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Am 25. März 1921, dem Karfreitag, stand der aus der Schweiz mit dem Pass seines portugiesischen Gärtners Roderigo Sanques angereiste Kaiser Karl I. auf einmal vor der Tür von Tamás Erdődys Wiener Wohnung in der Landskrongasse 5 und teilte seinem verdutzten Vertrauten mit, dass er die Absicht habe nach Ungarn zu reisen, um dort seine Ansprüche auf den Königsthron wahren. Am nächsten Tag gelang es Erdődy aufgrund seiner guten Beziehungen im ungarischen Generalkonsulat ein Einreisevisum für Ungarn für den vermeintlichen Portugiesen zu erhalten. Um die Mittagszeit fuhren Karl und Erdődy mit einem Taxi zur [[w:Burg Seebenstein|Burg Seebenstein]], wo bereits der ehemalige Leibchaffeur von Karl, Josef Schlederer, wartete. Über [[Mönichkirchen]] ging es nach [[Sinnersdorf]], wo die beiden nach Ungarn einreisen konnten. Karl wurde dabei zwar von einem der diensttuenden Gendarmeriebeamten erkannt, weil er diesem während des Krieges die [[w:Ehren-Denkmünze für Tapferkeit (Österreich)|Goldene Tapferkeitsmedaille]] persönlich verliehen hatte. Der Gendarmeriebeamte vertraute sich aber nur Tamás Erdődy, der den Beamten aufgrund der Nähe zu seinem Heimatort Rotenturm an der Pinka bekannt war, an und verriet nicht die wahre Identität Karls.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=213 bis 221}}</ref> | Am 25. März 1921, dem Karfreitag, stand der aus der Schweiz mit dem Pass seines portugiesischen Gärtners Roderigo Sanques angereiste Kaiser Karl I. auf einmal vor der Tür von Tamás Erdődys Wiener Wohnung in der Landskrongasse 5 und teilte seinem verdutzten Vertrauten mit, dass er die Absicht habe nach Ungarn zu reisen, um dort seine Ansprüche auf den Königsthron wahren. Am nächsten Tag gelang es Erdődy aufgrund seiner guten Beziehungen im ungarischen Generalkonsulat ein Einreisevisum für Ungarn für den vermeintlichen Portugiesen zu erhalten. Um die Mittagszeit fuhren Karl und Erdődy mit einem Taxi zur [[w:Burg Seebenstein|Burg Seebenstein]], wo bereits der ehemalige Leibchaffeur von Karl, Josef Schlederer, wartete. Über [[Mönichkirchen]] ging es nach [[Sinnersdorf]], wo die beiden nach Ungarn einreisen konnten. Karl wurde dabei zwar von einem der diensttuenden Gendarmeriebeamten erkannt, weil er diesem während des Krieges die [[w:Ehren-Denkmünze für Tapferkeit (Österreich)|Goldene Tapferkeitsmedaille]] persönlich verliehen hatte. Der Gendarmeriebeamte vertraute sich aber nur Tamás Erdődy, der den Beamten aufgrund der Nähe zu seinem Heimatort Rotenturm an der Pinka bekannt war, an und verriet nicht die wahre Identität Karls.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=213 bis 221}}</ref> | ||
Auch in der heute zum Burgenland gehörenden Stadt [[Pinkafeld]], dem damaligen Pinkafö, erkannte der Wirt Julius Lehner, bei dem sie einkehrten und ein Mittagessen zu sich nahmen, den Kaiser. Aber auch dieser vertraute sich nur Tamás Erdődys an und wurde von diesem daraufhin aufgefordert die wahre Identität von Karl für sich zu behalten. Da sie das Auto wieder nach Sinnersdorf zurückschicken mussten, weil sie dafür keine Einreisegenehmigung hatten, ging es nun mit einer von Lehner bereitgestellten Kutsche in Richtung Steinamanger weiter. Unterwegs legten sie in [[Großpetersdorf]] beim Kaufmann Herrmann Schey eine Pause ein und nahmen eine Jause zu sich. Eine Bedienstete von Schey, die während des Krieges in Baden im Hauptquartier als Köchin gearbeitet hatte, erkannte den Kaiser sofort. Dieses Mal gelang es den beiden Reisenden aber nicht mehr die Identität des Kaisers geheimzuhalten, denn binnen kurzer Zeit war die gesamte Ortschaft auf den Beinen. Die rasch angetretene Feuerwehr stand Spalier als Karl und Erdődy unter 'Eljen'-Rufen der Bevölkerung eine Kutsche Scheys bestiegen, die sie dann bis zum Abend dieses Ostersamstages in die Residenz des Steinamangener Bischofs Johann Mikes brachte.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=228 bis 231}}</ref> | Auch in der heute zum Burgenland gehörenden Stadt [[Pinkafeld]], dem damaligen Pinkafö, erkannte der Wirt Julius Lehner, bei dem sie einkehrten und ein Mittagessen zu sich nahmen, den Kaiser. Aber auch dieser vertraute sich nur Tamás Erdődys an und wurde von diesem daraufhin aufgefordert die wahre Identität von Karl für sich zu behalten. Da sie das Auto wieder nach Sinnersdorf zurückschicken mussten, weil sie dafür keine Einreisegenehmigung hatten, ging es nun mit einer von Lehner bereitgestellten Kutsche in Richtung Steinamanger (Szombathely) weiter. Unterwegs legten sie in [[Großpetersdorf]] beim Kaufmann Herrmann Schey eine Pause ein und nahmen eine Jause zu sich. Eine Bedienstete von Schey, die während des Krieges in Baden im Hauptquartier als Köchin gearbeitet hatte, erkannte den Kaiser sofort. Dieses Mal gelang es den beiden Reisenden aber nicht mehr die Identität des Kaisers geheimzuhalten, denn binnen kurzer Zeit war die gesamte Ortschaft auf den Beinen. Die rasch angetretene Feuerwehr stand Spalier als Karl und Erdődy unter 'Eljen'-Rufen der Bevölkerung eine Kutsche Scheys bestiegen, die sie dann bis zum Abend dieses Ostersamstages in die Residenz des Steinamangener Bischofs Johann Mikes brachte.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=228 bis 231}}</ref> | ||
In der Residenz des Bischofs trafen sie auf eine Männerrunde, zu der auch der ungarische Wohlfahrtsminister Josef Vass gehörte. Die Absicht von Karl in Ungarn seine Königswürde einzufordern, löste auch hier größtes Erstaunen aus. Zunächst wurde der Kommandant der Garnison [[w:Oberst|Oberst]] [[w:Anton Lehár|Anton Lehár]], der Bruder des Komponisten [[w:Franz Lehár|Franz Lehár]] und als Träger des Ritterkreuzes des [[w:Militär-Maria-Theresien-Orden|Militär-Maria-Theresien-Orden]]s ein bekannter Kriegsheld, verständigt | In der Residenz des Bischofs trafen sie auf eine Männerrunde, zu der auch der ungarische Wohlfahrtsminister Josef Vass gehörte. Die Absicht von Karl in Ungarn seine Königswürde einzufordern, löste auch hier größtes Erstaunen aus. Zunächst wurde der Kommandant der Garnison [[w:Oberst|Oberst]] [[w:Anton Lehár|Anton Lehár]], der Bruder des Komponisten [[w:Franz Lehár|Franz Lehár]] und als Träger des Ritterkreuzes des [[w:Militär-Maria-Theresien-Orden|Militär-Maria-Theresien-Orden]]s ein bekannter Kriegsheld, verständigt, der zudem auch ein glühender Verehrer des Kaisers war. Zufälligerweise befand sich auch der ungarische Ministerpräsident [[w:Pál Teleki|Paul Teleky]] in der Nähe, der gegen ein Uhr morgens zur Runde stieß. Es folgten hektische Beratungen bis in den frühen Morgen. Karl hielt an seinem Plan nach Budapest zu reisen fest, obwohl ihm Erdődy, Lehár und auch Teleky davon abrieten.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=233 bis 239}}</ref> | ||
Während Karl am Ostersonntag nach Budapest fuhr, um dort [[w:Reichsverweser|Reichsverweser]] [[w:Miklós Horthy|Miklós Horthy]] seinen Wunsch vorzutragen, blieben Tamás Erdődy und Anton Lehár in Steinamanger zurück. Die Unterredung zwischen Karl und Horthy in Budapest dauerte nur ganze zweieinhalb Stunden und endete mit der sofortigen Rückkehr des Habsburgers nach Szombathely, auch deswegen weil die [[w:Kleine Entente|Kleinen Entente]] Druck machte und es sogar zu einer Mobilisierung von Truppen in der [[w:Tschechoslowakei|Tschechoslowakei]] kam. Als Tamás Erdődy Karl am 28. März wieder sah, war dieser von den Strapazen der letzten Tag schwer gekennzeichnet.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=240 bis 248}}</ref> | |||
===Erdődys Rolle bei der Entstehung des Burgenlands === | ===Erdődys Rolle bei der Entstehung des Burgenlands === |