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Nach Rechtsansicht mehrerer Arbeitsrechtsexperten und Universitätsprofessoren hat die österreichische Bundesregierung mit dem ''Covid-19-Maßnahmengesetz'' und weiteren Regelungen, z. B. dass die Entschädigung nach dem Epedimiegesetz ausgeschlossen werden, auch dafür gesorgt, dass die Entgeltfortzahlungspflicht der Betriebe gegenüber den Arbeitnehmern entfällt, solange die Schließung der Betriebe gesetzlich angeordnet bleibt.<ref>Andreas Schnauder: [https://www.derstandard.at/story/2000115861390/geschlossene-betriebe-koennen-zahlung-von-loehnen-aussetzen Geschlossene Betriebe können Zahlung von Löhnen aussetzen], Der Standard vom 18. März 2020.</ref><ref>Andreas Schnauder: [https://www.derstandard.at/story/2000115776364/doch-keine-volle-entschaedigung-bei-geschaeftsausfall-wegen-corona Doch keine volle Entschädigung bei Geschäftsausfall wegen Corona], Der Standard vom 16. März 2020.</ref> Zusammen mit der Änderung des § 1155 ABGB (Einfügung von Abs. 3 und 4), wonach Arbeitnehmer, die zwar arbeitswilllig sind, jedoch vom Betrieb nicht gebraucht werden, bis zu acht Wochen Urlaub und Zeitguthaben zu verbrauchen haben, bedeutet dies in der Praxis eine Übertragung des Arbeitgeberrisikos auf die Arbeitnehmer und die weitere Abschaffung von jahrzehntelang gültigen Sozialstandards in Österreich. | Nach Rechtsansicht mehrerer Arbeitsrechtsexperten und Universitätsprofessoren hat die österreichische Bundesregierung mit dem ''Covid-19-Maßnahmengesetz'' und weiteren Regelungen, z. B. dass die Entschädigung nach dem Epedimiegesetz ausgeschlossen werden, auch dafür gesorgt, dass die Entgeltfortzahlungspflicht der Betriebe gegenüber den Arbeitnehmern entfällt, solange die Schließung der Betriebe gesetzlich angeordnet bleibt.<ref>Andreas Schnauder: [https://www.derstandard.at/story/2000115861390/geschlossene-betriebe-koennen-zahlung-von-loehnen-aussetzen Geschlossene Betriebe können Zahlung von Löhnen aussetzen], Der Standard vom 18. März 2020.</ref><ref>Andreas Schnauder: [https://www.derstandard.at/story/2000115776364/doch-keine-volle-entschaedigung-bei-geschaeftsausfall-wegen-corona Doch keine volle Entschädigung bei Geschäftsausfall wegen Corona], Der Standard vom 16. März 2020.</ref> Zusammen mit der Änderung des § 1155 ABGB (Einfügung von Abs. 3 und 4), wonach Arbeitnehmer, die zwar arbeitswilllig sind, jedoch vom Betrieb nicht gebraucht werden, bis zu acht Wochen Urlaub und Zeitguthaben zu verbrauchen haben, bedeutet dies in der Praxis eine Übertragung des Arbeitgeberrisikos auf die Arbeitnehmer und die weitere Abschaffung von jahrzehntelang gültigen Sozialstandards in Österreich. | ||
== Verhältnismäßigkeit == | == Verhältnismäßigkeit und Rechtswidrigkeit von Maßnahmen == | ||
Das ''COVID-19- Maßnahmengesetz'' und alle dazu erlassenen Verordnungen und das staatliche Handeln ist vom verfassungsrechtlich gewährleisteten Prinzip der Verhältnismäßigkeit (''Verhältnismäßigkeitsprinzip'') begrenzt. Jeder [[w:Eingriff (Grundrechte)|Eingriff in ein Grundrecht]], mit dem [[w:Individualrecht|persönliche Rechte]] beschränkt werden, ist im [[w:Öffentliches Interesse|öffentlichen Interesses]] nur dann zulässig, wenn ein gewisses Maß eingehalten wird. Dieser Grundsatz gehört zu den elementaren modernen Konzepten eines [[w:Rechtsstaat|Rechtsstaates]]. | Das ''COVID-19- Maßnahmengesetz'' und alle dazu erlassenen Verordnungen und das staatliche Handeln ist vom verfassungsrechtlich gewährleisteten Prinzip der Verhältnismäßigkeit (''Verhältnismäßigkeitsprinzip'') begrenzt. Jeder [[w:Eingriff (Grundrechte)|Eingriff in ein Grundrecht]], mit dem [[w:Individualrecht|persönliche Rechte]] beschränkt werden, ist im [[w:Öffentliches Interesse|öffentlichen Interesses]] nur dann zulässig, wenn ein gewisses Maß eingehalten wird. Dieser Grundsatz gehört zu den elementaren modernen Konzepten eines [[w:Rechtsstaat|Rechtsstaates]]. | ||
Vor und bei einem Eingriff ist daher in jedem Fall vom staatlichen Organ abzuwägen, ob die persönliche Rechte eines Individuums nicht höher zu bewerten sind, als das öffentliche Interesse. Dabei ist bei jedem staatlichen Handeln zu prüfen, ob dieses | Vor und bei einem Eingriff ist daher in jedem Fall vom staatlichen Organ abzuwägen, ob die persönliche Rechte eines Individuums nicht höher zu bewerten sind, als das öffentliche Interesse. Dabei ist bei jedem staatlichen Handeln zu prüfen, ob dieses | ||
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Das ''Verhältnismäßigkeitsprinzip'' steht dabei in enger Beziehung zum [[w:Verhältnismäßigkeitsprinzip|Übermaßverbot]] und soll die Individuen vor allzu weitreichendem staatlichen Handeln (auch wenn dieses unter Umständen fürsorglich gemeint ist), schützen. Siehe hierzu auch den ''[[Ostererlass]]'' des Gesundheitsministeriums, nach dem sich nicht mehr als fünf fremde Personen in einer Wohnung neben den Bewohnern zusätzlich aufhalten dürfen. Dies wurde von Verfassungsexperten umgehend als zu weitgehender Eingriff in das Grundrecht angesehen.<ref>[https://www.derstandard.at/story/2000116526047/heftige-kritik-an-erlass-gegen-haeusliche-zusammenkuenfte Heftige Kritik an Oster-Erlass gegen häusliche Zusammenkünfte: "Völlig inakzeptabel"] im Standard vom 4. April 2020 abgerufen am 4. April 2020</ref><ref>[https://orf.at/stories/3160688/ Verwirrung um „Oster-Erlass“ - Regierung verspricht Aufklärung am Montag], Webseite: orf.at.</ref> | Das ''Verhältnismäßigkeitsprinzip'' steht dabei in enger Beziehung zum [[w:Verhältnismäßigkeitsprinzip|Übermaßverbot]] und soll die Individuen vor allzu weitreichendem staatlichen Handeln (auch wenn dieses unter Umständen fürsorglich gemeint ist), schützen. Siehe hierzu auch den ''[[Ostererlass]]'' des Gesundheitsministeriums, nach dem sich nicht mehr als fünf fremde Personen in einer Wohnung neben den Bewohnern zusätzlich aufhalten dürfen. Dies wurde von Verfassungsexperten umgehend als zu weitgehender Eingriff in das Grundrecht angesehen.<ref>[https://www.derstandard.at/story/2000116526047/heftige-kritik-an-erlass-gegen-haeusliche-zusammenkuenfte Heftige Kritik an Oster-Erlass gegen häusliche Zusammenkünfte: "Völlig inakzeptabel"] im Standard vom 4. April 2020 abgerufen am 4. April 2020</ref><ref>[https://orf.at/stories/3160688/ Verwirrung um „Oster-Erlass“ - Regierung verspricht Aufklärung am Montag], Webseite: orf.at.</ref> | ||
Der Verfassungsgerichtshof hat sich Monate nach dem Inkrafttreten des COVID-19-Maßnahmengesetzes (alt) und den Verordnungen (siehe unten) mit dieser Causa beschäftigt und dem damaligen COVID-19-Maßnahmengesetz (alt) grundsätzlich eine verfassungskonforme Ausgestaltung zugestanden, nicht jedoch der Verordnung {{BGBl|II Nr. 98/2020}} (siehe hier: <ref>[https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Entscheidung_G_202_2020_ua_Zlen_vom_14._Juli_2020.pdf VfGH-Entscheidung G 202/2020 ua. vom 14. Juli 2020], [https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Entscheidung_V_411_2020_vom_14._Juli_2020.pdf VfGH-Entscheidung V 411/2020 vom 14. Juli 2020], [https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Entscheidung_V_363_2020_vom_14._Juli_2020.pdf VfGH-Entscheidung V 363/2020 vom 14. Juli 2020]).</ref>) Auch in weiterer Folge wurden Maßnahmen der Regierung als verfassungswidrig aufgehoben. Der VfGH hat festgestellt, dass die Rechtsakte der Bundesregierung nicht nachvollziehbar waren. Bei allen als gesetzwidrig erkannten Bestimmungen war aus den dem VfGH vorgelegten Akten nicht nachvollziehbar, auf Grund welcher tatsächlichen Umstände die zuständige Behörde – der Gesundheitsminister – die jeweilige Maßnahme für erforderlich gehalten hat. Dies gilt insbesondere für COVID-19-Maßnahmen wie | Der Verfassungsgerichtshof hat sich Monate nach dem Inkrafttreten des COVID-19-Maßnahmengesetzes (alt) und den Verordnungen (siehe unten) mit dieser Causa beschäftigt und dem damaligen COVID-19-Maßnahmengesetz (alt) grundsätzlich eine verfassungskonforme Ausgestaltung zugestanden, nicht jedoch der Verordnung {{BGBl|II Nr. 98/2020}} (siehe hier: <ref>[https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Entscheidung_G_202_2020_ua_Zlen_vom_14._Juli_2020.pdf VfGH-Entscheidung G 202/2020 ua. vom 14. Juli 2020], [https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Entscheidung_V_411_2020_vom_14._Juli_2020.pdf VfGH-Entscheidung V 411/2020 vom 14. Juli 2020], [https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Entscheidung_V_363_2020_vom_14._Juli_2020.pdf VfGH-Entscheidung V 363/2020 vom 14. Juli 2020]).</ref>). Auch in weiterer Folge wurden Maßnahmen der Regierung aus dem Frühjahr 2020, rund sechs Monate später, im Oktober 2020 als verfassungswidrig aufgehoben. Der VfGH hat festgestellt, dass die Rechtsakte der Bundesregierung nicht nachvollziehbar waren. Bei allen als gesetzwidrig erkannten Bestimmungen war aus den dem VfGH vorgelegten Akten nicht nachvollziehbar, auf Grund welcher tatsächlichen Umstände die zuständige Behörde – der Gesundheitsminister – die jeweilige Maßnahme für erforderlich gehalten hat. Dies gilt insbesondere für COVID-19-Maßnahmen wie | ||
* das Betretungsverbot für Gaststätten und selbständige (nicht an eine Tankstelle angeschlossene) Waschstraßen, | * das Betretungsverbot für Gaststätten und selbständige (nicht an eine Tankstelle angeschlossene) Waschstraßen, | ||
* Beschränkungen betreffend den Einlass von Besuchergruppen in Gaststätten (maximal vier Erwachsene, wenn kein gemeinsamer Haushalt), | * Beschränkungen betreffend den Einlass von Besuchergruppen in Gaststätten (maximal vier Erwachsene, wenn kein gemeinsamer Haushalt), | ||
* das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als zehn Personen (welches etwa Diskotheken betraf) und | * das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als zehn Personen (welches etwa Diskotheken betraf) und | ||
* die Maskenpflicht an öffentlichen Orten in geschlossenen Räumen (Amtsräumen etc.). | * die Maskenpflicht an öffentlichen Orten in geschlossenen Räumen (Amtsräumen etc.). | ||
Auch im Hinblick auf die COVID-19-Lockerungsverordnung (nunmehr COVID-19-Maßnahmenverordnung neu) wurden Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, mit der die verpflichtende Einhaltung eines Mindestabstands zwischen den Verabreichungsplätzen in Gaststätten (§ 6 Abs. 1 und 4) angeordnet wurde, also der Mindestabstand von einem Meter zwischen Tischen.<ref>Siehe: VfGH in V 392/2020, V 405/2020, V 428/2020, V 429/2020, G 271/2020, G 272/2020).</ref> Das bisherige System, der Erlassung von | Auch im Hinblick auf die COVID-19-Lockerungsverordnung (nunmehr COVID-19-Maßnahmenverordnung neu -siehe unten) wurden Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, mit der die verpflichtende Einhaltung eines Mindestabstands zwischen den Verabreichungsplätzen in Gaststätten (§ 6 Abs. 1 und 4) angeordnet wurde, also der Mindestabstand von einem Meter zwischen Tischen.<ref>Siehe: VfGH in V 392/2020, V 405/2020, V 428/2020, V 429/2020, G 271/2020, G 272/2020).</ref> Das bisherige System, der Erlassung von verfassungswidrigen Verordnungen und die Monate später erfolgte Aufhebung derselben durch den Verfassungsgerichtshof zeigt in der Praxis auch deutlich die fehlende Wirksamkeit dieser Handlungen des Verfassungsgerichtshofes, der nicht in der Lage ist, schnelle Entscheidungen treffen zu können. Die Bundesregierung kann also auch in Zukunft - ohne jede Sanktion - vefassungswidrige Verordnungen und Gesetze erlassen, und diese werden dann Monate später erst aufgehoben, wenn diese meist keinerlei Funktion mehr haben. Die Verwaltung und Polizei (Exekutive) ist an diese Verordnungen gebunden und muss unter Umständen während der zeit der geltung der verfassungswidrigen Verordnungen bzw. Gesetze selbst verfassungswidrige Handlungen setzen. | ||
== Gesetzliche Grundlage == | == Gesetzliche Grundlage == |
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