Leopold Pollack von Parnegg
Leopold Pollack Freiherr von Parnegg (* 29. Oktober 1839 in Nikolsburg, Markgrafschaft Mähren; † 28. März 1922 in Wien-Hietzing) war ein österreichisch-ungarischer Textil-Großindustrieller.
Leben
Leopold Pollack kam in der Regierungszeit von Kaiser Ferdinand I. im Oktober 1839 als Sohn des Hermann Isak Pollack, eines jüdischen Textilunternehmers und dessen Gattin Therese Rosa geb. Toch in Nikolsburg, Markgrafschaft Mähren im Kaisertum Österreich zur Welt. Er hatte zwei jüngere Geschwister, Katharina Pollack (*1843) und Bernhard Berthold Pollack (1847-1911), die in Wien zur Welt kamen. Der Vater Hermann Pollack hatte Anfang der 1830er Jahre einen Zwischenhandel mit Textilien gegründet. Im Jahre 1857 wurde Leopold Pollack in dieser Kurrentwaren-Firma, welche sich in der Kohlmessergasse in der Wiener Inneren Stadt befand, öffentlicher Gesellschafter[1] und übernahm diese, gemeinsam mit seinem Bruder Bernhard Pollack, mit 1. Jänner 1872 als protokollierte Firma „Herm. Pollack’s Söhne“[2].
Am 6. April 1867 ehelichte Leopold Pollack in Wien seine aus Prag stammende Ehegattin Mathilde geb. Gerstl, die ihm neun Kinder gebar: Felix (1868-1932), Clementine (*1869), Ernst (1870-1872), Friedrich Edwin (1871-1930), Gisela (*1873), Leopold Leo (1874-1924), Walter (1877-1918), Otto Maria (1878-1937) und Hermann (1882-1903). Von den sieben Söhnen traten später Felix, Friedrich, Leo und Walter als Gesellschafter in die Firma ein.
In den Folgejahren vergrößerten die beiden Brüder das Unternehmen, welches bald zu den größten der Branche wurde. Ab 1881 errichtete Pollack unter dem Namen „Spinnereien Hermann Pollack's Söhne“eine Reihe großer Baumwollspinnereien und Webereien in Böhmen mit dem Zentrum in Böhmisch Trübau, unter anderem in Parnegg, einem kleinen Dorf an der böhmisch-mährischen Grenze, welches nur aus Arbeiterhäusern bestand[3] und erweiterte die Firma durch die Gründung von Spinnereien in Neurode (Preußisch Schlesien). Das Unternehmen expandierte auch ins Ausland, gründete Verkaufsorganisation im französischen Rouen und unterhielt außer in Wien weitere Niederlassungen in Paris, Berlin, Prag, Triest und Budapest und entwickelte sich so zu einem Großunternehmen mit rund 5.000 Arbeitern an 150.000 Spindeln, die Damenkleiderstoffe und Weißwaren herstellten.
Als erfolgreicher Unternehmer übernahm Pollack auch diverse Funktionen in unternehmerischen Interessenvertretungen und kaufmännischen Korporationen und wird als einer der bedeutendsten Vertreter der österreichisch-ungarischen Textilindustrie. Von 1890 bis 1897 bekleidete er das Amt des Vizepräsidenten und danach bis 1912 das des Präsidenten des Gremiums der Wiener Kaufmannschaft. In dieser Eigenschaft förderte er den Bau des Hauses der Wiener Kaufmannschaft, die Errichtung des Gremialspitals und die Gründung der Handelsakademie der Wiener Kaufmannschaft.
Ab 1885 war Pollack Mitglied und ab 1911 Korrespondierendes Mitglied der Wiener Handelskammer, in der er allgemein beachtete Referate über Zolltarif und Schiedsgerichte hielt. Zeitweise bekleidete er das Amt des Zensors der Oesterreich-ungarischen Bank und war Mitglied des Ind. Rates sowie Kurator des Handelsmuseums.
Hoch betagt verstarb Leopold Pollack-Parnegg im 83. Lebensjahr am 28. März 1922 in seiner Villa in Wien-Hietzing und wurde am 30. März im Beisein zahlreicher Honoratioren aus Gemeinde und Wirtschaft im alten jüdischen Sektor des Wiener Zentralfriedhofes zur letzten Ruhe bestattet.[4][5]
Nobilitierungen und Auszeichnungen
- 1903 Wegen seines Verdienstes um die österreichisch-ungarische Wirtschaft wurde Leopold Pollack vom Kaiser Franz Josef I. in den Adelsstand erhoben. Er durfte sich ab nun Leopold Pollack Edler von Parnegg nennen. Als Adelsprädikat wählte Pollack den Namen des Dorfes "Parnegg", in welchem sich seine Webereien befanden. Auch hatte er am Wiener Hof freien Zutritt.[3]
- Im Juni 1918 erhob Kaiser Karl I. den Großindustriellen in den österreichischen Freiherrnstand. Fünf Monate später war der Titel durch das österr. Adelsaufhebungsgesetz der Ersten Republik wiederum obsolet.[6]
- Komturkreuz des Franz Joseph-Ordenns [5]
Literatur
- Leopold Pollack von Parnegg. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 8, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1983, ISBN 3-7001-0187-2, S. 174.
- Eigner Peter, "Pollack von Parnegg, Leopold Freiherr" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 600-601 [Online-Version];
- Der Aufstieg der Familie Pollack v. Parnegg. In: Neues Wiener Journal, 28. September 1932, S. 4 (online bei ANNO).
- Leopold Pollack-Parnegg. In: Die Börse. Zeitung für das gesamte Wirtschaftsleben( mit der Beilage Bilanzkritik) / Die Börse. Wirtschaftszeitung für Mitteleuropa, 6. April 1922, S. 36 (online bei ANNO).
- R. Granichstaedten-Cerva, J. Mentschl u. G. Otruba, Altösterr. Unternehmer, 110 Lb., 1969
- P. Frank-Döfering, Adelslex. d. österr. Kaisertums 1804-1918, 1989, S. 457
- Semi-Gotha, 1913, S. 833, 518
- Gotha. Genealog. TB. D. Fr´hr., 1848 ff. u. 1935
Einzelnachweise
- ↑ Ueberrsicht. In: Die Presse, 7. März 1857, S. 13 (online bei ANNO).
- ↑ Firma Protokollierungen. In: Wiener Zeitung, 27. Jänner 1872, S. 17 (online bei ANNO).
- ↑ 3,0 3,1 Der Aufstieg der Familie Pollack v. Parnegg. In: Neues Wiener Journal, 28. September 1932, S. 4 (online bei ANNO).
- ↑ Billion Graves > Webseite
- ↑ 5,0 5,1 Leopold Pollack-Parnegg. In: Die Börse. Zeitung für das gesamte Wirtschaftsleben( mit der Beilage Bilanzkritik) / Die Börse. Wirtschaftszeitung für Mitteleuropa, 6. April 1922, S. 36 (online bei ANNO).
- ↑ Kleine Chronik. In: Neue Freie Presse, 10. Juni 1918, S. 4 (online bei ANNO).
Weblinks
Leopold Pollack von Parnegg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons