Familie Benko Privatstiftung
Die Familie Benko Privatstiftung mit Sitz in Innsbruck ist eine österreichische Privatstiftung, gegründet 2001. Stifter waren der österreichische Unternehmer René Benko und dessen Mutter, Ingeborg Benko. Begünstigte waren Familienmitglieder der Stifter. Die Stiftung ist mit mehr als 2,3 Milliarden Euro überschuldet, sie stellte am 28. März 2024 einen Insolvenzantrag.
Vorstandsvorsitzende war Karin Fuhrmann, Partnerin der TPA-Gruppe und langjährige Vertraute René Benkos. Als Insolvenzverwalter wurde der Innsbrucker Rechtsanwalt Herbert Matzunski bestellt.
Geschichte, Gestion
Nach Wissenstand vom April 2025 hat René Benko insgesamt vier Stiftungen ins Leben gerufen: 2001 die René Benko Privatstiftung und 2006 die Laura Privatstiftung, beide in Innsbruck registriert, 2008 die Arual Stiftung und 2014 die Ingbe-Stiftung, beide im Fürstentum Liechtenstein angesiedelt. Laura und Arual sind nach Benkos ältester Tochter benannt, die IngBe nach seiner Mutter. Die René Benko Privatstiftung wurde 2013 umbenannt in Familie Benko Privatstiftung, zugleich wurde René Benko als Begünstigter gestrichen.
Im Februar 2022 wurde durch einen Bericht im Focus bekannt, dass fast zeitgleich mit Erhalt der letzten Tranche der WSF-Staatshilfe für Galeria Kaufhof in Höhe von 680 Millionen Euro[1] die Signa-Eigentümer, unter anderem die Familie Benko Privatstiftung, sich über die luxemburgische Tochtergesellschaft Galeria Properties 450 Millionen Euro als Dividende ausschütten ließen.[2]
Die Familie Benko Privatstiftung verfügte laut dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2022 über Bar-Guthaben bei Banken in Höhe von 0,6 Millionen Euro. Im Jahr davor waren es noch 8,3 Millionen Euro gewesen. Benko hat 2023 den Stiftungszweck ändern lassen.[3] Wesentlichste Vermögenswerte der Stiftung waren bis zu deren Insolvenz Anteile an der Signa Holding. Die Stiftung hielt in den letzten Jahren vor der Insolvenz nur mehr 10,1 Prozent der Anteile an der Signa Holding, übernahm freilich eine besondere Rolle in den Verschachtelungen, nämlich die "Blockerfunktion". Dies ermöglichte, dass bei bestimmten Transaktionen in der Gruppe keine Grunderwerbssteuern anfallen. Ohne Blockerfunktion wären laut Schätzungen allein in Österreich Grunderwerbssteuern in Höhe von 250 Millionen Euro fällig geworden, in Deutschland gar von einer Milliarde Euro.[4]
René Benko war selbst Begünstigter. Die Stiftung gewährte ihm ein Darlehen über rund 22 Millionen Euro – ohne Besicherungen. Weiters wurden an Signa-Gesellschaften Kredite in Höhe von etwa 200 Millionen Euro vergeben.[5][6]
Während die Familie Benko Privatstiftung über Jahre als eine Art „Finanzierungsvehikel“ innerhalb der Signa-Gruppe genutzt wurde, widmete sich die Laura Privatstiftung den glamourösen Aspekten des Benko'schen Vermögens, den Luxusvillen und den Springpferden.[7]
Gesellschaftsanteile
Bekannt sind folgende Anteile, die von der Stiftung gehalten werden bzw. wurden:
- 100% ARP Seventeen GmbH
- 100% Familie Benko 2017 Zwei GmbH
- 100% Familie Benko 2018 Fünf GmbH
- 32,3645% Supraholding GmbH
- 25 % SIGNA RFR International Projektbeteiligungs GmbH
- 10,1 % SIGNA Holding GmbH
- ENTRA drei GmbH&Co KG (Kommanditist)
- Supraholding GmbH & CO KG (Kommanditist)[8]
Insolvenz, strafrechtliche Ermittlungen
Am 28. März 2024 stellte die Familie-Benko-Privatstiftung am Innsbrucker Landesgericht einen Insolvenzantrag. Zum Antragsvorgang gab die Stiftung Verbindlichkeiten in Höhe von 854 Millionen Euro an, denen Aktiva in Höhe von 21 Millionen Euro gegenüberstünden.[9] Herbert Matzunski gilt als erfahrener Masseverwalter, er hatte zuvor beispielsweise die Verfahren FC Tirol Innsbruck und FC Wacker Innsbruck GmbH abgewickelt.[10]
Bis 22. Mai 2024 meldeten etwas über zwanzig Gläubiger Ansprüche in Höhe von knapp 2,3 Milliarden Euro bei Gericht an. Davon hielt der Insolvenzverwalter vorerst lediglich 49,5 Millionen Euro für berechtigt. Einerseits bestritt er alle von Signa-Gesellschaften angemeldeten Forderungen (sogenannte intercompany-Ansprüche), andererseits die Forderungen ausländischer Investitionsgesellschaften, welche ihre Mittel Signa-Gesellschaften zur Verfügung gestellt hatten. In diesen Fällen müsse noch die Haftungsfrage der Privatstiftung geklärt werden. Der Insolvenzverwalter konstatierte Masseunzulänglichkeit, d. h. dass mangels Masse aktuell nicht einmal die anfallenden Massekosten bezahlt werden könnten.[11] Für die Gläubiger bedeutet dies, dass sie am Ende des Verfahrens kein oder nur sehr wenig Geld zugeteilt bekommen werden.[4] Am 29. März 2025 meldete der Kurier, dass die Gläubigerforderungen auf 2,324 Milliarden Euro gestiegen seien.[12]
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt im Kontext mit dieser Stiftung gegen zwei Personen, gegen René Benko als mutmaßlichem Machthaber und gegen Karin Fuhrmann, Vorstandsmitglied seit 2011 und zuletzt Vorstandsvorsitzende der Stiftung. Überprüft wird Fuhrmanns Beteiligung am sogenannten Geldkarussell, bei welchem verschiedenen Signa-Firmen 35,35 Mio. Euro entnommen worden und als angebliches Eigenkapital im Sommer 2023 der Signa Holding übergeben worden sein sollen. Ermittelt wird in zwei Richtungen – auf Betrug bzw. Geldwäsche.[13] Durch das Geldkarussell sollen zwei Signa-Partner aus der Schweiz, Arthur Eugster und Ernst Tanner, getäuscht worden sein, denn sie überwiesen im Zuge genau dieser Kapitalerhöhung 33,25 bzw. 2,1 Millionen Euro tatsächlich frisches Kapital und verloren es.[14][15]
Weblinks
- Alpenländischer Kreditorenverband, Insolvenzsache
Einzelnachweise
- ↑ Galeria-Rettung: Benko zahlte Bund bislang nur 40 Mio. Euro zurück. In: capital.de. Abgerufen am 8. April 2025 (deutsch).
- ↑ Benko: Neuer Wirbel um 450-Millionen-Ausschüttung. Abgerufen am 1. Juli 2022 (deutsch).
- ↑ Benko muss zeigen, dass er zahlen kann. In: Tiroler Tageszeitung. Abgerufen am 24. Jänner 2025.
- ↑ 4,0 4,1 Der Standard: Benkos Privatstiftung ersparte der Signa-Gruppe hunderte Millionen an Steuern, 25. Mai 2024
- ↑ Signa-Kartenhaus unter Druck: Jongleur Benko geht das Bargeld aus. Krone, abgerufen am 24. Jänner 2025.
- ↑ Familie Benko Privatstiftung „verteilte“ Millionen. In: Kleine Zeitung. 22. Mai 2024, abgerufen am 7. April 2025 (deutsch).
- ↑ Renate Graber: Teure Pferde, günstige Zigarillos: Benkos Leben zwischen reich und arm. Der frühere Privatpilot René Benkos ist nun in zahlreichen Firmen von Benkos Laura Privatstiftung tätig, die laut einem Zeugen über viel Immobilienbesitz verfügt. In: Der Standard. 13. August 2024, abgerufen am 27. September 2024 (deutsch).
- ↑ 5min.at: Familie Benko-Privatstiftung geht in Konkurs, abgerufen am 3. Mai 2025
- ↑ Renate Graber, Joseph Gepp: Nächste Insolvenz: Familie Benko Privatstiftung hat 854 Millionen Euro Schulden In: Der Standard, 28. März 2024
- ↑ Meinbezirk.at: Aktenzahl 7S30/22d LG Innsbruck, 3. Juni 2022
- ↑ KSV 1870: Familie Benko Privatstiftung: rd. 2,3 Milliarden Euro Forderungen gestellt, 22. Mai 2024
- ↑ Kurier: Familie Benko Privatstiftung: Neue Details aus dem Insolvenzverfahren, 29. März 2025
- ↑ Trend: Benko-Anklage schon im April?, 3. April 2025
- ↑ NEWS: Karin Fuhrmann: René Benkos Steuerfrau, 27. März 2025
- ↑ Der Standard: Signa-Investor Tanner: "Es wurde alles nach Benkos Willen entschieden", 7. März 2025