Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich
Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich (KOERNOE) ist ein Fachbereich der Abteilung Kunst und Kultur des Landes Niederösterreich mit Sitz in St. Pölten. Er fördert zeitgenössische Kunst- und Kulturprojekte im öffentlichen Raum sowie an öffentlichen Gebäuden, die sich mit historischen sowie aktuellen, ortsspezifischen Kontexten auseinandersetzen und eine vielschichtige Reflexion des öffentlichen Raums anregen.
Entstehung
Der Fachbereich KOERNOE (ehemals KiöR NÖ oder „Public Art“) existiert seit den 1980er Jahren und ist als Teil der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich durch langjährige Kontinuität und institutionelle Verankerung geprägt. Maßgeblich von Katharina Blaas-Pratscher aufgebaut und gestaltet, zeichnet sich „Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich“ durch seinen strukturell gesicherten Rahmen, die Vielfalt und Qualität der realisierten Projekte sowie den Fokus auf ländliche Räume aus – ein Alleinstellungsmerkmal, das dem Programm national wie international Vorbildwirkung verleiht.
Auf gesetzlicher Grundlage des Kulturförderungsgesetzes von 1996, das anstelle der klassischen 1-%-Regelung für Kunst am Bau eine „Poollösung“ einführte, werden seit knapp 30 Jahren konsequent künstlerische Arbeiten im öffentlichen Raum umgesetzt.
Wegweisende Projekte der Anfangszeit entstanden u. a. im Weinviertler Ort Loosdorf, in der w:Kulturlandschaft Paasdorf oder in der Friedensgemeinde Erlauf.
Die Poollösung basiert auf einem jährlich festgesetzten Pauschalbetrag, der von mehreren Abteilungen des Landes (Wohnbau, Straße, Schulen, Heime) bereitgestellt wird. So konnte – unabhängig von konkreten Bauprojekten – ein Modell entwickelt werden, das Konzeption, Umsetzung und Vermittlung originärer Kunst im öffentlichen Raum dauerhaft ermöglicht. Dieses System bietet die finanzielle und programmatische Grundlage, um der thematischen und formalen Vielfalt künstlerischer Ansätze gerecht zu werden.
Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal von KOERNOE ist der konsequente Fokus auf ländliche und kleinstädtische Räume. Damit unterscheidet sich das niederösterreichische Modell deutlich von vielen internationalen Programmen, die sich vorwiegend auf urbane Kontexte konzentrieren.[1]
KOERNOE versteht sich nach eigener Angabe als Ansprechpartner für Gemeinden, regionale Institutionen und Vereine bei der Entwicklung künstlerischer Lösungen für ortsspezifische Themen – etwa zur Geschichte eines Ortes, lokaler Akteure oder Gruppen, aktuellen gesellschaftlichen Fragen, Erinnerungskultur oder zur Gestaltung öffentlicher Räume (z. B. Platzgestaltung, Ortserneuerung, Außenräume von Bildungseinrichtungen und Gesundheitsbauten).
Das Programm hat im Laufe seiner Geschichte eine Größe erreicht, nach der mehr als 600 Arbeiten von nationalen und internationalen Künstler bislang realisiert wurden– von permanenten Skulpturen, künstlerischen Möblierungen und gestalteten Plätzen bis hin zu temporären und performativen Interventionen.
Ein Teil der dauerhaft realisierten Arbeiten befindet sich im Besitz des Landes Niederösterreich (Landessammlungen), viele gehören den jeweiligen Gemeinden. Im Bewusstsein um den hohen künstlerischen, kulturellen und finanziellen Wert der rund 350 dauerhaft im öffentlichen Raum platzierten Werke bemüht sich KOERNOE kontinuierlich um deren Vermittlung und Erhaltung.
Professionelle Qualitätssicherung
Die Sicherung künstlerischer Qualität erfolgt durch eine achtköpfige Fachjury, die alle drei Jahre neu bestellt wird. Sie setzt sich aus Expert:innen aus Kunst, Architektur und Theorie zusammen und wirkt beratend an der Projektentwicklung mit. Sie nominiert Künstler:innen, bewertet eingereichte Konzepte und spricht Empfehlungen aus – ein System, das sowohl Qualität als auch internationale Vernetzung sicherstellt.
Internationale Anerkennung
Das niederösterreichische Modell hat weit über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung gefunden und dient als Referenz für Programme öffentlicher Kunst. Die systematische, langfristige Herangehensweise mit institutioneller Verankerung, professioneller Juryarbeit und spezifischem Fokus auf ländliche Räume hebt KOERNOE in der internationalen Kulturlandschaft hervor – in der viele Programme projektbasiert oder urban geprägt sind.
KOERNOE nimmt den ländlichen Raum als Handlungsfeld ernst und setzt auf kontextbezogene, prozessorientierte und partizipative Kunst. Statt auf spektakuläre Formate zu setzen, verfolgt das Programm eine nachhaltige, dialogorientierte Praxis, die gesellschaftliche Relevanz über mediale Wirkung stellt – eine im europäischen Vergleich seltene Haltung.
Partizipation und kontextbezogene Kunstpraxis
Inhaltlich legt KOERNOE großen Wert auf Partizipation, Vermittlung und Dialog. Viele Projekte entstehen in Zusammenarbeit mit lokalen Communities, Bildungseinrichtungen oder Vereinen. Künstler:innen werden eingeladen, sich mit konkreten gesellschaftlichen, politischen oder historischen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Diese kontextbezogene Herangehensweise unterscheidet sich deutlich von dekorativen oder rein ästhetischen Zugängen anderer Programme.
Internationale Relevanz durch hochkarätige Projekte
Zahlreiche international renommierte Künstler haben in Niederösterreich gearbeitet, darunter Olaf Nicolai, Jeppe Hein, Esther Stocker oder Lois Weinberger. Insbesondere durch kuratierte, temporäre Projekte hat KOERNOE sich einen Namen als Ort für künstlerische Forschung im öffentlichen Raum gemacht.
Dokumentation und Vermittlung
Alle Projekte werden systematisch dokumentiert, wissenschaftlich begleitet und publiziert. Die Vermittlung erfolgt unter anderem durch engagierte Öffentlichkeitsarbeit, Bildungsformate wie das mobile Vermittlungsformat INVENTOUR sowie durch umfangreiche begleitende Publikationen. KOERNOE bietet ein umfassendes Archiv aller Projekte seit 1979.
Publikationen (Auswahl)
Zur Dokumentation der Projekte wird eine Publikation herausgebracht, die pro Band etwa drei Jahre umfasst.[2]
- Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich. Band 11. 2011/2013. Hrsg. von Katharina Blaas-Pratscher und Katrina Petter, deutsch und englisch, Bildband, Verlag für moderne Kunst, 2019, ISBN 978-3-903269-96-5, 448 Seiten.
- Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich. Band 13. Hrsg. von Katrina Petter, deutsch und englisch, Verlag für moderne Kunst, Wien, 2022, ISBN 978-3-903572-65-2. Umfasst 2017-2019.
Leitung
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Öffentliche Kunst, Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich, Band 8: / Public Art Lower Austria, Volume 8. Abgerufen am 25. Juli 2025.
- ↑ Publikationen. Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich, abgerufen am 26. Juli 2025.
- ↑ Katharina Blaas-Pratscher. Kepler Salon, 19. Dezember 2011
- ↑ Katrina Petter, Leiterin von Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich. Akademie der bildenden Künste Wien 2025.