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(* 5. 22. Mai 1920 in Rodaun; † 13. April 2019 in Rodaun) | (* 5. 22. Mai 1920 in Rodaun; † 13. April 2019 in Rodaun) | ||
=== Martin Wallner === | ===Martin Wallner=== | ||
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==== Videointerview 2018 ==== | ====Videointerview 2018==== | ||
'''Was für Erinnerungen kommen Ihnen, jetzt, wo Sie wieder in Ihrer alten Straße stehen?''' | '''Was für Erinnerungen kommen Ihnen, jetzt, wo Sie wieder in Ihrer alten Straße stehen?''' | ||
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Das war eine Religionsfrage, aber ich hab gewusst, ich bin was anderes, ohne zu wissen was. Ich hab gewusst, als Sohn von jüdischen Eltern, ... Des hat mir nichts ausgemacht, niemand hat mir was vorgeworfen, es waren keine Bemerkungen oder Hänseleien, gar nichts. Wir hab'n mit denen Fetzenfußball gspielt und so. Also wirklich nichts. Aus Rodaun hab ich nur die schönsten Erinnerungen, so wie sie waren. | Das war eine Religionsfrage, aber ich hab gewusst, ich bin was anderes, ohne zu wissen was. Ich hab gewusst, als Sohn von jüdischen Eltern, ... Des hat mir nichts ausgemacht, niemand hat mir was vorgeworfen, es waren keine Bemerkungen oder Hänseleien, gar nichts. Wir hab'n mit denen Fetzenfußball gspielt und so. Also wirklich nichts. Aus Rodaun hab ich nur die schönsten Erinnerungen, so wie sie waren. | ||
'''Wo haben sie Fußball gespielt?''' | |||
Irgendwo, auf einem Feld oder was. Später hab'n wir Fußball gspielt im Überschwemmungsgebiet in Wien. Auch so, zwei Leiberl ausgezogen, ein Fetzenfußball und so, des war's. Aber in Rodaun selbst, ich war frei, wie ein Vogel und ich hab den Kindern zuhaus erzählt, und ich hab's wirklich geglaubt, dass von mir in die Schule im Winter, des hat a halbe Stund gedauert. Es hat sich rausgstellt, des waren zehn Minuten Entfernung, aber in meiner Kinderwelt, (zeigt) so, jetzt bin i a net viel größer, hab ich gemeint, eingebildet, das ist die Entfernung. Und nachher, wie wir das besucht haben, es war net weit zu gehen. Die Elisenstraße lang, dann ist da ein kleiner Bach, links einfach, dann in die Ketzergasse und ich weiß nicht, ob die Schule dort war. Hab die nie wieder gesehen. Bin paar Mal zurückgekommen, nach Wien und auch um Rodaun zu besichtigen, keine Spur davon gesehen. | |||
'''In Rodaun lebten sowohl Reiche als auch Arme : War diese Kluft stark spürbar?''' | |||
Naja, die Erwachsenen schon, ich nicht. Ich hab gsehn, es war'n reiche Leut' mit schönen Villen, in ein oder zwei waren,... – ich hab zuhaus a paar Fotos noch. Schöne Häuser, gelb gestrichen alle, mit Gärten rundherum. Aber ich hab gwusst, die ghören nicht zu mir. Bei manchen, wo meine Mutter geputzt hat, durft ich im Garten spielen. Also, hab ich,... was heißt spielen, ich hab Seifenblasen, sie haben mir a Glasl geben mit da so und ich hab Seifenblasen in die Luft geschickt, ich war immer so ein Träumer, das weiß ich. | |||
Nein, es war wirklich eine schöne Zeit, soweit ich mich erinner. Ich hab nichts gelitten, zum Essen haben wir eh nichts ghabt. Aber es hat mir nichts gefehlt, so war das Leben als ein junger Schnösel so wie ich, der denkt net viel drüber nach. | |||
'''Gab es in Rodaun oft Veranstaltungen, Feste?''' | |||
I glaub net.I glaub net, i hät's gehört.Ich hät hingehen können. | |||
13:22 | |||
A Wirtshaus hat's geben, des gibt's wahrscheinlich noch immer. Um die Eckn, dort bei der Elisabethstraßen, wenn der Vater gekommen ist, hin und wieder, er hat gsagt: "Geh! Nimm mir no a Krügerl Bier". Hat mi hingschickt, bin i mim Krügerl in der Hand. Aber so, am gesellschaftlichen Leben, ich kann mich an nichts erinnern. Gar nichts. Und auch an die Fremden, ich hab nicht gewusst, wer fremd ist. Das ganze Rodaun, nicht ganz, es hat vielleicht zehn Autos gwesn. | |||
Also keine Erinnerungen, ich hab auch nicht gesucht, ich war,... als Kind hat man andere Aussicht aufs Leben. Noch keinen Eindruck von... Hät man mich verprügelt, oder so naja.... Nichts! Ich war eigentlich, ich war da,... ich war anders. Das ist es. Ich wusste ich war anders, aber wie, was... Und dann wie ich zu dem Rabbiner gegangen bin, - also der war nicht einmal ein Rabbiner, ich bin sicher, der war kein Rabbiner, es war einer mit am Bart. | Also keine Erinnerungen, ich hab auch nicht gesucht, ich war,... als Kind hat man andere Aussicht aufs Leben. Noch keinen Eindruck von... Hät man mich verprügelt, oder so naja.... Nichts! Ich war eigentlich, ich war da,... ich war anders. Das ist es. Ich wusste ich war anders, aber wie, was... Und dann wie ich zu dem Rabbiner gegangen bin, - also der war nicht einmal ein Rabbiner, ich bin sicher, der war kein Rabbiner, es war einer mit am Bart. | ||
'''Haben sie Erinnerungen an die Straßenbahn in Rodaun?''' | |||
Ich bin so gern mit der Straßenbahn gefahren. Das war der360er damals. Der 60er ist dort stehen geblieben, das war die Endstation und sind wir umgestieg'n in der 360er und ist die steile Steigung runtergfahr'n. | Ich bin so gern mit der Straßenbahn gefahren. Das war der360er damals. Der 60er ist dort stehen geblieben, das war die Endstation und sind wir umgestieg'n in der 360er und ist die steile Steigung runtergfahr'n. | ||
Und was für a Bim des war. Also ein langer Zug mitn Schaffner, der Fahrer hat immer ghört, der erste Wagen hat dann ein Zeichen geben müssen, der zweite und der dritte und dann ist er gfahr'n. Und wir Jungen sind aufgsprung'n auf die Plattform. Aufighupft, gseh'n der Schaffner kommt, schnell wieder obihupfen. Naja, kleine Bürscherl waren wir wirklich also... Und ich war eigentlich frei. Der Vater war nie da und die Mutter war beschäftigt, also ich war in der Schule, war ich aufgehoben und nachher war ich eigentlich bei Nachbarn um die Eck'n eingeladen, einfach dort bei denen im Garten spielen zu dürfen. | Und was für a Bim des war. Also ein langer Zug mitn Schaffner, der Fahrer hat immer ghört, der erste Wagen hat dann ein Zeichen geben müssen, der zweite und der dritte und dann ist er gfahr'n. Und wir Jungen sind aufgsprung'n auf die Plattform. Aufighupft, gseh'n der Schaffner kommt, schnell wieder obihupfen. Naja, kleine Bürscherl waren wir wirklich also... Und ich war eigentlich frei. Der Vater war nie da und die Mutter war beschäftigt, also ich war in der Schule, war ich aufgehoben und nachher war ich eigentlich bei Nachbarn um die Eck'n eingeladen, einfach dort bei denen im Garten spielen zu dürfen. | ||
'''Erinnern sie sich an das Kino in Rodau?''' | |||
In Rodaun bin ich nie in a Kino gangen. Hab gar nicht gwusst, dass es eins gibt. | In Rodaun bin ich nie in a Kino gangen. Hab gar nicht gwusst, dass es eins gibt. | ||
'''Waren sie dann in Wien öfters im Kino?''' | |||
Ja, kann ich Ihnen erzählen, aber das hat nichts mit Rodaun zu tun. Da waren wir schon, immerhin waren wir schon zwölf, dreizehn, kann mich schon nimma, wieviel sowas... Und das war schon in der Hitlerzeit. Und natürlich war damals Kino gehen Juden verboten. Im Park: Hunde und Juden kein Eintritt und Kino auch war nur ab – dieser Film – war nur ab 16. Und Juden sowieso nicht. In der Glorietten, des ist in Wien aber. Weiß nicht, ob Sie des hören wollen, ob des nach Rodaun ghört. Es, ja, ich find's a lustige Gschicht. Alle meine Gschichten sind lustig. Die meisten. Und nicht über alles lacht man. Und des, wir kommen dort hin, dort sitzt so a Madl hinten: "Wie alt seid's es?" Hab ich gsagt mit meiner tiefsten Stimme: "Naja, no net keine 16 aber immerhin wird sind net weit" Und dann geben's uns die Karten und... Und die haben uns die Karten verkauft und – wir waren zu zweit – ich und noch so ein Deppater und wir sehen den blödsinnigen Film mit einem deutschen, des war ein Held, der Helmut. Ich weiß nicht mehr. Blaue Jungs, blaue Jungs an der Waterkant | |||
17:16 | |||
Also wir sitzen drin und der Film war eigentlich nichts und dann geht dieser Vorhang leicht auf, das Licht geht an, sodass's dunkel ... und es kommt einer rein und ich sofort gewusst, ich hab sofort gesehen, des ist ein Kieberer. Mit dem gelben Mantel und seinem engedäpschten Hut. Und der setzt sich genau hinter uns beide. Also die hat nachher der Polizei – scho wieder mein Glück, mehr Glück als Verstand -, denn hätten die das der Gestapo gemeldet, dass a Jud' geht ins Kino, naja abgeknallt. Es war a Kinderpolizei. Des hat's damals gegeben. Und dem hat sie gsagt: "Da sind zwei gekommen, die haben gsagt, sie sind 16, schauen Sie sich das an!" Also wir wollten, ich hab meinem Freund gsagt: "Komm, schleich ma uns!" Und, wir wollten aufstehen, sagt der von hinten mit einer gutmütigen tiefen Stimme, legt mir so die Pratzen von hinten auf den Rücken: "Bleiben's sitzen, meine Herren, bis nach der Vurstöllung" | Also wir sitzen drin und der Film war eigentlich nichts und dann geht dieser Vorhang leicht auf, das Licht geht an, sodass's dunkel ... und es kommt einer rein und ich sofort gewusst, ich hab sofort gesehen, des ist ein Kieberer. Mit dem gelben Mantel und seinem engedäpschten Hut. Und der setzt sich genau hinter uns beide. Also die hat nachher der Polizei – scho wieder mein Glück, mehr Glück als Verstand -, denn hätten die das der Gestapo gemeldet, dass a Jud' geht ins Kino, naja abgeknallt. Es war a Kinderpolizei. Des hat's damals gegeben. Und dem hat sie gsagt: "Da sind zwei gekommen, die haben gsagt, sie sind 16, schauen Sie sich das an!" Also wir wollten, ich hab meinem Freund gsagt: "Komm, schleich ma uns!" Und, wir wollten aufstehen, sagt der von hinten mit einer gutmütigen tiefen Stimme, legt mir so die Pratzen von hinten auf den Rücken: "Bleiben's sitzen, meine Herren, bis nach der Vurstöllung". Na hab i mir denkt scho, na, des wird scho gut werden. Und nachher kommen wir raus – er hat uns gesietzt, kleine Bürscherl – und nacher: "Eichere Papiere!" Jetzt kommt's: Na ich zeig ihm meinen Ausweis, der schaut sich das an: "Jesus, Mariah und Josef und a Jud' sand's a noch!" Ich find das so lustig. Also nicht arg genug, du darfst nicht ins Kino, weil net 16 bist, aber a Jud' a noch dazu. Ich find das wahnsinnig lustig. | ||
'''Waren sie in einem Rodauner Bad?''' | |||
Keiner | Keiner hät mi einilassen wahrscheinlich. Oder war ich zu klein, hab net schwimmen können. Na, ich weiß nicht einmal, dass es so etwas gibt. | ||
'''Waren sie jemals bei der Mizzi Langer Wand klettern?''' | |||
Nana, des so... I bin ka Bergkletterer. Des ist a steile Wand, gewidmet der Mizzi Langer. Des war eine Bergkletterin. Aber von oben haben wir rübergeschaut nach Kaltenleut (?????? (19:20), glaub ich, war gegenüber. Aber deswegen heißt sie Mizzi Langer Wand, aber ich bin net klettern gangen. Ich kann net amal die drei Stufen steigen. | Nana, des so... I bin ka Bergkletterer. Des ist a steile Wand, gewidmet der Mizzi Langer. Des war eine Bergkletterin. Aber von oben haben wir rübergeschaut nach Kaltenleut (?????? (19:20), glaub ich, war gegenüber. Aber deswegen heißt sie Mizzi Langer Wand, aber ich bin net klettern gangen. Ich kann net amal die drei Stufen steigen. |
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