auch abgekürzt Dreiländereck AT-CH-D). Klarer wäre ein Ausdruck wie "das Grenzgebiet der drei Staaten". Der benutzte Begriff unterscheidet sich zum Beispiel von einem Punkt wie dem westlich vom Bodensee am Rheinknie, dem Dreiländereck von Deutschland, Frankreich und der Schweiz durch seine Flächenhaftigkeit.[3] Außerdem ist der Begriff geografisch enger fassbar als die Bezeichnung der Bodenseeregion als die mehrfach größere Vierländerregion oder Euregio Bodensee.
Im nachbarschaftlichen und politischen Sprachgebrauch geht es dabei jedoch seit langer Zeit um eine viele weitere Region als das Dreiecksgebiet zwischen den drei Städten Bregenz, Lindau und St. Gallen. Dazu werden im Uhrzeigersinn Gebiete in den deutschen Ländern Württemberg(Teile des Bodenseekreises), Bayern(Lk. Lindau (B)), in dem österreichischen Land Vorarlberg und dem Schweizer Kanton St. Gallen gezählt. In der Zeit vor 1918 handelte es sich dabei um Gebiete der entsprechenden Monarchien. Im Gegensatz zu einem der zahlreichen Tripoints (Dreieckspunkt) von Staatsgrenzen in Europa geht es hier um eine nur grob dreieckige Landfläche in den angrenzenden Staaten, deren Gemeinsamkeiten als die in einer Ecke von drei Ländern betrachtet werden.
Gelegentlich werden dabei sogar Teile von Tirol und Liechtenstein als zu einer Kulturlandschaft zusammengehörende Teile berücksichtigt. Insbesondere dann, wenn aus touristischen Erwägungen über das noch weitere Gebiet der Vierländerregion um den Bodensee gesprochen wird.[4][5]
Geprägt ist das Gebiet traditionell durch vielfältige familiäre, kulturelle und Handelsbeziehungen über die Grenzen verschiedener Herrschaften hinweg. Hauptgewässer ist der Rhein. Hinzu kommen durch die Nähe der südlich anliegenden Alpen einige Transportwege in Nord-Süd-Richtung bzw. entlang der Nord- und Südufer des Bodensees. Auch nach Osten gibt es entsprechende Fortsetzungen.
Zu unterscheiden ist dabei die Gebietsfläche im angrenzenden Gebiet um das fiktive Dreiländereck von Deutschland, Österreich und der Schweiz von einem historisch exakt vermessenen Grenzpunkt, z. B. markiert mit einem Stein, an dem drei Staatsgrenzen zusammenstoßen.[6]
Agglomerationen, regionale Planungseinheiten
In der Region am östlichen Teil des Bodensees sind sehr unterschiedliche Gremien planerisch an deren Entwicklung beteiligt. Es ist sicher verständlich, dass Gemeinden dabei überwiegend lokalen Gesichtspunkten Rechnung tragen.[7] Allerdings erhalten sie durch die nächst höhere Verwaltungsebene im Rahmen der Raumordnung zu beachtende Vorgaben. Die 1972 auf der Ebene der Bundesländer und Kantone gegründete Internationale Bodenseekonferenz diskutiert und bereitet internationale Vereinbarungen vor, die auch für dieses Gebiet schließlich zu einer bindenden Einigung führen können. Hier eine Liste der kommunalen und regionalen Planungsgremien, die im Dreiländereck planerisch (mit) gestalten:
- Arge Alp[8]
- Bregenz - Dornbirn
- Euregio Bodensee[9]
- Internationale Bodenseekonferenz[10] (gegr. 1972; IBK)
- Projekt Lindau 21 - Memmingen - Friedrichshafen - Ulm (bahntechnisch)[11]
- Regionalverband Bodensee-Oberschwaben
- St. Gallen - Romanshorn - Rorschach - St. Margarethen
- S-Bahn-Planung
- Verein St. Galler Rheintal (Planung auch für das nach Süden anschließende Gebiet vom Alpenrheintal)
Geografische Zuordnungen, Abgrenzungen
Unterschiedlich weite Kreise werden um die Orte Bregenz, Lindau und St. Gallen zur Beschreibung des Dreiecks gezogen. Insbesondere die Gemeinden der drei sie umgebenden Bezirke, Kantone, Landkreise sind Teil der Region. Landschaftlich prägend sind die Formationen der Alpen und der aus den Alpen nordwärts fließende Rhein, hier zunächst noch Alpenrhein, der in der Moränenlandschaft, in der durch den Fluss der Bodensee entstand, beim Abfließen ca. 100 km nach Westen versetzt wird.[12] Dann fließt dieser weiter in Richtung Nordsee und entwässert den Westen Deutschlands. Nur wenige Kilometer nördlich entwässert die am Ostrand des Schwarzwaldes entsprungene Donau am Nordrand der Alpen entlang in Richtung Südosten. Diese Alpenregionen treffen hier zusammen: Bayerische -, Österreichische - und Schweizer Alpen. Das Dreiländereck geht ohne eindeutige Begrenzungen nordöstlich in das Allgäu über. Südöstlich schließt Tirol an; südwestlich die Zentralschweiz. Westlich streckte sich historisch das habsburgische Vorderösterreich bis zum Rheingraben.
Transportwege durch die Region
- Eisenbahn
- Bayerische Ludwig-Süd-Nord-Bahn (1854)
- Rheintal-Express (1995–2018)
- Rorschach nach Rheineck und Chur (Rheintal; eröffnet 1857)
- S-Bahn St. Gallen
- S1 der Vorarlbergbahn der ÖBB
- Vorarlbergbahn (u. a. Bahnstrecke Bludenz-Bregenz; Zentrale: Feldkirch (1872); mit Ausbau bis Lindau im Bodensee; 1872), Arlbergbahn (1884); teilweise Vorgängerin: privil. k. u. k. Vorarlberger Bahn (1871)
- Württembergische Südbahn (Gesetz von 1843)
- Autobahnen / Straßen
- Arlbergstraße (als Saumpfad 1309) / Österr. Landesstraße B197, daraus entstand der Arlberg-Straßentunnel
- A 14 / Pfändertunnel / BAB 96
- Lindauer / Mailänder Bote (14.— 19. Jhdt.)
- Bus Ostschweiz
- Flugplätze
- Altenrhein • Flughafen Friedrichshafen (auch: Bodensee-Airport) • Flughafen Memmingen • Flugplatz Wildberg • Flugplatz Dornbirn (Sportfliegerei) und diverse Heliports
- Schiffsverbindungen
- Bodensee-Schifffahrt (VSU) 1952 entstanden aus Vereinigten Dampfschifffahrts-Verwaltungen (Ausgangspunkt und Ziel vieler Schiffslinien)
- Bodensee-Trajekte (Gütertransporte; 19. und 20. Jahrhundert)
- Nord-Südfähren: Lindau/Friedrichshafen — Rorschach/Romanshorn
- Der Alpenraum in Europa (Teil des Alpenraums als länderübergreifende wirtschaftliche und kulturelle Einheit)
In der Geschichte wechselnde Grenzregime
Historisch gab es in der Region wiederholt Grenzstreitigkeiten oder Abgrenzungen, die das nachbarschaftliche Zusammengehörigkeitsgefühl zeitweise belasteten.
- Ansiedlungen zur Urbarmachung und in Randbereichen (Klostergründungen, Walser, jüdische Siedlungen)
- Das habsburgische Vorderösterreich war vom 14. bis in das 19. Jahrhundert Teil des Heiligen Römischen Reiches bzw. des kurzzeitigen Kaisertums Österreich.
- St. Gallen, historische Fürstabtei
- Phase der Reichsgründung / Gründung der Eidgenossenschaft / Bund ob dem See um 1400
- Bauernkrieg, Schwäbischer Bund
- Zeitalter der Gegenreformation, Tetrapolitana, Dreißigjähriger Krieg
- Napoleonische Staatengründungen gegen die Vormacht Habsburgs; Lindau wird bayerisch[13]
- Österreichs Besetzung zur Zeit des Nationalsozialismus, Flucht aus dem NS-Machtbereich[14][15][16]
- nach Mai 1945 werden die nordöstlichen Teile der Region eine besondere französische Besatzungszone (Kreis Lindau und das französisch besetzte Nachkriegsösterreich
- Die Haldentheorie zu den Grenzen am Seegrund und der -oberfläche betont den Verzicht auf eindeutige Grenzziehungen der drei Anrainerstaaten.[17]
Kulturelle Angebote
Neben einer Vielzahl von Museen und Ausstellungsorten in der Region ist das zweijährlich mit den Wiener Symphonikern auf der weltgrößten Seebühne in Bregenz neu inszenierte Musik-Spiel auf dem See eine europaweit immer wieder beachtete Veranstaltungsreihe. Es wurde 1946 begründet und stetig weiter entwickelt. In der Region bedeutet es jährlich in den Sommermonaten auch einen beachtlichen Zustrom an Übernachtungs- und Gastronomiegästen. In kleinerem Umfang, aber ebenfalls von einem beträchtlichen internationalen Renommee, tragen die Lindauer Nobelpreisträgertagungen (englisch: Lindau Nobel Laureate Meetings) zum breiten kulturellen Spektrum der Region bei (seit 1951).
Unterschiede zu anderen Eckpunkten in Europa
Österreich hat an seinen Grenzen neun Dreiländereckpunkte und ist der Staat mit den meisten „Dreiländerecken“ in Europa; Deutschland sieben, die Schweiz sechs solche Eckpunkte, die normalerweise als Punkte und nicht als flächiges Gebiet wahrgenommen werden.
Der Pylon von Münger in Basel, eine Eisenstele, die vom Aussehen an eine Schiffsschraube erinnert, markiert seit 1957 am Ufer des Rheinhafens den geografischen Dreiländereckpunktes von Deutschland-Frankreich-Schweiz. Er ist ein eher typisches Beispiel für derartige Punkte aus mehreren Grenzen, die den vielleicht irreführenden Namen Dreiländereck tragen.
Die Region als Namensgeber
Eine staatliche Sekundarschule in Lindau, Bodensee, trägt den Schulnamen Staatliche Realschule im Dreiländereck.[18]
Weblinks
- Thomas Wagner: Grenzutopien am Bodensee - Ein Gewässer, drei Länder, drei unterschiedliche Ansichten über den Grenzverlauf: Die Situation am Bodensee dürfte einzigartig sein. Trotzdem funktioniert das alltägliche Miteinander von Deutschland, Österreich und der Schweiz hier ganz wunderbar. Bei deutschlandfunkkultur.de, 2019 (auch gesprochen 8 Min.)
Einzelnachweise
- ↑ Freie Universität Berlin Institut für Meteorologie und Geophysik: Meteorologische Abhandlungen. D. Reimer., 1970, S. 48 (https://books.google.de/books?id=68sbAQAAIAAJ&q=Bodensee+im+L%C3%A4nderdreieck+Schweiz+,+%C3%96sterreich+und+Deutschland&dq=Bodensee+im+L%C3%A4nderdreieck+Schweiz+,+%C3%96sterreich+und+Deutschland&hl=de&newbks=1&newbks_redir=0&source=gb_mobile_search&sa=X&ved=2ahUKEwi6jZj0saCPAxXN1gIHHTV4K8w4FBDoAXoECAMQAw).
- ↑ Daten zur Umwelt. Erich Schmidt, 2001, ISBN 978-3-503-05973-7, S. 229 (https://books.google.de/books?newbks=1&newbks_redir=0&hl=de&id=9zWGAAAAIAAJ&dq=%22deutsche+See+ist+der+im+Dreil%C3%A4ndereck+Deutschland+-+Schweiz+-+%C3%96sterreich+gelegene+Bodensee+.+Am+Einzugsgebiet+von+10+970+km2+hat+Deutschland+einen+Anteil+von+28+%25+%22&focus=searchwithinvolume&q=%22+Dreil%C3%A4ndereck+Deutschland+-+Schweiz+-+%C3%96sterreich+gelegene+Bodensee+.+Am+Einzugsgebiet+von+10+970+km2+hat+Deutschland+einen+Anteil+von+28+%25+%22).
- ↑ Pylon in Basel
- ↑ Vierländerregion Deutschland, Österreich, Schweiz, Fürstentum Liechtenstein - ganz nah beieinander, Webseite der Tourismus-Region (bodensee.eu)
- ↑ Drei-Länder-Eck und Vier-Länder-Region, Webseite der Stadt Lindau (B), Stand 1. August 2025
- ↑ Davon gibt es aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen zwei nur fiktiv beschriebene Stellen im See: 1871 wurde das gegenwärtige politische Format der Nicht-Grenzziehung festgelegt, das sich gedanklich auf einen äquidistanten Punkt im Bodensee bezieht. Und es gibt auch eine um 1972 zwischen den Anrainerstaaten neuer vereinbarte Verwaltungsgrenze dessen imaginärer Dreieckspunkt etwa bei 47° 31′ N, 9° 34′ O47.5199.5613 liegt. Vergleiche dazu IBK.
- ↑ Zur grenzüberschreitenden Kooperation von Stadtverwaltungen: Die Oberbürgermeisterin C. Alfons ergänzt „Es ist eine einzigartige Konstellation, dass zwei Städte über die Grenzen hinaus auf so vielen Ebenen zusammenarbeiten. Die bereits umgesetzten Projekte zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind. 21. März 2023
- ↑ Homepage der 1972 entstanden Arbeitsgemeinschaft Alpenländer mit deren Begründung] (Abkürzung: Arge Alp; Webseite: www.argealp.org)
- ↑ Dazu neben Bodenseerat auch die Internationale Parlamentarische Bodensee-Konferenz (abgekürzt IPBK; gegründet am 17. Juni 1994
- ↑ Geschichte der Internationalen Bodenseekonferenz
- ↑ Der Eisenbahnknoten Lindau wird in den nächsten Jahren umfangreich ausgebaut. Grundlage dafür ist ein zwischen dem Freistaat Bayern, der Stadt Lindau und der Deutschen Bahn abgestimmtes Gesamtkonzept … entsteht ein neuer Bahnhof für den Regional- und Fernverkehr. Die Arbeiten begannen am 24. Oktober 2016. Zitat in der Einleitung: „ … befindet sich im Dreiländereck Deutschland/Österreich/Schweiz."
- ↑ Panoramawanderung am Pfänderrücken oberhalb von Bregenz. (bei bodensee-vorarlberg.com)
- ↑ Ein kurzer Abriss über die Geschichte des Landkreises Lindau (Bodensee) (Webseite des Landkreises Lindau (Bodensee); abgerufen am 1. August 2025)
- ↑ Otto Langels: „Die Schweiz gewährte im Verlauf des Zweiten Weltkriegs zahllosen Flüchtlingen Schutz.“ - 1942: Schweiz schließt Grenzen für Verfolgte des Nationalsozialismus. (bei deutschlandfunk.de, 2017)
- ↑ Stefan Keller: Grüningers Fall. Geschichten von Flucht und Hilfe. Zürich 1993 (1998)
- ↑ Hanno Loewy, Raphael Einetter: Über die > Grenze: 52 Fluchtgeschichten zwischen Bodensee und Gebirge 1938 bis 1945. Hohenems, Verlag Bucher, 2023, 512 Seiten. ISBN 978-3990186824.
- ↑ So nach Philip Kruschwitz: Wem gehört der See? Historische Entwicklung der Rechtsverhältnisse auf dem Bodensee. In Stefan Feucht (Hrsg.): Leben am See. Band 41 der Buchreihe, 2023, Gmeiner-Verlag, Meßkirch. ISBN 978-3-8392-7793-5, S. 341–348.
- ↑ Startseite der Realschule im Dreiländereck. In: rs-dreilaendereck.de. Abgerufen am 27. August 2025 (deutsch).