Johann Maria Boykow
Johann Maria Boykow, geboren als Johann de Matha Boykow (* 1. Februar 1879 in Sankt Wolfgang im Salzkammergut, Oberösterreich; † 22. Juli 1935 in Berlin, Deutschland) war ein österreichischer K. u. k. Korvettenkapitän, Schauspieler, Ingenieur und Erfinder der automatischen Flugsteuerung (Autopilot).
Leben
Johann Boykow kam in der Regierungszeit Kaiser Franz Joseph I. als Sohn des Gutsverwalters Julius Boykow und dessen Gattin Emilie geb. Moravetz in Sankt Wolfgang am Wolfgangsee Anfang Februar des Jahres 1879 zur Welt und wurde nach römisch-katholischem Ritus getauft[1]. Nach seiner Grundschulzeit trat er im Alter von 14 Jahren als Zögling in die k.u.k. Marineakademie Fiume ein und wurde im Jahre 1898 als Seekadett 2. Klasse ausgemustert. Im Anschluss diente er auf der Korvette "Saida" und absolvierte seine erste große Dienstreise, die von Pola via Port Said nach Hongkong führte und im Oktober 1899 wieder im Ausgangshafen Pola endete. Infolge diente Boykow auf mehreren k.u.k. Schiffen und wurde am 25. April 1901 zum Seekadett 1. Klasse und mit 1. Mai 1902 zu Seefähnrich ernannt.
Im Dezember 1906 besuchte die spanische Panzerkorvette Numanica den österreichisch-ungarischen Kriegshafen Pola, auf welche Boykow zugeteilt wurde und als Dank den spanischen Orden Del Merito Naval erhielt. Anfang März 1907 wurde Boykow dem k.u.k. Schlachtschiff Erzherzog Friedrich zugeteilt, welches via mehrerer levantinischer Hafenstädte den Hafen Jaffa in Palästina anlief, von welchem die gesamte Schiffsmannschaft in die heilige Stadt Jerusalem pilgern durfte. Bei Veranstaltungen im Marinekasino, wo er bei "Dilettanten-Schauspielen" der Offiziere mitwirkte, zeigte sich sein schauspielerisches Talent.
Am 1. Juni 1908 nahm er als Fregatten-Leutnant seinen Abschied bei der K.u.k. Marine und ehelichte am 4. dieses Monats seine Ehegattin Blanche, die aus Pola stammende Tochter des Fregattenkapitäns von Martiniz, die ihm die Kinder Erika (*1912) und Hans (*1914) schenkte. Im Anschluss zog das junge Paar nach Troppau und danach nach Berlin, wo er, seinen Neigungen entsprechend, eine Schauspielschule besuchte, hernach an mehreren Berliner Bühnen, auftrat und in klassischen Rollen Erfolge erzielte. Daneben betrieb er mathematisch-physikalische Studien und interessierte sich für die Fliegerei, wobei ihm seine Erfahrungen aus der Marine zugutekamen.
1912 trat er als Ingenieur in die Fabrik für nautische Geräte von Neufeld & Kuhnke in Kiel ein, stellte 1913 den sogenannten Nord-Drehfehler bei Kreiselkompassen fest und erfand 1914 ein selbsttätiges Bombenabwurfgerät mit Zielvorrichtung für Flugzeuge, welches im Ersten Weltkrieg zum Einsatz kam. Zu Kriegsbeginn meldete er sich freiwillig zur österreichischen Marine, wurde 1915 zum Linienschiffsleutnant ernannt, erhielt die "bronzene Militärverdienstmedaille" und wurde auf eigenen Wunsch zum Seefliegerkorps versetzt, wo er schwer verletzt einen Flugzeugabsturz im Hafen von Pola überlebte. Nach seiner Genesung wurde ihm die Leitung es Waffenwesens beim Kommando des Seefliegerkorps übertragen. Für seine Leistungen wurde Boykow 1916 mit dem "Militärverdienstkreuz 3. Klasse" dekoriert und nahm als Korvettenkapitän seinen Abschied.
Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte Boykow 1919 als Ingenieur bei der Firma C. P. Goerz ein fotogrammetrisches Instrumentarium, welches in der zivilen Luftfahrt seinen Einsatz fand. Aber schon 1925 verließ er den Betrieb, gründete als deutscher Staatsbürger seine eigene Firma Meßgeräte Boykow GmbH und konstruierte den "Sonnenkompass“, welcher es ermöglichte, auch in Polnähe, wo Magnetkompasse versagten, die Himmelsrichtung genau zu bestimmen. Dieses Gerät rettete den norwegischen Seemann und Polarforscher Roal Amundsen auf seiner Nordpol-Expedition das Leben, indem es diesen ermöglichte, mit den letzten Litern Benzin aus der Eiswüste nach Spitzbergen zurückzufliegen.
Auch arbeitete Boykow beim Heereswaffenamt in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde mit Wernher von Braun zusammen und gründete die Studiengesellschaft Messgeräte B in Berlin-Zehlendorf, wo er seine genialste Leistung vollbrachte, indem er den "Autopiloten" für Flugzeuge erfand, welcher bei der Internationalen Luftfahrtausstellung 1928 in Berlin für großes Aufsehen sorgte. Die Firma Siemens & Halske erwarb seine vielen Patente und wertete diese durch Generallizenz aus.
Am 22. Juli 1935 erlag Johann Maria Boykow einem Gehirntumor und wurde am 26. Juli in der Kapelle des Parkfriedhofes Lichterfelde[2] in Berlin in Anwesenheit Angehöriger der deutschen Reichsmarine, des Reichs-Luftfahrtministeriums, der Firma Siemens und Kameraden des Österreichischen Marineverbandes unter Konteradmiral Ferdinand Ritter von Purschka zur letzten Ruhe bestattet.
Ihm zu Ehren wurde am 20. April 1936 in den Räumlichkeiten der Firma Kreiselgeräte GmbH in Berlin eine Büste enthüllt, sowie eine dreimotorige „Junkers Ju 52“ auf "Hans Boykow" getauft.
Literatur
- Eintrag zu Johann Maria Boykow in: Austria-Forum, dem österreichischen Wissensnetz – online
- K. & k. Kriegsmarine > Johann Boykow
- Peter Supf: "Boykow, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 498-499