Münchnerhof

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Münchnerhof (2025)

Der Münchnerhof (auch: Arbeiterheim „Münchner Hof“) in Bregenz, Vorarlberg, ist ein Wohn- und Geschäftshaus[1], das 1890 errichtet wurde.

Lage

Der Münchnerhof befindet sich in der Anton-Schneiderstraße auf 399 m ü. A. Ringsum ist der Münchnerhof von Gebäuden umgeben bzw. direkt daran angebaut. Südlich, etwa zwanzig Meter entfernt schräg Vis-à-vis befindet sich das Haittingerhaus (Anton Schneiderstraße 18). Etwa 45 Meter Luftlinie südlich befindet sich die Filiale der Österreichischen Nationalbank und rund 100 Meter südwestlich entfernt das Rathaus.

Geschichte

Im Mai 1928 erwarb der 1924 gegründete Verein Arbeiterheim Bregenz den Münchnerhof vom Wiener Kaufmann Aaron Erteschik für insgesamt 60.000 Schilling.[2] Darin sollte laut Statut des Vereins eine neue „Zentralversammlungsstätte der Bregenzer Arbeiterschaft ohne Unterschied der Nationalität und Konfession“ begründet werden. Das Arbeiterheim sollte „Raum bieten für Vereinslokale der Arbeitervereine und Gewerkschaften, Konsum- und Produktionsgenossenschaften, ferner für die Veranstaltungen von Versammlungen, Vorträgen, Volksbildungswesen Unterhaltungen, Theateraufführungen, Lichtbildvorträgen, Turnen, Radfahren, Gesang und Musik, sowie Kinderspiele usw.“[3] Die Finanzierung sollte über den Betrieb einer Gaststätte mit Fremdenzimmern erfolgen.

Pächter der Gastwirtschaft im Münchnerhof blieb Josef Spindler, der bereits vor dem Verkauf Pächter gewesen war.

Mit der Austrofaschischtischen Diktatur unter Engelbert Dollfuß wurden Nichtkonservative politische Parteien zuerst eingeschränkt und dann verboten. Am 15. und 16. März 1933 wurden die Arbeiterheime der SDAP in Bludenz, Feldkirch, Dornbirn und Bregenz von Gendarmerie und Bundesheer durchsucht. Am 20. Mai wurde der sozialdemokratische Republikanische Schutzbund verboten (im Gegensatz zur konservativen Heimwehr, die weiter gestärkt wurde). Die traditionellen Maiaufmärsche am Tag der Arbeit wurden verboten (es fanden zur Umgehung des Verbots auch in Bregenz „Spaziergänge“ statt, die sich beim Münchnerhof trafen).[4][5][6] Die Februarkämpfe 1934 fanden in Vorarlberg so gut wie keinen Nachhall, weil die SPÖ-Parteileitung am 12. Februar 1934 bereits willkürlich verhaftet worden war. Die SPAD und der Vorfeldorganisationen wurde in weiterer Folge verboten. Weitere Parteianhänger wurden willkürlich verhaftet. Das Eigentum der Partei und der Vorfeldorganisationen, wie des Vereins Arbeiterheim, beschlagnahmt. Das Eigentum am Münchnerhof ging auf den Ständestaat über. Bereits 1934 wurde die Heimwehr und Sicherheitspolizei im Haus einquartiert.

Die angetragenen Übertragung des Eigentums am Münchnerhof auf die ständestaatliche Einheitsgewerkschaft lehnte diese am 28. Mai 1936 wegen bestehender Schulden auf dem Haus bzw. der Liegenschaft ab. Schlussendlich kaufte die Stadt Bregenz das Gebäude und die Liegenschaft um 60.792,68 Schilling. Die neue Eigentümerin verschenkte den Großteil der Inneneinrichtung (Möbel, Kanzleieinrichtungsgegenstände, Geschirr, Wäsche usw.) Anfang November an das Bundesheer, die Gendarmerie, die Frontmiliz sowie an die Kinderferienheime Oberbildstein und Langen. Die übrige Inneneinrichtung wurde im November 1936 um 1724,28 Schilling versteigert. Die bestehenden Forderungen musste die Stadt Bregenz bezahlen. Am 2. Jänner 1937 wurde das Eigentum grundbücherlich zu Gunsten der Stadt Bregenz eingetragen.

Die Zeit des Nationalsozialismus ist weder im Vereinsarchiv noch in den öffentlichen Archiven gut dokumentiert. Zeitweise wurden die Räumlichkeiten im Münchnerhof nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland von der Stadtpolizei und dem Meldeamt genutzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Neugründung der SPÖ 1945 forderte die Partei, die Vorfeldorganisationen und Vereine ihre 1934 beschlagnahmten Immobilien zurück. Die SPÖ richtete in der Parteizentrale in der Löwelstraße in Wien ein Büro ein, das die Rückgabe abwickeln sollte. Ab Ende 1946 und noch vor einer formellen Rückgabe verwaltete und verwendete bereits die SPÖ Vorarlberg den Münchnerhof. Darin waren auch die Bezirksorganisation und die Redaktion des „Vorarlberger Volkswillens“ sowie die Mietervereinigung, die Kinderfreunde, die Roten Falken, die Sozialistische Jugend (SJ) und der ARBÖ untergebracht. Zeitweise hatte auch die Südtiroler-Außenstelle, die sich der Umsiedlung der Südtiroler widmete, ein Büro im Münchnerhof. Für die noch durch die Stadt Bregenz genutzten Räume wurde nun eine Miete bezahlt und für die Wiederherstellung des Gebäudes Instandsetzungsmaßnahmen.

Am 1. Juli 1946 erhielt der Verein Arbeiterheim das Verfügungsrecht über den Münchnerhof auch formell zurück. Zwischen der Stadt Bregenz und dem Verein Arbeiterheim Bregenz wurde dann am 6. Februar 1947 ein Vergleich abgeschlossen. Die Stadt Bregenz übertrug das grundbücherliche Eigentum wieder an den Verein Arbeiterheim und bezahlte für unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen zwischen dem 18. Dezember 1936 und dem Mai 1945 30.000 Schilling.

Der Service Social des Personnes Deplacées en Vorarlberg, die Dienststelle für soziale Angelegenheiten der Displaced Persons in Vorarlberg wollte im Juni 1946 im Münchnerhof ein für alle zugängliches Café einrichten. Dies kam aber nicht zustande.

Im September 1946 wurde ein neuer Pächter für die Gastwirtschaft gesucht. Da die gesamte Inneneinrichtung der Gastwirtschaft 1936 von der Stadt Bregenz versteigert oder verschenkt wurden war, musst der neue Pächter auch diese sowie für die 13 Fremdenzimmer mitbringen. Den Zuschlag erhielt Metzgermeister Georg Felder aus Bregenz.

Um den Gastwirtschaftsbetrieb aufnehmen zu können, erhielt der Verein Arbeiterheim durch die französische Besatzungsverwaltung einige Einrichtungsgegenstände aus den Beständen der Michel-Werke gegen eine jährliche Pacht von 1400 Schilling. Um weitere Einrichtungsgegenstände zu finanzieren, wurden vom Verein Arbeiterheim 1947 100 Schuldscheine zu je 100 Schilling an Parteimitglieder ausgegeben. Die offizielle Neueröffnung des Arbeiterheims samt Gasthaus und Café erfolgte am 8. März 1947.

Mit der Rückübertragung des Eigentums auf den Verein Arbeiterheim mieteten in den Räumlichkeiten vor allem sozialdemokratische und nahestehende Organisationen und Vereine ein. Dabei mussten sich einige, wie z. B. die Sozialistische Jugend (SJ) das Jugendzimmer im zweiten Stock mit dem Arbeiter- Gesangsverein und den Kinderfreunden, der Bregenzer Ortsgruppe der Naturfreunde, dem Bund sozialistischer Akademiker und den Roten Falken teilen.

Seit den 1950er-Jahren finden immer wieder Instandsetzungsarbeiten und größere und kleine Renovierungen im Haus statt. Der Verein Arbeiterheim hatte sich finanziell nach den 1950er-Jahren konsolidiert. 1983/1984 wurde das gesamte Gebäude umgebaut und generalsaniert. Nach der Wiedereröffnung fand sich im Gasthaus die „Pizza Charlie“ (bis 1999)

Heute befinden sich im Münchnerhof ein Tapas-Restaurant sowie die Landesgeschäftsstellen der Vorarlberger Volkshilfe und der Vorarlberger Naturfreunde und Wohnungen.

Übersicht der Gastwirtschaftsbetriebe im Münchnerhof

  • Josef Spindler (bürgerliche Küche), schon vor 1928,
  • Metzgermeister Georg Felder aus Bregenz (bürgerliche Küche) ab 8. März 1947 bis 1959,
  • Familie Cheval, Gasthaus „Camillo“ 1960 bis 1971,
  • Familie Stadler (bürgerliche Küche) 1971 bis 1982,
  • Karl Pretz („Pizza Charlie“) 1984 bis 1999,
  • Tades GmbH (Tapas-Restaurant, Andalusische Spezialitäten).

Parallel dazu wurden, soweit die Räume nicht durch Vereine oder andere Einrichtungen belegt waren, Fremdenzimmer vermietet.

Eigentümer des Münchnerhofs

  • Aaron Erteschik (Kaufmann, Wien) bis Mai 1928,
  • Verein Arbeiterheim Bregenz Mai 1928 bis 1934 (Beschlagnahmung),
  • Ständestaat (1934 bis 1936),
  • Stadt Bregenz (1936 bis 30. Juni 1946),
  • Verein Arbeiterheim Bregenz (ab 1. Juli 1946 bis dato).

Vereine, Einrichtungen und Unternehmen im Münchnerhof

Der Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung (FAB) führt im Münchnerhof Kurse zu Kindergarten-Kinderbetreuung Assistenz durch.

Mitgliederzahl des Vereins Arbeiterheim

  • 1951 : 55
  • 1955 : 45
  • 1957 : 48

Literatur

  • Severin Holzknecht: Das Arbeiterheim „Münchner Hof“ in Bregenz, in MONTFORT Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, BAND 2 / 2020, S. 75 ff.

Weblinks

 Münchnerhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. Objektadresse: Anton-Schneider-Straße Nr. 19, 6900 Bregenz.
  2. 40.000 Schilling auf das Gebäude selbst „samt allem rechtlichen Zubehör“, 5.000 Schilling auf die Einrichtungsgegenstände und 15.000 Schilling für die Gastwirtschaftskonzession. 49.000 Schilling wurden sofort in bar bezahlt.
  3. Statuten des Vereines Arbeiterheim in Bregenz.
  4. Werner Dreier: Zwischen Kaiser und „Führer“ , Vorarlberg im Umbruch 1918–1938, Bregenz 1986, S. 61, 164.
  5. Werner Dreier: Konjunktur der Hoffnung – Vorarlberger Arbeiterbewegung 1918–1934 in Im Prinzip: Hoffnung. Arbeiterbewegung in Vorarlberg 1870–1946, herausgegeben von Kurt Greussing, Bregenz 1984, S. 210.
  6. Kurt Greussing: Grenzstationen – Umbruch und Diktatur. Die Vorarlberger Sozialdemokratie 1918/19 und 1934–1938 in Nachträge zur neueren Vorarlberger Landesgeschichte von ca. 1870 bis 1945, herausgegeben von Meinrad Pichler, Bregenz 1982, S. 126.

47.5041659.748321Koordinaten: 47° 30′ 15″ N, 9° 44′ 54″ O