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'''Gräfin Margarete von Görz-Tirol''', auch '''Gräfin Margarete von Tirol''' oder '''Herzogin Margarete von Baiern und Kärnten, Gräfin von Tirol''', um 1366 erstmals auch als '''Margarete Maultasch''' genannt (* [[1318]], in Tirol; † [[3. Oktober]] [[1369]], in [[Wien]]) herrschte über Teile der heutigen Republik Österreich. | |||
'''Gräfin Margarete von | |||
== Herkunft und Familie == | |||
Margarete stammte aus der Familie der Grafen von Görz-Tirol, die durch die Eheschließung des Grafen Meinhard von Görz mit Gräfin Adelheid von Tirol, einer der beiden Erbtöchter des Grafen Albert von Tirol entstanden war. Unter seinen beiden Söhnen [[Meinhard]] und [[Albert]] spaltete sich die Familie in die "meinhardinische Linie", die über die war Herrscherin über die [[w:Gefürstete Grafschaft Tirol|Grafschaft Tirol]] herrschte und die "albertinische Linie", die über die [[Grafschaft Görz|Görzer Grafschaften]] herrschte, auf. Margarete war eine Enkelin von Meinhard und eine der beiden Töchter von seinem Sohn [[w:Heinrich von Kärnten|Heinrich]], der ihn als Graf von Tirol und Herzog von Kärnten beerbt hatte. Ihre Mutter war dessen zweite Ehefrau [[w:Adelheid von Braunschweig|Herzogin Adelheid von Braunschweig]]. | |||
Margarete war zweimal verheiratet, | |||
<br />∞ in erster Ehe (1330-1341 bzw. 1349) mit [[w:Johann Heinrich (Luxemburg)|Johann Heinrich von Böhmen]], einem Sohn von [[w:Johann der Blinde|König Johann (I.) von Böhmen]] und jüngeren Bruder des späteren Kaisers [[Karl IV. (HRR)|Karl (IV.); | |||
<br />∞ in zweiter Ehe seit 1342 mit [[w:Ludwig V. (Bayern)|Herzog Ludwig (V.) von Baiern ("''Ludwig den Brandenburger''")]]<ref group="A">Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem [[w:Wiener Kongress|Wiener Kongress]] im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.</ref> († 1361), [[w:Markgrafschaft Brandenburg|Markgraf von Brandenburg]]. Aus dieser Ehe hatte sie mehrere Kinder, von denen nur ein Sohn erwachsen wurde. | |||
:* [[w:Meinhard III.|Herzog Meinhard (I.) von Baiern]] (als Meinhard (III.) Graf von Tirol) (* um 1344; † 1363) | |||
:: ∞ 1359 mit Herzogin [[Margarete von Österreich († 1366)|Margarete]] († 1366), einer Tochter von [[Albrecht II. (Österreich)|Herzog Albrecht (II.) von Österreich]], die nach seinem Tod eine weitere Ehe mit dem ersten Ehemann seiner Mutter einging. | |||
== Leben == | |||
Margaretes Vater hatte aus seiner ersten Ehe einen Sohn mit Namen Leopold, der noch als Kind gestorben sein dürfte, und aus seiner zweiten Ehe außer Margarete noch eine weitere Tochter namens Adelheid. Daher versuchte ihr Vater die Erbfolge einer seiner Töchter für das Herzogtum Kärnten und der Grafschaft Tirol zu sichern, während die andere Tochter finanziell abgefunden werden sollte. 1330 schloss er daher mit Kaiser [[Ludwig IV. (HRR)|Kaiser Ludwig (IV.) ("''Ludwig dem Bayern''")]] einen Vertrag, in dem dieser ihm für seine Töchter die weibliche Erbfolge garantierte. Eine Vereinbarung in diesem Vertrag, nach welcher der Kaiser zu den Eheschließungen der Töchter seine Zustimmung zu geben hatte, wurde später von diesem dazu genutzt, den Vertrag ignorieren zu können, als der Erbfall eintrat, da seine Zustimmung zu der Verlobung und Eheschließung zwischen Margarete und Johann Heinrich nicht gegeben worden war. Nachdem Margaretes ältere Schwester Adelheid nach 1330 aufgrund einer Krankheit, über die nichts bekannt ist, außer dass sie deswegen ihr Leben lang betreut werden musste, für eine Nachfolge nicht mehr in Betracht kam, wurde Margarete die alleinige Erbin. Nach dem Tod ihres Vaters behaupteten sie und ihr Ehemann sich in der Grafschaft Tirol, während das Herzogtum Kärnten an die [[w:Habsburg|Herzöge von Österreich (Habsburger)]] kam. Dies wurde von Margarete, die auch weiterhin den Titel einer Herzogin von Kärnten führte, lebenslang nicht anerkannt. | |||
Nach dem Sturz von Johann Meinhard, an dem sie selbst mitbeteiligt war, heiratete sie den Markgrafen Ludwig von Brandenburg ("''Ludwig den Brandenburger''"), der später die Markgrafschaft Brandenburg dem Herzogtum Oberbayern tauschte und als ihr Ehemann die Herrschaft über die Grafschaft Tirol führte. | |||
Obwohl Margarete als Tiroler Landesfürstin gilt, war sie, abgesehen von einigen Monaten nach dem Tod ihres Sohnes Meinhard im Jahr 1363, nie die offizielle Herrscherin über die Grafschaft Tirol. Die Herrschaft wurde zunächst von ihrem ersten Ehemann Johann Heinrich beziehungsweise von dessen Familie und später von ihrem zweiten Ehemann Ludwig ausgeübt. Sie dürfte lediglich während der häufigen Abwesenheiten von Ludwig zeitweise als seine Vertretung fungiert haben und während der kurzen Regierungszeit ihres Sohnes Meinhards (1361-1363), der die meisten Zeit nicht in Tirol weilte, de facto über Tirol geherrscht haben. Nachdem sie die Herrschaft über Tirol an [[Rudolf IV. (Österreich)|Herzog Rudolf (IV.) von Österreich ("''Rudolf den Stifter''")]] abgetreten hatte, übersiedelte sie nach Wien. | |||
== Überblick über die wichtigsten Geschehnisse == | |||
* Verzicht auf das Herzogtum Kärnten im [[w:Frieden von Enns|Frieden von Enns]] (9. Oktober 1336) | |||
* Niederschlagung des (ersten) Tiroler Aufstandes gegen die Herrschaft der Böhmen (Luxemburger) (Mai 1340) | |||
* Vertreibung von Johann Heinrich aus Tirol (November 1341) | |||
* Heirat mit Ludwig dem Brandenburger (10. Februar 1342) in [[w:Meran|Meran]]. Ihre erste Ehe war von Kaiser Ludwig IV. nicht für geschieden worden, wie häufig in der Literatur behauptet wird, sondern sie wurde als ungültig betrachtet, da sie als nicht vollzogen galt, obgleich der Papst aus politischen Gründen diesen Umstand nicht anerkannte und dies als Vorwand nutzte, um über die Margarete und Ludwig und de facto auch über die Grafschaft Tirol das Interdikt und den Kirchenbann zu verhängen. Die Ehe wurde am 21. Juli 1349 auf Betreiben von Johann Heinrich, der inzwischen zum Markgrafen von Mähren aufgestiegen war, wegen nicht Vollzug aufgelöst, was allerdings wohl aus politischen Gründen nicht die Anerkennung von Margaretes zweiter Ehe und die Aufhebung von Bann und Interdikt zur Folge hatte. Erst 1359 hob [[w:Innozenz VI.|Papst Innozenz VI.]] nach der Vermittlung durch Herzog Albrecht von Österreich Interdikt und Bann auf und erklärte die Ehe nach Erfüllung einiger Auflagen für legal. | |||
* 1363 gestorben waren, überschrieb sie Tirol dem nächsten Verwandten, dem Habsburger [[Rudolf IV. (Österreich)|Rudolf IV. von Österreich]], und übergab diesem 1363 die Regierungsgewalt. Die [[Wittelsbach]]er fielen daraufhin in Tirol ein, auf das sie jedoch letztlich 1369 im [[Frieden von Schärding]] gegen eine hohe finanzielle Entschädigung verzichteten. | |||
== Orte mit Bezug zu Margarete Maultasch im heutigen Österreich == | |||
=== Kärnten === | |||
Obwohl sich Margarete wohl nie in Kärnten aufgehalten hat, bildeten sich dort zu einigen Orten Sagen um ihren fiktiven Kriegszug dorthin. (Siehe unten) | |||
=== Tirol === | |||
Margarete dürfte sich die meiste Zeit im heutigen Südtirol aufgehalten haben, ihr Hauptsitz war Schloss Tirol in Meran. | |||
=== Wien === | |||
Margarete verbrachte ihre letzten Lebensjahre in beziehungsweise bei [[Wien]], wo ihr Wohnsitz der späteren Wiener Vorstadt [[Margareten]] (heute der namensgebende Teil des 5. Wiener Gemeindezirk) den Namen gegeben haben soll. Sie wurde in der [[w:Wiener Minoritenkirche|Wiener Minoritenkirche]] beigesetzt, ihr Grabmal ist nicht erhalten. | |||
== Margarete in Legende und Sage == | == Margarete in Legende und Sage == | ||
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* Die meisten dieser Sagen berichten von fiktiven Kriegszügen, mit denen Margarete versucht haben soll, das [[w:Herzogtum Kärnten|Herzogtum Kärnten]]<ref group="A">Sie führte lebenslang den Titel einer Herzogin von Kärnten.</ref>, das nach dem Tod ihres Vaters an die Herzöge von Österreich (Habsburger) gefallen war, zurückzuerobern.<ref>vgl. [http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/steiermark/F_Brauner_12/Maultasch_Greisenegg.html Greisenegg], Sagen.At, eingesehen am 2. Juli 2017</ref> Außerdem werden ihr auch fiktive Kriegszüge in den [[Lungau]] nachgesagt.<ref group="A">Information dazu findet sich im [http://www.salzburg.com/wiki/index.php/Margarete_Maultasch SalzburgWiki], eingesehen am 2. Juli 2017.</ref> | * Die meisten dieser Sagen berichten von fiktiven Kriegszügen, mit denen Margarete versucht haben soll, das [[w:Herzogtum Kärnten|Herzogtum Kärnten]]<ref group="A">Sie führte lebenslang den Titel einer Herzogin von Kärnten.</ref>, das nach dem Tod ihres Vaters an die Herzöge von Österreich (Habsburger) gefallen war, zurückzuerobern.<ref>vgl. [http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/steiermark/F_Brauner_12/Maultasch_Greisenegg.html Greisenegg], Sagen.At, eingesehen am 2. Juli 2017</ref> Außerdem werden ihr auch fiktive Kriegszüge in den [[Lungau]] nachgesagt.<ref group="A">Information dazu findet sich im [http://www.salzburg.com/wiki/index.php/Margarete_Maultasch SalzburgWiki], eingesehen am 2. Juli 2017.</ref> | ||
* In weiteren Sagen wird Margarete dagegen als eine lasterhafte [[w:Femme fatale|"Femme fatale"]] gezeigt, die für ihre sexuellen Ausschweifungen nach ihrem Tod bestraft wird. Diese Sagen dürften ihren Ursprung in der politischen Propaganda haben, die als Folge der Auseinandersetzungen zwischen den Familien ihrer beiden Ehemänner entstanden ist. | * In weiteren Sagen wird Margarete dagegen als eine lasterhafte [[w:Femme fatale|"Femme fatale"]] gezeigt, die für ihre sexuellen Ausschweifungen nach ihrem Tod bestraft wird. Diese Sagen dürften ihren Ursprung in der politischen Propaganda haben, die als Folge der Auseinandersetzungen zwischen den Familien ihrer beiden Ehemänner entstanden ist. | ||
* Der Legende nach soll sie ihrem Beinamen Maultasch der [[w:Burgruine Neuhaus (Terlan)|Burg Neuhaus]] bei [[w:Terlan|Terlan]], die im Volksmund "Maultasch" genannt wurde, verdanken.<ref>vgl. [https://www.weinstrasse.com/de/highlights/brauchtum-kultur/margarethe-maultasch/ Margarete Maultasch], Weinstraße.COM, eingesehen am 29. April 201</ref> In diesem Schloss, dass allerdings zu ihren Lebzeiten dem Erzstift Salzburg gehörte, soll sie sich angeblich oft aufgehalten haben. | |||
=== Die schwarze Grete / Margarethe Maultasche === | === Die schwarze Grete / Margarethe Maultasche === | ||
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=== Sagen von der Herzogin Margareta Maultasch === | === Sagen von der Herzogin Margareta Maultasch === | ||
In dieser Sage wird ein richtiger Kriegszug erzählt, auf dem Margarete die Herzogtümer Steiermark und Kärnten und die Mark Krain verwüstet.<ref name ="herzogin"/> | In dieser Sage wird ein richtiger Kriegszug erzählt, auf dem Margarete die Herzogtümer Steiermark und Kärnten und die Mark Krain verwüstet.<ref name ="herzogin"/> | ||
== Darstellung in Literatur und Belletristik == | |||
* Anna Fuchs: ''Das gelbe Hurentuch''. Gmeiner-Verlag, 2013, ISBN 978-3-8392-1462-6 | |||
* [[w:Gottlob Heinrich Heinse|Gottlob Heinrich Heinse]]: ''Margarethe mit dem großen Maule, Erbin von Kärnthen und Tyrol'', Roman (1792) | |||
* [[w:Lion Feuchtwanger|Lion Feuchtwanger]]: ''[[w:Die häßliche Herzogin|Die häßliche Herzogin]]'', Roman (1923) | |||
* [[w:Heinrich von Schullern zu Schrattenhofen|Heinrich von Schullern]]: ''Boccaccio auf Schloß Tirol''. Ein Maultaschroman, Roman (1932)<ref group="A">"Boccaccio auf Schloß Tirol" bildet gemeinsam mit zwei weiteren Romanen von Heinrich von Schullern: "Der Herzog mit der leeren Tasche" und "Kleinod Tirol" die Romantrilogie "Das Land im Gebirge", die 1948 erstmals publiziert wurde.</ref> | |||
* [[w:Fanny Wibmer-Pedit|Fanny Wibmer-Pedit]]: ''Margarete Maultasch'', historischer Roman (1969) | |||
== Literatur == | |||
* [[w:Wilhelm Baum|Wilhelm Baum]]: ''Margarete Maultasch''. Ein Frauenschicksal im späten Mittelalter. Kitab-Verlag, Klagenfurt / Wien, 2004, ISBN 3-902005-43-2 | |||
* Christoph Haidacher - Mark Mersikowsky (Hrsg.): ''1363-2013''. 650 Jahre Tirol mit Österreich. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2015, ISBN 978-3-7030-0851-1<ref group="A">Ein Sammelband mit wissenschaftlichen Aufsätzen, von denen sich mehrere mit unterschiedlichen Aspekten von Margarete Maultasch befassen.</ref> | |||
* Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): ''Margarete "Maultasch" − zur Lebenswelt einer Landesfürstin und anderer Tiroler Frauen des Mittelalters''. Vorträge der wissenschaftlichen Tagung im Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol, Schloss Tirol, 3.-4. November 2006. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2007, ISBN 978-3-7030-0438-4 | |||
=== Lexikonartikel und Sammelwerke === | |||
* Alfons Huber: ''Margaretha (Maultasch), Herzogin von Kärnthen, Gräfin von Tirol''. In: ''Allgemeine Deutsche Biographie (ADB)''. Duncker & Humblot, Leipzig, 1884, Band 20, S. 328–332 [https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Margarethe_Maultasch digital]<ref group="A">Von der neueren Forschung inzwischen überholt, historiographisch von Interesse</ref> | |||
* Josef Riedmann: ''Margarete Maultasch''. In: ''Neue Deutsche Biographie (NDB)''. Duncker & Humblot, Berlin, 1990, ISBN 3-428-00197-4, Band 16, S. 163 f. [http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016334/images/index.html?seite=175 digital] | |||
== Weblinks == | |||
* [http://tirol-geschichte.tsn.at/website/geschichte/margarethe%20maultasch/margarete-haupttext.html Margarete Maultasch], Tirol-Geschichte.TSN.AT (Geschichte Tirols im Überblick) | |||
* [http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/margarete-von-tirol/ Margarete von Tirol], Fembio.ORG | |||
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