John Sailer: Unterschied zwischen den Versionen

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Anfang der 1960er Jahre stieg er in den [[Kunsthandel]] ein. Der erste Schritt erfolgte, als er auf dem Sperrmüll [[Sessel]] von [[Thonet]] entdeckte, deren Wert offenbar nicht erkannt worden war. Binnen kurzer Zeit baute er eine Sammlung von Thonet-Stühlen auf und stellte sie im [[Palais Liechtenstein (Fürstengasse)|Palais Liechtenstein]] in Wien aus. Die Ausstellung war recht erfolgreich, sie wurde in mehreren Museen und Ausstellungshäusern Europas gezeigt, unter anderem in München, Hamburg, Oslo und im [[Victoria and Albert Museum]] in London. Im Herbst 1967 war die John-Sailer-Sammlung am ''Carpenter Center for the Visual Arts'' der [[Harvard University]] ausgestellt. Den begleitenden Katalog, herausgegeben von [[Hans Buchwald]], gestaltete der japanische Künstler [[Toshihiro Katayama]].<ref>Worth Point: ''[https://www.worthpoint.com/worthopedia/1967-hans-buchwald-thonet-chair-137936902 1967 HANS BUCHWALD THONET CHAIR HARVARD EXHIBIT CATALOG]'', abgerufen am 23. Oktober 2022</ref> 1969 war die Ausstellung im [[Österreichisches Kulturinstitut]] in [[New York City|New York]] zu sehen.<ref>Österreichische Mediathek: ''[https://www.mediathek.at/interviews-als-quelle/suche/detail/?pool=BWEB&uid=0A102A38-131-00049-00000678-0A0F7852&cHash=e61f0c9595898175c1e5c649540218b3 Ausstellung von Thonet-Möbel in New York]'', Interview mit [[Gottfried Heindl]] und John Sailer für [[Radio Wien]], Juni 1969</ref> Die [[New York Times]] berichtete über die Sammlung – auf einer Doppelseite in ihrem ''Sunday Magazine''.<ref name="ViennaReview" />  
Anfang der 1960er Jahre stieg er in den [[Kunsthandel]] ein. Der erste Schritt erfolgte, als er auf dem Sperrmüll [[Sessel]] von [[Thonet]] entdeckte, deren Wert offenbar nicht erkannt worden war. Binnen kurzer Zeit baute er eine Sammlung von Thonet-Stühlen auf und stellte sie im [[Palais Liechtenstein (Fürstengasse)|Palais Liechtenstein]] in Wien aus. Die Ausstellung war recht erfolgreich, sie wurde in mehreren Museen und Ausstellungshäusern Europas gezeigt, unter anderem in München, Hamburg, Oslo und im [[Victoria and Albert Museum]] in London. Im Herbst 1967 war die John-Sailer-Sammlung am ''Carpenter Center for the Visual Arts'' der [[Harvard University]] ausgestellt. Den begleitenden Katalog, herausgegeben von [[Hans Buchwald]], gestaltete der japanische Künstler [[Toshihiro Katayama]].<ref>Worth Point: ''[https://www.worthpoint.com/worthopedia/1967-hans-buchwald-thonet-chair-137936902 1967 HANS BUCHWALD THONET CHAIR HARVARD EXHIBIT CATALOG]'', abgerufen am 23. Oktober 2022</ref> 1969 war die Ausstellung im [[Österreichisches Kulturinstitut]] in [[New York City|New York]] zu sehen.<ref>Österreichische Mediathek: ''[https://www.mediathek.at/interviews-als-quelle/suche/detail/?pool=BWEB&uid=0A102A38-131-00049-00000678-0A0F7852&cHash=e61f0c9595898175c1e5c649540218b3 Ausstellung von Thonet-Möbel in New York]'', Interview mit [[Gottfried Heindl]] und John Sailer für [[Radio Wien]], Juni 1969</ref> Die [[New York Times]] berichtete über die Sammlung – auf einer Doppelseite in ihrem ''Sunday Magazine''.<ref name="ViennaReview" />  


In Sailers Atelier in der Operngasse entstand 1964 die ''Selbstbemalung I'' von [[Günter Brus]].<ref>Mutual Art: ''[https://www.mutualart.com/Artwork/Selbstbemalung-I--Operngasse--Atelier-Jo/4BB9E71B1C0D1DA9 Selbstbemalung I, Operngasse, Atelier John Sailer]'', abgerufen am 20. Oktober 2022</ref> Am 5. Juli 1965 chauffierte Sailer in einer [[Citroën 2CV|Ente]] den Künstler auf den Heldenplatz, Ausgangspunkt von dessen aktionistischem Spaziergang als bemalter Mann, der mit der Festnahme des Künstlers endete.<ref>[[Deutschlandfunk Kultur]]: ''[https://www.deutschlandfunkkultur.de/kunst-und-protest-clevere-strategie-oder-stoerung-der-100.html Clevere Strategie oder Störung der Ordnung?]'', 30. Juni 2021</ref><ref>[[ORF]]: ''[https://oe1.orf.at/artikel/207681/Ein-Leben-fuer-die-Kunst Ein Leben für die Kunst]'', 8. April 2017, ''Erratum:'' Im Text ist vom 30-jährigen Jubiläum der Galerie die Rede, es war das 40-jährige.</ref> Im November 1974 eröffnete er in der vormaligen Garage des [[Goethegasse#Nr. 1: Hanuschhof|Hanuschhofes]] in der Goethegasse die Galerie Ulysses. Während der [[McCarthy-Ära]] war der Roman ''[[Ulysses]]'' von [[James Joyce]] derart in Verruf geraten, dass er sogar aus der Bibliothek des Wiener [[Amerika-Haus]]es verbannt wurde. Das Lieblingsbuch des jungen Kunsthändlers wurde zum Namensgeber seiner Galerie.<ref>Vienna.at: ''[https://www.vienna.at/wiener-pionier-galerist-john-sailer-wird-80/5570305 Wiener Pionier-Galerist John Sailer wird 80]'', 28. November 2017</ref> Die erste Ausstellung war eine Hommage an [[Otto Mauer|Monsignore Otto Mauer]] (1907–1973), der als Kunstsammler, Mäzen und Galerist die österreichischen Künstler der Nachkriegs-Avantgarde gefördert hatte. Zu den Künstlern dieser Ausstellung zählten [[Joannis Avramidis]], [[Bruno Gironcoli]], [[Wolfgang Hollegha]], [[Hans Hollein]], [[Walter Pichler (Künstler)|Walter Pichler]], [[Markus Prachensky]], [[Arnulf Rainer]], [[Andreas Urteil]] und [[Fritz Wotruba]]. 1977 wurde Gabriele Wimmer Geschäftspartnerin der Galerie Ulysses. Im selben Jahr erfolgte die Übersiedlung in Dachgeschossräume am Opernring 21. Die erste Ausstellung in den neuen Räumen war der internationalen Avantgarde gewidmet, gezeigt wurden Werke von [[Wassily Kandinsky]], [[Paul Klee]] und [[František Kupka]]. In der Folge konnten John Sailer und Gabriele Wimmer die Galerie Ulysses als Ort der [[Moderne|Klassischen Moderne]] in Wien etablieren. Bundeskanzler [[Bruno Kreisky]] gab John Sailer Ende der 1970er-Jahre den Auftrag, eine österreichische Avantgarde-Schau für die USA zu erstellen, doch das Projekt scheiterte.<ref>[[Kleine Zeitung]]: ''[https://www.kleinezeitung.at/kultur/4219770/AvantgardeDiskussion-im-Burgtheater Avantgarde-Diskussion im Burgtheater]'', 5. Jänner 2011</ref><ref>[[Der Standard]]: ''[https://www.derstandard.at/story/1293370705083/bruno-kreisky-und-die-kunst-es-war-die-quadratur-des-kreisky "Es war die Quadratur des Kreisky"]'', 14. Jänner 2011</ref>
In Sailers Atelier in der Operngasse entstand 1964 die ''Selbstbemalung I'' von [[Günter Brus]].<ref>Mutual Art: ''[https://www.mutualart.com/Artwork/Selbstbemalung-I--Operngasse--Atelier-Jo/4BB9E71B1C0D1DA9 Selbstbemalung I, Operngasse, Atelier John Sailer]'', abgerufen am 20. Oktober 2022</ref> Am 5. Juli 1965 chauffierte Sailer in einer [[Citroën 2CV|Ente]] den Künstler auf den Heldenplatz, Ausgangspunkt von dessen aktionistischem Spaziergang als bemalter Mann, der mit der Festnahme des Künstlers endete.<ref>[[Deutschlandfunk Kultur]]: ''[https://www.deutschlandfunkkultur.de/kunst-und-protest-clevere-strategie-oder-stoerung-der-100.html Clevere Strategie oder Störung der Ordnung?]'', 30. Juni 2021</ref><ref>[[ORF]]: ''[https://oe1.orf.at/artikel/207681/Ein-Leben-fuer-die-Kunst Ein Leben für die Kunst]'', 8. April 2017, ''Erratum:'' Im Text ist vom 30-jährigen Jubiläum der Galerie die Rede, es war das 40-jährige.</ref> Im November 1974 eröffnete er in der vormaligen Garage des [[Goethegasse#Nr. 1: Hanuschhof|Hanuschhofes]] in der Goethegasse die Galerie Ulysses. Während der [[McCarthy-Ära]] war der Roman ''[[Ulysses]]'' von [[James Joyce]] derart in Verruf geraten, dass er sogar aus der Bibliothek des Wiener [[Amerika-Haus]]es verbannt wurde. Das Lieblingsbuch des jungen Kunsthändlers wurde zum Namensgeber seiner Galerie.<ref>[[Salzburger Nachrichten]]: ''[https://www.sn.at/panorama/international/john-sailer-der-pionier-der-wiener-galerieszene-wird-80-21106045 John Sailer - der Pionier der Wiener Galerieszene wird 80]'', 30. November 2017</ref> Die erste Ausstellung war eine Hommage an [[Otto Mauer|Monsignore Otto Mauer]] (1907–1973), der als Kunstsammler, Mäzen und Galerist die österreichischen Künstler der Nachkriegs-Avantgarde gefördert hatte. Zu den Künstlern dieser Ausstellung zählten [[Joannis Avramidis]], [[Bruno Gironcoli]], [[Wolfgang Hollegha]], [[Hans Hollein]], [[Walter Pichler (Künstler)|Walter Pichler]], [[Markus Prachensky]], [[Arnulf Rainer]], [[Andreas Urteil]] und [[Fritz Wotruba]]. 1977 wurde Gabriele Wimmer Geschäftspartnerin der Galerie Ulysses. Im selben Jahr erfolgte die Übersiedlung in Dachgeschossräume am Opernring 21. Die erste Ausstellung in den neuen Räumen war der internationalen Avantgarde gewidmet, gezeigt wurden Werke von [[Wassily Kandinsky]], [[Paul Klee]] und [[František Kupka]]. In der Folge konnten John Sailer und Gabriele Wimmer die Galerie Ulysses als Ort der [[Moderne|Klassischen Moderne]] in Wien etablieren. Bundeskanzler [[Bruno Kreisky]] gab John Sailer Ende der 1970er-Jahre den Auftrag, eine österreichische Avantgarde-Schau für die USA zu erstellen, doch das Projekt scheiterte.<ref>[[Kleine Zeitung]]: ''[https://www.kleinezeitung.at/kultur/4219770/AvantgardeDiskussion-im-Burgtheater Avantgarde-Diskussion im Burgtheater]'', 5. Jänner 2011</ref><ref>[[Der Standard]]: ''[https://www.derstandard.at/story/1293370705083/bruno-kreisky-und-die-kunst-es-war-die-quadratur-des-kreisky "Es war die Quadratur des Kreisky"]'', 14. Jänner 2011</ref>


1986 portraitierte ihn [[Maria Lassnig]], eine der bedeutendsten Künstlerinnen der Galerie, wie ein sechs Jahre später erschienener Katalog der Galerie belegt.<ref>Mutual Art: ''[https://www.mutualart.com/Artwork/Portrait-of-a-man--John-Sailer-/C80F10B9A56C5F25 Maria Lassnig: Portrait of a man (John Sailer)]'', abgerufen am 20. Oktober 2022</ref><ref>''Maria Lassnig: Zeichnungen und Aquarelle.'' Hg. von Oswald Wiener, Gabriele Wimmer und der Künstlerin. Galerie Ulysses 1992, ISBN 3-85127-013-4</ref> 1989 gründete er in New York die ''Ulysses Gallery New York'', in der Folge organisierte er eine Arnulf-Rainer-Ausstellung im [[Guggenheim Museum New York|Guggenheim Museum]]. In Wien zeigte und verkaufte er Werke der Maler der [[École de Paris (Kunst)|École de Paris]] ([[Hans Hartung]], [[Serge Poliakoff]] und [[Pierre Soulages]]), von [[Hans Arp|Jean Arp]], [[Julio González (Bildhauer)|Julio Gonzàlez]] oder [[Roy Lichtenstein]], dem 1992 eine Personale in neuen, zusätzlichen Galerieräumen im 1. Stock des Hauses gewidmet war. International kooperierte die Galerie mit den Galerien [[Ernst Beyeler|Beyeler]] in Basel, [[Michael Werner (Kunsthändler)|Michael Werner]] in Köln, der [[Galerie de France]] in Paris sowie mit [[André Emmerich]] und [[Leo Castelli]] in New York. Man vertrat [[Karel Appel]], [[Milton Avery]], [[Georg Baselitz]], [[Eduardo Chillida]], [[Stuart Davis (Maler)|Stuart Davis]], [[Helen Frankenthaler]], [[Anselm Kiefer]], [[Per Kirkeby]], [[Markus Lüpertz]], [[Kenneth Noland]], [[Jules Olitski]], [[A. R. Penck]], [[Cy Twombly]], [[Emilio Vedova]] und [[Andy Warhol]].<ref>KunstNet: ''[https://www.kunstnet.at/ulysses/ Galerie Ulysses]'', abgerufen am 18. Oktober 2022</ref> Achtzehn „seiner“ Künstler wurden im Lauf der Jahre zur [[Documenta|documenta]] eingeladen, dreizehn zur [[Biennale di Venezia]]. John Sailer vertrat die Galerie und ihre Künstler auf zahlreichen Kunstmessen, beispielsweise in Basel, Bologna, Brüssel, Chicago, Köln und Paris. Der Verlag der Galerie, geleitet vom Galeristen, hat zahlreiche Kataloge und Kunstbücher herausgegeben.
1986 portraitierte ihn [[Maria Lassnig]], eine der bedeutendsten Künstlerinnen der Galerie, wie ein sechs Jahre später erschienener Katalog der Galerie belegt.<ref>Mutual Art: ''[https://www.mutualart.com/Artwork/Portrait-of-a-man--John-Sailer-/C80F10B9A56C5F25 Maria Lassnig: Portrait of a man (John Sailer)]'', abgerufen am 20. Oktober 2022</ref><ref>''Maria Lassnig: Zeichnungen und Aquarelle.'' Hg. von Oswald Wiener, Gabriele Wimmer und der Künstlerin. Galerie Ulysses 1992, ISBN 3-85127-013-4</ref> 1989 gründete er in New York die ''Ulysses Gallery New York'', in der Folge organisierte er eine Arnulf-Rainer-Ausstellung im [[Guggenheim Museum New York|Guggenheim Museum]]. In Wien zeigte und verkaufte er Werke der Maler der [[École de Paris (Kunst)|École de Paris]] ([[Hans Hartung]], [[Serge Poliakoff]] und [[Pierre Soulages]]), von [[Hans Arp|Jean Arp]], [[Julio González (Bildhauer)|Julio Gonzàlez]] oder [[Roy Lichtenstein]], dem 1992 eine Personale in neuen, zusätzlichen Galerieräumen im 1. Stock des Hauses gewidmet war. International kooperierte die Galerie mit den Galerien [[Ernst Beyeler|Beyeler]] in Basel, [[Michael Werner (Kunsthändler)|Michael Werner]] in Köln, der [[Galerie de France]] in Paris sowie mit [[André Emmerich]] und [[Leo Castelli]] in New York. Man vertrat [[Karel Appel]], [[Milton Avery]], [[Georg Baselitz]], [[Eduardo Chillida]], [[Stuart Davis (Maler)|Stuart Davis]], [[Helen Frankenthaler]], [[Anselm Kiefer]], [[Per Kirkeby]], [[Markus Lüpertz]], [[Kenneth Noland]], [[Jules Olitski]], [[A. R. Penck]], [[Cy Twombly]], [[Emilio Vedova]] und [[Andy Warhol]].<ref>KunstNet: ''[https://www.kunstnet.at/ulysses/ Galerie Ulysses]'', abgerufen am 18. Oktober 2022</ref> Achtzehn „seiner“ Künstler wurden im Lauf der Jahre zur [[Documenta|documenta]] eingeladen, dreizehn zur [[Biennale di Venezia]]. John Sailer vertrat die Galerie und ihre Künstler auf zahlreichen Kunstmessen, beispielsweise in Basel, Bologna, Brüssel, Chicago, Köln und Paris. Der Verlag der Galerie, geleitet vom Galeristen, hat zahlreiche Kataloge und Kunstbücher herausgegeben.
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