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[[File:Hinrichtung1.jpg|thumb|Darstellung der Hinrichtung des Grafen Ferdinand zu Hardegg aus dem Jahr 1615]] | [[File:Hinrichtung1.jpg|thumb|Darstellung der Hinrichtung des Grafen Ferdinand zu Hardegg aus dem Jahr 1615]] | ||
Graf Ferdinand schlug eine militärische Laufbahn ein, die er im Dienst des spanischen Königs [[w:Philipp II. (Spanien)|Philipp II.]] († 1598) begann. Nachdem er dann vorübergehend im Dienst des französischen Königs gestanden hatte, bewährte er sich schließlich als Obristleutnant im Regiment des Grafen Karl von Mansfeld, der später Fürst und kaiserlicher General im ungarischen Königreich wurde. Offensichtlich hatte er diesen sehr beeindruckt, sodass ihm dieser selbst nach seinem Sturz noch zu helfen versuchte.<ref name ="Hausmann184"/> Seit 1580 war Ferdinand Obrist im Dienst von [[Rudolf II. (HRR)|Kaiser Rudolf II.]] († 1612).<ref name ="Hausmann185"/> Um 1584 wurde er vom Kaiser zum Hofkriegsrat ernannt. Nachdem [[Ernst von Österreich (1553–1595)|Erzherzog Ernst (II.) von Österreich]] († 1595), einem Bruder und Vertrauten von Kaiser Rudolf gegen den Willen der ungarischen Stände das Oberkommando über das ungarischen Königreich übertragen worden war, ernannte ihn dieser 1589 zum Kommandanten der im heutigen [[w:Rumänien|Rumänien]] gelegenen Festung in [[w:Satu Mare|Shatmar (Szatmár)]].<ref name ="Hausmann186"/> Nach dem Tod des Obristen Georg Erasmus von Liechtenstein († 1591) wurde er am 1. September 1592 Kommandant der strategisch wichtigsten Festung im Westen des [[w:Königreich Ungarn|ungarischen Königreichs]].<ref name ="Hausmann187">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 187</ref> Die Festung [[w:Györ|Raab]] galt als uneinnehmbar und galt als der wichtigste Vorposten der Stadt [[Wien]].<ref name ="Hausmann200">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. | Graf Ferdinand schlug eine militärische Laufbahn ein, die er im Dienst des spanischen Königs [[w:Philipp II. (Spanien)|Philipp II.]] († 1598) begann. Nachdem er dann vorübergehend im Dienst des französischen Königs gestanden hatte, bewährte er sich schließlich als Obristleutnant im Regiment des Grafen Karl von Mansfeld, der später Fürst und kaiserlicher General im ungarischen Königreich wurde. Offensichtlich hatte er diesen sehr beeindruckt, sodass ihm dieser selbst nach seinem Sturz noch zu helfen versuchte.<ref name ="Hausmann184"/> Seit 1580 war Ferdinand Obrist im Dienst von [[Rudolf II. (HRR)|Kaiser Rudolf II.]] († 1612).<ref name ="Hausmann185"/> Um 1584 wurde er vom Kaiser zum Hofkriegsrat ernannt. Nachdem [[Ernst von Österreich (1553–1595)|Erzherzog Ernst (II.) von Österreich]] († 1595), einem Bruder und Vertrauten von Kaiser Rudolf gegen den Willen der ungarischen Stände das Oberkommando über das ungarischen Königreich übertragen worden war, ernannte ihn dieser 1589 zum Kommandanten der im heutigen [[w:Rumänien|Rumänien]] gelegenen Festung in [[w:Satu Mare|Shatmar (Szatmár)]].<ref name ="Hausmann186"/> Nach dem Tod des Obristen Georg Erasmus von Liechtenstein († 1591) wurde er am 1. September 1592 Kommandant der strategisch wichtigsten Festung im Westen des [[w:Königreich Ungarn|ungarischen Königreichs]].<ref name ="Hausmann187">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 187</ref> Die Festung [[w:Györ|Raab]] galt als uneinnehmbar und galt als der wichtigste Vorposten der Stadt [[Wien]].<ref name ="Hausmann200">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 200</ref> | ||
1593 brach ein weiterer Krieg gegen die Osmanen aus, der bis 1606 andauern sollte.<ref name ="Hausmann184"/> Kurz danach übernahm Erzherzog Ernst (II.) die Statthalterschaft in den "Spanischen Niederlanden", worauf ihm 1594 mit dem späteren [[Matthias (HRR)|Kaiser Matthias]] († 1619) ein weiterer Bruder des Kaisers nachfolgte, dem es an kriegerischer Erfahrung mangelte und der von einem ebenfalls nicht besonders erfahrenen Ratgeberstab unterstützt wurde.<ref name ="Hausmann187"/> Nachdem die beiden Vorposten der Festung Raab im Juli 1594 aufgegeben werden mussten, begann am 1. August die Belagerung von dieser, die bis zum 29. September andauerte.<ref name ="Hausmann190">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 190</ref> Nachdem es den kaiserlichen Truppen im August nicht gelungen war, die Lage um Raab wieder unter ihren Kontrolle zu bekommen und der Sultan Teile der Umgebung eroberte und den Befestigungsanlagen schwere Beschädigungen zufügte, gab der Erzherzog schließlich am 9. September die Verteidigung des Umlandes der Festung überstürzt auf und flüchtete mit seinen Truppen nach [[Deutsch Altenburg]]. Von dort reiste er wenig später nach Wien weiter.<ref>vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 191f.</ref> Nachdem die Lage für die Verteidiger ca. zwei Wochen später vollkommen unhaltbar geworden war und eine für den 15. September zugesagte Verstärkungstruppe nicht eintraf, wurden am 27. September Verhandlungen mit den Osmanen aufgenommen und diesen die Festung am 29. September übergeben. Die Festung hatte seit dem 17. September unter ständigen Beschuss gestanden. Nachdem in 5 Tagen 36 Anstürme der Osmanen abgewehrt worden waren, die Verpflegung endgültig aufgebraucht und die Anzahl der noch einsatzfähigen Soldaten erheblich gesunken war, wurde die Lage von den Verteidigern als unhaltbar empfunden. Noch am 25. September hatte Graf Ferdinand den Erzherzog letztmals über die nach seiner Einschätzung nun mehr ausweglosen Lage informiert und ihm mitgeteilt, dass bei Ausbleiben von weiterer Hilfe die Festung Raab nur mehr drei bis vier Tage gehalten werden könne.<ref>vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 191-194</ref> Bei der Übergabe der Festung wurde das von osmanischer Seite zugesagte freie Geleit jedoch nur anfänglich eingehalten und die Nachhut und die Schiffe, auf denen sich vor allem die Zivilisten befanden, überfallen, worüber Graf Ferdinand am 30. September, nachdem er Deutsch Altenburg erreicht hatte, bei seinen osmanischen Verhandlungspartnern Beschwerde einlegte.<ref>vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 194 und S. 195</ref> | 1593 brach ein weiterer Krieg gegen die Osmanen aus, der bis 1606 andauern sollte.<ref name ="Hausmann184"/> Kurz danach übernahm Erzherzog Ernst (II.) die Statthalterschaft in den "Spanischen Niederlanden", worauf ihm 1594 mit dem späteren [[Matthias (HRR)|Kaiser Matthias]] († 1619) ein weiterer Bruder des Kaisers nachfolgte, dem es an kriegerischer Erfahrung mangelte und der von einem ebenfalls nicht besonders erfahrenen Ratgeberstab unterstützt wurde.<ref name ="Hausmann187"/> Nachdem die beiden Vorposten der Festung Raab im Juli 1594 aufgegeben werden mussten, begann am 1. August die Belagerung von dieser, die bis zum 29. September andauerte.<ref name ="Hausmann190">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 190</ref> Nachdem es den kaiserlichen Truppen im August nicht gelungen war, die Lage um Raab wieder unter ihren Kontrolle zu bekommen und der Sultan Teile der Umgebung eroberte und den Befestigungsanlagen schwere Beschädigungen zufügte, gab der Erzherzog schließlich am 9. September die Verteidigung des Umlandes der Festung überstürzt auf und flüchtete mit seinen Truppen nach [[Deutsch Altenburg]]. Von dort reiste er wenig später nach Wien weiter.<ref>vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 191f.</ref> Nachdem die Lage für die Verteidiger ca. zwei Wochen später vollkommen unhaltbar geworden war und eine für den 15. September zugesagte Verstärkungstruppe nicht eintraf, wurden am 27. September Verhandlungen mit den Osmanen aufgenommen und diesen die Festung am 29. September übergeben. Die Festung hatte seit dem 17. September unter ständigen Beschuss gestanden. Nachdem in 5 Tagen 36 Anstürme der Osmanen abgewehrt worden waren, die Verpflegung endgültig aufgebraucht und die Anzahl der noch einsatzfähigen Soldaten erheblich gesunken war, wurde die Lage von den Verteidigern als unhaltbar empfunden. Noch am 25. September hatte Graf Ferdinand den Erzherzog letztmals über die nach seiner Einschätzung nun mehr ausweglosen Lage informiert und ihm mitgeteilt, dass bei Ausbleiben von weiterer Hilfe die Festung Raab nur mehr drei bis vier Tage gehalten werden könne.<ref>vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 191-194</ref> Bei der Übergabe der Festung wurde das von osmanischer Seite zugesagte freie Geleit jedoch nur anfänglich eingehalten und die Nachhut und die Schiffe, auf denen sich vor allem die Zivilisten befanden, überfallen, worüber Graf Ferdinand am 30. September, nachdem er Deutsch Altenburg erreicht hatte, bei seinen osmanischen Verhandlungspartnern Beschwerde einlegte.<ref>vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 194 und S. 195</ref> | ||
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Um 1582 kaufte Ferdinand von den Grafen Salm zu einem beachtlichen Preis die [[w:Burg Kreuzenstein|Burg und Herrschaft Kreuzenstein]] (heute Teil der Gemeinde [[Leobendorf (Niederösterreich)|Leobendorf]]), weswegen er sich schwer verschuldete. Am 25. September 1585 wurde er von Kaiser Rudolf mit der Burg und ihrer Herrschaft belehnt. Mit diesem Erwerb verfügte er über eine sichere wirtschaftliche Grundlage für seine weitere Laufbahn, die sein alleiniger Besitz war.<ref name ="Hausmann185"/> Im Verlauf seines weiteren Lebens war Ferdinand immer wieder dazu genötigt, sich von seinen Verwandten, aber auch von seiner Ehefrau und ihrer Familie enorme Geldsummen zu leihen. Zum einen dürfte er sie für Notwendigkeiten, die sich aus seinen militärischen Aufgaben ergaben, benötigt haben, da die Hofkammer in Wien und Prag oft nur schleppend und meistens nicht ausreichend die für Truppen, Instandhaltung und Ähnliches zahlte. Zum anderen verwendete er sie aber auch für sein standesgemäßes Auftreten. Seine Stellung im kaiserlichen Heer als Obrist und Hofkriegsrat konnte er jedoch auch wirtschaftlich nutzen, indem er seine eigenen Erträge aus seiner Herrschaft wie zum Beispiel Getreide für die Versorgung der Truppen verkaufte, was allerdings auch andere Herrschaftsinhaber zu dieser Zeit machten.<ref name ="Hausmann186">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 186</ref> Daneben gibt es Hinweise dafür, dass er Gewinne aus dem Handel mit kriegsgefangenen Osmaninnen und Osmanen erzielte.<ref name ="Hausmann187">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 187</ref> | Um 1582 kaufte Ferdinand von den Grafen Salm zu einem beachtlichen Preis die [[w:Burg Kreuzenstein|Burg und Herrschaft Kreuzenstein]] (heute Teil der Gemeinde [[Leobendorf (Niederösterreich)|Leobendorf]]), weswegen er sich schwer verschuldete. Am 25. September 1585 wurde er von Kaiser Rudolf mit der Burg und ihrer Herrschaft belehnt. Mit diesem Erwerb verfügte er über eine sichere wirtschaftliche Grundlage für seine weitere Laufbahn, die sein alleiniger Besitz war.<ref name ="Hausmann185"/> Im Verlauf seines weiteren Lebens war Ferdinand immer wieder dazu genötigt, sich von seinen Verwandten, aber auch von seiner Ehefrau und ihrer Familie enorme Geldsummen zu leihen. Zum einen dürfte er sie für Notwendigkeiten, die sich aus seinen militärischen Aufgaben ergaben, benötigt haben, da die Hofkammer in Wien und Prag oft nur schleppend und meistens nicht ausreichend die für Truppen, Instandhaltung und Ähnliches zahlte. Zum anderen verwendete er sie aber auch für sein standesgemäßes Auftreten. Seine Stellung im kaiserlichen Heer als Obrist und Hofkriegsrat konnte er jedoch auch wirtschaftlich nutzen, indem er seine eigenen Erträge aus seiner Herrschaft wie zum Beispiel Getreide für die Versorgung der Truppen verkaufte, was allerdings auch andere Herrschaftsinhaber zu dieser Zeit machten.<ref name ="Hausmann186">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 186</ref> Daneben gibt es Hinweise dafür, dass er Gewinne aus dem Handel mit kriegsgefangenen Osmaninnen und Osmanen erzielte.<ref name ="Hausmann187">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 187</ref> | ||
Am 3. Oktober 1593 verfasste Ferdinand, wohl mit Blick auf den bevorstehenden Krieg gegen die Osmanen, sein Testament. In diesem traf er Anweisungen für seine Beisetzung und für die Begleichung seiner Schulden. Als Erben für sein nachgelassenes Vermögen setzte er seine Kinder und seine Ehefrau ein. Als Vormunde bestimmte er für diese den Freiherren David Ungnad von Sonnegg, damals kaiserlicher Rat und Präsident des Hofkriegsrates, und den Obristen Leo Gall zu [[Leesdorf]].<ref name ="Hausmann187">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 187</ref> Nach seiner Hinrichtung wurde Anfang Juli 1595 die Burg Kreuzenstein, zusammen mit seinen sämtlichen Gütern und Einkünften konfisziert.<ref name ="Hausmann200" | Am 3. Oktober 1593 verfasste Ferdinand, wohl mit Blick auf den bevorstehenden Krieg gegen die Osmanen, sein Testament. In diesem traf er Anweisungen für seine Beisetzung und für die Begleichung seiner Schulden. Als Erben für sein nachgelassenes Vermögen setzte er seine Kinder und seine Ehefrau ein. Als Vormunde bestimmte er für diese den Freiherren David Ungnad von Sonnegg, damals kaiserlicher Rat und Präsident des Hofkriegsrates, und den Obristen Leo Gall zu [[Leesdorf]].<ref name ="Hausmann187">vgl. [[w:Friedrich Hausmann (Historiker)|Friedrich Hausmann]]: ''Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab'', 1983, S. 187</ref> Nach seiner Hinrichtung wurde Anfang Juli 1595 die Burg Kreuzenstein, zusammen mit seinen sämtlichen Gütern und Einkünften konfisziert.<ref name ="Hausmann200"/> | ||
== Forschungslage um 1983 == | == Forschungslage um 1983 == |
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