Gundacker von Thernberg: Unterschied zwischen den Versionen

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== Historische Fakten ==
== Historische Fakten ==
Die Familie der ''Herren von Terenberch'' (Thernberger) ist seit dem 9. Jahrhundert in der [[w:Bucklige Welt (Niederösterreich)|Buckligen Welt]] nachgewiesen.<ref group="Einzelnachweis">Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 139ff.</ref>. Zwischen 1308 und 1314 verkauften die Brüder Niklas und Ulrich von Thernberg die [[Burgruine Thernberg|Burg und Herrschaft Thernberg]] (bei [[Pitten]]) an Herzog [[Friedrich der Schöne|Friedrich I.]] von [[Habsburger|Österreich]], den späteren (Gegen-)König Friedrich ''den Schönen''<ref group="A">Friedrich ''der Schöne'' war ein älterer Bruder von Herzog [[Otto der Fröhliche|Otto ''dem Fröhlichen'']], mit dem der ''Pfaffe vom Kahlenberg'' immer wieder zu tun bekommt.</ref>. Mit ihnen dürfte die Familie in männlicher Linie ausgestorben sein.<ref group="Einzelnachweis">vgl. Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 141ff.</ref>
Die Familie der ''Herren von Terenberch'' (Thernberger) ist seit dem 9. Jahrhundert in der [[w:Bucklige Welt (Niederösterreich)|Buckligen Welt]] nachgewiesen.<ref>Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 139ff.</ref>. Zwischen 1308 und 1314 verkauften die Brüder Niklas und Ulrich von Thernberg die [[Burgruine Thernberg|Burg und Herrschaft Thernberg]] (bei [[Pitten]]) an Herzog [[Friedrich der Schöne|Friedrich I.]] von [[Habsburger|Österreich]], den späteren (Gegen-)König Friedrich ''den Schönen''<ref group="A">Friedrich ''der Schöne'' war ein älterer Bruder von Herzog [[Otto der Fröhliche|Otto ''dem Fröhlichen'']], mit dem der ''Pfaffe vom Kahlenberg'' immer wieder zu tun bekommt.</ref>. Mit ihnen dürfte die Familie in männlicher Linie ausgestorben sein.<ref>vgl. Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 141ff.</ref>


Der historisch belegte Gundacker war der Sohn eines Niklas von Thernberg (auch ''Nyklas von Ternberch'' oder ''Nikolai von Ternberch'') und vermutlich ein jüngerer Bruder der beiden letzten Thernberger Niklas und Ulrich<ref group="Einzelnachweis">vgl. Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 141</ref>. und übernahm vor 1339 die Pfarre im Kahlenbergerdorf (auch Kahlenbergerdörfl) am [[w:Leopoldsberg|Leopoldsberg]]<ref group="A">Der Wiener Leopoldsberg hatte im Mittelalter den Namen Kahlenberg, während der heutige Wiener Kahlenberg damals Schweineberg genannt wurde.</ref> bei Wien, die er bis nach 1355 betreute. Am Ende seines Lebens war er Pfarrer von [[Prigglitz]]<ref group="Einzelnachweis">Interessant ist, dass Prigglitz in der Nähe des ehemaligen Zisterzienserklosters [[Stift Neuberg|Neuberg an der Mürz]] liegt, wo Herzog Otto der Fröhliche, der in den Sagen um den ''Pfaffen vom Kahlenberg'' immer wieder vorkommt, mit seiner Familie seine letzte Ruhestätte gefunden hat, vgl. Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 155, Fußnote 280</ref>, wo in der Pfarrkirche ein Rest seines Grabsteins, wenn gleich ohne Jahreszahl, erhalten ist.<ref group="Einzelnachweis">Felix Czeike: ''Historisches Lexikon Wien''. 1997, Band 5, S. 446</ref> Zuvor dürfte er außerdem auch Pfarrer einer Pfarre Kirchberg (''Chirichperg''), vermutlich im heutigen [[Kirchberg am Wechsel]], gewesen sein.<ref group="Einzelnachweis">vgl. Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 139f. und S. 147f.</ref>.
Der historisch belegte Gundacker war der Sohn eines Niklas von Thernberg (auch ''Nyklas von Ternberch'' oder ''Nikolai von Ternberch'') und vermutlich ein jüngerer Bruder der beiden letzten Thernberger Niklas und Ulrich<ref>vgl. Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 141</ref>. und übernahm vor 1339 die Pfarre im Kahlenbergerdorf (auch Kahlenbergerdörfl) am [[w:Leopoldsberg|Leopoldsberg]]<ref group="A">Der Wiener Leopoldsberg hatte im Mittelalter den Namen Kahlenberg, während der heutige Wiener Kahlenberg damals Schweineberg genannt wurde.</ref> bei Wien, die er bis nach 1355 betreute. Am Ende seines Lebens war er Pfarrer von [[Prigglitz]]<ref>Interessant ist, dass Prigglitz in der Nähe des ehemaligen Zisterzienserklosters [[Stift Neuberg|Neuberg an der Mürz]] liegt, wo Herzog Otto der Fröhliche, der in den Sagen um den ''Pfaffen vom Kahlenberg'' immer wieder vorkommt, mit seiner Familie seine letzte Ruhestätte gefunden hat, vgl. Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 155, Fußnote 280</ref>, wo in der Pfarrkirche ein Rest seines Grabsteins, wenn gleich ohne Jahreszahl, erhalten ist.<ref>Felix Czeike: ''Historisches Lexikon Wien''. 1997, Band 5, S. 446</ref> Zuvor dürfte er außerdem auch Pfarrer einer Pfarre Kirchberg (''Chirichperg''), vermutlich im heutigen [[Kirchberg am Wechsel]], gewesen sein.<ref>vgl. Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 139f. und S. 147f.</ref>.


== Die Sagenfigur des Pfaffen vom Kahlenberg ==
== Die Sagenfigur des Pfaffen vom Kahlenberg ==
Der Wiener Schriftsteller [[w:Philipp Frankfurter|Philipp Frankfurter]] (* 1450; † 1511) verfasste nach älteren Überlieferungen eine Schwanksammlung, die erstmals um 1472 / 1480 gedruckt wurde und weite Verbreitung fand. (Bis 1622 wurden ca. 36 Auflagen gedruckt, darunter auch Übersetzungen ins Niederdeutsche, Niederländische und Englische). Sie erzählt die lustigen Streiche eines (namentlich nicht genannten) ''Pfaffen'' (Pfarrers) vom Kahlenberg bzw. aus dem Kahlenbergerdorf, der am Hof des Herzogs [[Otto der Fröhliche|Otto von Österreich]], genannt ''Otto der Fröhliche'', gern gesehen wird und auch mit dem Passauer Weihbischof Peter († 1349)<ref group="A">Für die meisten kirchlichen Einrichtungen im [[Herzogtum Österreich]] war damals das [[w:Bistum Passau|Bistum Passau]] zuständig. Erst 1469 wurde Wien ein eigenes [[w:Erzdiözese Wien|Bistum]].</ref> Bekanntschaft pflegt.<ref group="Einzelnachweis">Felix Czeike: ''Historisches Lexikon Wien''. 1997, Band 5, S. 446</ref> Gegenspieler des Pfaffen sind gewöhnlich seine Pfarrgemeinde (die Bauern aus dem Kahlenbergerdorf), der Bischof und die herzögliche Familie<ref group="Einzelnachweis">Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 160</ref>.
Der Wiener Schriftsteller [[w:Philipp Frankfurter|Philipp Frankfurter]] (* 1450; † 1511) verfasste nach älteren Überlieferungen eine Schwanksammlung, die erstmals um 1472 / 1480 gedruckt wurde und weite Verbreitung fand. (Bis 1622 wurden ca. 36 Auflagen gedruckt, darunter auch Übersetzungen ins Niederdeutsche, Niederländische und Englische). Sie erzählt die lustigen Streiche eines (namentlich nicht genannten) ''Pfaffen'' (Pfarrers) vom Kahlenberg bzw. aus dem Kahlenbergerdorf, der am Hof des Herzogs [[Otto der Fröhliche|Otto von Österreich]], genannt ''Otto der Fröhliche'', gern gesehen wird und auch mit dem Passauer Weihbischof Peter († 1349)<ref group="A">Für die meisten kirchlichen Einrichtungen im [[Herzogtum Österreich]] war damals das [[w:Bistum Passau|Bistum Passau]] zuständig. Erst 1469 wurde Wien ein eigenes [[w:Erzdiözese Wien|Bistum]].</ref> Bekanntschaft pflegt.<ref>Felix Czeike: ''Historisches Lexikon Wien''. 1997, Band 5, S. 446</ref> Gegenspieler des Pfaffen sind gewöhnlich seine Pfarrgemeinde (die Bauern aus dem Kahlenbergerdorf), der Bischof und die herzögliche Familie<ref>Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 160</ref>.


[[w:Wolfgang Lazius|Wolfgang Lazius]] (1514-1565) gab dem ''Pfaffen vom Kahlenberg'' den Namen ''Wigand von Theben'', der bis ins 20. Jahrhundert für historisch gehalten wurde. In der Überlieferung von [[w:Ladislaus Sunthaym|Ladislaus Sunthaym]] von 1486 / 1501 wird der "Pfaffe vom Kahlenberg" erstmals mit dem historischen Pfarrer Gundacker von Thernberg identifiziert.<ref group="Einzelnachweis">Felix Czeike: ''Historisches Lexikon Wien''. 1997, Band 5, S. 446</ref><ref group="A">In der neueren Forschung, so zum Beispiel im Wien Lexikon, wird davon ausgegangen, dass der Name Wigend von Theben eine Erfindung von Lazius ist. Daneben wird auch die Möglichkeit diskutiert, dass Gundacker von Thernberg auch unter diesem Namen bekannt gewesen sein könnte. Möglich wäre außerdem, dass in der Figur des ''Pfaffen von Kahlenberg'' mehrere Personen miteinander verschmolzen sind. Ein ausführlicher Überblick zu dieser Forschungsfrage findet sich bei Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 151-156</ref>
[[w:Wolfgang Lazius|Wolfgang Lazius]] (1514-1565) gab dem ''Pfaffen vom Kahlenberg'' den Namen ''Wigand von Theben'', der bis ins 20. Jahrhundert für historisch gehalten wurde. In der Überlieferung von [[w:Ladislaus Sunthaym|Ladislaus Sunthaym]] von 1486 / 1501 wird der "Pfaffe vom Kahlenberg" erstmals mit dem historischen Pfarrer Gundacker von Thernberg identifiziert.<ref>Felix Czeike: ''Historisches Lexikon Wien''. 1997, Band 5, S. 446</ref><ref group="A">In der neueren Forschung, so zum Beispiel im Wien Lexikon, wird davon ausgegangen, dass der Name Wigend von Theben eine Erfindung von Lazius ist. Daneben wird auch die Möglichkeit diskutiert, dass Gundacker von Thernberg auch unter diesem Namen bekannt gewesen sein könnte. Möglich wäre außerdem, dass in der Figur des ''Pfaffen von Kahlenberg'' mehrere Personen miteinander verschmolzen sind. Ein ausführlicher Überblick zu dieser Forschungsfrage findet sich bei Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 151-156</ref>


== Wigand von Theben ==
== Wigand von Theben ==
Die Frage, ob Wigand von Theben (auch Wiegand oder Weigand von Theben) eine historische Figur gewesen sein könnte, die vielleicht mit Gundacker von Thernberg verwechselt oder durcheinander gebracht wurde, konnte bisher ebensowenig wie die Theorie beide wären miteinander ident gewesen, geklärt werden. Historisch ist er nicht belegt. Nach der Biographie, die sich um seine wohl fiktive Person gebildet hat und Fakten übernimmt, die für Gundacker von Thernberg belegt sind, wurde er in [[w:Devín|Theben]] bei [[Hainburg]] geboren und soll um 1320 die Wiener Bürgerschule bei Sankt Stephan besucht haben, ehe er der Hofkaplan von Herzog Otto von Österreich war. Nach dessen Tod soll er die Pfarre im Kahlenbergerdorf übernommen haben und später in Prigglitz verstorben sein.<ref group="Einzelnachweis">Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 130</ref>.
Die Frage, ob Wigand von Theben (auch Wiegand oder Weigand von Theben) eine historische Figur gewesen sein könnte, die vielleicht mit Gundacker von Thernberg verwechselt oder durcheinander gebracht wurde, konnte bisher ebensowenig wie die Theorie beide wären miteinander ident gewesen, geklärt werden. Historisch ist er nicht belegt. Nach der Biographie, die sich um seine wohl fiktive Person gebildet hat und Fakten übernimmt, die für Gundacker von Thernberg belegt sind, wurde er in [[w:Devín|Theben]] bei [[Hainburg]] geboren und soll um 1320 die Wiener Bürgerschule bei Sankt Stephan besucht haben, ehe er der Hofkaplan von Herzog Otto von Österreich war. Nach dessen Tod soll er die Pfarre im Kahlenbergerdorf übernommen haben und später in Prigglitz verstorben sein.<ref>Eva Wodarz-Eichner: ''Narrenweisheit im Priestergewand'', 2007, S. 130</ref>.


== Der Pfaffe von Kahlenberg in Belletristik und Literatur ==
== Der Pfaffe von Kahlenberg in Belletristik und Literatur ==
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== Erinnerungen ==
== Erinnerungen ==
Nach ihm beziehungsweise dem fiktiven Wigand von Theben wurde am 26. Juni 1895 die Wigandgasse in Wien 19 im früheren Kahlenbergerdorf benannt<ref group="Einzelnachweis">{{WiWi|Wigandgasse}}, eingesehen am 25. April 2017</ref>. Der österreichische Bildhauer [[w:Rudolf Friedl|Rudolf Friedl]] fertigte eine Skulptur des legendären ''Pfaffen vom Kahlenberg'' an, die 1981 in der [[w:Pfarrkirche Kahlenbergerdorf|Pfarrkirche Kahlenbergerdorf]] enthüllt wurde<ref group="Einzelnachweis">{{WiWi|Pfaff_vom_Kahlenberg}}, eingesehen am 25. April 2017</ref>.  
Nach ihm beziehungsweise dem fiktiven Wigand von Theben wurde am 26. Juni 1895 die Wigandgasse in Wien 19 im früheren Kahlenbergerdorf benannt<ref>{{WiWi|Wigandgasse}}, eingesehen am 25. April 2017</ref>. Der österreichische Bildhauer [[w:Rudolf Friedl|Rudolf Friedl]] fertigte eine Skulptur des legendären ''Pfaffen vom Kahlenberg'' an, die 1981 in der [[w:Pfarrkirche Kahlenbergerdorf|Pfarrkirche Kahlenbergerdorf]] enthüllt wurde<ref>{{WiWi|Pfaff_vom_Kahlenberg}}, eingesehen am 25. April 2017</ref>.  


== Literatur ==
== Literatur ==
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
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