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[[File:Kartause Aggsbach Ostseite 01.JPG|thumb|Die ehemalige Kartause Aggsbach, aufgenommen von der Ostseite]] | [[File:Kartause Aggsbach Ostseite 01.JPG|thumb|Die ehemalige Kartause Aggsbach, aufgenommen von der Ostseite]] | ||
[[File:Aggsbach Kartause Nordteil1.jpg|thumb|überaus beeindruckend, die lange Mauer, welche die Kartause noch heute umgibt]] | [[File:Aggsbach Kartause Nordteil1.jpg|thumb|überaus beeindruckend, die lange Mauer, welche die Kartause noch heute umgibt]] | ||
'''Die Kartause Aggsbach''' befindet sich in der Wachau. Sie gehört zu den drei im heutigen Bundesland Niederösterreich gelegenen ehemaligen Kartausen, welche im 14. Jahrhundert gegründet und unter [[Joseph II.|Kaiser Joseph II.]] aufgehoben wurden. Im Unterschied zu den beiden anderen Kartausen wurde sie von der Familie der [[Maissauer]], einer Landherrenfamilie, gegründet. Heute wird sie als Pfarrkirche, kulturelles Zentrum und Museum genutzt. | '''Die Kartause Aggsbach''' (gegründet im 14. Jahrhundert, um 1380) befindet sich in der Wachau. Sie gehört zu den drei im heutigen Bundesland Niederösterreich gelegenen ehemaligen Kartausen, welche im 14. Jahrhundert gegründet und unter [[Joseph II.|Kaiser Joseph II.]] aufgehoben wurden. Im Unterschied zu den beiden anderen Kartausen wurde sie von der Familie der [[Maissauer]], einer Landherrenfamilie, gegründet. Heute wird sie als Pfarrkirche, kulturelles Zentrum und Museum genutzt. | ||
== Die Kartause == | == Die Kartause == | ||
Die frühere Kartause Aggsbach befindet sich in Aggsbach Dorf (Teil der Gemeinde [[Schönbühel-Aggsbach]]). Sie wurde in einer Waldschlucht des Aggsbachtales erbaut. Dieses Tal, das nach dem Aggsbach benannt ist, zählt zu den rechten Seitentälern der Donau. Es gehörte ursprünglich zum Herzogtum Österreich, war aber ein Lehen des bairischen Herzogtums.<ref name="Rigele282">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 282</ref> | Die frühere Kartause Aggsbach befindet sich in Aggsbach Dorf (Teil der Gemeinde [[Schönbühel-Aggsbach]]). Sie wurde von ca. 1776-1393 in einer Waldschlucht des Aggsbachtales erbaut.<ref>vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 282 und S. 288</ref> Dieses Tal, das nach dem Aggsbach benannt ist, zählt zu den rechten Seitentälern der Donau. Es gehörte ursprünglich zum Herzogtum Österreich, war aber ein Lehen des bairischen Herzogtums.<ref name="Rigele282">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 282</ref> Der Ort war zwar für das Stifterpaar vorteilhaft, nicht aber für die Kartause.<ref name="Rigele283">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 283</ref> | ||
Die frühere Klosterkirche und jetzige Pfarrkirche ist der "Heiligen Mariä Himmelfahrt" geweiht.<ref name="Pfarre">vgl. [http://pfarre.aggsbachdorf.at/news/ Pfarre Aggsbach Dorf], Pfarre.Aggsbachdorf.AT, abgerufen am 15. August 2021</ref> | Die frühere Klosterkirche und jetzige Pfarrkirche ist eine Marienkirche und heute der "Heiligen Mariä Himmelfahrt" geweiht.<ref name="Pfarre">vgl. [http://pfarre.aggsbachdorf.at/news/ Pfarre Aggsbach Dorf], Pfarre.Aggsbachdorf.AT, abgerufen am 15. August 2021</ref> Ursprünglich hatte sie den Namen "Porta beatae Maria" beziehungsweise "unser frawen porten". Die Mariendarstellung auf dem Gewölbeschlussstein im Chor verweist auf die jungfräuliche Maria als Mutter Jesu. Erst im 15. und 16. Jahrhundert wurde er auf die Himmelfahrt Mariens bezogen.<ref name="Rigele285">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 285</ref> Für die Mal- und Glasarbeiten, mit welchen die Kirche ausgestaltet wurde, waren Handwerker aus [[w:Passau|Passau]] beauftragt.<ref name="Rigele288">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 288</ref> | ||
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
Die Kartause Aggsbach wurde | === Die Stiftung === | ||
Die Kartause Aggsbach wurde in den 1370er-Jahren von einer Landherrenfamilie des [[Herzogtum Österreich|Herzogtums Österreich]], den [[Maissauer|Maissauern]], gegründet. Das Gründerpaar, [[Heidenreich von Maissau]] († um 1381), der Landmarschall des Herzogtums Österreich, und seine Ehefrau [[Anna von Kuenring]] († um 1385), zählte zum Zeitpunkt der Gründung zu den reichsten Adeligen im Herzogtum Österreich. Mit der Stiftung einer Kartause als neues Hauskloster und Grablege für die Familie, welche das bisherige Hauskloster, das [[Stift St. Bernhard|Zisterzienserinnenstift St. Bernhard]] (heute Teil der Gemeinde [[St. Bernhard-Frauenhofen]]), ablösen würde, verfolgte das Ehepaar mit seiner Stiftung verschiedene Ziele. Neben der Sorge um das Seelenheil und dem Wunsch nach einer der errungenen Position angemessenen Grablege, welche die "Memoria" des Stifterpaares und seiner Familie für die Nachwelt erhalten sollten, dürfte auch wirtschaftliche und politische Gründung hinter dieser Stiftung gesteckt haben.<ref name="Rigele280">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 280</ref> Für die Bewahrung der "Memoria" waren die [[w:Kartäuser (Orden)|Kartäuser]] (OCart), die im 14. Jahrhundert ihren Höhepunkt erlebten, der ideale Orden gewesen sein. Als ein sehr strenger Orden widmeten sie sich ausschließlich dem komplementären Leben. Ihre Aufgaben waren das und die Askese, daneben spezialisierten sie sich auf wissenschaftliche Bildung. Landwirtschaftliche Arbeit und auf Ertrag ausgerichtete Tätigkeiten zählten nicht zu ihren Aufgabe. Das hatte zur Folge, dass ein Kartäuserkloster, um seine Mönche versorgen zu können, auf relativ viel Besitz angewiesen war. Ein Kartäuserkloster benötigte somit großzügige und vermögende Stifterinnen und Stifter. Seine Gegenleistung bestand darin, das Gedächtnis von diesen mit Fürbitten, Gedenktagen und Gebeten nicht nur im Kloster, sondern im ganzen Orden aufrecht gehalten wurde.<ref>vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 280f.</ref> Daneben war die Stiftung eines Kartäuserklosters aber auch war eine relativ kostspielige Angelegenheit, die sich nicht jede Klosterstifterin beziehungsweise jeder Klosterstifter leisten konnten. Insofern überrascht es nicht, dass Kartäuserkloster gewöhnlich von bedeutenden oder reichen Herrscherfamilien gestiftet wurden, wie zum Beispiel den Herzögen von Burgund und den Visconti von Mailand. Die beiden Kartausen von [[Mauerbach]] (gestiftet um 1314) und [[Gaming]] (gestiftet um 1330), die bisher im Herzogtum Österreich gestiftet worden waren, waren nicht zufällig landesfürstliche Stiftungen gewesen. Das Stifterehepaar war reich genug, um sich ein Kartäuserkloster leisten zu können und durchbrach mit seiner Stiftung eine Domäne, die bisher im Herzogtum ausschließlich den [[Habsburger|Habsburgern]] als Landesfürsten vorbehalten gewesen war.<ref name="Rigele281">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 281</ref> | |||
Nach einer Eintragung im Aggsbacher Archivkatalog dürfte die Grundsteinlegung des Klosters 1373 stattgefunden haben. Der Stiftungsbrief wurde aber erst am 13. Jänner 1380 ausgestellt. Zwar dürfte die Kirche zu diesem Zeitpunkt noch im Bau gewesen sein, aber da sicher bereits Teile fertig waren, könnte der Anlass für die Ausstellung dieses Dokumentes vielleicht der Einzug der Mönche gewesen sein. Zumindest wird am 5. März 1380 erstmals ein Prior genannt, was auf die Existenz eines bereits bestehenden Konvents verweist.<ref>vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 281, S. 282f., S. 285 und S. 286</ref> Für die Anlage der Kartause wurde ein Gebiet gewählt, welches in der [[Burgruine Wolfstein|Herrschaft Wolfstein]] lag, die Heidenreich von Maissau von den bairischen Herzögen zu Lehen besaß und die nach dem Aussterben des Dürnsteiner Zweiges der [[Kuenringer|Familie der Kuenringer]] in den Besitz des Stifterpaares gekommen war.<ref">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 282 und S. 284</ref> Mit der Wahl dieses Baugrundes dürfe Heidenreich von Maissau versucht haben, seinen Einfluss in diesem Gebiet abzusichern. Die Beteiligung seiner Ehefrau Anna als Mitstifterin betonte die Kontinuität zu den früheren Besitzern, den Kuenringern. Den realen Machtverhältnissen trug er insofern Rechnung, als er sowohl die österreichischen, als auch die bairischen Herzöge in seine Stiftung einbezog.<ref name="Rigele284">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 284</ref> | |||
Mit dem Bau der Klosterkirche wurde 1376 begonnen, der Bau der Kartause war spätestens 1393 abgeschlossen.<ref>vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 282 und S. 288</ref> Die päpstliche Anerkennung der Stiftung, dessen Genehmigung zur Inkorporation und zur Stiftung der Kartause, erfolgte erst 1388 unter [[w:Urban VI.|Papst Urban VI.]].<ref name="Rigele282">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 282</ref> Schuld daran, dürften der Tod des Stifters, der bald nach der Ausstellung des Stiftungsbriefes erfolgte, der Beginn des Abendländischen Schismas und ein Passauer Bistumsstreit gewesen sein. Durch das Eingreifen anderer Familienmitglieder der Maissauer konnte die Kartause Aggsbach dann doch in der vorgeschriebener Weise ausgestattet werden.<ref name="Rigele286">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 286</ref> In der Urkunde zur päpstlichen Anerkennung dieser ist ausdrücklich vermerkt, dass die bairische Herzöge als Besitzer des Grundes und Lehensträger keine Zustimmung zu dieser Stiftung gegeben hätten. Es existiert aber eine Urkunde aus dem Jahr 1376, nach welcher [[w:Otto V. (Bayern)|Kurfürst Otto (V.) von Brandenburg]] († 1413) und seine Neffen, die bairischen Herzöge [[w:Stephan III. (Bayern)|Stephan (III.) "''der Kneißel''"]] († 1413), [[w:Friedrich (Bayern)|Friedrich "''der Weise''"]] († 1393) und [[w:Johann (II.)]] († 1397) als Lehnsherren auf ihre Ansprüche an dem Lehen zu Gunsten des gestifteten Klosters verzichtet hatten, wenn gleich dabei unklar bleibt, ob dieser Verzicht nur für sie und ihre Vorfahren Gültigkeit besaß oder auch für ihre Nachfahren. Nach dieser Urkunde wurde diese dem Kloster übereignet. Ebenfalls unklar ist, ob sie dafür in irgendeiner Form eine Entschädigung erhalten haben. Diese Unstimmigkeiten deuten daraufhin, dass die Stiftung keineswegs problemlos durchgeführt wurde.<ref name="Rigele282"/> Wenig später demonstrierte der österreichische Landesfürst ebenfalls seine Machtposition. Bald nach der Ausstellung des Stifterbriefes befreite [[Albrecht III. (Österreich)|Herzog Albrecht (III.) von Österreich]] ("''Albrecht mit dem Zopfe''") die Kartause von der herzoglichen Landgerichtsbarkeit mit Ausnahme der Blutsgerichtsbarkeit und von Mauten und Zöllen für den Eigenbedarf. Er stiftete für sie Gülten zu [[Seiterndorf]] und Salz aus [[Hallstadt]].<ref name="Rigele283"/> Die Obervogtei behielt er sich selbst vor, erlaubte aber dem Kloster, sich ihren Vogt selbst wählen zu dürfen. Auch der Stifter Heidenreich von Maissau überließ die Wahl des Vogtes dem Stift.<ref>vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 283 und 285</ref> Im Unterschied zur Kartause Gaming erhielt die Kartause Aggsbach nur das Präsentationsrecht und nicht das Einsetzungsrecht. Dieses behielt der Bischof von Passau.<ref name="Rigele288">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 288</ref> | |||
Die Dotierung der Stiftung erfolgte mit Lehen, welche Heidenreich von Maissau und Anna von Kuenring durch die bairischen und die österreichischen Herzöge verliehen worden waren und aus Eigengütern der Maissauer. Der Großteil dieser Güter stammte aus dem Erbe der Kuenringer.<ref name="Rigele285"/> 1388 schenkten Hans (IV.) und Georg (I.) von Maissau, die Söhne des Stifterpaares, dem Stift die benachbarte Pfarre Gerolding mit Vogtei, welche diesem mit päpstlicher Zustimmung inkorporiert wurde. Diese Pfarre hatten die Brüder 1384 durch einen Tausch gegen die Pfarre von [[Schönberg am Kamp]] mit Vogtei, einem Kirchenlehen des [[w:Hochstift Passau|Hochstiftes Passau]], erworben.<ref name="Rigele287">vgl. Brigitte Rigele: ''Die Maissauer'', 1990, S. 287</ref> | |||
=== Die Kartause bis zur Aufhebung === | |||
Von Dezember 1385 bis 1387 war [[w:Michael von Prag|Michael von Prag]] († 1401) Prior der Kartause Aggsbach.<ref name="app.uni">vgl. [http://www-app.uni-regensburg.de/Fakultaeten/PKGG/Philosophie/Gesch_Phil/alcuin/philosopher.php?id=1554 Michael von Prag], App.Uni-Regensburg.DE, abgerufen am 15. August 2021</ref> | Von Dezember 1385 bis 1387 war [[w:Michael von Prag|Michael von Prag]] († 1401) Prior der Kartause Aggsbach.<ref name="app.uni">vgl. [http://www-app.uni-regensburg.de/Fakultaeten/PKGG/Philosophie/Gesch_Phil/alcuin/philosopher.php?id=1554 Michael von Prag], App.Uni-Regensburg.DE, abgerufen am 15. August 2021</ref> | ||
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