Ursula Pöck: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Ursula Pöck''', auch '''Ursula von Lienz''' (* um 1439; † [[1442]] oder [[1443]], in [[Lienz]], damals [[w:Grafschaft Görz|Grafschaft Görz]]) war ein Mädchen aus Lienz, die angeblich von Juden ermordet wurde. Ihre Geschichte wird als eine der [[w:Ritualmordlegende|Ritualmordlegenden]] des [[w:Mittelalter|Mittelalters]] eingestuft. Da ihre Geschichte außerhalb von Lienz kaum bekannt wurde, gibt es inzwischen auch Überlegungen, dass sie eine fiktive Figur sein könnte.
'''Ursula Pöck''' (* um 1439; † [[1442]] oder [[1443]], in [[Lienz]], damals [[w:Grafschaft Görz|Grafschaft Görz]]), auch '''Ursula von Lienz''', war ein Mädchen aus Lienz, die angeblich von Juden ermordet wurde. Ihre Geschichte wird als eine der [[w:Ritualmordlegende|Ritualmordlegenden]] des [[w:Mittelalter|Mittelalters]] eingestuft. Da ihre Geschichte außerhalb von Lienz kaum bekannt wurde, gibt es inzwischen auch Überlegungen, dass sie eine fiktive Figur sein könnte.


== Herkunft ==
== Herkunft ==
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== Die Ritualmordlegende um Ursula von Lienz ==
== Die Ritualmordlegende um Ursula von Lienz ==
Ursula Pöck wurde nach der Überlieferung am Karfreitag des Jahres 1442 oder 1443 von den Lienzer Juden ermordet. Nach einem Verfahren wurden einige Juden und Jüdinnen sowie eine Christin, die ihnen bei diesem Mord geholfen haben soll, hingerichtet.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 222f.</ref> Ursulas Vater soll 1452 für ihr Grab, das sich an der nördlichen Außenseite der Pfarrkirche St. Andrä in Lienz befand, einen Epitaph gestiftet haben.<ref name ="Pizzini228">vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 228</ref> 1904 wurden Ursulas Gebeine in einen hölzernen Schrein umgebettet, der nach der Renovierung der Pfarrkirche im Jahr 1968 gemeinsam mit der Gedenktafel dem Museum der Stadt Lienz übergeben wurde.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 231 und S. 232</ref>
Ursula Pöck wurde nach der Überlieferung am Karfreitag des Jahres 1442 oder 1443 von den Lienzer Juden ermordet. Nach einem Verfahren wurden einige Juden und Jüdinnen sowie eine Christin, die ihnen bei diesem Mord geholfen haben soll, hingerichtet.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 222f.</ref> Ursulas Vater soll 1452 für ihr Grab, das sich an der nördlichen Außenseite der Pfarrkirche St. Andrä in Lienz befand, einen Epitaph gestiftet haben.<ref name ="Pizzini228">vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 228</ref> 1904 wurden Ursulas Gebeine in einen hölzernen Schrein umgebettet, der nach der Renovierung der Pfarrkirche im Jahr 1968 gemeinsam mit der Gedenktafel dem Museum der Stadt Lienz übergeben wurde.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 231 und S. 232</ref>


== Folgen ==
== Folgen ==
Die Ritualmordlegende, die sich um Ursula Pöck gebildet hat, dürfte die älteste von den drei Ritualmordlegenden mit einem Tatort im ehemaligen [[w:Kronland|Kronland Tirol]] sein<ref group="A">Die beiden anderen Ritualmordlegenden sind ([[w:Simon von Trient|Simon von Trient]] und [[w:Anderl von Rinn|Anderl von Rinn]]).</ref> sein.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 219</ref>. Es spricht einiges dafür, dass der Fall der Ursula Pöck die Vertreibung oder Ausweisung der bisher in Lienz ansässigen Jüdinnen und Juden zur Folge hatte.<ref name ="Pizzini222">vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 222</ref> Ein "Ursula-Kult" lässt sich nur ansatzweise nachweisen und dürfte sich auf die Stadt Lienz beschränkt haben.<ref name ="Pizzini228"/>
Die Ritualmordlegende, die sich um Ursula Pöck gebildet hat, dürfte die älteste von den drei Ritualmordlegenden mit einem Tatort im ehemaligen [[w:Kronland|Kronland Tirol]] sein<ref group="A">Die beiden anderen Ritualmordlegenden erzählen von ([[w:Simon von Trient|Simon von Trient]] und [[w:Anderl von Rinn|Anderl von Rinn]]).</ref> sein.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 219</ref>. Es spricht einiges dafür, dass der Fall der Ursula Pöck die Vertreibung oder Ausweisung der bisher in Lienz ansässigen Jüdinnen und Juden zur Folge hatte.<ref name ="Pizzini222">vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 222</ref> Ein "Ursula-Kult" lässt sich nur ansatzweise nachweisen und dürfte sich auf die Stadt Lienz beschränkt haben.<ref name ="Pizzini228"/>


== Faktenlage ==
== Faktenlage ==
Der Ritualmord an Ursula Pöck ist durch keine zeitgenössische Quelle belegt. Aussagen von 21 Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, die überliefert sind, finden sich in einem Protokoll vom 18. September 1475, das in Latein abgefasst wurde. Der Auslöser für diese Befragung dürfte eine Anfrage aus Trient gewesen sein, wo zu dieser Zeit der Prozess um den angeblichen Ritualmord an Simon von Trient verhandelt wurde.<ref name ="Pizzini220"/> Erst seit dem 17. Jahrhundert wird der Mord an Ursula Pöck in einigen gedruckten und handschriftlichen Werken zur Geschichte Tirols als bemerkenswerte und umstößliche Tatsache hingestellt.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 224</ref>
Der Ritualmord an Ursula Pöck ist durch keine zeitgenössische Quelle belegt. Aussagen von 21 Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, die überliefert sind, finden sich in einem Protokoll vom 18. September 1475, das in Latein abgefasst wurde. Der Auslöser für diese Befragung dürfte eine Anfrage aus Trient gewesen sein, wo zu dieser Zeit der Prozess um den angeblichen Ritualmord an [[w:Simon von Trient|Simon von Trient]] verhandelt wurde.<ref name ="Pizzini220"/> Erst seit dem 17. Jahrhundert wird der Mord an Ursula Pöck in einigen gedruckten und handschriftlichen Werken zur Geschichte Tirols als bemerkenswerte und umstössliche Tatsache hingestellt.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 224</ref>


Im 18. Jahrhundert wurde eine Untersuchung der Geschehnisse um Ursula Pöck im Auftrag des [[w:Haller Damenstift|Damenstiftes]] in [[Hall in Tirol|Hall]] durchgeführt, das zu dieser Zeit Inhaber der Herrschaft Lienz war. Dies geschah vermutlich mit der Absicht, eine Selig- oder Heiligsprechung als Märtyrerin für Ursula zu beantragen.<ref name ="Pizzini221">vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 219f. und S. 228f.</ref> Aus diesem Anlass wurde am 8. Juni 1789 ihr Grab geöffnet, worüber sich ein Protokoll erhalten hat.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 230</ref>
Im 18. Jahrhundert wurde eine Untersuchung der Geschehnisse um Ursula Pöck im Auftrag des [[Damenstift Hall|Damenstiftes]] in [[Hall in Tirol|Hall]] durchgeführt, das zu dieser Zeit Inhaber der Herrschaft Lienz war. Dies geschah vermutlich mit der Absicht, eine Selig- oder Heiligsprechung als Märtyrerin für Ursula zu beantragen.<ref name ="Pizzini221">vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 219f. und S. 228f.</ref> Aus diesem Anlass wurde am 8. Juni 1789 ihr Grab geöffnet, worüber sich ein Protokoll erhalten hat.<ref>vgl. Meinrad Pizzinini: ''Ursula Pöck'', 1990, S. 230</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
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