Jessernigg & Co
| Jessernigg | |
|---|---|
| Rechtsform | GmbH |
| Sitz | Marchtrenk, Oberösterreich |
| Leitung | Jochen Lidauer (Geschäftsführer) |
| Mitarbeiter | ca. 25 (2025) |
| Branche | Pflanzenschutzgeräte und Schnapsbrennereien |
Die Jessernigg & Co GmbH ist ein österreichisches Unternehmen mit Sitz in Marchtrenk in (Oberösterreich), das auf die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Pflanzenschutztechnik und Brennereianlagen spezialisiert ist.
Geschichte
Ursprünge (1890–1921)
Viktor Jessernigg (1890-1962) war ein österreichischer Kupferschmied und Unternehmer. Er entstammte einer Handwerkerfamilie mit Tradition in der Metallverarbeitung. Sein Vater, Josef Jessernigg senior, gründete im Jahr 1890 in Stockerau die Josef Jessernigg Metallwarenfabrik, die auf die Herstellung von Branntweinbrenngeräten, Futterdämpfern, Kupferwaren sowie Schädlingsbekämpfungsgeräten spezialisiert war. Gemeinsam mit seinem Bruder Josef Jessernigg junior, der später den väterlichen Betrieb übernahm, sammelte Viktor Jessernigg dort erste praktische Erfahrungen im Metallgewerbe.[1][2]
Ab etwa 1915 begann Viktor Jessernigg, sich beruflich zu emanzipieren. Er spezialisierte sich auf die Entwicklung und Fertigung von Brückenwaagen und stellte daneben landwirtschaftliche Maschinen her.
Im Jahr 1921 gründete er gemeinsam mit Josef Urban (1880-1936) das Unternehmen Viktor Jessernigg & Urban, das sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem erfolgreichen Industriebetrieb entwickelte.[1]
Aufbaujahre (1921–1938)
Entwicklungsschritte und Spezialisierung in der Landwirtschaftstechnik
Mit der Gründung des Unternehmens Viktor Jessernigg & Urban im Jahr 1921 in der heutigen Josef Wolfik-Straße (damals Prager Straße) in Stockerau begann die industrielle Produktion von Dezimal- und Brückenwaagen. Schon bald verlagerte sich der Fokus auf landwirtschaftliche Anwendungen, insbesondere im niederösterreichischen Weinviertel, wo die Verarbeitung von Obst und Wein von zentraler Bedeutung war.
Das Unternehmen reagierte darauf mit der Entwicklung von Maschinen für den chemischen Pflanzenschutz – etwa zur Bekämpfung der Reblaus – sowie mit der Herstellung von Branntweinbrenngeräten. Die Geräte, überwiegend aus Kupfer und Messing gefertigt, wurden unter dem Markennamen JESSUR (eine Kombination aus Jessernigg und Urban) vertrieben.
1924 trat Hermann Wiesmayr als technischer Entwickler ins Unternehmen ein und prägte die Produktentwicklung wesentlich. In den Folgejahren wurde der Betrieb erweitert – unter anderem um ein Kupferhammerwerk, eine Schmiede und eine Schlosserei.
1938 erfolgte der Umzug auf ein neues 12.000 m² großes Fabriksgelände in der Schießstattgasse 47 in Stockerau. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte das Unternehmen rund 50 Mitarbeitende.[1]
Kriegsjahre und Umstellung der Produktion (1939–1945)
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs war das Unternehmen gezwungen, seine zivile Produktion weitgehend einzustellen und auf Rüstungsproduktion umzustellen. Im Rahmen der Kriegswirtschaft wurden Bauteile für das Aggregat 4 (A4) gefertigt – eine ballistische Fernrakete, die später unter dem Namen V2-Rakete bekannt wurde und als erstes von Menschen gebautes Objekt die Grenze zum Weltraum überschritt.
Die Fertigung erfolgte im Zweischichtbetrieb. In Spitzenzeiten waren bis zu 150 Mitarbeitende im Einsatz.[1]
Wiederaufbau und wirtschaftlicher Aufschwung (1945–1966)
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand das Unternehmen Viktor Jessernigg & Urban vor erheblichen Herausforderungen. Ein Großteil der Maschinen und Werkzeuge war verloren gegangen, und die Materialbeschaffung gestaltete sich schwierig. Dennoch herrschte insbesondere im landwirtschaftlichen Sektor große Nachfrage nach technischer Ausrüstung, was den Wiederaufbau begünstigte.
Im Jahr 1947 übernahm Hermann Wiesmayr, der bereits seit 1924 als technischer Entwickler im Unternehmen tätig war, die Geschäftsanteile sowie die Leitung des Betriebs. Neue Produktionsbereiche wie eine Metallgießerei und eine Modelltischlerei wurden eingerichtet, und das Produktspektrum deutlich erweitert. In der Folge fand die Marke Jessernigg zunehmend auch internationale Beachtung.
Das Portfolio der Nachkriegsjahre umfasste unter anderem:
- Spritzmaschinen für den chemischen Pflanzenschutz
- Brückenwaagen
- Schnapsbrennanlagen
- Obst- und Weinpressen
- Pressen für Richt-, Schmiede-, Ballen- und Ölverarbeitung
- Hydraulische Zieh- und Furnierpressen
- Geräte zur Wein- und Obstsaftherstellung
- Lizenzerzeugung: Solo-Motor-Rückenspritzen und Willmes-Weinpressen[1]
Familiennachfolge und Spezialisierung (1966–1992)
Im Jahr 1966 übernahmen Hedwig Wiesmayer und ihr Ehemann Wolfgang Gruber die Eigentümerschaft des Unternehmens. Unter der Geschäftsführung von Wolfgang Gruber wuchs die Belegschaft auf rund 135 Mitarbeitende an.
1980 erwarb Otto Prosenbauer die Gesellschaftsanteile. Die Firma Jessernigg wurde damit Teil eines breiteren unternehmerischen Portfolios. In dieser Phase konzentrierte sich das Unternehmen zunehmend auf seine Kernkompetenzen in der Landwirtschaftstechnik. Der Schwerpunkt lag auf der Produktion von Spritzmaschinen für den Pflanzenschutz, Schnapsbrennanlagen sowie Geräten zur Verarbeitung von Obst und Wein, insbesondere Pressen.[1]
Standortwechsel und Neustrukturierung (1992–2003)
Im Jahr 1992 verkaufte Otto Prosenbauer einen Großteil seiner Gesellschaftsanteile an das Ehepaar Gerhard und Elisabet Lidauer, das bereits seit rund 25 Jahren im Unternehmen, vor allem in den Bereichen Vertrieb und Service, tätig war. Johann und Petra Forster erwarben Minderheitsanteile. Die Übergabe erfolgte im Zuge des geplanten Ruhestands von Prosenbauer.
Gerhard Lidauer, ein gebürtiger Marchtrenker, übernahm in der Folge die Geschäftsführung und verlegte den Verwaltungssitz des Unternehmens nach Marchtrenk (Oberösterreich) in die Fichtenstraße. Parallel dazu übernahm Johann Forster die Leitung der Zweigstelle in Stockerau, wo er als Filialleiter tätig war.
Für die Produktion wurde zunächst ein Gebäude in der J. Jessernigg-Straße in Stockerau angemietet, da der ursprüngliche Fertigungsstandort in der Schießstattgasse 47 weiterhin im Besitz von Otto Prosenbauer blieb. 1996 wurde die Produktion von Spritzmaschinen für den chemischen Pflanzenschutz sowie von Schnapsbrennanlagen in ein Mietobjekt in der Hovalstraße in Marchtrenk verlagert. Der Standort in Stockerau fungierte fortan als Zweigstelle.
Im Jahr 2000 erwarb das Unternehmen ein rund 4500 m² großes Grundstück gegenüber dem bisherigen Mietobjekt in Stockerau. Dort entstand ein neues Betriebsgebäude mit Maschinenhalle, Werkstatt und Lager. Die Zweigstelle wurde anschließend an diesen neuen Standort verlegt.[1]
Moderne Entwicklung (2003–heute)
Im Jahr 2003 übernahm Jochen Lidauer die Geschäftsführung des Unternehmens. 2008 wurde ein 4600 m² großes Grundstück in der Freilingerstraße 48 in Marchtrenk erworben, auf dem ein modernes Produktionsgebäude errichtet wurde. Dieses umfasst neben Produktions- und Montagehallen auch einen Verwaltungstrakt, ein Warenlager und einen Schauraum.
Im Jahr 2023 investierte das Unternehmen erheblich in die Optimierung der Betriebsabläufe und erweiterte das Serviceangebot. Zudem wurde die Zweigstelle in Stockerau in ein Logistik- und Versandzentrum umstrukturiert, das nun keine Barverkäufe mehr tätigt.[3]
Heute beschäftigt das Unternehmen rund 25 Mitarbeiter und hat sich auf die Produktion und den Vertrieb von Feldspritzanlagen für den chemischen Pflanzenschutz spezialisiert. Das Produktportfolio umfasst außerdem Schnapsbrennanlagen sowie Spritzmaschinen für den Wein- und Obstbau. Die Maschinen finden Anwendung im gesamten deutschsprachigen Raum.[1]
Abgrenzung
Der Name „Jessernigg“ war historisch in der Region bekannt. Viktor Jessernigg gründete 1921 das Unternehmen, aus dem der heutige Betrieb hervorging, während der väterliche Betrieb, von seinem Bruder Josef weitergeführt, zeitweise als Mitbewerber agierte. In den 1950er-Jahren wurden unter dem Namen Jessernigg-Krobath Maschinen verkauft, die nicht mit der heutigen Firma in Verbindung standen. Der heutige Betrieb führt die Linie von Viktor Jessernigg fort.[1]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 Offizielle Unternehmensgeschichte auf jessernigg.com
- ↑
Fotos zum Schlagwort Jessernigg Viktor in der Topothek der Gemeinde/Region Stockerau (Urheberrechte beachten)
- ↑ Großer Service- & Logistikausbau. Jessernigg, abgerufen am 24. April 2025 (deutsch).