Wert des Lebens: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Wert des Lebens''' ist eine Ausstellung im ersten Stock des [[Schloss Hartheim|Schlosses Hartheim]] in [[Oberösterreich]]. [[Datei:Ausstellung Wert des Lebens 201701.jpg|rechts|190px]] | '''Wert des Lebens''' ist eine Ausstellung im ersten Stock des [[Schloss Hartheim|Schlosses Hartheim]] in [[Oberösterreich]]. [[Datei:Ausstellung Wert des Lebens 201701.jpg|rechts|190px]] | ||
Sie informiert über den Umgang der Gesellschaft mit [[Behinderung|behinderten Menschen]] vom Beginn der [[Industrialisierung]] bis zur Gegenwart. "Der Bogen spannt sich von der „ökonomischen Wertung“ des Menschen am Beginn der Industriegesellschaft bis zur aktuellen Forderung nach gesellschaftlicher [[Gleichstellung]] behinderter Menschen und den Fragen nach den ethischen Grenzen der Entwicklung in Medizin und Biowissenschaften."<ref>[https://www.alkoven.at/Lern-_und_Gedenkort_Schloss_Hartheim_8 Zitat von der Internetseite der Gemeinde [[ | Sie informiert über den Umgang der Gesellschaft mit [[Behinderung|behinderten Menschen]] vom Beginn der [[Industrialisierung]] bis zur Gegenwart. "Der Bogen spannt sich von der „ökonomischen Wertung“ des Menschen am Beginn der Industriegesellschaft bis zur aktuellen Forderung nach gesellschaftlicher [[Gleichstellung]] behinderter Menschen und den Fragen nach den ethischen Grenzen der Entwicklung in Medizin und Biowissenschaften."<ref>[https://www.alkoven.at/Lern-_und_Gedenkort_Schloss_Hartheim_8 Zitat von der Internetseite der Gemeinde [[Alkoven (Oberösterreich)|Alkoven]]]</ref> | ||
==Geschichte der Ausstellung== | == Geschichte der Ausstellung == | ||
2003 wurde die Ausstellung eröffnet. 2017 begann die Suche nach einer Neukonzeption und 2019 wurde die Ausstellung zunächst geschlossen, um den Umbau zu beginnen. Als [[Kurator]]en fungierten Brigitte Kepplinger (Obfrau des Vereins Schloss Hartheim) und Florian Schwanninger (Leiter der Gedenkstätte), die Gestaltung wurde von Hans Kropshofer und Gerald Lohninger übernommen. Am 30. Mai 2021 wurde sie wieder eröffnet. | 2003 wurde die Ausstellung eröffnet. 2017 begann die Suche nach einer Neukonzeption und 2019 wurde die Ausstellung zunächst geschlossen, um den Umbau zu beginnen. Als [[Kurator]]en fungierten Brigitte Kepplinger (Obfrau des Vereins Schloss Hartheim) und Florian Schwanninger (Leiter der Gedenkstätte), die Gestaltung wurde von Hans Kropshofer und Gerald Lohninger übernommen. Am 30. Mai 2021 wurde sie wieder eröffnet. | ||
==Inhalt der Ausstellung<ref>Jedes Thema ist in einem Raum der Ausstellung dargestellt.</ref>== | == Inhalt der Ausstellung<ref>Jedes Thema ist in einem Raum der Ausstellung dargestellt.</ref> == | ||
===Wert des Lebens | === Wert des Lebens – Umgang mit den Unbrauchbaren === | ||
Im Schloss Hartheim wurden zehntausende Menschen in der Zeit des [[Nationalsozialismus]] ermordet. Diese Tatsache ist der Ausgangspunkt zu Überlegungen über den Wert des Lebens. Es geht dabei um den Umgang mit Menschen, die als "unbrauchbar" bezeichnet werden. | Im Schloss Hartheim wurden zehntausende Menschen in der Zeit des [[Nationalsozialismus]] ermordet. Diese Tatsache ist der Ausgangspunkt zu Überlegungen über den Wert des Lebens. Es geht dabei um den Umgang mit Menschen, die als "unbrauchbar" bezeichnet werden. | ||
Die Ausstellung untersucht die Entwicklung der Gesellschaft in den letzten 250 Jahren. Damals hat man die Menschen eingeteilt: "Brauchbare Menschen" konnten in [[Fabrik]]en arbeiten. "Unbrauchbare Menschen" waren dafür nicht geeignet. | Die Ausstellung untersucht die Entwicklung der Gesellschaft in den letzten 250 Jahren. Damals hat man die Menschen eingeteilt: "Brauchbare Menschen" konnten in [[Fabrik]]en arbeiten. "Unbrauchbare Menschen" waren dafür nicht geeignet. | ||
===Religion und Wissenschaft=== | === Religion und Wissenschaft === | ||
Früher haben [[Christentum|Christen]] geglaubt: [[Gott]] braucht alle Menschen. Auch Kranke, Arme und Erfolglose sind Teil von Gottes Plan. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden Institutionen, die sich dieser Menschen annahmen.<ref>in Deutschland siehe [[Diakonie Deutschland]]</ref>Später entwickelten sich [[Humanismus]] und [[Aufklärung]]. Die Menschen glaubten nun an die [[Wissenschaft]]. "So sollte es möglich werden, Natur, Mensch und Gesellschaft zu messen, zu analysieren, zu gestalten und zu verbessern."<ref> Darstellung der Ausstellung in Einfacher Sprache, siehe Literatur</ref> | Früher haben [[Christentum|Christen]] geglaubt: [[Gott]] braucht alle Menschen. Auch Kranke, Arme und Erfolglose sind Teil von Gottes Plan. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden Institutionen, die sich dieser Menschen annahmen.<ref>in Deutschland siehe [[Diakonie Deutschland]]</ref> Später entwickelten sich [[Humanismus]] und [[Aufklärung]]. Die Menschen glaubten nun an die [[Wissenschaft]]. "So sollte es möglich werden, Natur, Mensch und Gesellschaft zu messen, zu analysieren, zu gestalten und zu verbessern."<ref> Darstellung der Ausstellung in Einfacher Sprache, siehe Literatur</ref> | ||
===Die Vernunft der Industrie=== | === Die Vernunft der Industrie === | ||
Ausgehend von [[England]] entwickelte sich im [[19. Jahrhundert]] der [[Kapitalismus]]: menschliche Arbeitskräfte wurden durch [[Maschine]]n ersetzt. Der [[Markt]] bestimmte weitgehend das Leben. Die produzierten [[Ware]]n wurden auf der ganzen Welt verkauft. In den Fabriken wurden nur Menschen beschäftigt, die körperlich und geistig gesund, leistungsfähig, püntklich, gehorsam, arbeitswillig und genau waren. | Ausgehend von [[England]] entwickelte sich im [[19. Jahrhundert]] der [[Kapitalismus]]: menschliche Arbeitskräfte wurden durch [[Maschine]]n ersetzt. Der [[Markt]] bestimmte weitgehend das Leben. Die produzierten [[Ware]]n wurden auf der ganzen Welt verkauft. In den Fabriken wurden nur Menschen beschäftigt, die körperlich und geistig gesund, leistungsfähig, püntklich, gehorsam, arbeitswillig und genau waren. | ||
So entstand eine neue Gruppe in der Gesellschaft: die [[Proletariat|Industriearbeiterschaft]]. Wer nicht in der Fabrik arbeiten konnte, musste durch die [[Familie# | So entstand eine neue Gruppe in der Gesellschaft: die [[Proletariat|Industriearbeiterschaft]]. Wer nicht in der Fabrik arbeiten konnte, musste durch die [[Familie#Funktionen der Familie|Familie]] unterstützt werden oder ins [[Armenhaus]] oder eine ähnliche Hilfsorganisation gehen. | ||
===Sorge für die "Unbrauchbaren"=== | === Sorge für die "Unbrauchbaren" === | ||
Lange Zeit kümmerten sich kirchliche und private Einrichtungen um die Unterstützung der Armen und Unbrauchbaren. Erst das Reichsgemeindegesetz von 1862<ref>[[ | Lange Zeit kümmerten sich kirchliche und private Einrichtungen um die Unterstützung der Armen und Unbrauchbaren. Erst das Reichsgemeindegesetz von 1862<ref>[[Gemeinde (Österreich)#Geschichte|Geschichte der Gemeinde in Österreich]]</ref> regelte, dass die Gemeinden sich um arme Bürger kümmern mussten. Das Heimatrecht von 1863<ref>[[Österreichische Staatsbürgerschaft#1812–1918|Heimatrecht in Österreich]]</ref> legte die Voraussetzungen dafür fest, Unterstützung konnte man nur in der Heimatgemeinde bekommen. | ||
===Eugenik: Biologisierung des Sozialen=== | === Eugenik: Biologisierung des Sozialen === | ||
Als [[Charles Darwin]] die Theorie aufstellte, dass sich im "[[Sozialdarwinismus|Kampf ums Dasein]]" immer die geeignetste biologische Art durchsetzte, folgerte man daraus, "der Staat sollte die Fortpflanzung von geistig und körperlich „hervorragenden“ Individuen fördern, die von „minderwertigen“ unterbinden."<ref> Darstellung der Ausstellung in Einfacher Sprache, siehe Literatur</ref> | Als [[Charles Darwin]] die Theorie aufstellte, dass sich im "[[Sozialdarwinismus|Kampf ums Dasein]]" immer die geeignetste biologische Art durchsetzte, folgerte man daraus, "der Staat sollte die Fortpflanzung von geistig und körperlich „hervorragenden“ Individuen fördern, die von „minderwertigen“ unterbinden."<ref> Darstellung der Ausstellung in Einfacher Sprache, siehe Literatur</ref> | ||
===Die Vernichtung der "Unbrauchbaren"=== | === Die Vernichtung der "Unbrauchbaren" === | ||
[[Datei: | [[Datei:Schloss Hartheim Eingangsbereich S%C3%BCdseite Plakette Nachkriegszeit.jpg|150px|rechts|Gedenktafel im Eingang des Schlosses Hartheim]] | ||
Die Nationalsozialisten sagten: "Wenn unbrauchbare Menschen vernichtet sind, braucht das Volk für diese Menschen kein Geld mehr auszugeben.<ref> Darstellung der Ausstellung in Einfacher Sprache, siehe Literatur</ref> Ihr Ziel war die rassisch reine, arische und erbgesunde Volksgemeinschaft. Deshalb wurden Juden, Behinderte und psychisch Kranke aus der Gesellschaft hinausgedrängt. Ab 1939 wurden große Menschenmassen ermordet.<ref>[[Vernichtung lebensunwerten Lebens|nationalsozialistischer Massenmord]]</ref> | Die Nationalsozialisten sagten: "Wenn unbrauchbare Menschen vernichtet sind, braucht das Volk für diese Menschen kein Geld mehr auszugeben.<ref> Darstellung der Ausstellung in Einfacher Sprache, siehe Literatur</ref> Ihr Ziel war die rassisch reine, arische und erbgesunde Volksgemeinschaft. Deshalb wurden Juden, Behinderte und psychisch Kranke aus der Gesellschaft hinausgedrängt. Ab 1939 wurden große Menschenmassen ermordet.<ref>[[Vernichtung lebensunwerten Lebens|nationalsozialistischer Massenmord]]</ref> | ||
In der [[Gaskammer (Massenmord)|Gaskammer]] in [[Tötungsanstalt Hartheim|Hartheim]] fielen in der Zeit von 1940 bis 1944 dem [[Euthanasie]]-Programm etwa 30.000 Menschen zum Opfer.<ref>Einzelheiten der Tötungen in Hartheim werden auf der Internetseite [https://www.bizeps.or.at/die-toetungsanstalt-hartheim/ von BIZEPS] beschrieben.</ref> | In der [[Gaskammer (Massenmord)|Gaskammer]] in [[Tötungsanstalt Hartheim|Hartheim]] fielen in der Zeit von 1940 bis 1944 dem [[Euthanasie]]-Programm etwa 30.000 Menschen zum Opfer.<ref>Einzelheiten der Tötungen in Hartheim werden auf der Internetseite [https://www.bizeps.or.at/die-toetungsanstalt-hartheim/ von BIZEPS] beschrieben.</ref> | ||
===Widerstand gegen die NS-Euthanasie=== | === Widerstand gegen die NS-Euthanasie === | ||
Die Nazis haben viele Menschen mit Behinderungen oder psychischen Krankheiten heimlich umgebracht | Die Nazis haben viele Menschen mit Behinderungen oder psychischen Krankheiten heimlich umgebracht – die [[Aktion T4]]. Aber diese Aktion blieb nicht geheim. Einzelne Menschen haben Widerstand geleistet. Vor allem von kirchlicher Seite gab es [[Aktion T4#Widerstand gegen die Aktion|Widerstand]].<ref>Einer der Gründer der [[Aktion Sühnezeichen]] war der Richter [[Lothar Kreyssig]]. Er wandte sich im Juli 1940 an den Reichsjustizminister mit dem Verdacht, dass die Kranken massenhaft ermordet wurden. Er wurde zwar in den Ruehstand versetzt, es wurde versucht, ihn in ein KZ zu bringen - aber er überstand alles, und gründete später die Aktion Sühnezeichen.</ref> | ||
===Bruch und Kontinuität=== | === Bruch und Kontinuität === | ||
Nach 1945 gab es in Deutschland und Österreich einen Bruch: Anhänger des Nationalsozialismus durften zunächst keine [[Politik|politischen Ämter]] bekleiden. Aber vieles wurde wenig verändert: In der Betreuung von Menschen mit psychischer Krankheit oder Behinderung blieb vieles, wie es war. Opfer der NS-Herrschaft wurden weithin nicht anerkannt: [[Homosexualität|Homosexuelle]], [[Zwangssterilisation|Zwangssterilisierte]]. | Nach 1945 gab es in Deutschland und Österreich einen Bruch: Anhänger des Nationalsozialismus durften zunächst keine [[Politik|politischen Ämter]] bekleiden. Aber vieles wurde wenig verändert: In der Betreuung von Menschen mit psychischer Krankheit oder Behinderung blieb vieles, wie es war. Opfer der NS-Herrschaft wurden weithin nicht anerkannt: [[Homosexualität|Homosexuelle]], [[Zwangssterilisation|Zwangssterilisierte]]. | ||
Ärzte, die der NS-Ideologie nahestanden, durften unbehelligt ihren Beruf weiter ausüben. Die Kinder der ermordeten Menschen bekamen keine Entschädigung. In vielen Ländern wurden die Ideen der Eugenik nach dem Krieg für richtig gehalten. "Man wollte gesunde, klügere, stärkere und schnellere Menschen."<ref> Darstellung der Ausstellung in Einfacher Sprache, siehe Literatur</ref> Es gab Überlegungen, Menschen in der [[Dritte Welt|Dritten Welt]] unfruchtbar zu machen, damit sie sich weniger stark vermehrten. | Ärzte, die der NS-Ideologie nahestanden, durften unbehelligt ihren Beruf weiter ausüben. Die Kinder der ermordeten Menschen bekamen keine Entschädigung. In vielen Ländern wurden die Ideen der Eugenik nach dem Krieg für richtig gehalten. "Man wollte gesunde, klügere, stärkere und schnellere Menschen."<ref> Darstellung der Ausstellung in Einfacher Sprache, siehe Literatur</ref> Es gab Überlegungen, Menschen in der [[Dritte Welt|Dritten Welt]] unfruchtbar zu machen, damit sie sich weniger stark vermehrten. | ||
===Aufbruch=== | === Aufbruch === | ||
In den 70-er und 80-er Jahren fingen Menschen mit Behinderungen an, die Betreuung zu kritisieren und ein selbstbestimmtes Leben zu fordern. Auch Ärzte und Pflegekräfte stellten die Verhältnisse in Frage. Solche Bewegungen gaben der Aufarbeitung der NS-Euthanasie Auftrieb. | In den 70-er und 80-er Jahren fingen Menschen mit Behinderungen an, die Betreuung zu kritisieren und ein selbstbestimmtes Leben zu fordern. Auch Ärzte und Pflegekräfte stellten die Verhältnisse in Frage. Solche Bewegungen gaben der Aufarbeitung der NS-Euthanasie Auftrieb. | ||
1978 wurde [[künstliche Befruchtung]] Wirklichkeit: die Befruchtung einer [[Eizelle]] außerhalb des menschlichen Körpers, die Einpflanzung des [[Embryo]]s danach in die [[Gebärmutter]] und die [[Geburt]] eines gesunden Kindes. Auch die Möglichkeit der Untersuchung des Embryos war damit verbunden. | 1978 wurde [[künstliche Befruchtung]] Wirklichkeit: die Befruchtung einer [[Eizelle]] außerhalb des menschlichen Körpers, die Einpflanzung des [[Embryo]]s danach in die [[Gebärmutter]] und die [[Geburt]] eines gesunden Kindes. Auch die Möglichkeit der Untersuchung des Embryos war damit verbunden. | ||
Die [[Antibabypille]] und die Möglichkeit der [[Abtreibung]] eröffneten neue Möglichkeiten der [[Familienplanung]] | Die [[Antibabypille]] und die Möglichkeit der [[Abtreibung]] eröffneten neue Möglichkeiten der [[Familienplanung]] – wer nicht wollte, musste kein Kind bekommen. [[Sexualität]] und [[Fortpflanzung]] waren von einander getrennt. | ||
===Visionen=== | === Visionen === | ||
Die Ausstellung beschreibt zwei Visionen: | Die Ausstellung beschreibt zwei Visionen: | ||
* Die [[UN-Behindertenrechtskonvention]] hat die [[Inklusive Pädagogik|Inklusion]] zum Ziel: alle Menschen sollen gleichberechtigt Mitglied in der Gesellschaft sein. | * Die [[UN-Behindertenrechtskonvention]] hat die [[Inklusive Pädagogik|Inklusion]] zum Ziel: alle Menschen sollen gleichberechtigt Mitglied in der Gesellschaft sein. | ||
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Die Frage stellt sich, ob diese Erkenntnisse nur für neue [[Therapie]]möglichkeiten wichtig sind, also Krankheiten zu heilen, oder ob man auch bestimmte Behinderungen abschaffen will? | Die Frage stellt sich, ob diese Erkenntnisse nur für neue [[Therapie]]möglichkeiten wichtig sind, also Krankheiten zu heilen, oder ob man auch bestimmte Behinderungen abschaffen will? | ||
===Industrie 4.0=== | === Industrie 4.0 === | ||
Zwei Entwicklungen haben Wirtschaft und Gesellschaft verändert: | Zwei Entwicklungen haben Wirtschaft und Gesellschaft verändert: | ||
* die Entwicklung des [[Personal-Computer]]s in den 1970er Jahren und | * die Entwicklung des [[Personal-Computer]]s in den 1970er Jahren und | ||
* die Verbreitung des [[Internet]]s in den 1990er Jahren. | * die Verbreitung des [[Internet]]s in den 1990er Jahren. | ||
Maschinen können heute [[Digitale Information|digital]] | Maschinen können heute [[Digitale Information|digital]] – auch über das Internet – gesteuert werden. Dokumente werden am Computer geschrieben und können digital in alle Welt verschickt werden. Digitalisierung ermöglicht, dass ungeheure [[Daten#Informatik|Datenmengen]] gesammelt und gespeichert werden. Arbeitnehmer können so überwacht werden, und auch im Privatleben sind Überwachungen möglich. | ||
Digitalisierung hat Vorteile: Behödenwege können vermieden werden, wenn Eingaben am heimischen Computer möglich sind. [[Blind]]e Menschen müssen nicht für Gänge zum Amt aus dem Haus gehen. [[Elektronisches Dokument|Dokument]]e können mit technischen Hilfsmitteln leichter gelesen werden. Digitalisierung hat auch Nachteile: Viele [[Arbeitsplatz|Arbeitsplätze]] sind abgeschafft worden, weil Computer die Arbeit der Menschen übernommen haben. Technische Hilfsmittel sind nicht für alle Menschen verfügbar, sie sind darüber hinaus oft teuer. | Digitalisierung hat Vorteile: Behödenwege können vermieden werden, wenn Eingaben am heimischen Computer möglich sind. [[Blind]]e Menschen müssen nicht für Gänge zum Amt aus dem Haus gehen. [[Elektronisches Dokument|Dokument]]e können mit technischen Hilfsmitteln leichter gelesen werden. Digitalisierung hat auch Nachteile: Viele [[Arbeitsplatz|Arbeitsplätze]] sind abgeschafft worden, weil Computer die Arbeit der Menschen übernommen haben. Technische Hilfsmittel sind nicht für alle Menschen verfügbar, sie sind darüber hinaus oft teuer. | ||
===Kinder machen=== | === Kinder machen === | ||
Medizinische Möglichkeiten haben sich seit der Geburt des ersten [[Retortenbaby]]s 1978 vervielfältigt. Die Grenzen des biologisch und medizinisch Machbaren werden ausgedehnt. | Medizinische Möglichkeiten haben sich seit der Geburt des ersten [[Retortenbaby]]s 1978 vervielfältigt. Die Grenzen des biologisch und medizinisch Machbaren werden ausgedehnt. | ||
{{Zitat| Soziale und ethische Fragen werden oft erst im Nachhinein aufgeworfen. | {{Zitat| Soziale und ethische Fragen werden oft erst im Nachhinein aufgeworfen. | ||
Zentrale Fragen sind: Gibt es ein (Menschen)Recht auf ein – biologisch eigenes – Kind? Gibt es ein Recht auf Finanzierung des Kinderwunsches durch die Solidargemeinschaft? Gibt es ein Recht auf ein gesundes Kind? Darf der Nachwuchs biologisch nach den eigenen Vorstellungen gestaltet werden?|Quelle=Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Verein Schloss Hartheim, siehe Weblinks}} | Zentrale Fragen sind: Gibt es ein (Menschen)Recht auf ein – biologisch eigenes – Kind? Gibt es ein Recht auf Finanzierung des Kinderwunsches durch die Solidargemeinschaft? Gibt es ein Recht auf ein gesundes Kind? Darf der Nachwuchs biologisch nach den eigenen Vorstellungen gestaltet werden?|Quelle=Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Verein Schloss Hartheim, siehe Weblinks}} | ||
Mit den Möglichkeiten verdienen Firmen Geld: | Mit den Möglichkeiten verdienen Firmen Geld: | ||
* [[ | * [[Künstliche Befruchtung#Donogene bzw. heterologe Insemination|Samen-Spende]], | ||
* [[Eizellspende]], | * [[Eizellspende]], | ||
* [[ | * [[Deutscher Ethikrat#Embryospende%2C Embryoadoption und elterliche VerantwortungEmbryo-Spende|Embryospende]] und | ||
* [[Leihmutter | * [[Leihmutter]]schaft. | ||
Oft kommen die SpenderInnen und Leihmütter aus ärmeren Länder. Menschen mit Kinderwunsch müssen sich das leisten können. Es gibt einen grenzüberschreitenden Reproduktionstourismus. | Oft kommen die SpenderInnen und Leihmütter aus ärmeren Länder. Menschen mit Kinderwunsch müssen sich das leisten können. Es gibt einen grenzüberschreitenden Reproduktionstourismus. | ||
===Das Alter bewältigen=== | === Das Alter bewältigen === | ||
In Österreich sind die Menschen im Alter sozial abgesichert. Sie müssen keine Angst haben, wenn sie alt werden und nicht mehr arbeiten können, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung Hilfe brauchen oder wenn sie arm sind oder werden. Der [[Generationenvertrag]] sorgt für diese Absicherung. Junge tragen die Kosten für die Sicherung der Alten und verlassen sich darauf, dass sie im Alter ebenso [[Rente (Wirtschaft)|Rente]] und weitere Hilfe bekommen. | In Österreich sind die Menschen im Alter sozial abgesichert. Sie müssen keine Angst haben, wenn sie alt werden und nicht mehr arbeiten können, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung Hilfe brauchen oder wenn sie arm sind oder werden. Der [[Generationenvertrag]] sorgt für diese Absicherung. Junge tragen die Kosten für die Sicherung der Alten und verlassen sich darauf, dass sie im Alter ebenso [[Rente (Wirtschaft)|Rente]] und weitere Hilfe bekommen. | ||
{{Zitat|Die [[Solidarität]] mit den Alten ist nicht selbstverständlich, sie muss immer wieder neu ausgehandelt und bekräftigt werden. Geschieht dies nicht, können utilitaristische Zugänge die Oberhand gewinnen: Das „sozialverträgliche Frühableben“ könnte dann ein Weg werden, das „Langlebigkeitsrisiko“ einzudämmen.|Quelle=Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Verein Schloss Hartheim, siehe Weblinks}} | {{Zitat|Die [[Solidarität]] mit den Alten ist nicht selbstverständlich, sie muss immer wieder neu ausgehandelt und bekräftigt werden. Geschieht dies nicht, können utilitaristische Zugänge die Oberhand gewinnen: Das „sozialverträgliche Frühableben“ könnte dann ein Weg werden, das „Langlebigkeitsrisiko“ einzudämmen.|Quelle=Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Verein Schloss Hartheim, siehe Weblinks}} | ||
Auch das Thema [[Sterbehilfe]] wird in der Ausstellung angesprochen. | Auch das Thema [[Sterbehilfe]] wird in der Ausstellung angesprochen. | ||
===Den Menschen optimieren=== | === Den Menschen optimieren === | ||
{{Zitat|Die Aufklärung schuf die Basis, indem sie Möglichkeit und Notwendigkeit einer Selbstevolution des Menschen theoretisch begründete. Nicht nur Geistesbildung und körperliche Ertüchtigung sollten den Menschen verbessern: Ein Ziel waren direkte Eingriffe in seine biologische Existenz.|Quelle=Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Verein Schloss Hartheim, siehe Weblinks}} | {{Zitat|Die Aufklärung schuf die Basis, indem sie Möglichkeit und Notwendigkeit einer Selbstevolution des Menschen theoretisch begründete. Nicht nur Geistesbildung und körperliche Ertüchtigung sollten den Menschen verbessern: Ein Ziel waren direkte Eingriffe in seine biologische Existenz.|Quelle=Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Verein Schloss Hartheim, siehe Weblinks}} | ||
Manche Regierungen wollten schwache, behinderte und kranke Menschen töten, damit die Gesellschaft stärker, gesünder und klüger werde. Viele Menschen haben geglaubt, wenn nur die starken, gesunden und klugen Menschen Kinder bekommen, kann man die Gesellschaft verbessern. | Manche Regierungen wollten schwache, behinderte und kranke Menschen töten, damit die Gesellschaft stärker, gesünder und klüger werde. Viele Menschen haben geglaubt, wenn nur die starken, gesunden und klugen Menschen Kinder bekommen, kann man die Gesellschaft verbessern. | ||
{{Zitat|Aber: Wer bestimmt über Ziel und Richtung eines solchen Prozesses? Gibt es in unserer liberalen und individualisierten Gesellschaft gar eine Pflicht der einzelnen Menschen, ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit permanent zu optimieren?|Quelle=Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Verein Schloss Hartheim, siehe Weblinks}} | {{Zitat|Aber: Wer bestimmt über Ziel und Richtung eines solchen Prozesses? Gibt es in unserer liberalen und individualisierten Gesellschaft gar eine Pflicht der einzelnen Menschen, ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit permanent zu optimieren?|Quelle=Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Verein Schloss Hartheim, siehe Weblinks}} | ||
===Abschluss der Ausstellung=== | === Abschluss der Ausstellung === | ||
Im letzten Raum werden die Besucher aufgefordert, sich Gedanken über die Präsentation zu machen. Künstler der Region haben Darstellungen geschaffen, die zum Nachdenken anregen. Der Raum schafft äußere Voraussetzungen, mit anderen Menschen zu reden. | Im letzten Raum werden die Besucher aufgefordert, sich Gedanken über die Präsentation zu machen. Künstler der Region haben Darstellungen geschaffen, die zum Nachdenken anregen. Der Raum schafft äußere Voraussetzungen, mit anderen Menschen zu reden. | ||
==Literatur== | == Literatur == | ||
* Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens in Einfacher Sprache, hrsgb. vom Verein Schloss Hartheim, 2021 | * Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens in Einfacher Sprache, hrsgb. vom Verein Schloss Hartheim, 2021 | ||
* [http://bidok.uibk.ac.at/download-stimme/stimme-schwanninger-wert-des-lebens-der-umgang-mit-den-unbrauchbaren.pdf Wert des Lebens - Der Umgang mit den „Unbrauchbaren“, auf "bidok" - behinderung inklusion dokumentation] | * [http://bidok.uibk.ac.at/download-stimme/stimme-schwanninger-wert-des-lebens-der-umgang-mit-den-unbrauchbaren.pdf Wert des Lebens - Der Umgang mit den „Unbrauchbaren“, auf "bidok" - behinderung inklusion dokumentation] | ||
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* Heinz Niederleitner, Neue Ausstellung im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, Über die Würde und das Leben, in: Kirchenzeitung Diözse Linz, 1. Juni 2021 (online: [https://www.kirchenzeitung.at/site/themen/gesellschaftsoziales/ber-die-wuerde-und-das-leben]) | * Heinz Niederleitner, Neue Ausstellung im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, Über die Würde und das Leben, in: Kirchenzeitung Diözse Linz, 1. Juni 2021 (online: [https://www.kirchenzeitung.at/site/themen/gesellschaftsoziales/ber-die-wuerde-und-das-leben]) | ||
== Weblinks == | |||
==Weblinks== | |||
* [https://www.schloss-hartheim.at/gedenkstaette-ausstellung/ausstellung-wert-des-lebens Wert des Lebens auf der Internetseite von Schloss Hartheim] | * [https://www.schloss-hartheim.at/gedenkstaette-ausstellung/ausstellung-wert-des-lebens Wert des Lebens auf der Internetseite von Schloss Hartheim] | ||
* [https://app.capito.eu/content/c919e8d1-ec47-44ed-af18-71327c720985/de-at/original Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Internetseite des Vereins Schloss Hartheim] | * [https://app.capito.eu/content/c919e8d1-ec47-44ed-af18-71327c720985/de-at/original Übersicht: Ausstellung "Wert des Lebens", Internetseite des Vereins Schloss Hartheim] | ||
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* [https://www.ooemuseen.at/museen-in-ooe/museumsshop/produkte/products:museen/181-lern-und-gedenkort-schloss-hartheim Produktübersicht im Museumsshop des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim] | * [https://www.ooemuseen.at/museen-in-ooe/museumsshop/produkte/products:museen/181-lern-und-gedenkort-schloss-hartheim Produktübersicht im Museumsshop des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim] | ||
== Einzelbelege == | |||
==Einzelbelege== | |||
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