Kinderheim (Bregenz)
Das Kinderheim in Bregenz (Vorarlberg) war ursprünglich städtische Kinderbewahranstalt und Waisenhaus und ist heute noch ein städtischer Kindergarten.
Lage
Das Gebäude hat die Adresse Belruptstraße 2 und ist im Ortsteil Maurach.[1] Die Belruptstraße verläuft nordwestlich am Gebäude vorbei. Schräg vis-a-vis ist der ehemalige Bürgerservice der Stadt Bregenz, nordöstlich angebaut ist die Feuerwehr der Stadt Bregenz. Im südwestlichen Bereich befindet sich ein Kinderspielplatz/Sportplatz (zur Straße „Am Brand), der Teil des Kinderheimes ist. Südwestlich verläuft unterhalb der Deuringstraße der Weißenreutebach[2]
Geschichte
Der Stadtpfarrer und Schulinspektor Dekan Christoph Anton Walser regte zu Beginn der 1850er-Jahre an, dass in Bregenz eine Kleinkinderbewahranstalt (Kindergarten) eingerichtet werden soll. Die Stadt Bregenz unter Leitung von Bürgermeister Johann Nepomuk Reiner (1829-1861) nahm diesen Vorschlag auf und am 1. Mai 1853 wurde eine solche Kinderbewahranstalt im Schulhaus in der Kaiserstraße eröffnet.[3]
1852 erhielt die Kinderbewahranstalt Statuten und übernahmen die Barmherzigen Schwestern aus Zams die Kinderbewahranstalt und das Waisenhaus in Bregenz.[4] Die Statuten wurden 1868 erneuert. Zweck der Kinderbewahranstalt war nach diesen Statuten: "Genügend entwickelte, noch nicht schulpflichtige Kinder ohne Unterschied des Standes der Eltern an Werktagen aufzunehmen, [...], die geistigen und körperlichen Anlagen derselben zu wecken und deren Entwicklung zu fördern, [...] Unter Umständen kann, wenn es die Mittel der Anstalt erlauben, den Kindern auch die Jause und selbst der Mittagstisch, und insoweit es sich um Unbemittelte handelt, unentgeltlich seitens der Anstalt gereicht werden". Im Waisenhaus sollten nur Kinder bis 14 Jahre und möglichst nur aus Bregenz aufgenommen werden, was in der Praxis aber nicht durchwegs eingehalten wurde.[5]
Der Bregenzer Bürger und Gerbermeister Josef Anton Mayer legte durch eine großzügige Stiftung den Grundstock für den Bau dieses städtische Waisenhaus in der Belruptstraße.[3] Innerhalb einer relativ kurzen Zeit schaffte er es zusammen mit dem späteren Bürgermeister Gebhard Meschenmoser (1874-1877) mit Unterstützung der Bürger und der Stadt die notwendigen Mittel aufzubringen. Mayer wurde später wegen seines besonderen Engagement als "Waisenvater" bezeichnet. Den Baugrund an der Belruptstraße für diese Kinderbewahranstalt und Waisenhaus steuerte der Bregenzer Bürgermeister Karl Braun bei. Mit dem Bau des Waisenhauses und Kinderbewahranstalt wurde 1871 begonnen und konnte der Bau mittels großzügiger Spenden aus der Bevölkerung ausgeführt, aber nicht vollendet werden. 1873 war ein Spendenaufruf und Haussammlungen erforderlich, um den Bau auch Innen vollenden zu können.[6] Die Errichtung des Kinderhauses in der Belruptstraße 2 kostetet insgesamt rund 50.000 Gulden.[7]
Am 23. August 1874 wurde sodann die städtische Kinderbewahranstalt und Waisenhaus eröffnet. 14 Waisenkinder fanden sofort Aufnahme.[8][9] Der erste Obmann des Waisenhauskomitees war Stadtrat Gebhard Ebenhoch.[3] In der Bevölkerung wurde die Kinderbewahranstalt vereinfacht nur als Anstalt bezeichnet.[10]
Während des Besuchs des Kaisers in Bregenz, besuchte dieser am 8. August 1881 auch das Waisenhaus.[11]
Das Waisenhaus hatte 1915 ein Vermögen von 223.496,35 Kronen.[12] 1920 betrug das Vermögen der Anstalt rund 211.500 Kronen.[3]
Am 19. Dezember 1920 wurde der 50-jährige Bestand des Weisenhauses in Bregenz gefeiert.[13]
Bereits kurz nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 wurden Teile des Waisenhauses von der NSDAP für ihre parteipolitischen Zwecke genutzt.[14] Das Kinderheim wurde von den nationalsozialistischen Machthabern 1942 geschlossen.
1948 wurde das Kinderheim wiedereröffnet. 1954 wurde es in Städtisches Kinderheim umbenannt. 1976 wurde das Kinderheim in dieser Form geschlossen.[9]
Heute befindet sich hier die Kleinkindbetreuung (12 Monaten bis 3 Jahren) „Haus des Kindes“ der Landeshauptstadt Bregenz.
Finanzierung
Im Zuge von Todesfällen wurden für das Waisenhaus immer wieder Zuwendungen von Privaten getätigt[15] und auch aus anderen Quellen[16] oder durch den Kaiser selbst.[17] Auch das Seraphische Liebeswerk für Vorarlberg und Liechtenstein unterstützte das Waisenhaus immer wieder.[18]
Finanzielle Abgänge wurden ansonsten von der Stadt Bregenz getragen.
Belegung
1896 waren 14 Waisen im Waisenhaus, 1897 13 Waisen und 1902 waren es 17 Kinder. In der Kinderverwahranstalt waren 1896 256 Kinder, 1897 waren es 364 Kinder. [19] 1921 waren es über 200 Kinder in der Kinderbewahranstalt und 23 Waisen.[20] im Dezember 1923 waren es über 150 Kinder[21] 1929 139 Kinder, die von nur drei Kindergärtnerinnen betreut wurden[22] und 1948 knapp über 100 Kinder.[23]
Gebäude
Im Franziszeischer Kataster, ein Liegenschaftskataster, der von 1810 bis 1870 erstellt wurde, ist ein größeres Gebäude eingezeichnet, während im Negrelli-Plan hier noch eine Obstwiese erkennbar ist und die Belruptstraße in diesem Bereich noch nicht besteht.
Das heutige polygone Gebäude ist massiv ausgeführt und befindet sich auf etwa 405 m ü. A. und hat die Form eines L. Es ist etwa 33 Meter lang und 30 Meter breit und 16 Meter hoch. Der Stadtrat von Bregenz beschloss am 9. Juli 1902, die Fassade des Waisenhauses um 6200 Kronen nach den Plänen von Bauinspektor Keckeis auszuschmücken. Danach hatte das Waisenhaus drei Giebel und auf die Mittelfront wurde das Stadtwappen angebracht.[24]
Im Waisenhaus gab es für Festveranstaltungen und Theateraufführungen den Kaisersaal, der zwischen 1898 und 1900 errichtet und am 2. Dezember 1900 feierlich eröffnet wurde.[3][25] Hier wurden interne und externe Theateraufführungen dargeboten und andere Veranstaltungen durchgeführt.[26]
Geologie und Gefährdung
Geologisch befindet sich hier im Untergrund St. Galler-Formation, bestehend aus Sandstein, Mergel, mit Ostrakoden und Foraminiferen, Nagelfluh-Konglomerat mit Flyschkomponenten und örtlich Makrofossilien.
Es besteht in diesem Bereich der Liegenschaft mit dem Haus Belruptstraße 2 keine Gefährdung durch Hochwasser, wohl aber eine mittlere bis hohe Anfälligkeit zu Rutschungen. Das Gebäude liegt in der Erdbebenzone 2 (Grad VII, mittlere Gebäudeschäden bei einem Erdbeben möglich).[27]
Webseite
Kinderheim (Bregenz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
- Kleinkindbetreuung Haus des Kindes, Webseite: bregenz.gv.at, abgerufen am 4. August 2025.</ref>
Einzelnachweise
- ↑ GSt. 91/1 (KG Bregenz).
- ↑ Gewässer Nr.: 811001.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Innsbrucker Nachrichten vom 20. Dezember 1920, S. 5.
- ↑ 1875 auch die Armenhäuser in Lustenau, Hard und Schruns -> Der Vorarlberger vom 24. Juni 1923, S. 5.
- ↑ Vorarlberger Landes-Zeitung vom 12. März 1910, S. 3.
- ↑ Vorarlberger Volksblatt vom 3. Oktober 1873, S. 7.
- ↑ Feldkircher Zeitung vom 10. April 1875, S. 2.
- ↑ Die Presse vom 29. August 1874, S. 3.
- ↑ 9,0 9,1 Stadtrundgang 61 bis 63: Kleinkinderbewahranstalt - Waisenhaus - Haus des Kindes Teil 1 bis 3, Webseite: web.archive.org / bregenz.gv.at, abgerufen am 4. August 2025.
- ↑ Als man in Frack und Abendkleid einkehrte, Webseite: vn.at vom 30. August 2020.
- ↑ Prager Abendblatt vom 9. August 1881, S. 1; Fremden-Blatt vom 8. August 1881, S 11.
- ↑ Vorarlberger Volksfreund vom 30. Dezember 1915, S. 4.
- ↑ Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 21. November 1920, S. 4, Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 21. Dezember 1920, S. 2.
- ↑ Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 1. August 1938, S. 10.
- ↑ Beispiele: Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 17. April 1929, S. 8; Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 21. Oktober 1901, S. 3; Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 19. Juli 1899, S. 2; Oesterreichische Buchhändler-Correspondenz vom 16. Februar 1884, S. 4.
- ↑ Beispiel: Vorarlberger Volksblatt vom 2. April 1912, S. 5; Feldkircher Anzeiger vom 2. April 1921, S. 1; Gemeindeblatt Lustenau vom 15. Oktober 1922, S. 2; Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 18. Februar 1930, S. 3; Vorarlberger Volksblatt vom 20. Januar 1948, S. 3.
- ↑ Feldkircher Zeitung vom 10. August 1881, S. 3, Feldkircher Zeitung vom 24. September 1884, S. 3.
- ↑ Beispiel: Feldkircher Anzeiger vom 17. Oktober 1953, S. 3 oder Vorarlberger Volksblatt vom 24. Oktober 1950, S. 3.
- ↑ Vorarlberger Landes-Zeitung vom 24. März 1898, S. 2; Innsbrucker Nachrichten vom 28. Oktober 1902, S. 5.
- ↑ Innsbrucker Nachrichten vom 20. Dezember 1920, S. 5; Vorarlberger Volksblatt vom 1. Dezember 1921, S. 3.
- ↑ Vorarlberger Landes-Zeitung vom 1. Dezember 1923, S. 2.
- ↑ Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt vom 30. Dezember 1929, S. 4.
- ↑ Vorarlberger Volksblatt vom 3. Dezember 1949, S. 2.
- ↑ Innsbrucker Nachrichten vom 28. Oktober 1902, S. 5.
- ↑ Vorarlberger Volksblatt vom 18. Dezember 1900, S. 3; Innsbrucker Nachrichten vom 28. Oktober 1902, S. 5; Vorarlberger Volksblatt vom 21. Dezember 1920, S. 5.
- ↑ Vorarlberger Volksblatt vom 10. Dezember 1913, S. 3.
- ↑ Belruptstraße 2, Webseite: hora.gv.at, abgerufen am 7. August 2025.
47.5021719.748594Koordinaten: 47° 30′ 8″ N, 9° 44′ 55″ O