Über die Grenze (Geschichtsradweg Hohenems): Unterschied zwischen den Versionen

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'''Über die Grenze''' ist der Name eines musealen Geschichtsprojekts, das vom [[Jüdisches Museum Hohenems|Jüdischen Museums Hohenems]], [[Vorarlberg]], wesentlich gefördert wurde.<ref>[https://www.jm-hohenems.at/programm/ueber-die-grenze Eine Projektvorstellung] (auf der Website des Jüdischen Museums Hohenems)</ref> Es handelt sich dabei um eine Art Geschichtspfad in Zusammenarbeit mit zahlreichen Gemeinden und Institutionen in der Region. Damit werden 52 Hörstationen (Grenzsteine) mit Fluchtgeschichten von 1938 bis 1945 entlang der ''Vorarlberger Radroute Nr. 1'' vom östlichen Teil des [[Bodensee]]s bis hinauf zur [[Silvretta]] erschlossen (Stand vom September 2022).
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'''Über die Grenze''' ist der Name eines musealen Geschichtsprojekts, das vom [[Jüdisches Museum Hohenems|Jüdischen Museums Hohenems]], [[Vorarlberg]], wesentlich gefördert wurde.<ref> [https://www.jm-hohenems.at/programm/ueber-die-grenze Eine Projektvorstellung] (auf der Website des Jüdischen Museums Hohenems)</ref> Es handelt sich dabei um eine Art Geschichtspfad in Zusammenarbeit mit zahlreichen Gemeinden und Institutionen in der Region. Damit werden 52 Hörstationen (Grenzsteine) mit Fluchtgeschichten von 1938 bis 1945 entlang der ''Vorarlberger Radroute Nr. 1'' vom östlichen Teil des [[Bodensee]]s bis hinauf zur [[Silvretta]] erschlossen (Stand vom September 2022).  


Die so mit Orten verknüpften Abschnitte in Lebensgeschichten einzelner Personen ereigneten sich in [[Österreich in der_Zeit des Nationalsozialismus|Österreich im NS-Staat]], [[Vorarlberg]], im [[NS-Staat|Deutschland]] der NS-Zeit, der [[Schweiz]] und in [[Liechtenstein]] zwischen März 1938 und Juni 1945. Die abrufbaren Bilder und Texte geben dazu Auskunft.
Die so mit Orten verknüpften Abschnitte in Lebensgeschichten einzelner Personen ereigneten sich in [[Österreich in der_Zeit des Nationalsozialismus|Österreich im NS-Staat]], [[Vorarlberg]], im [[NS-Staat|Deutschland]] der NS-Zeit, der [[Schweiz]] und in [[Liechtenstein]] zwischen März 1938 und Juni 1945. Die abrufbaren Bilder und Texte geben dazu Auskunft.


Die Vergangenheit soll bei dieser Fahrradtour multimedial, im Wortsinn des Fahrens, erfahrbar werden, indem einzelne Orte und ihre punktuelle Bedeutung in den Biografien der wenigen genannten Personen mit den generellen historischen Zusammenhängen der NS-Diktatur verbunden werden. Ort der Verknüpfung ist jeweils ein symbolischer [[Grenzstein]] als [[Kleindenkmal]]. Er erinnert an die jeweilige Geschichte der Verfolgung, die erfolgreiche bzw. gescheiterte Flucht im Grenzgebiet der Vierländerregion Bodensee und des Lebensendes bzw. des weiteren Lebensweges. Der beschriftete Grenzstein bietet auch den Informationszugang zur jeweiligen Internetseite (Smartphone vorausgesetzt). Dabei handelt es sich in der Regel um die [[Flucht]]versuche von Personen, die durch das NS-Regime verfolgt wurden. Ihr Ziel war der im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] [[Neutralität der Schweiz|neutrale Staat Schweiz]], der enge wirtschaftliche Beziehungen zum NS-Staat unterhielt und deshalb ein Interesse an einem weitgehend offenen Grenzverkehr mit dem Reich hatte. Allerdings waren Flüchtlinge nicht unbedingt willkommen. Einige der 52 Geschichten handeln deshalb auch von der Organisation des jeweiligen Grenzregimes und dessen Respektierung durch die Anwohnerschaft<ref>Zum Beispiel bei der Hörstation 23 über den St. Galler Polizeikommandanten Hauptmann [[Paul Grüninger]] und der nach ihm benannte Brücke über den Grenzfluss bei [[Diepoldsau]] (2012). </ref><ref>In folgenden Städten wurden Straßen oder Plätze nach Grüninger benannt: St. Gallen, [[Jerusalem]], [[Kirjat Ono]], [[Stuttgart]] und [[Rischon LeZion]]. In [[Wien]] wurde 1997 die nach den Plänen der Architekten [[Gustav Peichl]] und Rudolf Weber neuerbaute [[Paul-Grüninger-Schule|Schule]] in der Hanreitergasse nach ihm benannt.</ref> <ref>[http://www.tagblatt.ch/nachrichten/schweiz/bundesrat-weiht-paul-grueninger-strasse-in-israel-ein;art253650,5126820 ''Bundesrat weiht Paul-Grüninger-Strasse in Israel ein''] Artikel bei tagblatt.ch vom 30. Oktober 2017.</ref><ref>Marcel Elsener: [http://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ostschweiz/tb-os/art120094,2866706 ''Eine Grenzbrücke für Grüninger.''] In: ''[[St. Galler Tagblatt]]'', 16. Februar 2012.</ref><ref>jub: [http://derstandard.at/1334797161145/Vorarlberg-Brueckendenkmal-fuer-Paul-Grueninger ''Brückendenkmal für Paul Grüninger.''] In: ''[[derStandard.at]]'', 6. Mai 2012. Die staatsverbindende [[Paul-Grüninger-Brücke]] wurde angesichts dieser Resonanz zu einem international beachteten Denkmal, das das Geschichtsprojekt einbezieht.</ref>
Die Vergangenheit soll bei dieser Fahrradtour multimedial, im Wortsinn des Fahrens, erfahrbar werden, indem einzelne Orte und ihre punktuelle Bedeutung in den Biografien der wenigen genannten Personen mit den generellen historischen Zusammenhängen der NS-Diktatur verbunden werden. Ort der Verknüpfung ist jeweils ein symbolischer [[Grenzstein]] als [[Kleindenkmal]]. Er erinnert an die jeweilige Geschichte der Verfolgung, die erfolgreiche bzw. gescheiterte Flucht im Grenzgebiet der Vierländerregion Bodensee und des Lebensendes bzw. des weiteren Lebensweges. Der beschriftete Grenzstein bietet auch den Informationszugang zur jeweiligen Internetseite (Smartphone vorausgesetzt). Dabei handelt es sich in der Regel um die [[Flucht]]versuche von Personen, die durch das NS-Regime verfolgt wurden. Ihr Ziel war der im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] [[Neutralität der Schweiz|neutrale Staat Schweiz]], der enge wirtschaftliche Beziehungen zum NS-Staat unterhielt und deshalb ein Interesse an einem weitgehend offenen Grenzverkehr mit dem Reich hatte. Allerdings waren Flüchtlinge nicht unbedingt willkommen. Einige der 52 Geschichten handeln deshalb auch von der Organisation des jeweiligen Grenzregimes und dessen Respektierung durch die Anwohnerschaft<ref group=Anm>Zum Beispiel bei der Hörstation 23 über den St. Galler Polizeikommandanten Hauptmann [[Paul Grüninger]] und der nach ihm benannte Brücke über den Grenzfluss bei [[Diepoldsau]] (2012).</ref><ref group=Anm>In folgenden Städten wurden Straßen oder Plätze nach Grüninger benannt: St. Gallen, [[Jerusalem]], [[Kirjat Ono]], [[Stuttgart]] und [[Rischon LeZion]]. In [[Wien]] wurde 1997 die nach den Plänen der Architekten [[Gustav Peichl]] und Rudolf Weber neuerbaute [[Paul-Grüninger-Schule|Schule]] in der Hanreitergasse nach ihm benannt.</ref> <ref>[http://www.tagblatt.ch/nachrichten/schweiz/bundesrat-weiht-paul-grueninger-strasse-in-israel-ein;art253650,5126820 ''Bundesrat weiht Paul-Grüninger-Strasse in Israel ein''], auf tagblatt.ch vom 30. Oktober 2017.</ref><ref>Marcel Elsener: [http://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ostschweiz/tb-os/art120094,2866706 ''Eine Grenzbrücke für Grüninger.''] In: ''[[St. Galler Tagblatt]]'', 16. Februar 2012.</ref><ref>jub: [http://derstandard.at/1334797161145/Vorarlberg-Brueckendenkmal-fuer-Paul-Grueninger ''Brückendenkmal für Paul Grüninger.''] In: ''[[derStandard.at]]'', 6. Mai 2012. Die staatsverbindende [[Paul-Grüninger-Brücke]] wurde angesichts dieser Resonanz zu einem international beachteten Denkmal, das das Geschichtsprojekt einbezieht.</ref>


Eröffnet wurde das Projekt nach umfangreichen Vorarbeiten der oben genannten Beteiligten im Juli 2022.<ref>Laura Kisser: [https://www.derstandard.de/story/2000137549797/mahnmal-zum-hoeren-ns-fluchtgeschichten-von-vorarlberg-in-die-schweiz ''Mahnmal zum Hören: NS-Fluchtgeschichten von Vorarlberg in die Schweiz.''] In: [[Der Standard]] vom 19. Juli 2022 </ref>
Eröffnet wurde das Projekt nach umfangreichen Vorarbeiten der oben genannten Beteiligten im Juli 2022.<ref>Laura Kisser: [https://www.derstandard.de/story/2000137549797/mahnmal-zum-hoeren-ns-fluchtgeschichten-von-vorarlberg-in-die-schweiz ''Mahnmal zum Hören: NS-Fluchtgeschichten von Vorarlberg in die Schweiz.''] In: [[Der Standard]] vom 19. Juli 2022</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
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* Jörg Krummenacher: ''Flüchtiges Glück. Die Flüchtlinge im Grenzkanton St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus.'' Limmat, Zürich 2005. ISBN 3-85791-480-7.
* Jörg Krummenacher: ''Flüchtiges Glück. Die Flüchtlinge im Grenzkanton St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus.'' Limmat, Zürich 2005. ISBN 3-85791-480-7.
* [[Hanno Loewy]] (Hrsg.): ''Hier. Gedächtnisorte in Vorarlberg.'' Bucher Verlag, 2008. ISBN 978-3-902679-04-8.
* [[Hanno Loewy]] (Hrsg.): ''Hier. Gedächtnisorte in Vorarlberg.'' Bucher Verlag, 2008. ISBN 978-3-902679-04-8.
* Marcel Mayer: {{HLS|31806|Grüninger, Paul|Autor=Marcel Mayer}}  
* Marcel Mayer: {{HLS|31806|Grüninger, Paul|Autor=Marcel Mayer}}
* In Österreich und Schweiz — ''100 Kilometer langer Radweg erinnert an Fluchtgeschichten.'' Im schweizer: [[Blick (Zeitung)|Blick]] vom 13. Juli 2022 (Tausende Flüchtlinge haben zwischen März 1938 und Mai 1945 versucht, über das Vorarlberg die rettende Schweiz zu erreichen. Auch über die Geschichte von [[Carl Zuckmayer]] von 1933 bis 1938; Hörstation 41; [https://www.blick.ch/schweiz/in-oesterreich-und-schweiz-100-kilometer-langer-radweg-erinnert-an-fluchtgeschichten-id17656417.html Link zur Onlineversion])
* In Österreich und Schweiz — ''100 Kilometer langer Radweg erinnert an Fluchtgeschichten.'' Im schweizer: [[Blick (Zeitung)|Blick]] vom 13. Juli 2022 (Tausende Flüchtlinge haben zwischen März 1938 und Mai 1945 versucht, über das Vorarlberg die rettende Schweiz zu erreichen. Auch über die Geschichte von [[Carl Zuckmayer]] von 1933 bis 1938; Hörstation 41; [https://www.blick.ch/schweiz/in-oesterreich-und-schweiz-100-kilometer-langer-radweg-erinnert-an-fluchtgeschichten-id17656417.html Link zur Onlineversion])


 
[[Datei:Reisepass Wilhelm Frank mit J-Stempel.jpg|miniatur|Deutscher Reisepass mit J-Stempel und dem [[Namensänderungsverordnung|Zwangsvornamen ''Israel'']], um die Einreise in die Schweiz zu erschweren<ref>Deutsche Pässe mit einem J (Judenstempel) berechtigten den Inhaber seither zum Grenzübertritt nur dann, wenn vorher ein Visum zur Durchreise oder zum Aufenthalt von schweizer Behörden erteilt worden war. Viele Flüchtlinge wurden an den Grenzen zurückgeschickt, manche wurden sogar festgenommen und an deutsche Behörden ausgeliefert. Stefan Mächler beschreibt das zum Bspl. in: [https://www.nzz.ch/schweiz/schweiz-im-zweiten-weltkrieg-fuer-die-eigenen-leute-nicht-genug-raum-ld.1310200 ''Schweiz im Zweiten Weltkrieg: Als die Behörden die Grenze schlossen, wussten sie, was das für die abgewiesenen Juden hiess.''] In: [[Neue Zürcher Zeitung]] vom 11. August 2017</ref>]]
[[Datei:Reisepass Wilhelm Frank mit J-Stempel.jpg|miniatur|Deutscher Reisepass mit J-Stempel und dem [[Namensänderungsverordnung|Zwangsvornamen ''Israel'']], um die Einreise in die Schweiz zu erschweren<ref> Deutsche Pässe mit einem J (Judenstempel9 berechtigten den Inhaber seither zum Grenzübertritt nur dann, wenn vorher ein Visum zur Durchreise oder zum Aufenthalt von schw. Behörden erteilt worden war. Viele Flüchtlinge wurden an den Grenzen zurückgeschickt, manche wurden sogar festgenommen und an deutsche Behörden ausgeliefert. Stefan Mächler beschreibt das zum Bspl. in: [https://www.nzz.ch/schweiz/schweiz-im-zweiten-weltkrieg-fuer-die-eigenen-leute-nicht-genug-raum-ld.1310200 ''Schweiz im Zweiten Weltkrieg: Als die Behörden die Grenze schlossen, wussten sie, was das für die abgewiesenen Juden hiess.''] In: [[Neue Zürcher Zeitung]] vom 11. August 2017</ref>]]


== Weblinks ==
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* [[Exil]]
* [[Exil]]
* [[Judenretter]]
* [[Judenretter]]
* [[Judenstempel]] — [[Verordnung über Reisepässe von Juden]]
* [[Judenstempel]] — [[Verordnung über Reisepässe von Juden]]
* [[Singener Fluchtroute]], bezeichnet im weiteren Sinne die Fluchtversuche am westlichen Bodensee, nicht nur die von Kriegsgefangenen
* [[Singener Fluchtroute]], bezeichnet im weiteren Sinne die Fluchtversuche am westlichen Bodensee, nicht nur die von Kriegsgefangenen


== Einzelnachweise==
== Anmerkungen ==
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== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Lehrpfad in Österreich]]
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[[Kategorie:Kleindenkmal]]
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[[Kategorie:Flurdenkmal in Österreich]]
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[[Kategorie:NS-Opfer]]  
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[[Kategorie:Judenverfolgung im Deutschen Reich (1933–1945)]]
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[[Kategorie:Kunst im öffentlichen Raum (Österreich)]]
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